Abfallwirtschaft - Verbot von Mikroplastik in Kosmetik, Pflegeprodukten und Kleidung

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
1.099 Unterstützende 1.099 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

1.099 Unterstützende 1.099 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:06

Pet 2-17-18-273-055955

Abfallwirtschaft
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.07.2015 abschließend beraten und
beschlossen:

Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft,
dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – als Material zu überweisen
b) dem Europäischen Parlament zuzuleiten. Begründung

Die Petition spricht sich für ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetik, Pflegeprodukten
sowie in Bekleidungsgegenständen aus und begehrt die staatliche Förderung für die
Entwicklung und den Einsatz von Filteranlagen für Klärwerke zur Aussonderung von
Mikroplastik.
Die Eingabe wird dahingehend begründet, dass die zumeist aus Polyethylen
hergestellten Mikroplastik-Teilchen u. a. in Reinigungs- und Pflegemitteln mit
Peelingeffekt und speziellen Zahncremes eingesetzt würden. Die Plastikkügelchen
sollen für einen mechanischen Reinigungseffekt sorgen. Bei einigen Produkten
betrage der Anteil der Plastikkügelchen am Gesamtinhalt bis zu 10 Prozent.
Des Weiteren führt die Eingabe aus, dass diese Plastikfasern nach einmaligem
Gebrauch über das Abwasser der Haushalte in den Wasserkreislauf und letztlich in
die Meere gelangten. Offenbar filterten die Kläranlagen das Plastik nicht wirksam aus
dem Abwasser heraus. Mikroplastik finde sich daher in der gesamten Nahrungskette.
Es sei bereits in Muscheln, Krebsen, Krabben und Fischen, aber auch bei Seevögeln
und Robben gefunden worden. Darüber hinaus setze Mikroplastik in den Tieren
diverse chemische Stoffe frei. Neben den enthaltenen schädlichen Stoffen des
Mikroplastiks, wie das hormonell wirkende Bisphenol A oder verschiedene
krebserregende Additive würden auch die in Mikroplastik enthaltenen Chemikalien,
wie DDT oder PCB in das Meerwasser gelangen.

Die Petition spricht sich daher für ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetik- und
Pflegeprodukten sowie in Bekleidungsgegenständen aus. Weiterhin fordert die
Petition die staatliche Förderung für die Entwicklung und den Einsatz von
Filteranlagen für Klärwerke zur Aussonderung von Mikroplastik-Teilchen.
Wegen weiterer Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die mit der Eingabe
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Bei der Eingabe handelt es sich um eine öffentliche Petition, die zum
Abschlusstermin für die Mitzeichnung 1.099 Unterstützer fand sowie auf der
Internetseite des Petitionsausschusses 26 Diskussionsbeiträge bewirkt hat. Dem
Petitionsausschuss liegen zu dieser Angelegenheit fünf weitere Mehrfachpetitionen
vor, die aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs in die parlamentarische
Beratung einbezogen werden. Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung
Gelegenheit gegeben, ihre Haltung zu dem Anliegen darzulegen. Das Ergebnis der
parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Berücksichtigung der seitens der
Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass bereits viele international tätige
Hersteller von kosmetischen Produkten individuelle Ankündigungen zum freiwilligen
Verzicht bezüglich der Verwendung von Mikrokunststoffpartikeln in kosmetischen
Mitteln mit europaweiter und zum Teil weltweiter Gültigkeit formuliert haben. Einem
derartigen freiwilligen Ausstieg der Kosmetikindustrie ist in jedem Fall der Vorzug
gegenüber einem in der Wirkung begrenzten nationalen Vorgehen zu geben.
Gleichwohl unterstützt der Petitionsausschuss alle Maßnahmen, sowohl das Problem
des Primäreintrags von Mikrokunststoffpartikeln und Kunststofffasern als auch das
des durch nicht sachgerecht entsorgte Kunststoffabfälle verursachten
Sekundäreintrags in die Meeresumwelt europaweit zu lösen. Der Petitionsausschuss
begrüßt daher, dass in der Europäischen Union das Problem des unkontrollierten
Eintrags von Kunststoffen in die Meeresumwelt bereits erkannt wurde und
entsprechende europaweit wirkende Maßnahmen zur Schließung oder wirksamen
Begrenzung der Eintragsquellen z.B. im Rahmen der Umsetzung der europäischen
Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie entwickelt wurden. Meeresmüll, wovon ein
Hauptbestandteil Plastik ist, wird explizit als Element, den guten Umweltzustand im
Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zu bestimmen, identifiziert. Demnach
soll Europa bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand seiner Meere erreichen.
Der Petitionsausschuss begrüßt in diesem Zusammenhang weiterhin das
Forschungsprojekt des europäischen Rahmenprogramms für Forschung und

technologische Entwicklung - Clean Sea -, welches sich dem Problem von
Meeresmüll widmet. Clean Sea ist ein multidisziplinäres und kooperatives
Forschungsvorhaben, welches das Thema Meeresmüll aus unterschiedlichen
Perspektiven betrachtet. Es zielt darauf ab, die Mitgliedstaaten und andere Akteure
mit einer verbesserten Wissensgrundlage, wie beispielsweise mit verbesserten
Methoden und Instrumenten zu unterstützen, um den Zustand einer verbesserten
Meeresumwelt definieren, überwachen sowie erreichen zu können. Clean Sea wird
somit wertvolle Informationen für die politischen Entscheidungsträger liefern.
Soweit sich die Petition eine staatliche Förderung für die Entwicklung und den
Einsatz von Filteranlagen für Klärwerke zur Aussonderung von Mikroplastik fordert,
stellt der Petitionsausschuss fest, dass Kunststoffe in gewaltigen Mengen auch in
kleinsten Partikeln vorkommen und im Wesentlichen über das Abwasser verbreitet
werden. Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass international standardisierte
Methoden zur Erfassung der Mikroplastikpartikel bislang nicht vorhanden sind und
auch keine belastbaren Aussagen darüber bestehen, wo und wie stark die
Ökosysteme mit Mikroplastikpartikeln belastet sind. In einer Publikation des
Eigenbetriebs der Stadt Nürnberg "Stadtentwässerung und Umweltanalytik Nürnberg
(SUN)" vom März 2014 zum Thema Mikropartikel aus Kunststoff wird der
Kunststoffverbrauch auf 90 kg pro Einwohner und Jahr geschätzt, wobei es sehr
zahlreiche Arten von Kunststoffen gibt. Viele dieser Kunststoffe sind in ihrer
chemischen Zusammensetzung toxikologisch unbedenklich. Aus diesem Grunde
eigenen sie sich auch hervorragend für die Verpackung von Lebensmitteln. Gefahren
entstehen dadurch, dass die meisten Kunststoffe selektiv Schadstoffe anlagern oder
in sich aufnehmen. Die Klärwerke erfassen größere Schmutzpartikel bei der
mechanischen Reinigung direkt im Eingangsbereich einer Kläranlage über Rechen.
Auch große Anteile von Faserstoffen aus Papier und Textilien können aufgefangen,
gepresst und anschließend in Containern zur Kompostierung oder zur Verbrennung
gesammelt werden. Da Kunststoffe leicht sind und vor allem an der Oberfläche
treiben, kann ein weiterer wichtiger Teil der Kunststoffe zusammen mit den
aufschwimmenden Fetten abgezogen und zusammen mit dem Klärschlamm in einer
weiteren Reinigungsstufe weiter behandelt werden. Sehr kleine Fettpartikel werden
in der letzten Reinigungsstufe des Abwassers über Sandfilter zurückgehalten.
Gleichwohl stellt der Petitionsausschuss fest, dass dennoch zahlreiche Mikropartikel
im Abwasserstrom nicht im Zuge der Klärung des Abwassers zurück gehalten
werden können, über dessen weiteren Weg wenig bekannt ist. Mittel- bis langfristig

sind in einigen Kläranlagen weitergehende Reinigungsstufen zur Elimination der
Mikroverunreinigung und Spurenstoffe wie Arzneien, Hormone und sonstige gelöste
Stoffe geplant. Dadurch würde auch ein weiterer Anteil der Kunststoffteilchen
eliminiert. Eine Beseitigung von Mikropartikeln aus Kunststoff im Sinne der Petition
könnte durch eine Ultrafiltration erreicht werden. Über große Membrane wird das
Wasser von kleinsten Teilchen sicher und vollständig gereinigt. Solche Verfahren
werden zum Teil in der Trinkwasserversorgung angewendet. Der Petitionsausschuss
stellt fest, dass die Untersuchungsämter einiger Bundesländer orientierende
Untersuchungen planen, um das Ausmaß der Bedeutung der Mikropartikel zu
erforschen. Zugleich stellt der Petitionsausschuss fest, dass orientierende
Untersuchungen im Auftrag der internationalen Gewässerschutzkommission für den
Bodensee durch die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne im Jahr
2013 für den Bodensee durchgeführt wurden, über den Millionen von Menschen mit
Trinkwasser versorgt werden. Das Ergebnis der Untersuchung besagte, dass im
Rohwasser der Bodenseewasserversorgung keine Partikel nachgewiesen werden
konnten, weil die Entnahme in entsprechender Tiefe angeordnet ist und daher keine
Gefahr bestand, durch an der oberen Wasserschicht treibende Plastikteilchen
verunreinigt zu werden.
Soweit die Petition die Auswirkungen von Mikropartikeln aus Kunststoff auf den
menschlichen Organismus am Ende der Nahrungskette hinweist, pflichtet der
Petitionsausschuss der Eingabe bei, dass die massenweise Ansammlung von
Mikroplastik in der Umwelt für bestimmte Organismen zu gravierenden Problemen
führen kann, zumal Kunststoffe sehr beständig und insbesondere für Meerestiere
infolge physikalischer und chemischer Effekte schädlich sein können. Der
Petitionsausschuss weist auf wissenschaftliche Untersuchungen über die
ökologischen Auswirkungen von Mikroplastik hin. Hiernach bewirkt beispielsweise
das Verschlucken von größeren Kunststoffpartikeln durch Seevögel ein
vermeintliches Sättigungsgefühl mit der Folge, dass keine weitere
Nahrungsaufnahme erfolgt und die Tiere verhungern. Bei Miesmuscheln konnte man
experimentell zeigen, dass die Aufnahme von Mikroplastiken entzündliche
Veränderungen der Zellen in Verdauungsdrüsen hervorrufen können. Diese und
weitere physikalische und chemische Auswirkungen müssen weiter untersucht und
bewertet werden. Dies gilt auch für die mögliche Anreicherung von Schadstoffen
durch die Mikroplastikpartikel und deren Aufnahme und Verbleib in Organismen.

Vor dem Hintergrund, dass sich die Effekte und ökologischen Auswirkungen von
Mikroplastik noch nicht vollständig beschreiben und belegen lassen, begrüßt der
Petitionsausschuss, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit sich des Themas in verschiedenen Bereichen annimmt und zum
gegenwärtigen Zeitpunkt dahingehend forscht, in welchen Mengen und
Kompartimenten Mikroplastik in der Umwelt vorkommt, woher die Partikel stammen
und welche Effekte sie auslösen können.
Nach Dafürhalten des Petitionsausschusses sollten darüber hinaus Maßnahmen an
der Verursachungsquelle Vorrang haben. Der Petitionsausschuss begrüßt daher,
dass weltweit tätige Unternehmen zum Teil das Auslaufen von partikelhaltigen
Artikeln wie Duschgels oder Zahnpasta angekündigt haben. Für den Umgang mit
synthetischen Fasern in Kleidung und den ganzen Folgeprodukten der Zerkleinerung
sind bislang aber keine Konzepte entworfen.
Abschließend weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass auch die Staats- und
Regierungschefs der sieben bedeutendsten Industrienationen den internationalen
Klimaschutz und den Meeresumweltschutz als eines ihrer Themen für ihren nächsten
Gipfel am 7. und 8. Juni 2015 in Schloss Elmau benannt haben.
Der Petitionsausschuss sieht sowohl auf nationaler wie europäischer und
internationaler Ebene noch Handlungsbedarf und hält diese Petition für geeignet, das
Anliegen zu unterstützen, einer weiteren Ansammlung von Plastikeintragungen in
Gewässern entgegenzuwirken. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition
der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft,
dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – als Material zu überweisen und dem
Europäischen Parlament zuzuleiten.Begründung (pdf)


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