Arzneimittelwesen - Behebung des anhaltenden Lieferengpasses von Schutzimpfstoffen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
7 Unterstützende 7 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

7 Unterstützende 7 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

14.08.2018, 04:27

Pet 2-18-15-2120-038367 Arzneimittelwesen

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.06.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, dass sich der Deutsche Bundestag für die Behebung
des anhaltenden Lieferengpasses der Schutzimpfstoffe gegen Tetanus, Polio,
Diphtherie und Pertussis (Boostrix polio, Repevax, IPV-Merieux u. a.) einsetzt.

Zur Begründung wird ausgeführt, es sollte hoheitliche Aufgabe sein, die Bevölkerung
vor Infektionskrankheiten zu schützen.

Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 59 Mitzeichnungen sowie ein Diskussionsbeitrag
ein.

Der Petitionsausschuss hat zu dem Anliegen eine Stellungnahme der
Bundesregierung eingeholt. Darüber hinaus hat der Ausschuss das Verfahren nach
§ 109 Abs. 1 Satz 2 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT)
eingeleitet und eine Stellungnahme des Ausschusses für Gesundheit eingeholt, da
die Petition ein Gegenstand der Beratungen in diesem Fachausschuss betrifft. Der
Ausschuss hat mitgeteilt, dass er die Petition in seiner 107. Sitzung am 08.03.2017
beraten hat.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung der
Stellungnahme und der Mitteilung des Ausschusses wie folgt dar:

Lieferengpässe bei Impfstoffen haben vielfältige Ursachen und sind ein weltweit
auftretendes Problem, mit dem sich sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
als auch auf europäischer Ebene das EU Health Security Committee (HSC), das
European Center for Disease Control (ECDC) und die Europäische
Arzneimittelagentur (EMA) befassen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
und die für Impfstoffe zuständige Bundesoberbehörde, das Paul-Ehrlich-Institut
(PEI), sind in diese Aktivitäten eingebunden.

Impfstoffe sind biologische Arzneimittel, die in einem komplexen mehrstufigen
Produktionsprozess unter Verwendung lebender Systeme (z. B. Hühnereier und
Hühnereierembryonen oder Zellkulturen) mit großem technologischen Aufwand
sowie aufwändigen Entwicklungs- und Fertigungsmethoden hergestellt werden. Jede
Einzelkomponente eines Mehrfachimpfstoffs muss separat hergestellt werden.
Verzögert sich die Produktion nur eines Bestandteils oder fällt sie aus, verzögert sich
die Herstellung des ganzen Impfstoffs. Enthalten mehrere Impfstoffe eines
Herstellers eine Komponente aus dem gleichen Ansatz, wie dies bei
Mehrfachimpfstoffen der Fall ist, sind bei Produktionsproblemen nur einer
Komponente automatisch mehrere Impfstoffe des gleichen Herstellers betroffen. Der
Produktionsprozess eines Einzelimpfstoffs kann ca. 10 Monate in Anspruch nehmen,
wohingegen die Herstellung eines Mehrfachimpfstoffs über 25 Monate dauern kann.
Die Gesamtplanung der Produktion erstreckt sich teilweise über mehrere Jahre.

Abgesehen von saisonalen Grippeimpfstoffen, konzentriert sich die
Impfstoffproduktion auf nur wenige Hersteller weltweit. Fällt einer dieser Produzenten
- evtl. mit marktbeherrschender Stellung - aus, ist es für den/die verbleibenden
Hersteller aufgrund der langen Vorlaufzeiten der Produktion nicht möglich, den
Bedarf an Impfstoffen kurzfristig zu decken.

Die Impfstoffversorgung in Deutschland ist im Grundsatz gewährleistet. Nach
Kenntnis des BMG handelt es sich vorwiegend um Lieferengpässe, die zeitlich
begrenzt sind und bei denen in der Regel alternative Impfstoffe zur Verfügung
stehen. Ein Versorgungsmangel, bei dem keine vergleichbaren Impfoptionen
verfügbar sind, ist dem BMG nicht bekannt.

Informationen auf der Internetseite des PEI

Das PEI informiert auf seinen Internetseiten über Lieferengpässe von Human-
Impfstoffen auf der Basis von freiwilligen Informationen der Zulassungsinhaber. In
der Übersicht des PEI sind zusätzlich Informationen darüber enthalten, welche
alternativen Impfstoffoptionen zur Verfügung stehen. Die Ständige Impfkommission
(STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) bewertet die ihr vorliegenden Informationen
zu Lieferengpässen kontinuierlich dahingehend, ob diese Einfluss auf die Umsetzung
der STIKO-Empfehlungen haben könnten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn
kein alternativer Impfstoff in derselben Zusammensetzung zur Verfügung steht. In
diesem Fall werden zeitnah Handlungsempfehlungen für Ärztinnen und Ärzte in der
Praxis erstellt und auf der Internetseite des RKI sowie in der o. g. Übersicht des PEI
publiziert.

Pharmadialog der Bundesregierung

Im Pharmadialog der Bundesregierung hat das BMG gemeinsam mit der
pharmazeutischen Industrie Lösungsvorschläge diskutiert, wie eine bessere
Robustheit der Lieferkette und der Produktion erreicht werden kann. Die
pharmazeutische Industrie hat sich verpflichtet, durch weitere Optimierung ihrer
Prozesse und des Qualitätsmanagements zu einer Verbesserung der
Versorgungssituation beizutragen. Die Selbstverpflichtung der Industrie erstreckt sich
auch auf die Information der Zulassungsbehörden und Kliniken über drohende
Lieferengpässe bei für die Versorgung wichtigen Wirkstoffen. Die Hersteller sollen
mögliche Engpässe frühzeitig melden, damit verfügbare alternative Therapieoptionen
von Ärzten und Apothekern rechtzeitig eingeplant werden können. Dem BMG ist eine
sichere und nachhaltige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und
Impfstoffen besonders wichtig. Deshalb werden unabhängig vom Pharmadialog
regelmäßig auch Gespräche mit Vertretern des Großhandels und der Apotheker
geführt, um gemeinsam Maßnahmen zu erörtern. In dem im Pharmadialog
vereinbarten "Jour fixe" werden die relevanten Akteure an einen Tisch gebracht, um
gemeinsam die Versorgungslage zu beobachten und zu bewerten.

Schutzimpfungen sind ein effektives Mittel zur Prävention von Infektionskrankheiten.
Sie können den Einzelnen vor bestimmten Infektionskrankheiten schützen und bei
hohen Impfquoten in der Bevölkerung eine Weiterverbreitung dieser Krankheiten
verhindern. Durch einen international koordinierten Einsatz von Schutzimpfungen
können Infektionskrankheiten unter Umständen sogar ausgerottet werden. Die
Ausrottung der Pocken weltweit und das Verschwinden der Poliomyelitis in Europa
sind hierfür Beispiele. Es liegt daher im öffentlichen Interesse, dass die Bevölkerung
über einen ausreichenden Impfschutz verfügt. Infolgedessen behandelt das
Infektionsschutzgesetz (IfSG) die Förderung der Impfprävention als eine öffentliche
Aufgabe.

Im Übrigen verweist der Petitionsausschuss auf das vom Deutschen Bundestag am
09.03.2017 beschlossene "Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der
GKV (GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz – AMVSG)".
Danach konnten Krankenkassen bislang zur Versorgung ihrer Versicherten mit
Impfstoffen für Schutzimpfungen Rabattverträge mit einzelnen pharmazeutischen
Unternehmern schließen, die auf der Grundlage von Ausschreibungen zu vergeben
waren. Diese Rechtsgrundlage wurde gestrichen. Der Impfstoffmarkt ist auf Grund
der Komplexität der Herstellung generell durch eine begrenzte Zahl von Herstellern
gekennzeichnet. Die Anbieterstruktur spiegelt sich auch bei den Ausschreibungen
wider. Die Herstellung von Impfstoffen ist komplex und geht daher mit
Unwägbarkeiten einher, die auch Auswirkungen auf die Sicherheit und Sicherstellung
der Versorgung haben können und im Falle von exklusiven Rabattverträgen zu
Unsicherheiten bei der Versorgung und zu zeitweiligen Lieferproblemen führen
können. Um dies zu vermeiden, sollen künftig die Impfstoffe aller Hersteller für die
Versorgung zur Verfügung stehen. Mit dem Inkrafttreten der Regelung entfällt die
Grundlage für die exklusive Versorgung mit Impfstoffen. Bestehende Rabattverträge
können nicht verlängert werden (Deutscher Bundestag Drucksache 18/11449 vom
08.03.2017).

Vor dem Hintergrund des Dargelegten kann der Petitionsausschuss ein weiteres
Tätigwerden nicht in Aussicht stellen.

Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen
teilweise entsprochen worden ist.

Begründung (PDF)


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