Arbeitsrecht - Keine Fotos von Bewerbern in Bewerbungsunterlagen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
84 Unterstützende 84 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

84 Unterstützende 84 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2017
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

23.03.2019, 03:26

Pet 4-19-11-800-001457 Arbeitsrecht

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 14.03.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird eine gesetzliche Regelung dahingehend gefordert, dass Fotos von
Bewerberinnen und Bewerbern nicht mehr zulässig sein sollen.

Zur Begründung der Petition wird ausgeführt, dass aufgrund von Fotos vorab eine
Selektierung von Bewerberinnen und Bewerbern vorgenommen würde, ohne eine
Prüfung von Diplomen, Zertifikaten oder Zeugnissen. Dies sei gängige Praxis in
Personalabteilungen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde durch 84 Mitzeichnungen unterstützt.
Außerdem gingen 18 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Thematik darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:

Nach der verfassungsrechtlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gilt im
Zivilrecht und damit auch im Arbeitsrecht der Grundsatz der Privatautonomie
(Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz). Das ist die durch die Rechtsordnung gewährte und
gesicherte Möglichkeit des Einzelnen, seine rechtlichen Beziehungen und die ihn
betreffenden Rechtsverhältnisse innerhalb der gesetzlichen Grenzen
rechtsgeschäftlich zu regeln. Die Privatautonomie wird für den Bereich des
Vertragsrechts, somit auch für das Arbeitsvertragsrecht, durch den Grundsatz der
Vertragsfreiheit konkretisiert und verwirklicht. Jeder Arbeitgeber ist danach
grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, ihn
inhaltlich zu gestalten und wieder aufzulösen (§ 105 Gewerbeordnung). Für die
Einstellungsentscheidung wird keine sachliche Rechtfertigung geschuldet.

Im Rahmen der allgemeinen grundrechtlich geschützten Handlungsfreiheit steht es
Arbeitgebern somit frei, im Einstellungsverfahren die Vorlage eines Lichtbildes von den
Bewerbern zu erbitten. Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestehen Bedenken
dagegen, Arbeitgeber gesetzlich zu verpflichten, im Einstellungsverfahren auf die
Vorlage eines Lichtbildes durch den Bewerber zu verzichten. Es besteht allerdings
auch keine gesetzliche Pflicht des Bewerbers, dem Arbeitgeber mit den
Bewerbungsunterlagen ein Lichtbild vorzulegen. Dabei wird nicht verkannt, dass der
Verzicht auf ein Lichtbild in Einzelfällen problematisch sein kann.

Der Arbeitgeber hat jedoch gesetzliche Diskriminierungsverbote zu beachten, wie sie
das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelt. Das AGG hat die
Antidiskriminierungsrichtlinien der EU europarechtskonform in deutsches Recht
umgesetzt. Die Vorschriften des AGG gelten nicht nur im laufenden Arbeitsverhältnis
und bei dessen Beendigung, sondern auch bei der Auswahl und Einstellung eines
Bewerbers, (§ 2 Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 2 AGG). Das Gesetz verbietet dem
Arbeitgeber, bei der Personalauswahl ohne Rechtfertigung auf die im AGG genannten
Merkmale Rasse oder ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder

Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität abzustellen (§§ 1, 7
Absatz 1, 8 Absatz 1 AGG). Missachtet der Arbeitgeber das Benachteiligungsverbot
kann im Einzelfall eine unzulässige Benachteiligung des abgelehnten
Stellenbewerbers vorliegen.

Um einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen von Arbeitgebern und
Beschäftigten zu schaffen, räumt das AGG den sich benachteiligt fühlenden
Beschäftigten verschiedene Rechte ein. Diese Rechte stehen auch den
Bewerberinnen und Bewerbern um eine Stelle zu (§ 6 Absatz 1 Satz 2 AGG).

Ein abgelehnter Bewerber kann - sofern die dazu im AGG geregelten
Voraussetzungen vorliegen - gegebenenfalls Schadenersatz und eine angemessene
Entschädigung vom Arbeitgeber verlangen (§ 15 Absatz 1 und 2 AGG). Die
Entschädigung ist bei Nichteinstellung auf drei Monatsgehälter beschränkt, sofern der
Bewerber auch dann nicht eingestellt worden wäre, wenn der Arbeitgeber die
Regelungen des AGG beachtet hätte (§ 15 Absatz 2 AGG). Zu einem Anspruch auf
Einstellung führt eine unzulässige Benachteiligung dagegen nicht
(§ 15 Absatz 6 AGG).

Im Streitfall sieht das AGG eine Beweiserleichterung für den klagenden Bewerber vor.
Der Bewerber muss lediglich Indizien beweisen, die den Schluss auf eine
Benachteiligung wegen eines der im AGG genannten Gründe ermöglichen. Danach
trägt der Arbeitgeber die Beweislast. Um sich zu entlasten, muss der Arbeitgeber
beweisen, dass der vom Bewerber als diskriminierend empfundene Umstand für die
Personalauswahl nicht entscheidend war oder aber, dass ein Rechtfertigungsgrund für
seine Auswahl vorgelegen hat (§ 22 AGG).

Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht für
eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition auszusprechen.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


Helfen Sie mit, Bürgerbeteiligung zu stärken. Wir wollen Ihren Anliegen Gehör verschaffen und dabei weiterhin unabhängig bleiben.

Jetzt fördern