Arbeitnehmerüberlassung - Änderung des § 9 Nr. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
367 Unterstützende 367 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

367 Unterstützende 367 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2012
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:10

Pet 4-17-11-8101-043040

Arbeitnehmerüberlassung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 27.11.2014 abschließend beraten und
beschlossen:

Die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales –
zu überweisen. Begründung

Mit der Petition wird verlangt, § 9 Nr. 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
(AÜG) zu ändern und den Passus "ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen
zulassen" zu streichen.
Zur Begründung bringt die Petentin vor, in § 9 AÜG habe der Gesetzgeber
ausdrücklich vorgesehen, dass Leiharbeitnehmer nicht finanziell schlechter gestellt
werden dürften, als die Stammbelegschaft. Das „Equal-Pay“ sei gesetzlich
vorgesehen. Wenn jedoch ein Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsehen dürfe,
sei die postulierte Gleichstellung reine „Augenwischerei“. In der Realität würden
Leiharbeitnehmer nicht besser bezahlt, wie es aufgrund der höheren Anforderungen
und der Unsicherheit ihres Arbeitsplatzes angemessen wäre, sondern durchweg
schlechter als die Stammarbeitnehmer im ausleihenden Betrieb. Zudem würden
weitere gesetzliche Vorschriften zum Schutz der Leiharbeitnehmer durch
Tarifverträge unterwandert.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 367 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 20 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Die Zeitarbeit ist ein flexibles Instrument der Arbeitsmarktpolitik. Sie hat in den letzten
Jahren einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, Beschäftigungspotenziale in den

Unternehmen zu erschließen und Wirtschaftswachstum schneller in mehr
Beschäftigung umzusetzen. Für viele Arbeitslose sind so neue Chancen auf
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entstanden.
Soweit mit der Petition kritisiert wird, dass Leiharbeitnehmer durch geringeres
Arbeitsentgelt benachteiligt werden, ist vorab darauf hinzuweisen, dass das deutsche
Arbeitsrecht einen allgemeinen Grundsatz, dass für gleiche Arbeit das gleiche
Entgelt zu zahlen ist, nicht kennt. Auch höhere Anforderungen an die
Leiharbeitnehmer berechtigen diese nicht zu einem gleichen oder höheren Entgelt.
Die Höhe der Arbeitsentgelte – übrigens genauso wie der Preis der Waren – wird
grundsätzlich nicht vom Staat festgesetzt. Vielmehr gelten hier die Grundsätze der
Vertragsfreiheit und der Tarifautonomie. Dies führt zu auch regional
unterschiedlichen Löhnen bezogen auf die einzelnen Wirtschaftszweige bzw.
Unternehmen.
Die Festlegung der allgemeinen Arbeitsbedingungen und insbesondere der zu
zahlenden Arbeitsentgelte obliegt in der sozial-marktwirtschaftlich ausgerichteten
deutschen Gesellschaftsordnung den Sozialpartnern. Aufgrund der in Artikel 9
Absatz 3 Grundgesetz verfassungsrechtlich verankerten Tarifautonomie treffen
Arbeitnehmer oder Gewerkschaften sowie Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände
hierüber freie Vereinbarungen untereinander. Dieser Wertentscheidung des
Grundgesetzes liegt die Überzeugung zugrunde, dass aufgrund der Sachnähe der
Vertragspartner der gerechteste und zweckmäßigste Interessenausgleich dann zu
erwarten ist, wenn die Tarifvertragsparteien die Ausgestaltung der
Arbeitsbedingungen eigenverantwortlich regeln.
Dieser Maxime folgend hat der Gesetzgeber mit § 9 Nr. 2 AÜG eine Regelung
geschaffen, in der der Vorrang der Tarifautonomie verankert und nur für den Fall
eines fehlenden Tarifvertrages den Auffangtatbestand der gleichen Entlohnung
vorsieht.
Mittlerweile sind in einer Reihe von Branchen Tarifverträge geschlossen worden, die
den Interessen von Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer besser gerecht
werden, als der starre gesetzliche Auffangtatbestand. So sehen seit Mai 2012
abgeschlossene Tarifverträge Zuschläge vor, die mit der Einsatzdauer des
Leiharbeitnehmers ansteigen. Die Bundesregierung hat diese Tarifeinigungen
begrüßt und die Sozialpartner nachdrücklich aufgefordert, weitere Lösungen auf
tariflicher Basis zu finden, die eine angemessene Entlohnung von Leiharbeitnehmern
enthalten.

Soweit in der Petition behauptet wird, Zeitarbeitsunternehmen hätten generell
erleichterte Kündigungsmöglichkeiten, entspricht dies nicht der Rechtslage. Auch die
Einführung flexibler Arbeitszeitkonten ist nur unter Berücksichtigung von § 11 Abs. 4
Satz 2 AÜG möglich. Das Beschäftigungsrisiko des Verleihers darf demnach nicht
auf den Leiharbeitnehmer abgewälzt werden. Im Einzelfall ist die Rechtsprechung
hierzu noch uneinheitlich. Ihr obliegt es jedoch, die gesetzlichen Bestimmungen
auszulegen.
Der Petitionsausschuss begrüßt die positiven Entwicklungen in der
Zeitarbeitsbranche und fordert weiter differenzierte tarifvertragliche Lösungen, die
allen Interessen gerecht werden.
Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien vereinbart, die Leiharbeit auf ihre
Kernfunktion hin zu orientieren. Dafür soll das AÜG angepasst werden.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition der Bundesregierung – dem
Bundesministerium für Arbeit und Soziales – zu überweisen, um sie auf das Anliegen
der Petentin besonders aufmerksam zu machen.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung- dem Bundesministerium für Arbeit und
Soziales - zur Erwägung zu überweisen, ist mehrheitlich abgelehnt worden.Begründung (pdf)


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