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Dialogs

Aufenthaltsrecht - Aufhebung der Dublin-III-Verordnung/Ersatz durch ein solidarisches System

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Petīcija ir adresēta
Deutschen Bundestag
105 Atbalstošs 105 iekš Vācija

Kolekcija beidzās

105 Atbalstošs 105 iekš Vācija

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Šī ir tiešsaistes petīcija des Deutschen Bundestags ,

23.05.2019 04:22

Petitionsausschuss

Pet 1-18-06-26-024979
53498 Waldorf
Aufenthaltsrecht

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 04.04.2019 abschließend beraten
und beschlossen:

1. Die Petition dem Europäischen Parlament zuzuleiten, soweit die Überarbeitung der
Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-Verordnung) gefordert wird und
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung

Der Petent möchte die Abschaffung der Dublin-III-Verordnung erreichen mit dem Ziel, sie
durch ein solidarisches System zu ersetzen.

Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
wurde, liegen dem Petitionsausschuss 105 Mitzeichnungen und 38 Diskussionsbeiträge
vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf jeden Aspekt gesondert eingegangen
werden kann.

Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass Überstellungen,
in jedem Fall solche nach Italien, auf der Grundlage der Dublin-III-Verordnung
auszusetzen seien bzw. Deutschland von seinem „Selbsteintrittsrecht“ in jedem Fall
Gebrauch machen solle. Die Dublin-III-Verordnung werde derzeit parteiübergreifend in
Frage gestellt. Überstellungen von Flüchtlingen, die sich bereits in Deutschland integriert
hätten, seien unmenschlich. Insbesondere solche nach Italien seien in jedem Fall, auch
im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des
Bundesverwaltungsgerichts, zu unterlassen. Es sei zu befürchten, dass Asylbewerber in
Italien aufgrund der dort herrschenden schwerwiegenden systemischen Mängel eine
unmenschliche oder erniedrigende Behandlung erfahren müssten. Von einer
Petitionsausschuss

Verbesserung der Situation vor Ort, sei derzeit nicht auszugehen. Diese Einschätzung
werde von Warnungen des italienischen Innenministers und den Vorwürfen des
Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for
Refugees, UNHCR) gegen die Handlungsweise der italienischen Behörden bestärkt. Daher
müssten Überstellungen nach Italien auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung ausgesetzt
werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht zu der
Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter
Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Hinsichtlich der Forderung, dass Deutschland grundsätzlich von dem in Artikel 17 der
Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-Verordnung) geregelten „Selbsteintrittsrecht“
Gebrauch macht, stellt der Ausschuss fest, dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift
für Fälle vorgesehen ist, bei denen außergewöhnliche humanitäre Gründe dargelegt
werden. Der Ausschuss weist darauf hin, dass die geforderte extensive Anwendung der
Vorschrift das gemeinschaftlich vereinbarte Zuständigkeitssystem der
Dublin-Verordnung unterlaufen würde. Darüber hinaus können die mit der Petition
herausgestellten Integrationsleistungen der Flüchtlinge bei der Entscheidung des
zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht berücksichtigt
werden.

Zu der Forderung, von Überstellungen nach Italien grundsätzlich abzusehen, weist der
Ausschuss darauf hin, dass die Dublin-Verordnung auf der Prämisse beruht, dass in allen
Vertragsstaaten, also auch in Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union, die
Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sowie der Konvention zum Schutz
der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist.

Grundsätzlich greift nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, vom
21. Dezember 2011, Az.: C-411/10 und C-493/10) die Vermutung, dass die Behandlung
Petitionsausschuss

der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta
der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) sowie der GFK und der EMRK steht.
Zwar könne nicht jegliche Funktionsstörung in einem Mitgliedstaat ausgeschlossen
werden, allerdings stellt der EuGH fest, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts bzw.
der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 ausreiche, um
von der Überstellung des Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Der
Ausschuss unterstreicht jedoch den in der Petition hervorgebrachten Hinweis, dass dann
von einer Überstellung abzusehen ist, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und
der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem Mitgliedstaat bekannt sind und
ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der
Antragsteller Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung im Sinne
von Artikel 4 GRCh ausgesetzt zu werden.

Zu den Bedingungen in Italien weist der Ausschuss zunächst auf die in der Petition
herausgestellte bestehende Rechtsprechung hin. Danach hat der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte (EGMR) in einer Entscheidung vom 2. April 2013 (Nr. 27725/10) die
Auffassung vertreten, dass in Italien in Bezug auf die Aufnahmebedingungen und die
Unterstützungsleistungen für Asylbewerber keine systemischen Mängel vorliegen.

Der Ausschuss stellt fest, dass die Entscheidung des EGMR von einer abstrakt-generellen
Betrachtung des italienischen Asylsystems geleitet ist, die zudem zahlreiche Berichte von
(Nicht-)Regierungsorganisationen auswertet, u. a. auch die in der Petition angeführten
Stellungnahmen der UNHCR, welche die Bedingungen des italienischen Asylsystems
kritisch hinterfragten. Auf der Grundlage der Berichte kommt der EGMR in dem oben
genannten Beschluss (Nr. 27725/10, Ziffern 43 ff., 78) zu dem Ergebnis, dass die
tatsächlichen Defizite nicht das Ausmaß von systemischen Mängeln des Asylsystems
erreichen, die allein die Aussetzung der Überstellung unter Berufung auf die
Menschenrechte rechtfertigen können.

In einer anderen Entscheidung vom 4. November 2014 hat der EGMR
(Nr. 29217/12 – Tarakhel/Schweiz) festgestellt, dass in diesem Fall einer Familie mit
Kindern die Zurückführung nach Italien eine Verletzung von Artikel 3 EMRK darstelle,
Petitionsausschuss

wenn die Familie nicht in einer an das Alter der Kinder angepassten Art und Weise
untergebracht würde und die Familie nicht zusammenbliebe.

In einer weiteren Entscheidung des EGMR vom 5. Februar 2015 (Nr. 51428/10
A.M.E./Niederlande) führte das Gericht aus, dass die aktuelle Situation für Asylbewerber
in Italien auf gar keinen Fall mit der zum Zeitpunkt der Entscheidung des EGMR in der
Sache M.S.S. gegen Belgien (Nr. 30696/09) in Griechenland herrschenden Situation
vergleichbar ist. Die Organisation und Gesamtsituation der Aufnahmebedingungen in
Italien als solche können nach den Feststellungen des EGMR daher einer Rückführung
von Asylbewerbern in dieses Land nicht entgegenstehen.

Die Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte bestätigen, dass das italienische
Asylsystem nicht an systemischen Mängeln leidet (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom
4. April 2018, Az. 10 LB 90/17; OVG Schleswig-Holstein, Gerichtsbescheid vom 17.
August 2017, Az. 10 A 786/17; OVG NRW, Beschluss vom 16. Februar 2017, Az. 13 A
316/17.A; OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 2016, Az. 13 A 1859/14 A; OVG Münster, Urteil
vom 6. Juli 2016, Az. 13 A 1476/15.A; VG Würzburg, Beschluss vom 6. November 2017,
Az. W 4 S 17.50719; VG Hannover, Beschluss vom 30. Oktober 2017, Az. 5 B 9484/17; VG
Dresden, Beschluss vom 24. Oktober 2017, Az. 12 L 1135/17.A; VG München, Urteil vom
5. Oktober 2017, Az. M 9 K 17.51567; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017,
Az. 7 A 338/16; VG Göttingen, Beschluss vom 26. September 2017, Az. 3 B 613/17; VG
Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017, Az. 8 A 674/16; VG Trier, Beschluss vom 25.
September 2017, Az. 5 L 11551/17.TR; VG Chemnitz, Beschluss vom 22. September 2017,
Az. 4 L 763/17.A; VG Regensburg, Beschluss vom 19. September 2017, Az. RN 14 S
17.51923; VG Bayreuth, Beschluss vom 19. September 2017, Az. B 4 S 17.50901; VG des
Saarlandes, Beschluss vom 11. September 2017, Az. 5 L 1386/17; VG Ansbach, Beschluss
vom 30. August 2017, Az. AN 14 S 17.51109; VG Karlsruhe, Beschluss vom 25. August
2017, A 3 K 9299/17; VG Leipzig, Beschluss vom 24. August 2017, 1 L 655/17.A; VG
Stuttgart, Beschluss vom 24. August 2017, Az. A 2 K 10779/17; VG Lüneburg, Beschluss
vom 3. August 2017, Az. 8 B 140/17; VG Augsburg, Urteil vom 8. Mai 2017, Az. Au 5 K
17.50043; VG Oldenburg, Urteil vom 1. Juni 2017, Az. 1 A 2122/17; VG Osnabrück, Urteil
vom 26. Januar 2017, Az. 5 A 303/16).
Petitionsausschuss

Der Ausschuss weist darauf hin, dass sowohl der EGMR als auch das
Bundesverfassungsgericht (Entscheidungen vom 17. September 2014 Az. 2 BvR 939/14
und 2 BvR 1795/14) Besonderheiten bei der Überstellung von Familien mit Kindern nach
Italien festgestellt haben. Der Ausschuss hebt hervor, dass diese Besonderheiten durch
das Bundesamt berücksichtigt werden. Mit Unterstützung durch das Europäische
Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) wurde die Kapazität des italienischen
Aufnahmesystems seit Ende 2016 erheblich auf über 200 000 Plätze erhöht und die
Qualität verbessert. Daher werden seit Juni 2017 auch wieder für Familien mit Kindern
unter 16 Jahren Übernahmeersuchen an Italien gestellt. Die Familien werden gemeinsam
und in für Familien vorgesehenen Unterkünften untergebracht. Familien mit Kindern
unter drei Jahren werden jedoch weiterhin nicht an Italien überstellt (Antwort der
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, Drucksache 19/694).

Die italienische Regierung hat sich zu den geltenden internationalen Standards bekannt
und gewährt jedem Schutzsuchenden die Möglichkeit einen Asylantrag in Italien zu
stellen. Eine behördliche Entscheidung kann jeweils von unabhängigen Gerichten
überprüft werden. Der Ausschuss stellt abschließend fest, dass die Annahme
grundsätzlich vorliegender systemischer Mängel in Italien hinsichtlich des
Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vor dem Hintergrund der dargestellten
Rechtsprechung nicht angenommen werden können und sich keine Hinweise darauf
ergeben, dass das Asylverfahren nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht. Im
Ergebnis der parlamentarischen Prüfung sieht der Ausschuss vor dem Hintergrund der
Ausführungen daher keinen Handlungsbedarf hinsichtlich der geforderten
vollumfänglichen Aussetzung der Überstellungen nach Italien im Rahmen der
Dublin-III-Verordnung.

Sofern mit der Petition die Abschaffung der Dublin-III-Verordnung mit dem Ziel, sie
durch ein solidarisches Ziel zu ersetzen, gefordert wird, weist der Ausschuss darauf hin,
dass es sich bei der Dublin-III-Verordnung um eine europarechtliche Verordnung handelt
und mögliche Änderungen in diesem Bereich auf europäischer Ebene vorzunehmen sind.
Am 4. Mai 2016 hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Überarbeitung der
Dublin-III-Verordnung im Rahmen ihres Konzepts zur Verbesserung des Gemeinsamen
Petitionsausschuss

Europäischen Asylsystems (GEAS) vorgestellt. Zum Kontext des Vorschlags führt die
Kommission aus, dass die „Migrations- und Flüchtlingskrise erhebliche strukturelle
Schwächen und Mängel bei der Gestaltung und Umsetzung des europäischen
Asylsystems und insbesondere der Dublin-Bestimmungen aufgezeigt“ habe [COM (2016)
270 final 2016/0133 (COD)]. Der Vorschlag enthält unter anderem einen korrektiven
Umverteilungsmechanismus auf der Grundlage von Aufnahmequoten.

Am 16. November 2017 hat das Europäische Parlament durch mehrheitliche Abstimmung
den Änderungsvorschlag des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
(LIBE) und dessen Beschluss zur Aufnahme interinstitutioneller Verhandlungen
angenommen (vgl. Report A8-0345/2017). Der Europäische Rat hat seit Oktober 2017
Fortschritte in der Diskussion verzeichnet, wenngleich das richtige Ausgleichsmaß
zwischen Solidarität und Verantwortung innerhalb des europäischen Asylsystems
weiterer Diskussion und Konsultation der Mitgliedstaaten bedarf (Interinstitutionelles
Dokument 12802/17).

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition dem Europäischen Parlament
zuzuleiten, soweit die Überarbeitung der Dublin-III-Verordnung gefordert wird und das
Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Der von der Fraktion der AfD gestellte Antrag, das Petitionsverfahren abzuschließen, ist
mehrheitlich abgelehnt worden.

Begründung (PDF)


Palīdziet stiprināt pilsoņu līdzdalību. Mēs vēlamies padarīt jūsu bažas dzirdamas un palikt neatkarīgiem.

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