Regiune: Turingia
Dialog

Änderung des Versammlungsrechtes, vor dem Hintergrund extremistischer Versammlungen

Petiționarul nu este public
Petiția se adresează
Petitionsausschuss des Thüringer Landtages
31 31 in Turingia

Colectia terminata

31 31 in Turingia

Colectia terminata

  1. A început 2016
  2. Colectia terminata
  3. Trimis
  4. Dialog cu destinatarul
  5. Decizie

Aceasta este o petiție online des Thüringer Landtages .

24.10.2018, 04:38

Die Petition ist am 22. August 2016 auf der Petitionsplattform des Thüringer Landtags veröffentlicht worden. In der sechswöchigen Mitzeichnungsphase wurde die Petition nur von 32 Mitzeichnerinnen und Mitzeichnern unterstützt.
Damit wurde das in § 16 Abs. 1 Satz 2 Thüringer Petitionsgesetz für eine öffentliche Anhörung vorgegebene Quorum von mindestens 1.500 Mitzeichnern nicht erreicht.

Bei der abschließenden Beratung der Petition berücksichtigte der Petitionsausschuss sowohl den Vortrag des Petenten als auch eine vom Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales vorgelegte Stellungnahme. Im Ergebnis der Beratung ging der Petitionsausschuss von Folgendem aus:

Nach Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Dieses Grundrecht ermöglicht es dem Bürger, sich aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess zu beteiligen. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht nach Art. 8 Abs. 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Das Versammlungsgesetz konkretisiert insoweit den Gesetzesvorbehalt in Art. 8 Abs. 2 GG.

Das Versammlungsrecht war bis zur Föderalismusreform von 2006 nach der damals geltenden Fassung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungs-kompetenz des Bundes. Die Föderalismusreform, die am 1. September 2006 in Kraft trat, brachte eine umfangreiche Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen mit sich, darunter eine Verlagerung des Versammlungsrechts in die Kompetenz der Länder durch Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG. Gleichzeitig wurde als Übergangsvorschrift ein neuer Art. 125 a Abs. 1 GG erlassen, wonach Bundesrecht, das auf Grundlage einer abgeschafften Bundeskompetenz erlassen worden war, grundsätzlich weitergilt, von den Ländern aber durch Landesrecht ersetzt werden kann.
Damit ist den Ländern die Möglichkeit gegeben, das Versammlungsgesetz des Bundes (VersammlG) durch eigene Versammlungsgesetze zu ersetzen. Von der Möglichkeit zum Erlass von Landesversammlungsgesetzen haben bisher Bayern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein Gebrauch gemacht.
In den übrigen Bundesländern sind Landesversammlungsgesetze derzeit nicht erlassen worden, so dass hier das VersammlG gilt.

Bei der Versammlungsfreiheit handelt es sich um ein im Grundgesetz verankertes Grundrecht. Das Grundrecht lässt nur in bestimmten Fällen – bei Versammlungen unter freiem Himmel – Einschränkungen zu. Die Umsetzung des Grundrechts und seiner zulässigen Einschränkungen regelt das VersammlG, das in Thüringen wie in den anderen Bundesländern auch, die kein eigenes Versammlungsgesetz erlassen haben, gemäß Art. 125 a Abs. 1 des GG, unverändert fort gilt.

Gemäß § 15 Abs. 1 VersammlG kann die zuständige Versammlungsbehörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs bzw. ohne die erforderlichen Auflagen unmittelbar gefährdet ist.
Die behördlichen Eingriffsbefugnisse werden im Versammlungsrecht dadurch begrenzt, dass Verbote und Auflösungen ebenso wie die Anordnung von Auflagen nur bei einer „unmittelbaren Gefährdung“ der öffentlichen Sicherheit und Ordnung statthaft sind.
Diese behördlichen Eingriffsbefugnisse müssen sich dabei immer nach den Umständen im konkreten Einzelfall richten und dürfen den gebotenen Umfang nicht übersteigen.

Das Versammlungsrecht erlaubt allerdings den Versammlungsbehörden nicht, bestimmte Versammlungen, wie z.B. Versammlungen an „historisch sensiblen Tagen“, generell mit Versammlungsverboten zu belegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass § 15 Abs. 1 VersammlG Beschränkungen der Versammlungsfreiheit unterhalb der Schwelle eines Versammlungsverbots auch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erlaubt, vorausgesetzt, dass diese nicht aus dem Inhalt der Äußerungen, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung folgen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Januar 2012 – 1 BvQ 4/12).
Anlässlich einer Versammlung am 20. April 2016 in Thüringen führte das Verwaltungsgericht Gera hierzu in beispielhafter Weise aus:

„Allein die zeitliche Nähe der Versammlung zu einem solchen Tag (20.04. – Geburtstag Adolf Hitler) genügt jedoch nicht für eine entsprechende Annahme (Symbolkraft). Erforderlich ist vielmehr stets die Feststellung, dass von der konkreten Art und Weise der Durchführung der Versammlung an diesem Tag Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürger erheblich beeinträchtigen, was voraussetzt, dass die Versammlung eine den Umständen nach eindeutige Stoßrichtung in Richtung auf die besonderer Symbolkraft des fraglichen Tages erkennen lässt. Störungen des sittlichen Empfindens der Bürger ohne Provokationscharakter oder Störungen, die, obgleich provokativen Charakters, kein erhebliches Gewicht aufweisen, ergeben als solche keinen verhältnismäßigen Anlass für eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.02.2014 – 6 C 1/13).

Der Umstand allein, dass eine rechtsextremistische Gruppierung speziell an einem 20. April eine Versammlung durchführt, kann vor diesem Hintergrund nicht in grundrechtlich tragfähiger Weise für eine Versammlungsbeschränkung nach § 15 Abs. 1 VersG herangezogen werden, und zwar selbst dann nicht, wenn die Wahl gerade dieses Tages als Versammlungstermin einer solchen Gruppierung von vielen Bürgern in tatsächlicher Hinsicht als unpassend wahrgenommen wird.“

Weiter heißt es:

„Anderes gilt aber beispielsweise dann, wenn an einem 20. April eine Versammlung durchgeführt werden soll, in der an den Geburtstag Hitlers anknüpfend, ihn gleichsam feiernd, der Nationalsozialismus verherrlicht werden soll oder wenn konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass die mit diesem Tag verbundene Symbolik dazu fruchtbar gemacht werden soll, eine besondere Gewaltbereitschaft zu nutzen und zu fördern, und wenn sich daraus eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergibt.“ (s. VG Gera – 1 E 294/16 Ge

Auch die Versammlungsgesetze der Länder, die von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht haben, sehen grundsätzlich keine Regelungen vor, Versammlungen an bestimmten Tagen gesetzlich generell auszuschließen. Die Landesversammlungsgesetze beinhalten teils – vergleichbar mit § 15 VersammlG – unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit von Beschränkungen bzw. Verbote von Versammlungen mit rechtsextremistischem Bezug. Teilweise wird nur auf den Schutz von Gedenkstätten zur Erinnerung an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft abgestellt. Letztlich wäre auch bei einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung durch die zuständige Versammlungsbehörde immer eine Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten im Einzelfall und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu treffen.
In Thüringen wurde hierzu bereits 2005 das Gesetz zum Schutz der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora erlassen (GVBl. 2005, 219).

Vor diesem Hintergrund bedankt sich der Petitionsausschuss noch einmal ausdrücklich für die vom Petenten vorgetragenen Anregungen. Ob und ggf. in welchem Maße der Thüringer Gesetzgeber von der übergeleiteten Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Versammlungsrechts Gebrauch macht, obliegt der Beurteilung der im Landtag vertretenen Fraktionen.

Vor diesem Hintergrund hat der Petitionsausschuss gemäß § 17 Nr. 6 ThürPetG beschlossen, die Petition den Fraktionen des Thüringer Landtags zur Kenntnis zu geben. Die Fraktionen werden damit in die Lage versetzt, das vom Petenten aufgeworfene Problem in die politische Arbeit mit aufzunehmen und ggf. einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen.


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