Arzneimittelwesen - Ergänzung von § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
39 Unterstützende 39 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

39 Unterstützende 39 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

31.10.2019, 03:22

Petitionsausschuss

Pet 2-18-15-2120-031953
41749 Viersen
Arzneimittelwesen

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 26.09.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Gesundheit – zur Erwägung zu
überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, § 13 Abs. 1 Satz 1 Betäubungsmittelgesetz, um folgende
Worte zu ergänzen: Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von
Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Krankenpflege- und Rettungsfachpersonal zur besseren
Erstversorgung bei großen Schmerzen verabreicht werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen Bundestages
eingestellt. Es gingen 39 Mitzeichnungen sowie 6 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss weitere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Zusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung zugeführt werden. Der Ausschuss bittet daher um Verständnis, dass nicht auf alle
vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen werden kann.
Zur Eingabe fand am 01.06.2017 ein Berichterstattergespräch statt, an dem Vertreter des
Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) teilnahmen.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage von
Stellungnahmen der Bundesregierung wie folgt dar:
Petitionsausschuss

In der Petition wird angeführt, dass es oft vorkomme, dass ein Rettungswagen weit früher
als der Notarzt am Unfall-/Einsatzort eintreffe, indes die gezielte Schmerzbehandlung mit
Betäubungsmitteln auf Grund der Gesetzeslage unterlassen werde. Dies sei aus Sicht des
Patienten nicht akzeptabel.
§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) bestimmen, "die in Anlage III
bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und
nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder
tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer
Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren
Verbrauch oder nach Abs. 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder
im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere
dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden
kann."
Danach muss der Arzt aufgrund ärztlicher Prüfung zu der Überzeugung kommen, dass
nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft die Anwendung zulässig und
geboten ist und der Patient nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar Schaden
erleidet. Insofern ist die Verschreibung oder Verabreichung solcher Arzneimittel nur
Personen erlaubt, die nach den Vorschriften der Bundesärzteordnung zur Ausübung des
ärztlichen Berufes befugt sind. Dabei wird durch die Formulierung "im Rahmen einer
ärztlichen Behandlung" klargestellt, dass das Verabreichen auch durch Assistenzpersonal
des Arztes oder durch Pflegepersonen, die auf ärztliche Anweisung (beispielsweise
telefonisch) handeln, geschehen kann. Dieser Arztvorbehalt wurde aus Gründen des
Gesundheitsschutzes bestimmt.
Auch bei Arzneimitteln, die keine Betäubungsmittel sind, ist durch die
Verschreibungspflicht in § 48 Arzneimittelgesetz ein Arztvorbehalt bestimmt. Durch die
Verschreibungspflicht werden Arzneimittel beispielsweise dann der ärztlichen Kontrolle
unterstellt, wenn diese Arzneimittel auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die
Gesundheit des Menschen gefährden können oder häufig in erheblichem Umfang nicht
bestimmungsgemäß gebraucht werden und dadurch die Gesundheit gefährdet werden
kann.
Petitionsausschuss

Diese Systematik wurde auf Grund von jahrzehntelangen Erfahrungen mit Arznei- und
Betäubungsmitteln für die Sicherheit des Arzneimittel- und Betäubungsmittelverkehrs
und vor allem mit dem Ziel des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung entwickelt.
Die Forderung, eine Regelung für die grundsätzlich selbständige Anwendung von
Betäubungsmitteln an Patienten für die gesamten Berufsgruppen des Krankenpflege- und
Rettungsfachpersonals im BtMG vorzusehen, ist vor diesem Hintergrund nicht
sachgerecht.
Unabhängig davon kann die für den Notfalleinsatz ärztlich verantwortliche Person in
Abhängigkeit von den Erfahrungswerten mit den im Rettungsteam mitarbeitenden
Notfallsanitätern im Rahmen ihres ärztlichen Ermessens Abstimmungslösungen/
weitergehende Anweisungen für Situationen vorsehen, die eine rasche Versorgung von
Unfallopfern auch noch vor ihrem eigenen physischen Eintreffen am Notfallort erlauben.
Diese denkbaren Möglichkeiten müssen indes immer so gestaltet sein, dass eine für dieses
Handeln verantwortliche ärztliche Person stets in der Lage ist, ihre nach § 13 Abs. 1 BtMG
bestehende Verantwortung für die jeweilige therapeutische Entscheidung der in ihrem
Auftrag handelnden Personen wahrnehmen zu können. In abstrakt-generellen Maßgaben
lässt sich dies auf gesetzlicher Ebene nicht bestimmen.
Sofern eine Situation eintritt, die dem rechtfertigenden Notstand gemäß § 34
Strafgesetzbuch entspricht, kann sich eine Pflicht für Notfallsanitäter ergeben,
unverzüglich eigenverantwortlich zu handeln, insbesondere da Notfallsanitäter auf
Grund ihrer Ausbildung besondere Qualifikationen für diese Fälle aufweisen (vgl. auch
Landtag Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10920 vom 28.01.2016).
Im o. g. Berichterstattergespräch wurde u. a. ausgeführt, dass es immer weniger Notärzte
gebe, nicht immer sei einer vor Ort, so dass ggf. telefonische Rückfragen stattfinden
würden, ob Arzneimittel (Opioide) gegeben werden dürfen. Im Übrigen befähige man das
Personal im Rahmen der Ausbildung zur Gabe von Medikamenten, gleichwohl dürfe es
- abgesehen von den Fällen des Rechtfertigenden Notstandes - diese nicht abgeben. Hier
bestehe ein Widerspruch. Abschließend wurde auf eine Einschätzung/Stellungnahme des
Arbeiter-Samariter-Bundes verwiesen. Der ASB unterstütze das Anliegen, die
Applikation von Opioiden durch Rettungsassistenten/Notfallsanitäter durch eine
Änderung des BtMG in Einzelfällen zu legalisieren. Der ASB empfehle, auf die
Petitionsausschuss

Einschätzung des zuständigen Ärztlichen Leiters Rettungsdienst im jeweiligen
Verantwortungsbereich abzustellen und sowohl vorbereitende, wie auch fortlaufende
Fortbildungspflichten festzuhalten. So würde die jahrzehntelange Sicherheit im Umgang
mit Betäubungsmitteln gefestigt und heutigen wie zukünftigen Anforderungen Rechnung
getragen.
Mit weiterer Stellungnahme vom Juli 2019 wies das BMG gegenüber dem
Petitionsausschuss auf Folgendes hin:
Nach Auffassung des BMG ist es Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern unter
konsequenter Nutzung der Möglichkeiten des geltenden Rechts bereits erlaubt,
Arzneimittel, die verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel nach
Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG sind, zu verabreichen.
Für die Anwendung von Betäubungsmitteln durch medizinisches Assistenzpersonal gilt,
dass diese in Notfallsituationen, in denen keine Notärztin oder kein Notarzt selbst vor Ort
anwesend ist, im Einzelfall möglich ist, wenn die für den Notfalleinsatz verantwortliche
ärztliche Person die gesetzlich verankerte Verantwortung für die jeweilige therapeutische
Entscheidung der auf ihre Veranlassung handelnden Personen wahrnehmen kann. Vor
diesem Hintergrund ermöglichen die betäubungsmittelrechtlichen Regelungen die
Organisation einer Notfallversorgung etwa mit (betäubungsmittelhaltigen)
Schmerzmitteln durch medizinisches Assistenzpersonal unter notärztlicher
Verantwortung. Dies kann auch im Wege einer Generalabstimmung (vorweggenommene
Delegation) erfolgen. Hierbei übt die verantwortliche ärztliche Person ihre ärztliche
Verantwortung in Form einer standardisierten Verfahrensanweisung zur Gabe eines
Betäubungsmittels durch medizinisches Assistzenzpersonal aus, die den Anforderungen
des § 13 Abs. 1 BtMG entspricht. Damit verbunden ist eine entsprechende Einweisung
und Überwachung der Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter.
Ansätze im Rettungsdienst, eine sogenannte vorweggenommene Delegation in Form von
standardmäßig vorgegebenen, überprüften und verantworteten notfallmedizinischen
Zustandsbildern und –situationen (sog. SOP´s, Standard Operating Procedures), die auch
die Verabreichung von Betäubungsmitteln umfassen, gibt es bereits. Diese SOP´s werden
von den ärztlichen Leitern Rettungsdienst entwickelt und ermöglichen es
Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern, ohne konkrete Delegation nach den
Petitionsausschuss

vorgegebenen Schemata tätig zu werden. Zur Nutzung von SOP´s werden
Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter ausgebildet.
Der Petitionsausschuss ist der Auffassung, dass die aktuelle Regelung nicht ausreicht, um
verletzte Patientinnen und Patienten an der Unfallstelle angemessen zu versorgen. Er
empfiehlt deshalb, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für
Gesundheit – zur Erwägung zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen
Bundestages zur Kenntnis zu geben.
Der von der Fraktion der AfD gestellte Antrag, die Petition abzuschließen, weil dem
Anliegen nicht entsprochen werden konnte, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Begründung (PDF)


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