Region: Germany

Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung - Höhere Rentenzahlung (in Bezug auf Kinderanzahl) für erziehenden Elternteil

Petitioner not public
Petition is directed to
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
65 supporters 65 in Germany

The petition is denied.

65 supporters 65 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2017
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

10/19/2018, 04:25

Pet 3-18-11-8214-042222 Anerkennung von Zeiten der
Kindererziehung in der gesetzlichen
Rentenversicherung

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 11.10.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, dass die Anzahl der Kinder zu einer höheren Rente bei
der erziehenden Person führt.

Die Petentin führt im Wesentlichen aus, dass insbesondere Alleinerziehende nach wie
vor einer Doppelbelastung ausgesetzt seien, weil sie Beruf und Familie vereinbaren
müssten. Je höher die Anzahl der im Haushalt zu betreuenden Kinder und damit
einhergehend die Dauer der genommenen Elternzeit, desto mehr sei der berufliche
Weg negativ beeinträchtigt. Teilzeitarbeit und Tätigkeiten im Niedriglohnsektor seien
die Folge. Obwohl dafür gesorgt werde, dass künftige Rentenzahler aufwüchsen,
müssten die Erziehenden Nachteile in Kauf nehmen. Dieser Nachteil könne nicht allein
dadurch kompensiert werden, dass während der Elternzeit Rentenpunkte
entsprechend dem Durchschnittsverdienst gesammelt würden. Vielmehr sollte die
Zahl der Kinder für denjenigen zu einer höheren Rentenauszahlung führen, der die
Erziehung übernommen habe. Die Elternteile sollten hierüber analog der Festlegung
des Kindergeldempfängers bestimmen können. Dadurch seien insbesondere
Alleinerziehende im Alter weniger auf die Grundsicherung angewiesen. Auf die
weiteren Ausführungen der Petentin in der Petition wird verwiesen.

Es handelt sich um eine Petition, die auf den Internetseiten des Deutschen
Bundestages veröffentlicht wurde und zur Diskussion bereitstand. Der Petition
schlossen sich 65 Mitzeichnende an und es gingen 37 Diskussionsbeiträge ein.

Zu diesem Anliegen haben den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages
weitere Eingaben gleichen Inhalts erreicht, die wegen des Sachzusammenhangs einer
gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Ver-
ständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen einge-
gangen werden kann.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Der Petitionsausschuss hebt hervor, dass Kindererziehende unbestreitbar einen
unverzichtbaren Beitrag auch für den Fortbestand der gesetzlichen
Rentenversicherung leisten. Daher befürwortet der Petitionsausschuss grundsätzlich
einen Ausgleich der erziehungsbedingten finanziellen Nachteile von Familien auch in
der gesetzlichen Rentenversicherung. Dementsprechend wurden seit 1986 in
erheblichem Umfang Elemente in das Leistungsspektrum der gesetzlichen
Rentenversicherung eingebaut, die die Erziehungsleistung honorieren. Hierbei ist
wichtiges Element des sozialen Ausgleichs die Einführung der Kindererziehungszeiten
in das Rentenrecht. So gibt es für die Erziehung von ab 1992 geborenen Kindern drei
Jahre Kindererziehungszeit pro Kind. Bei Geburten vor 1992 beträgt dieser Zeitraum
seit dem 1. Juli 2014 24 Monate. Der zwischen CDU/CSU und SPD geschlossene
Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode sieht vor, dass künftig Mütter und Väter, die
vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, rentenrechtlich besser gestellt werden,
wenn sie mindestens drei Kinder erzogen haben. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt
hierzu abzuwarten. Kindererziehungszeiten werden mit 100 % des
Durchschnittsverdienstes bewertet. Hierfür zahlt der Bund die Beiträge. Daneben
werden bis zum 10. Lebensjahr des Kindes Kinderberücksichtigungszeiten
angerechnet. In dieser Zeit wird unter anderem der Invaliditätsschutz gewahrt. Seit
1992 werden während der Kinderberücksichtigungszeit erzielte unterdurchschnittliche
Entgelte für Beitragszeiten um 50 % bis maximal 100 % des Durchschnittseinkommens
erhöht, um die in der Petition angesprochenen erziehungsbedingte Nachteile durch
Teilzeittätigkeiten oder Tätigkeiten im Niedriglohnsektor auszugleichen. Die Pflege
eines pflegebedürftigen Kindes wird dabei sogar bis zum 18. Lebensjahr des Kindes
höher bewertet. Zudem erhalten seither Erziehungspersonen mit mindestens zwei
Kindern in der Kinderberücksichtigungszeit für jedes Jahr der Mehrfacherziehung eine
Gutschrift von 0,33 Entgeltpunkten. Damit wird dem Wesen und dem Zweck der
rentenrechtlichen Kindererziehungszeit Rechnung getragen. Sie soll nämlich
Nachteile ausgleichen, die Mütter oder Väter hinnehmen, wenn sie in der ersten Phase
nach der Geburt eines Kindes wegen der in dieser Zeit besonders aufwendigen
Betreuung häufig gar nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig sind und deshalb
während dieser Zeit keine oder nur geringe Rentenansprüche aufgrund einer
Berufsstätigkeit erwerben. Das gilt entsprechend auch für die Regelungen in der
anschließenden Kinderberücksichtigungszeit, die den Wiedereinstieg in das
Erwerbsleben fördern sollen.

Dem Anliegen der Petentin, dass die Eltern darüber bestimmen können, wem die
Kindererziehungszeiten zugerechnet werden, trägt das Gesetz bereits Rechnung.

Grundsätzlich ist die Kindererziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind –
nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet – überwiegend erzogen hat. Unabhängig
vom Umfang der tatsächlichen Erziehung können gemeinsam erziehende Eltern
allerdings durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung bestimmen, bei welchem
Elternteil die Kindererziehungszeit anerkannt werden soll. Die Kindererziehungszeit
wird grundsätzlich der Mutter zugeordnet, wenn die Eltern keine andere Zuordnung
bestimmen. Aus Gründen der verwaltungsmäßigen Durchführung hat der Gesetzgeber
festgelegt, dass die übereinstimmende Erklärung der Eltern grundsätzlich nur mit
Wirkung für künftige Kalendermonate abgegeben und nicht mehr geändert werden
kann. Die Zuordnung kann rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe
der Erklärung erfolgen.

Nach Auffassung des Petitionsausschusses enthält das Rentenrecht ein gut
ausgebautes System von familienpolitischen Leistungen auch vor dem Hintergrund,
dass ein Familienlastenausgleich keine originäre Aufgabe der Solidargemeinschaft der
Rentenversicherten ist, sondern vielmehr eine über Steuern zu finanzierende
gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Soweit die Petentin fordert, dass die Anzahl der Kinder zu einer höheren Rente bei der
erziehenden Person führt, vermag sich der Petitionsausschuss hierfür nicht
auszusprechen. Hierbei lässt er sich von folgenden Überlegungen leiten:

Die gesetzliche Rentenversicherung ist in erster Linie als Versicherungssystem für
versicherungspflichtige Arbeitnehmer angelegt. Ihre Aufgabe ist es, Arbeitnehmern bei
einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben infolge Alters oder vorzeitiger Invalidität
eine Lohnersatzleistung und den Hinterbliebenen eine Unterhaltsersatzleistung
entsprechend dem versicherten Lebensstandard zu gewährleisten. Die Höhe der lohn-
und beitragsbezogenen Rente ist grundsätzlich abhängig von der Anzahl der
zurückgelegten Versicherungsjahre und von der Höhe der versicherten Entgelte. Je
mehr Versicherungsjahre vorliegen und je höher die versicherten Arbeitsentgelte und
Arbeitseinkommen sind, desto höher ist die aus der jeweiligen individuellen Versiche-
rungsbiographie berechnete Rente. Demgegenüber ist die gesetzliche Rentenver-
sicherung kein Bedarfsdeckungssystem, und sie wäre auch – ohne ihre Funktions-
fähigkeit zu gefährden – nicht in der Lage, zusätzliche sozialpolitische Aufgaben, wie
z.B. die Deckung des individuellen Bedarfs von Rentnerinnen und Rentnern, die Kinder
– auch alleine – erzogen haben, zu erfüllen.

Die gesetzliche Rentenversicherung ist somit ein lohn- und beitragsbezogenes
Versicherungssystem. Das der Rentenversicherung zugrunde liegende
Versicherungsprinzip erfährt aus sozialen Gründen Ergänzungen durch Elemente des
sozialen Ausgleichs. Dem sozialen Charakter der Rentenversicherung entsprechend
werden aber auch Leistungen des sozialen Ausgleichs nicht nur in Form der
Kindererziehungszeiten gewährt. So können beispielsweise Kriegsdienstzeiten, Zeiten
der Kriegsgefangenschaft, der Krankheit und der Arbeitslosigkeit, unter bestimmten
Voraussetzungen auch Zeiten der Vertreibung, Umsiedlung und Aussiedlung sowie
Zeiten, für die wegen Frühinvalidität keine Beiträge entrichtet wurden, rentensteigernd
angerechnet werden. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung erhalten die Anrech-
nungs-, Ersatz- und Zurechnungszeiten einen Zuschlag, der sich aus dem Durch-
schnitt der Pflichtbeitragszeiten im belegungsfähigen Zeitraum ergibt, und gehen so in
die Rentenberechnung ein. Ergebnis dieser differenzierten Bewertung des gesamten
Versicherungslebens ist eine sehr individuelle leistungsbezogene Rente. Über diese
Maßnahmen des sozialen Ausgleichs hinaus kann die gesetzliche Ren-
tenversicherung weitere Nachteile in der Versicherungsbiographie nicht ausgleichen.
Die Aufgabe der Rentenversicherung ist auch nicht in erster Linie der Ausgleich
solcher Nachteile, sondern die Absicherung des im Erwerbsleben tatsächlich
versicherten Lebensstandards für die Zeit des Ruhestandes.

Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass grundsätzlich in den Fällen, in denen
die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine ausreichende Sicherung
nicht gewährleisten kann, die Sozialhilfe – auf die die Petentin in der Petition selbst
hinweist – als unterstes Netz des sozialen Sicherungssystems greift. Die
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist – als Teil der Sozialhilfe – eine
fürsorgeähnliche Leistung, die für hilfebedürftige, ältere Personen ab dem 65.
Lebensjahr sowie für dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen ab dem 18.
Lebensjahr den grundlegenden Lebensunterhalt sichert. Die Leistung ist
bedarfsabhängig und greift deshalb auch nur dann ein, wenn das eigene Einkommen
und Vermögen der Leistungsberechtigten und deren Ehegatten sowie Partner einer
eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausreicht, um den Bedarf abzudecken.

Mit der Einführung der Grundsicherung im Alter ist die Entscheidung gefallen, die auf
Leistung und Gegenleistung beruhende Rentenversicherung und das als Ergänzung
erforderliche sozialhilferechtliche Auffangnetz weiterhin voneinander zu trennen.
Diese Aufgabentrennung ist Folge der unterschiedlichen Funktionsweisen von ge-
setzlicher Rentenversicherung und Grundsicherung. Nur so können steuerfinanzierte
Leistungen auf diejenigen Personen beschränkt werden, die über keine anderweitigen
finanziellen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts im Alter verfügen. Eine
Vermischung von sozialhilferechtlichen Leistungen und Leistungen der gesetzlichen
Rentenversicherung würde die Akzeptanz der Rentenversicherung gefährden, weil die
Bedeutung der eigenen Vorleistung in Form von Beiträgen nicht mehr ausreichend
erkennbar wäre.

Der Petitionsausschuss hebt unter Hinweis auf die vorangegangenen Ausführungen
nochmals hervor, dass das Rentenrecht bereits ein gut ausgebautes System von
familienpolitischen Leistungen enthält. Insoweit sieht er die Erziehungsleistung von
Eltern im Rentenrecht als angemessen honoriert an. Bezogen auf das
Petitionsanliegen sieht er deshalb keine Notwendigkeit für ein gesetzgeberisches
Tätigwerden. Er empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem
Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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