Änderung des Landesgesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage; Aufhebung der Verbote von Versammlungen und Veranstaltungen

Petitioner not public
Petition is directed to
Petitionsausschuss des Rheinland-Pfälzischen Landtages
59 supporters 59 in Rhineland-Palatinate

Petition process is finished

59 supporters 59 in Rhineland-Palatinate

Petition process is finished

  1. Launched 2013
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Rheinland-Pfälzischen Landtages.

forwarding

11/12/2018, 11:11

„…Sie übersandten eine Legislativeingabe, mit der Sie eine Änderung des Feiertagsgesetzes
(Aufhebung der Verbote von Versammlungen und Veranstaltungen) begehren.

Bei Ihrer Legislativeingabe handelt es sich um eine öffentliche Petition. Die Mitzeich-
nungsfrist, in der weitere 59 Personen mitzeichneten, endete am 28. Mai 2013.

Der Petitionsausschuss hat in seiner 19. Sitzung am 25. Juni 2013 über Ihre Legislativeingabe
beraten und den Beschluss gefasst, Ihrem Anliegen nicht abzuhelfen.

Damit der Petitionsausschuss alle Gründe, die für oder gegen eine Änderung der bestehen-
den Gesetzeslage sprechen, berücksichtigen kann, wurde das fachlich zuständige Ministe-
rium des Innern, für Sport und Infrastruktur im Vorfeld zunächst um eine Stellungnahme zu
Ihrem Anliegen gebeten.

Das Ministerium hat mit Schreiben vom 22. Mai 2013 hierzu folgende Stellungnahme abge-
geben:
„Die Petition richtet sich gegen die in dem Feiertagsgesetz festgelegten
Verbote von Versammlungen und Veranstaltungen sowie von Sport- und
Tanzveranstaltungen und gegen die hiermit verbundene Einschränkung von
Grundrechten. Der Petent hält eine Reformierung des Feiertagsgesetzes
sowie die ersatzlose Streichung der §§ 6, 7, 8 und 11 dieses Gesetzes für
erforderlich.
Nach seiner Ansicht stehen die Tanz- und Versammlungsverbote an reli-
giösen Feiertagen im Widerspruch zur grundgesetzlich geschützten Reli-
gionsfreiheit. Niemand dürfe zu religiösen Handlungen gezwungen wer-
den. Da die hiermit verbundene Einschränkung von Grundrechten Nicht-
gläubiger ausschließlich theologisch begründet werde, missachteten dem
Petenten zufolge die Feiertagsgesetze der Länder das Trennungsgebot
von Staat und Kirche.
Das Feiertagsgesetz datiert vom 15. Juli 1970 (GVBl. S. 225) und wurde
zuletzt durch Gesetz vom 27. Oktober 2009 (GVBl. S. 358) geändert.
In den §§ 6, 7 und 8 Feiertagsgesetz sind die Verbote von Versammlun-
gen und Veranstaltungen (§ 6), von Sportveranstaltungen (§ 7) und von
Tanzveranstaltungen (§ 8) an den dort aufgezählten, sog. stillen Feierta-
gen zu den jeweils angegebenen Zeiten normiert. § 11 Feiertagsgesetz
stellt u.a. fest, dass § 6 Feiertagsgesetz das Grundrecht der Versamm-
lungsfreiheit einschränkt.
Durch § 10 Feiertagsgesetz wird die Möglichkeit eröffnet, bei Vorliegen ei-
nes wichtigen Grundes im Einzelfall eine Ausnahme von den aufgezählten
Verboten zuzulassen. Eine unmittelbare Störung der Gottesdienste darf
jedoch durch die ausnahmsweise genehmigten Veranstaltungen nicht ein-
treten. Vor einer abschließenden Entscheidung sind die zuständigen kirch-
lichen Stellen zu hören.

Der Schutz der Sonn- und Feiertage wird in Artikel 140 des Grundgesetzes
in Verbindung mit Artikel 139 Weimarer Verfassung und Artikel 47 der Ver-
fassung für Rheinland-Pfalz institutionell garantiert. In der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichtes ist die diesen Vorgaben innewohnende
verfassungsrechtliche Bindung des Gesetzgebers wiederholt dahingehend
umschrieben worden, dass einerseits die durch das Grundgesetz festgeleg-
te Zweckbestimmung der Sonn- und Feiertage hinreichend gewährleistet
und insoweit diese Tage als Institution geschützt sein müssen, andererseits
die zum Schutz der Sonn- und Feiertage getroffenen Regelungen aber nicht
unverhältnismäßig sein dürfen. Sonn- und Feiertage dienen der Arbeitsruhe,
der seelischen Erhebung und der religiösen Erbauung. Den Menschen soll
an diesen Tagen die Möglichkeit zur inneren Ruhe gegeben werden. Dies
setzt jedoch äußere Ruhe – also das Freihalten des Ruhetages von ‚werk-
täglichen Elementen‘ – voraus. Anders als die Religionsausübungsfreiheit
(Artikel 4 Abs. 2 Grundgesetz) zielt die Sonn- und Feiertagsgarantie nicht
unmittelbar auf die Gewährleistung einer religiösen Handlung ab, sondern
darauf, den äußeren Rahmen für die ‚seelische Erhebung‘ zu schaffen.

In heutiger Zeit stellt sich der Sonn- und Feiertagsschutz auch als eine
Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips dar. Er soll den individuellen Be-
langen sowohl der gläubigen als auch der nichtgläubigen Menschen die-
nen und insoweit eine annähernd gleiche Förderung unterschiedlicher
Interessen ermöglichen. Daraus folgt, dass etwa die Religionsausübung
nicht nur verfassungsrechtlich garantiert, sondern der Staat zugleich ver-
pflichtet ist, sie vor unzumutbaren Störungen zu schützen.

Die durch den Petenten angegriffenen gesetzlichen Verbote stellen eine zu-
lässige Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Schutz
der Sonn- und Feiertage dar.
Der Petent führt zwar zutreffend aus, dass die gesetzlich festgelegten
Verbote mit Einschränkungen anderer Grundrechtspositionen, beispiels-
weise des in Artikel 8 Abs. 2 Grundgesetz verbürgten Grundrechts der
Versammlungsfreiheit, verbunden sind. Insbesondere vor dem Hintergrund
des in Artikel 139 Weimarer Verfassung festgelegten, objektivrechtlichen
Schutzauftrags für den Sonn- und Feiertagsschutz, der das Grundrecht
der Religionsfreiheit (Artikel 4 Abs. 1 und 2 Grundgesetz) in seiner Bedeu-
tung als Schutzverpflichtung des Gesetzgebers konkretisiert, ist die Ein-
schränkung dieser Grundrechtspositionen jedoch verhältnismäßig.
Ich teile auch nicht die Auffassung des Petenten, wonach das Grundrecht
der negativen Religionsfreiheit den Tanz- und Versammlungsverboten
entgegenstehe. Die genannten Verbote verletzen nicht das Recht, sich in
freier Selbstbestimmung nicht zu einem Glauben zu bekennen, sich nicht
an kirchlichen oder religiösen Praktiken zu beteiligen und sich von Glau-
benssymbolen zu distanzieren.

Zudem halte ich die Meinung des Petenten, das Feiertagsgesetz missachte
das Trennungsgebot von Staat und Kirche, für unzutreffend. Die Pflicht des
Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität steht einer Konkretisierung
des Schutzgehalts des Artikels 4 Abs. 1 und 2 Grundgesetz durch Artikel
139 Weimarer Verfassung nicht entgegen. Die Verfassung selbst unterstellt
nämlich den Sonntag und die Feiertage, soweit sie staatlich anerkannt sind,
einem besonderen staatlichen Schutzauftrag und nimmt damit eine Wertung
vor, die auch in der christlich-abendländischen Tradition wurzelt und kalen-
darisch an diese anknüpft. Wenn dies den christlichen Religionsgemein-
schaften einen grundrechtsverankerten Mindestschutz der Sonntage und ih-
rer staatlich anerkannten Feiertage vermittelt, ist dies in der Wertentschei-
dung des Artikels 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 139 Weimarer
Verfassung angelegt (vgl. BVerfG, 1 BvR 2857/07 vom 1. Dezember 2009,
Absatz-Nr. 148, www.bverfg.de/entscheidungen).

Regelungen über verschiedene Verbote finden sich auch in den feiertags-
rechtlichen Vorschriften der anderen Länder. Dabei bin ich mir bewusst,
dass sich die feiertagsrechtlichen Festlegungen in den Bundesländern un-
terschiedlich darstellen. Der Grund hierfür ist, dass das Feiertagsrecht in
die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Artikel 70 Abs. 1 Grundgesetz)
fällt. Dabei ist durch das Grundgesetz zugelassen und insbesondere im
Hinblick auf unterschiedliche Lebensverhältnisse sogar gewollt, dass die
Länder für einen Bereich, der ihrer Gesetzgebung unterliegt, unterschiedli-
che Regelungen treffen. Der jeweilige Landesgesetzgeber hat bei der
Festlegung der Zahl der Feiertage und in Bezug auf die Intensität des
Feiertagsschutzes einen Gestaltungsspielraum. Bei der Gestaltung des
Feiertagsrechts sind eine Vielzahl von Gesichtspunkten und Interessen
gegeneinander abzuwägen. Hierzu gehören insbesondere das Anliegen
der Kirchen, ihre Feiertage entsprechend dem religiösen Inhalt der betref-
fenden Feste zu begehen, aber auch andere Gesichtspunkte, wie etwa die
konfessionelle Bevölkerungsstruktur. Die Abwägung der widerstreitenden
Gesichtspunkte hat dazu geführt, dass das Feiertagsrecht der Bundeslän-
der trotz vieler Übereinstimmungen auch Differenzierungen aufweist. Dies
ist im Rahmen eines föderalen Staates nicht nur hinnehmbar, sondern
vielmehr vom Verfassungsgeber so gewollt.
Beispielsweise in Bezug auf das Tanzverbot halten die Kirchen bisher
weitgehend vehement an den bestehenden Regelungen fest. Sie setzen
sich für strukturierte Jahreszeiten ein, verweisen auf eine jahrhundertealte
Tradition und halten dieses Verbot an den über das Jahr verteilt nur weni-
gen Tagen zumindest als Ausdruck der Rücksichtnahme auf die religiösen
Gefühle anderer für notwendig.

Eine Lockerung oder vollständige Aufhebung des Sonn- und Feiertags-
schutzes zugunsten der nach geltender Rechtslage verbotenen Veranstal-
tungen bzw. Versammlungen an stillen Feiertagen würde dem verfas-
sungsrechtlich garantierten Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe auch in
heutiger Zeit nicht gerecht und sollte daher auch nicht durch eine Ände-
rung des Feiertagsgesetzes ermöglicht werden.“

Der Petitionsausschuss hat sich diesen Gründen angeschlossen und derzeit keine Möglichkeit
gesehen, Ihr Anliegen und die damit verbundene Änderung der Gesetzeslage zu unterstützen.
Ihre Legislativeingabe wurde deshalb nicht einvernehmlich abgeschlossen.

Dieser Bescheid wird gemäß Nummer 12 der Verfahrensgrundsätze für die Behandlung von
öffentlichen Petitionen im Internet veröffentlicht.“

Begründung (PDF)


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