Region: Niemcy

Aufenthaltsrecht - Anwendung des Selbsteintrittsrechts unter Gebrauch der Dublin-II-Verordnung

Składający petycję nie jest publiczny
Petycja jest adresowana do
Deutschen Bundestag
95 95 w Niemcy

Petycja została odrzucona.

95 95 w Niemcy

Petycja została odrzucona.

  1. Rozpoczęty 2014
  2. Zbiórka zakończona
  3. Zgłoszone
  4. Dialog
  5. Zakończone

To jest petycja internetowa des Deutschen Bundestags .

29.08.2017, 16:57

Pet 1-18-06-26-009936Aufenthaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass von der Überführung von Asylbewerbern
nach Italien aufgrund der dort herrschenden Aufnahmebedingungen abgesehen und
von dem in der Dublin-II-Verordnung (alt) geregelten Selbsteintrittsrecht Gebrauch
gemacht wird. Die §§ 27 und 27a des Asylverfahrensgesetz sollen in diesen Fällen
nicht mehr anwendbar sein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des
Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 95 Mitzeichnungen und neun
Diskussionsbeiträgen vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der
vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens trägt der Petent im Wesentlichen vor, die Zustände in
den italienischen Flüchtlingslagern erinnerten an Notsituationen in
Katastrophengebieten. Die Flüchtlinge wären u. a. Überbelegungen, Rattenplagen
sowie schlechten hygienischen Bedingungen ausgesetzt und müssten teilweise auf
der Straße schlafen und sich aus Müllcontainern ernähren. Ein Gutachten der
Flüchtlingsorganisation „borderline-europe, Menschenrechte ohne Grenzen“ hätte
bereits am 1. Dezember 2012 die völlig unzureichende Aufnahmesituation in Italien
bestätigt. Da sich die Situation zwischenzeitlich verschlimmert haben dürfte, verstoße
jede Abschiebung nach Italien gegen die Menschenrechte. Auch weise das
Asylverfahren in Italien systematische Mängel auf. Obwohl dies dem Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) bekannt sei, würden Flüchtlinge unter Verweis auf
die gesetzlichen Bestimmungen nach Italien abgeschoben. Das BAMF gehe ferner auf
eine unbeantwortete Anfrage an die italienischen Behörden, ob ein Asylverfahren in
Italien vorliege, nach Ablauf von zwei Wochen davon aus, dass in Italien Asyl beantragt

worden sei und nimmt eine Rückführung vor. Das Oberverwaltungsgericht (OVG)
Nordrhein-Westfalen und das OVG Rheinland-Pfalz hätten jedoch im Jahr 2013
übereinstimmend festgestellt, dass Asylbewerber bei ihrer Überstellung nach Italien
dort nicht die europaweit vereinbarten Mindeststandards vorfinden würden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die von dem Petenten eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass die Zuständigkeitsprüfung und
die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens zwei unterschiedliche, voneinander
getrennte Verfahren sind. In diesem Zusammenhang regeln die Bestimmungen der
Dublin-Verordnungen die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten.
Die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens ergibt sich aus der Dublin-
Verordnung. Danach wird der Asylantrag eines Drittstaatangehörigen oder eines
Staatenlosen einzig von dem Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des
Kapitel III der Dublin-Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird.
Des Weiteren weist der Ausschuss darauf hin, dass Italien Mitgliedstaat der
Europäischen Union (EU) ist und am Dublin-Verfahren teilnimmt. Die Dublin-
Verordnung beruht auf der Prämisse, dass in allen Vertragsstaaten die Anwendung
der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist. Diese Prämisse steht
im Einklang mit dem sogenannten „normativen Vergewisserungskonzept“, welches
Artikel 16a Abs. 2 Grundgesetz (GG) bzw. § 26a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG)
zugrunde liegt und für alle Mitgliedstaaten der EU gilt. Das gemeinsame europäische
Asylsystem basiert dabei auf dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens. Nach dem
Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 21. Dezember 2011 (Az.: C-411/10
u. a.) muss daher die Vermutung greifen, dass die Behandlung der Asylbewerber in
jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der
Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) sowie mit der GFK und der EMRK
steht. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der
Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt.

Ferner stellt der Petitionsausschuss fest, dass nach der Rechtsprechung des EuGH
nicht jede Verletzung eines Grundrechts bzw. der geringste Verstoß gegen die
Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügt, um die Überstellung eines
Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern. Vielmehr ist Artikel 4
der GR-Charta so auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der
nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den zuständigen
Mitgliedstaat zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die
systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für
Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte
Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft,
einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
Diese Rechtsprechung hat ihren Niederschlag in der Verordnung (EG) Nr. 604/2013
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 gefunden. Artikel 3
Abs. 2 Satz 2 der Verordnung regelt nunmehr die Unzulässigkeit der Überstellung
eines Asylsuchenden an den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat, soweit wesentliche
Gründe für die Annahme sprechen, dass das Asylverfahren und die
Aufnahmebedingungen systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr der
Verletzung des Artikel 4 GR-Charta mit sich bringen.
Der Rechtsprechung des EuGH ist auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
gefolgt. Das BVerwG betont dabei, ein Asylbewerber dürfe nur dann nicht an den nach
der Dublin-II-Verordnung (nun Dublin-III-Verordnung) zuständigen Mitgliedstaat
überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für
Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat aufgrund systemischer Mängel, d. h. regelhaft
so defizitär sind, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall
dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende
Behandlung droht. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei
Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des
zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell
prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht
unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen
Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich
prognostizieren (Beschluss vom 19. März 2014, Az.: 10 B 6/14 sowie Urteil vom
27. April 2014, Az.: 10 C 5/09).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat nunmehr in zwei
aktuellen Entscheidungen vom 4. November 2014 (Tarakhel gegen die Schweiz,

Az.: 29217/12) und 5. Februar 2015 (A.M.E. gegen die Niederlande, Az.: 51428/10)
festgestellt, dass in Italien keine systematischen Mängel im Sinne dieser
Rechtsprechung vorliegen. Damit sind Überstellungen nach Italien grundsätzlich
weiter möglich und ein Verstoß gegen Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GR-Charta kommt
nicht in Betracht.
Darüber hinaus haben das OVG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 14. November 2013,
Az.: 4 I 44/12), das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 21. Februar 2014,
Az.: 10 A 10656/13), das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 7. März 2013,
Az.: 1 A 21/12 A) sowie der VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 16. April 2014,
Az.: 1 11 S 1721/13) entschieden, dass Asylbewerbern bei einer Abschiebung nach
Italien keine unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen drohen.
Eine Verletzung von Artikel 3 EMRK kommt nach der Entscheidung „Tarakhel“ nur
dann in Betracht, wenn eine Flüchtlingsfamilie im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach
Italien abgeschoben würde, ohne zuvor individuelle Garantien der italienischen
Behörden einzuholen, dass die Familie nicht getrennt und dem Alter der Kinder in der
Familie entsprechend untergebracht und versorgt würde. Der EGMR ging dabei davon
aus, dass aufgrund der großen Anzahl an Asylbewerbern und der begrenzten
Unterkunftsmöglichkeiten ein krasses Missverhältnis („glaring discrepancy“) zwischen
der Zahl der zur Verfügung stehenden Unterkünften und der Zahl der Asylsuchenden
gebe, die nach Maßgabe der Aufnahmerichtlinie unterzubringen seien. Da bei Familien
mit kleinen Kindern eine große Schutzbedürftigkeit gegeben sei, sei der ersuchende
Mitgliedsaat verpflichtet, eine Zusicherung der italienischen Behörden einzuholen,
dass die Familie unter Wahrung der Familieneinheit und entsprechend den
Altersbedürfnissen der Kinder untergebracht werde.
Der Ausschuss begrüßt daher ausdrücklich, dass derzeit keine Überstellung von
Familien mit Kindern unter 16 Jahren aus Deutschland nach Italien ohne eine
entsprechende Zusicherung erfolgt. Im ersten Schritt wird nun vor der Überstellung
eine abstrakte Zusicherung von den italienischen Behörden eingeholt. In einem
zweiten Schritt wird vor dem Vollzug der Überstellungsentscheidung eine konkrete
Zusicherung angefordert. Hintergrund dieses zweigeteilten Verfahrens ist, dass zum
Zeitpunkt der Bescheiderteilung die Benennung einer konkreten Unterkunft meist noch
nicht möglich ist. Solange jedoch keine Zusicherung seitens der italienischen
Behörden für den konkreten Einzelfall vorliegt, findet zurzeit keine Überstellung von
Familien mit Kindern unter 16 Jahren nach Italien statt.

Nach Einschätzung der Bundesregierung kommt ein, von dem Petenten gefordertes,
generelles Überstellungsverbot nach Italien nicht in Betracht. Mit seiner Entscheidung
vom 2. Februar 2015 hat der EGMR nochmals darauf hingewiesen, dass die aktuelle
Situation von Asylbewerbern in Italien auf gar keinen Fall mit der zum Zeitpunkt der
Entscheidung „M.S.S. gegen Belgien“ (Urteil vom 21. Januar 2011, Az.: 30696/09) in
Griechenland herrschenden Gegebenheiten vergleichbar ist. Da keine systemischen
Defizite im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in
Italien vorliegen, ist die Rechtsauffassung der Bundesregierung nach Ansicht des
Ausschusses nicht zu beanstanden.
Nach umfassender Prüfung geht der Petitionsausschuss davon aus, dass die
Organisation und die Gesamtsituation der Aufnahmebedingungen in Italien als solche
einer Rückführung von Asylbewerbern in dieses Land nicht entgegenstehen. Der
Ausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen
nicht entsprochen werden konnte.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium des Innern – zur
Erwägung zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur
Kenntnis zu geben, ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Begründung (PDF)


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