Arbeitslosengeld II - Deutliche Erhöhung des Regelsatzes

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
388 Unterstützende 388 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

388 Unterstützende 388 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:10

Pet 4-17-11-81503-055168

Arbeitslosengeld II
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 13.11.2014 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist. Begründung

Der Petent fordert eine Erhöhung des Regelbedarfssatzes für den Lebensbedarf für
Empfänger von Arbeitslosengeld II um rund 14 Prozent auf derzeit rund 437 Euro im
Monat.
Zur Begründung bringt der Petent vor, der nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) geltende Regelbedarfssatz sei lebensfremd. Er sei völlig unzureichend, die
wirklichen Kosten für den Lebensunterhalt zu decken. So sei der Anteil für Energie
im Regelbedarfssatz mit rund 32 Euro berücksichtigt. Damit könnten noch nicht
einmal die Stromkosten gedeckt werden. Auch rund 32 Euro für Kleidung seien mit
den realen Kosten nicht in Einklang zu bringen. Eine Erhöhung von rund 14 Prozent
forderten auch diverse Wohlfahrtsverbände.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 388 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 148 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Der Petitionsausschuss hat das Vorbringen eingehend
geprüft. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter anderem unter
Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Das Arbeitslosengeld II (Alg II) als passive Leistung des Systems der
Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ist eine steuerfinanzierte
staatliche bedarfsorientierte und bedürftigkeitsabhängige reine Fürsorgeleistung zur
Sicherung des Lebensunterhaltes des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit

ihm in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden Angehörigen während einer
vorübergehenden Notsituation.
Mit ihr wird der Staat seiner Verpflichtung gerecht, die Mindestvoraussetzungen für
ein menschenwürdiges Dasein (Existenzminimum) zu schaffen (Artikel 1, Artikel 20
Abs. 1 Grundgesetz). Hilfe nach dem SGB II ist grundsätzlich nachrangig. Höhere
Leistungen als für die Sicherung des Existenzminimums notwendig zu gewähren,
wäre mit den Grundsätzen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems
nicht vereinbar. Mit dieser von der Allgemeinheit durch Steuern finanzierten Hilfe ist
die Erwartung verbunden, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte alle zumutbaren
Möglichkeiten zur Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.
Zu den Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gehören die
Regelleistung nach § 20 SGB II, Mehrbedarfe in besonderen Einzelfällen und die
Unterkunfts- und Heizkosten - soweit sie angemessen sind - in Höhe der
tatsächlichen Aufwendungen. Die hier vom Petenten angesprochene Regelleistung
nach § 20 SGB II deckt im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende laufende
und einmalige Bedarfe als Pauschale ab. Sie umfasst insbesondere die
Aufwendungen für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Anteile an der
Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch
Kosten der Beziehungen zur Umwelt und zur Teilnahme am kulturellen Leben.
Verbrauchsausgaben, die bei Leistungsberechtigten nach dem SGB XII und SGB II
nicht anfallen, weil sie durch anderweitige Rechtsansprüche gesichert sind (wie z. B.
bei den gesondert erbrachten Kosten für Unterkunft und Heizung), werden bei der
Ermittlung von Regelbedarfen nicht berücksichtigt.
Bemessungsgrundlage für die Regelsätze des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
(SGB XII) - und damit auch für die Regelleistung nach § 20 SGB II - ist die
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes. Die
EVS erfasst die tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von
Haushalten in Deutschland. Die Bemessung erfolgt an statistisch erfassten
Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen, wobei die Empfänger von
Leistungen der Sozialhilfe zur Vermeidung von Zirkelschlüssen vorher
herausgenommen werden. Bei der Bemessung der Regelsätze in der Sozialhilfe
handelt es sich um ein statistisches Modell, das den Leistungsempfängern letztlich
einen Gesamtbetrag zukommen lassen soll, der ein Leben entsprechend von
Haushalten im unteren Einkommensbereich ermöglicht.

Es gehört zum Wesen pauschalierter Geldleistungen, dass damit auch Leistungen
für Güter zur Verfügung gestellt werden, die konkret nicht oder nicht in der
pauschaliert berücksichtigten Höhe in Anspruch genommen werden. So umfasst der
Eckregelsatz nach dem SGB XII bzw. die Regelleistung nach dem SGB II für alle
Leistungsbezieher auch Leistungen, die konkret nicht von jedem einzelnen
Leistungsempfänger benötigt oder tatsächlich erworben werden und daher für
andere, den eigenen Lebensgewohnheiten entsprechende Verbrauchsausgaben
eingesetzt werden können. Durch die Pauschalierung der Regelleistung haben die
Leistungsempfänger die Möglichkeit, eigenverantwortlich zu entscheiden, wie die
Regelleistung verwendet werden soll. Genauso wie Haushalte mit niedrigem
Einkommen, die über keine Unterstützung verfügen, müssen die Leistungsbezieher
der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus Sicht des Gesetzgebers mit den zur
Verfügung gestellten finanziellen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts
haushalten.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil des Ersten Senats vom
9. Februar 2010 (Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 4/09) über die Höhe der Regelsätze des
SGB XII – damit auch über die Regelleistungen des SGB II – befunden. Das Gericht
konnte nicht erkennen, dass die Regelleistungsbeträge evident unzureichend sind.
Das Gericht hat darüber hinaus die Pauschalierung der Regelleistung durch einen
monatlichen Festbetrag gebilligt und die Ermittlungsmethode nach dem
Statistikmodell (EVS) im Grundsatz bestätigt. Demnach kann der Hilfebedürftige,
dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, über dessen
Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch
ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch
geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm nach Auffassung
des BVerfG auch zumutbar. Denn es ist dem Statistikmodell eigen, dass der
individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen von dem Modell abweichen kann. Die
regelleistungsrelevanten Ausgabenpositionen und -beträge sind von vornherein als
abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht auf jeden Hilfebedürftigen zutreffen
müssen. Erst in der Summe sollen sie ein menschenwürdiges Existenzminimum
gewährleisten.
Für die Ermittlung von Regelbedarfen, die der Bestimmung der Leistungshöhe für die
Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums dient, wird eine
geeignete Datenbasis benötigt, die die Bedarfsermittlung mit diesem Anspruch
möglichst treffsicher zulässt. Entscheidend ist dabei, dass es keinen dauerhaft nach

objektiven Kriterien festlegbaren und damit auch keinen allgemeingültigen Maßstab
für die Wahl der Referenzgruppe als Datenbasis für die Regelbedarfsermittlung gibt.
Nach Feststellung des BVerfG hat der Gesetzgeber an dieser Stelle einen
Gestaltungsspielraum. Er muss diesen Gestaltungsspielraum nutzen, um zu einer für
die Ermittlung des Existenzminimums aus statistischer Sicht zuverlässigen
Datenbasis zu gelangen.
Hinsichtlich der Transparenz der Berechnung des Regelbedarfs bzw. der
Nachvollziehbarkeit der Begründung ist der Deutsche Bundestag der Entscheidung
des BVerfG am 24. März 2011 mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen
und zur Änderung des SGB II und des SGB XII (RBEG) nachgekommen. Das
Verfahren für die Ermittlung der existenznotwendigen Aufwendungen wurde auf der
Grundlage verlässlicher Zahlen transparent, sach- und realitätsgerecht sowie
nachvollziehbar und schlüssig ausgestaltet. Im Zuge der Neuberechnung sind auch
sämtliche Datengrundlagen unter Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen
veröffentlicht worden. Auf Grundlage der Daten der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 wurde für alleinstehende Erwachsene ein
Regelsatz von 364 Euro errechnet, der 2013 auf 382 Euro angestiegen ist und seit
dem 1. Januar 2014 nunmehr 391 Euro beträgt (vgl. § 20 Abs. 5 SGB II).
Um die Entwicklung zwischen dem Zeitpunkt der Bemessung bis zur ersten
Festsetzung zeitnah zu berücksichtigen, wird der Regelbedarf entsprechend
fortgeschrieben. Die Regelbedarfe werden auch zukünftig auf der Grundlage der
bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter
und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der
Nettolöhne fortgeschrieben. Preisanstiege werden durch die regelmäßige Anpassung
zeitnah im Regelbedarf berücksichtigt.
Der Gesetzgeber hat zudem seit 1. Januar 2011 eine Härtefallregelung in § 21
Abs. 6 SGB II eingeführt, um den Vorgaben des BVerfG nachzukommen. Das hat in
seinem Urteil vom 9. Februar 2010 entschieden, dass neben den durchschnittlichen
Bedarfen, die mit der Regelleistung erfasst sind, in atypischen Lebenslagen
anfallende nicht nur punktuelle auftretende Bedarfe zu berücksichtigen sind.
Anspruch auf die Übernahme eines derartigen Mehrbedarfs in Härtefällen besteht
nach der gesetzlichen Regelung dann, wenn es sich um einen längerfristigen oder
dauerhaften, zumindest regelmäßig wiederkehrenden, unabweisbaren atypischen
Bedarf handelt. Für die Beurteilung der Regelmäßigkeit kann auf den
Bewilligungszeitraum abgestellt werden.

Da der Ausschuss die Gesetzeslage für sachgerecht hält und sich nicht für eine
Gesetzesänderung im Sinne des Petenten auszusprechen vermag, sieht er keine
Veranlassung zum Tätigwerden. Der Petitionsausschuss empfiehlt deshalb, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen des Petenten nur teilweise
entsprochen werden konnte.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung als Material zu überweisen und den
Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, ist mehrheitlich
abgelehnt worden.Begründung (pdf)


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