Änderung von § 20 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz

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Petitionsausschuss des Rheinland-Pfälzischen Landtages
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Preposielanie

12. 11. 2018, 11:10

…Sie übersandten eine Legislativeingabe, mit der Sie eine Änderung des Polizei- und
Ordnungsbehördengesetzes begehrten. Im Einzelnen wünschten Sie die Aufnahme einer
Regelung innerhalb POG, welche auch zur Nachtzeit den Ordnungskräften ein gesetzliches
Handeln ermöglicht, um ruhestörenden Lärm zu unterbinden.

Darüber hinaus baten Sie um Veröffentlichung Ihrer Petition. Die Mitzeichnungsfrist Ihrer
öffentlichen Petition, in der 1251 weitere Personen mitzeichneten, endete am 14. Februar
2018.

Der Petitionsausschuss hat in seiner 16. Sitzung am 5. Juni 2018 über Ihre Legislativeingabe
beraten und den Beschluss gefasst, dem Anliegen nicht abzuhelfen.

Damit der Petitionsausschuss alle Gründe, die für oder gegen eine Änderung der
Gesetzeslage sprechen, berücksichtigen kann, wurde das fachlich zuständige Ministerium des
Innern und für Sport im Vorfeld zunächst um eine Stellungnahme zu Ihrem Anliegen gebeten.

Das Ministerium hat mit Schreiben vom 29. Dezember 2017 hierzu folgende Stellungnahme
abgegeben:

„Der Petent begehrt mit seiner Eingabe eine Änderung des § 20 POG, der das
Betreten und die Durchsuchung von Wohnungen durch die allgemeinen
Ordnungsbehörden und die Polizei regelt.

Nach Auffassung des Petenten sollte eine Regelung aufgenommen werden, die
es den Sicherheitskräften bei Ruhestörungen während der Nachtzeit ermöglicht,
die Wohnung des Lärmverursachers zu betreten. Nach geltender Rechtslage sei
dies
jedenfalls bei einer einmaligen nächtlichen Ruhestörung nicht zulässig, was zu
Frustrationen bei Beschwerdeführern führe, die sich Abhilfe seitens der
Ordnungskräfte versprochen hätten.

Die geltende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 POG kann die Polizei zur Tagzeit eine Wohnung
ohne Einwilligung des Inhabers betreten, wenn Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass sich in ihr eine Sache befindet, die nach § 22 Nr. 1 POG
sichergestellt werden darf. Diese Befugnis steht über § 20 Abs. 5 POG auch den
allgemeinen Ordnungsbehörden zu. Nach § 22 Nr. 1 POG kann eine Sache
sichergestellt werden, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren.

Während der Nachtzeit ist das Betreten einer Wohnung nach § 20 Abs. 2 POG
nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer
Person oder für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte zulässig.
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Zur Abwehr dringender Gefahren dürfen Wohnungen gem. § 20 Abs. 3 POG
jederzeit betreten werden, wenn die Abwehr der Gefahr nur dadurch ermöglicht
wird.

Bei der Auslegung des § 20 POG ist der verfassungsrechtliche
Schrankenvorbehalt des Art. 13 Abs. 7 GG zu beachten. Danach ist das Betreten
einer Wohnung nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung zulässig. Dringend ist eine Gefahr, wenn die Schädigung
eines hochwertigen Rechtsguts (wie etwa Leib oder Leben) zu erwarten ist. Eine
durch laute Musik verursachte leichte Gesundheitsbeeinträchtigung in Form von
körperlichem Unwohlsein stellt keine dringende Gefahr in diesem Sinne dar,
selbst dann nicht, wenn dadurch die Nachtruhe der Betroffenen gestört wird. Dies
hat zur Folge, dass jedenfalls bei einer einmaligen oder gelegentlichen
Lärmbelästigung durch laute Musik, die keine erheblichen
Gesundheitsbeeinträchtigungen der Nachbarschaft zur Folge haben, ein
Betreten der Wohnung zwecks Sicherstellung der Musikanlage unzulässig ist. Ist
jedoch im Einzelfall die Schwelle zu einer erheblichen
Gesundheitsbeeinträchtigung der Nachbarn überschritten (wiederholte, massive
Lärmbelästigung über einen längeren Zeitraum oder Lärmbelästigung von
erkennbar gesundheitlich vorbelasteten Personen), besteht auch nach geltender
Rechtslage die Möglichkeit zum Betreten einer Wohnung.

Bloße Belästigungen anderer Personen, selbst wenn sie von erheblicher Art sind,
werden vom Schrankenvorbehalt des Art. 13 Abs. 7 GG nicht erfasst. Eine
Regelung, wie sie etwa in § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Polizeigesetzes in
Nordrhein-Westfalen enthalten ist, wonach die Polizei eine Wohnung betreten
darf, wenn von ihr Immissionen ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer zu
einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft führen, erscheint daher
problematisch.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen wird die von dem Petenten gewünschte
Gesetzesänderung abgelehnt.“

Der Petitionsausschuss hat die Eingabe in seiner 14. Sitzung am 27. Februar 2018 beraten
und beschlossen, sie zurückzustellen, um weitere Fragen im Zusammenhang mit der Eingabe
zu klären.

Da die der Eingabe zugrundeliegende Fragestellung nach Betretungsrechten der
Ordnungskräfte in Wohnungen zur Unterbindung ruhestörenden Lärms bereits Gegenstand
der Gesetzesberatungen zu dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zum 9.
Landesgesetz zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (Drs. 17/2895) war,
hat der Petitionsausschuss darum gebeten, dass das Ministerium des Innern und für Sport ihm
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die Diskussion zu der Fragestellung der Eingabe im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens
nochmals zusammenfassend darstellt. Der Ausschuss bat zudem zu erläutern, ob und ggf.
inwieweit es in der konkreten Vollzugspraxis Unterschiede bei der Handhabung der
Betretungsrechte in den Ländern mit einer entsprechenden expliziten Befugnisnorm zur
Vollzugspraxis in Rheinland-Pfalz gibt. Darüber hinaus interessiert den Petitionsausschuss die
Vollzugspraxis in Rheinland-Pfalz bei der Ausschöpfung des bestehenden
Handlungsinstrumentariums unterhalb der Schwelle der Wohnungsbetretung, insbesondere
hinsichtlich der vollziehbaren Anordnung, ruhestörenden Lärm zu unterlassen und der
Verhängung von Bußgeldern, wenn dem nicht ausreichend Folge geleistet wird.

Hierzu hat das Ministerium des Innern und für Sport mit Schreiben vom 7. Mai 2018 folgende
ergänzende Stellungnahme abgegeben:

„1. Diskussionen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens

Der Petitionsausschuss hat darum gebeten, ihm die Diskussion zu der
Fragestellung der Eingabe im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur
Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (Gesetz vom 30. Juni
2017, GVBl. S. 123) nochmals zusammenfassend darzustellen. Bereits im
Oktober 2016, d. h. noch im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens, wurde aus
verfassungsrechtlichen Gründen davon abgesehen, in den Gesetzentwurf eine
Vorschrift aufzunehmen, nach der die allgemeinen Ordnungsbehörden oder die
Polizei eine Wohnung bereits dann betreten dürfen, wenn von der Wohnung
Emissionen ausgehen, die zu einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft
führen. Nach Art. 13 Abs. 7 GG ist das Betreten einer Wohnung nur zur
Verhütung einer dringenden Gefahr zulässig. Dringend ist eine Gefahr, wenn die
Schädigung eines hochwertigen Rechtsguts zu erwarten ist. Die bloße
Belästigung der Nachbarschaft, auch wenn sie erheblich ist, stellt keine
dringende Gefahr dar. Aus diesem Grund wurde keine Vorschrift zur Änderung
des § 20 POG in den

Gesetzentwurf aufgenommen. Deshalb gab es im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens hierzu keine Diskussionen.

2. Vergleich der Vollzugspraxis

Der Petitionsausschuss hat ferner um Erläuterung gebeten, ob und
gegebenenfalls inwieweit es in der konkreten Vollzugspraxis Unterschiede bei
der Handhabung der Betretungsrechte in den Ländern mit einer entsprechenden
expliziten Befugnisnorm zur Vollzugspraxis in Rheinland-Pfalz gibt. Die Bitte des
Petitionsausschusses zielt auf Unterschiede der Vollzugspraxis gegenüber
Ländern ab, die das Betretungsrecht bei Lärmemissionen explizit geregelt und
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dabei nach dem Wortlaut des Gesetzes eine niedrigere Eingriffsschwelle
festgelegt haben. Hierbei handelt es sich um folgende Länder und Regelungen:

• Brandenburg
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BbgPolG: „Die Polizei kann eine Wohnung ohne
Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn von der Wohnung
Emissionen ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer zu einer erheblichen
Beeinträchtigung der Nachbarschaft führen.“
• Berlin
§ 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ASOG Bln: „Die Ordnungsbehörden und die Polizei
können eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und
durchsuchen, wenn von der Wohnung Emissionen ausgehen, die nach Art,
Ausmaß oder Dauer zu einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft führen.“
• Hamburg
§ 16 Abs. 2 Nr. 3 SOG: „Eine Wohnung darf ohne Einwilligung des Inhabers
betreten und durchsucht werden, wenn von der Wohnung Emissionen ausgehen,
die nach Art, Ausmaß oder Dauer zu einer erheblichen Belästigung der
Nachbarschaft führen.“
• Nordrhein-Westfalen
§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PolG NRW: „Die Polizei kann eine Wohnung ohne
Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn von der Wohnung
Immissionen ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer zu einer erheblichen
Belästigung der Nachbarschaft führen.“
Um Unterschiede zur Vollzugspraxis in Rheinland-Pfalz festzustellen zu können,
sind die rheinland-pfälzischen Polizeibehörden um Mitteilung gebeten worden,
bei welchen Sachverhalten in der Vergangenheit im Zusammenhang mit
Lärmemissionen von einer dringenden Gefahr, d. h. von einer
Gesundheitsgefährdung, im Sinne des § 20 Abs. 3 POG ausgegangen wurde.
Da nicht nur der Polizei, sondern auch den Vollzugskräften der allgemeinen
Ordnungsbehörden die Befugnis nach § 20 Abs. 3 POG zusteht, erging eine
entsprechende Abfrage an die Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte.

Die Polizeien in Brandenburg, Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen wurden
gefragt, bei welchen Sachverhalten sie in der Vergangenheit von einer
erheblichen
Belästigung bzw. Beeinträchtigung der Nachbarschaft ausgegangen sind und
welche Maßnahmen ergriffen wurden, bevor ein Betreten der Wohnung erfolgte.

Die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen wurden ferner um Mitteilung gebeten,
bei welchen Sachverhalten die Vollzugskräfte der Ordnungsbehörden von einer
erheblichen Belästigung der Nachbarschaft ausgegangen sind.
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Ergebnis der Abfrage:

a) Polizeipräsidien Rheinland-Pfalz

Im Bereich des Polizeipräsidiums Rheinpfalz wurde im Jahr 2017 kein Fall
bekannt, in dem eine dringende Gefahr vorlag, die ein Betreten der Wohnung
gerechtfertigt hätte.

Das Polizeipräsidium Westpfalz geht insbesondere dann von einer dringenden
Gefahr aus, wenn sich die Störung in Mehrfamilienhäusern zur Nachtzeit
ereignet, die Lautstärke „extrem“ laut ist und Kleinkinder betroffen sind.

Das Polizeipräsidium Koblenz hat folgenden Fall benannt, in dem eine
dringende Gefahr im Sinne des § 20 Abs. 3 POG vorlag: Ein psychisch erkrankter
Mieter einer Obergeschosswohnung ließ sonntags über einen längeren Zeitraum
Hantelstangen und Gewichte absichtlich auf den Boden fallen. In der darunter
liegenden Wohnung lebte ein älteres Ehepaar. Der Mann war schwer erkrankt
und bettlägerig. Der Mieter reagierte nicht auf das Klingeln und Klopfen der
Polizeibeamten.

Das Polizeipräsidium Mainz konnte keine konkreten Fälle mitteilen, wies jedoch
darauf hin, dass nur in seltenen Ausnahmefällen von einer dringenden Gefahr
ausgegangen wird.

Auch das Polizeipräsidium Trier konnte keine konkreten Sachverhalte zu einer
dringenden Gefahr mitteilen.

b) Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz

Nach Mitteilung der befragten Stadtverwaltungen ist in den Jahren 2016/2017 nur
in einem Fall eine Wohnung im Zusammenhang mit Lärmemissionen auf der
Grundlage des § 20 Abs. 3 POG betreten worden. Ob Lärmemissionen im
Einzelfall eine dringende Gefahr (Gesundheitsgefährdung) im Sinne des § 20
Abs. 3 POG darstellen, sei aus Sicht der Stadtverwaltungen schwierig zu
beurteilen.

c) Polizeien Berlin, Hamburg, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen

Die Polizei Berlin hat mitgeteilt, dass sich konkrete Sachverhalte, in denen
generell von einer erheblichen Belästigung auszugehen ist, nicht definieren
lassen. Entscheidend seien immer die Umstände des Einzelfalls (z. B.
Lautstärke, Dauer,
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Zeugenaussagen, die örtlichen Verhältnisse, Tages- oder Nachtzeit). Fälle, in
denen die Polizei bei Einsätzen zur Lärmbekämpfung eine Wohnung betreten
hat, würden statistisch nicht erfasst. Die Polizei Berlin weist darauf hin, dass bei
verfassungskonformer Auslegung des § 36 Abs. 1 Nr. 2 ASOG ein Betreten der
Wohnung nur gerechtfertigt ist, wenn die Lärmbelästigung nach ihrer Art, Dauer
und Intensität eine Gesundheitsgefährdung und damit eine dringende Gefahr im
Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG darstellt.

Die Polizei Hamburg hat dargelegt, dass erhebliche Belästigungen im
Zusammenhang mit dem Hamburgischen Lärmschutzgesetz in der
Polizeidienstvorschrift 350 (HH) wie folgt definiert werden:

„Belästigungen sind Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen
Wohlbefindens, die noch keine unmittelbaren Gesundheitsschäden bewirken.
Belästigungen sind erheblich, wenn sie nach Stärke, Häufigkeit und Dauer des
Lärms das übliche und zumutbare Maß überschreiten.“

Die Polizei Hamburg benennt zwei Beispiele für eine erhebliche Belästigung:

• Ein über mehrere Stunden und zum Zeitpunkt der Kräftepräsenz
andauerndes Abspielen von Musik in einer Wohnung. Die Musik ist zwar
nicht übermäßig laut, jedoch in Nachbarwohnungen und im Treppenhaus
wahrnehmbar.

• Ein kurzfristiges und zum Zeitpunkt der Kräftepräsenz andauerndes lautes
Abspielen von Musik. Die Musik ist im ganzen Haus zu vernehmen.

Das Betreten der Wohnung sei mit Blick auf die Eingriffstiefe aber immer nur das
letzte der in Betracht kommenden Mittel (ultima ratio).

Die Polizei Brandenburg hat mitgeteilt, dass eine erhebliche Beeinträchtigung
der Nachbarschaft dann anzunehmen sei, wenn die schädlichen Umwelteinflüsse
nach Würdigung aller Umstände nicht zumutbar sind. Ein Betreten der Wohnung
erfolge jedoch nicht, wenn bereits die mündliche Aufforderung, die Emissionen
zu reduzieren, zum Erfolg führt.
Die Polizei Nordrhein-Westfalen hat bislang noch keine Antwort übersandt.

d) Ordnungsbehörden der Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen

Gem. § 24 Nr. 13 Ordnungsbehördengesetz NRW i. V. m. § 41 Abs. 1 Nr. 3 PolG
NRW sind die Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen ermächtigt, eine
Wohnung von der Immissionen ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer zu
einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft führen, ohne Einwilligung des
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Inhabers zu betreten und zu durchsuchen. Die Ermächtigung − so das
Ministerium des Innern Nordrhein-Westfalen − sei verfassungskonform im Lichte
des Art. 13 Abs. 7 GG auszulegen. Eine stichprobenartige Abfrage bei den
größeren Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen zur Vollzugspraxis habe
ergeben, dass die Ordnungsbehörden beim Vorgehen gegen Lärmbelästigungen
in erster Linie auf die Regelungen des Landesimmissionsschutzgesetzes
(LImSchG) als spezialgesetzliche Rechtsgrundlage zurückgreifen würden. Nach
§ 16 Abs. 1 Nr. 1 LImSchG NRW haben Eigentümer und Besitzer von
Grundstücken, auf denen Anlagen betrieben oder Tätigkeiten ausgeübt werden,
die Emissionen verursachen können, den Angehörigen der zuständigen
Behörden und deren Beauftragten, soweit dies zur Überwachung der
Durchführung des LImSchG oder der auf dieses Gesetz gestützten
Rechtsverordnung erforderlich ist, den Zutritt zu den Grundstücken und zur
Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung auch
zu Wohnräumen zu gestatten.

Da die Vollzugskräfte der Ordnungsbehörden zunächst das Gespräch mit dem
Lärmverursacher suchen würden, was sich in der Praxis regelmäßig als
ausreichend darstelle, lägen nur wenige Erfahrungen in Bezug auf das
Wohnungsbetretungsrecht vor. Ob eine Lärmbelästigung eine erhebliche
Belästigung im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 3 PolG NRW oder eine dringende
Gefahr im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 LImSchG NRW darstellt, hänge von den
tatsächlichen Umständen im Einzelfall ab. Die Bewertung richte sich nicht alleine
nach der Intensität, Dauer und Art der Geräusche, sondern berücksichtige unter
anderem auch den Gebietscharakter der Umgebung (z. B. Pegel der
Umgebungsgeräusche, Hellhörigkeit im Gebäude, Schallschutz). Auch die
Tageszeit fließe in die Bewertung mit ein. Die Beurteilung werde vor Ort durch
die Vollzugskräfte nach pflichtgemäßem Ermessen getroffen.

Das Land Berlin hat mitgeteilt, dass gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. i der
Ordnungsdiensteverordnung die Außendienstmitarbeiter der bezirklichen
Ordnungsämter ausschließlich Betretungsrechte in Bezug auf öffentlich
zugängliche Räume während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit
haben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Ordnungsämter dürfen
Wohnungen daher nicht ohne Einwilligung des Wohnungsinhabers betreten.
Hierzu sei allein die Polizei berechtigt.

e) Fazit

Nach hiesiger Einschätzung scheint es keine grundlegenden Unterschiede in der
Vollzugspraxis zwischen Rheinland-Pfalz und den Ländern zu geben, in denen
das Wohnungsbetretungsrecht bei Lärmemissionen nach dem Wortlaut der
einschlägigen Ermächtigungsnorm bereits bei einer erheblichen Belästigung der
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Nachbarschaft zulässig ist. Unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen
Vorgaben aus Art. 13 Abs. 7 GG setzt das Betreten einer Wohnung auch in den
Ländern, in denen das Betreten der Wohnung an eine niedrigere
Eingriffsschwelle geknüpft ist, die Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung
voraus, deren Vorliegen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu
beurteilen ist.

f) Maßnahmen unterhalb der Schwelle der Wohnungsbetretung

Schließlich interessiert den Petitionsausschuss die Vollzugspraxis in Rheinland-
Pfalz bei der Ausschöpfung des bestehenden Handlungsinstrumentariums
unterhalb der Schwelle der Wohnungsbetretung, insbesondere hinsichtlich der
vollziehbaren Anordnung, ruhestörenden Lärm zu unterlassen und der
Verhängung von Bußgeldern, wenn dem nicht ausreichend Folge geleistet wird.

Zur Klärung dieser Frage sind die Polizeibehörden um Mitteilung gebeten
worden, wie in Fällen ruhestörenden Lärms vorgegangen wird und wie oft seit
dem Jahr 2017 Ordnungswidrigkeitenanzeigen gem. § 117 OWiG (unzulässiger
Lärm) gefertigt wurden. Ferner wurden die Stadtverwaltungen der kreisfreien
Städte gefragt, wie häufig Anordnungen zur Unterlassung ruhestörenden Lärms
ergangen sind und ob, soweit der Anordnung keine Folge geleistet wurde, ein
Bußgeldverfahren gem. § 117 OWiG eingeleitet wurde.

Ergebnis der Abfrage:

Die Vollzugspraxis der Polizei Rheinland-Pfalz gestaltet sich in Fällen
ruhestörenden Lärms in der Regel wie folgt:

• Zunächst wird versucht, die originär zuständige Ordnungsbehörde zu
verständigen.
• Sind die kommunalen Vollzugsbediensteten nicht erreichbar oder verhindert,
wird häufig versucht, mit dem Verantwortlichen telefonisch Kontakt
aufzunehmen. In einigen Fällen kann bereits auf diesem Weg eine
Verhaltensänderung erreicht und die Lärmbelästigung beendet werden.
• Führt dies nicht zum Erfolg oder wird keine telefonische Kontaktaufnahme
unternommen, erfolgt vor Ort eine Kontaktaufnahme mit dem
Verantwortlichen. In vielen Fällen lässt sich die Lärmbelästigung bereits
durch die Aufforderung, den Lärm zu reduzieren, beseitigen.
• Ist dies nicht der Fall und besteht die Gefahr einer Gesundheitsschädigung
der Nachbarn, wird die Wohnung betreten und die Lärmquelle sichergestellt.

Zur Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren haben die Polizeipräsidien
Folgendes mitgeteilt:
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Die Polizeipräsidien leiten in der Regel jede Einsatzmeldung im Zusammenhang
mit Ruhestörungen an die zuständige Ordnungsbehörde weiter. Diese
entscheidet, ob ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wird. Aufgrund der
Erfassungs- und Löschmodalitäten des polizeilichen
Vorgangsbearbeitungssystems sind valide Aussagen zur Anzahl der Fälle, in
denen wegen ruhestörenden Lärms die Einsatzmeldung an die
Ordnungsbehörde übermittelt wurde, nur bedingt möglich. Das Polizeipräsidium
Rheinpfalz hat mitgeteilt, dass in dessen Zuständigkeitsbereich im Jahr 2017
insgesamt 4.075 Ruhestörungen polizeilich bekannt geworden. Ob diese
allerdings von einer Wohnung ausgingen oder in einem anderen Zusammenhang
auftraten (z. B. Gaststätten, Veranstaltungen), sei im Nachhinein nicht
feststellbar. Das Polizeipräsidium Mainz konnte feststellen,

dass im Jahr 2018 bis Ende März 17 Ordnungswidrigkeitenanzeigen von der
Polizei initiiert wurden. Das Polizeipräsidium Trier hat im abgefragten Zeitraum
120 Sachverhalte der Ordnungsbehörde übermittelt.

Die Vollzugskräfte der abgefragten Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte
suchen ebenfalls das Gespräch mit dem Lärmverursacher. In einem Teil der Fälle
konnte bereits hierdurch oder in Verbindung mit der Androhung eines Bußgeldes
eine Lärmreduzierung erreicht werden. Bußgeldverfahren werden zumeist auf
der Grundlage des Landes-Immissionsschutzgesetzes (vgl. § 13 LImSchG)
eingeleitet. So hat die Stadtverwaltung Primasens z. B. mitgeteilt, dass im Jahr
2017 drei Bußgeldverfahren nach § 117 OWiG und 25 Bußgeldverfahren nach §
13 LImSchG eingeleitet worden sind. Die Stadtverwaltung Zweibrücken hat in
den letzten zwei Jahren ca. 130 Bußgeldverfahren auf der Grundlage des
LImSchG eingeleitet.“

Der Petitionsausschuss hat sich diesen Gründen angeschlossen und derzeit keine Möglichkeit
gesehen, Ihr Anliegen und die damit verbundene Änderung der Rechtslage zu unterstützen.
Ihre Legislativeingabe wurde deshalb nicht einvernehmlich abgeschlossen.

Dieser Bescheid wird gemäß Nummer 12 der Verfahrensgrundsätze für die Behandlung von
öffentlichen Petitionen im Internet veröffentlicht.

Das Petitionsverfahren ist damit beendet.

Begründung (PDF)


Pomôžte posilniť občiansku účasť. Chceme, aby boli vaše obavy vypočuté a nezávislé.

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