Aufenthaltsrecht - Einführung einer Kitapflicht ab dem 3. Lebensjahr für Kinder mit Migrationshintergrund

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
168 Unterstützende 168 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

168 Unterstützende 168 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 12:58

Pet 3-18-17-2165-029076Kinder- und Jugendhilfe
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 26.01.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent möchte eine Kindergartenpflicht für Kinder mit Migrationshintergrund ab
dem 3. Lebensjahr erreichen.
Er führt aus, dass er als ehrenamtlicher Helfer festgestellt habe, dass die Situation für
noch nicht schulpflichtige Kinder in den zahlreichen Erstaufnahmeeinrichtungen und
Notunterkünften völlig unzureichend sei. Eine „Kitapflicht“ hätte viele Vorteile, z. B. den
regelmäßigen Kontakt mit der deutschen Sprache, einen strukturierten Alltag sowie
soziale Kontakte mit deutschen Kindern.
Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die auf den Internetseiten des Deutschen
Bundestages veröffentlicht und diskutiert wurde. 168 Mitzeichnende haben das
Anliegen unterstützt. Der Petitionsausschuss hat im Rahmen seiner
parlamentarischen Prüfung der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu dem Anliegen darzulegen. Die parlamentarische Prüfung hatte unter
Berücksichtigung der seitens der Bundesregierung dargestellten Aspekte das im
Folgenden dargestellte Ergebnis:
Dem Petenten ist zuzustimmen, dass der Zugang zu früher Bildung bildungs- und
sozialpolitisch für alle Kinder sehr wünschenswert ist. Zahlreiche wissenschaftliche
Untersuchungen haben ergeben, dass ein rechtzeitiger Eintritt in die
Kindertagesbetreuung die Entwicklung der Kinder bis zum Schuleintritt entsprechend
begünstigt.

Die Bundesregierung hat darauf hingewiesen, dass es nach der wohl überwiegenden
Meinung in der Rechtsprechung und der Literatur verfassungsrechtlich nicht zulässig
ist, Kinder zum Besuch einer Kindertageseinrichtung zu verpflichten. Nach Artikel 6
Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz sind die Eltern grundsätzlich zur Betreuung der Kinder
verpflichtet und berechtigt, die Betreuung auszuüben. Hierdurch ist ihnen ein
Abwehrrecht vor staatlichen Eingriffen in Fragen der Kinderfürsorge und
Kindererziehung gegeben. Hierzu gibt es zahlreiche Gerichtsentscheidungen, z. B. die
Entscheidungen BVerfGE 4, 52 (57); 24, 119 (138). Auch wenn das Kind vom Besuch
einer Kindertagesstätte profitieren kann, würde die geforderte Kindergartenpflicht in
dieses Grundrecht der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder eingreifen.
Voraussetzung für eine staatliche Intervention ist eine auf elterlichem Fehlverhalten
beruhende schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls. In diesen Fällen ist
der Staat aufgrund seines sog. Wächteramtes gemäß Artikel 6 Abs. 2 Satz 2
Grundgesetz zum Eingreifen befugt. Diese hohe Schwelle wird nach den Darlegungen
der Bundesregierung bei den vorgetragenen Gründen für eine Kitapflicht jedoch nicht
erreicht. Das Nichterlernen der deutschen Sprache verschlechtert die
Teilhabechancen der Kinder zwar, gefährdet jedoch nicht ihr Kindeswohl. Weiterhin
steht nach den Ausführungen der Bundesregierung der Beweis aus, dass die Kinder
in Kitas allgemein besser betreut würden als zu Hause. Die Kita falle auch nicht unter
den staatlichen Schulauftrag aus Artikel 7 Abs. 1 Grundgesetz. Dieser betrifft die
Schule als eine auf Dauer angelegte Einrichtung, die ein „zusammenhängendes und
planmäßiges Unterrichtsprogramm in mehreren Fächern anbietet“ (BVerfGE 75, 40
(77)). Kennzeichnend für die Kindertagesbetreuung ist im Gegensatz zum
Schulunterricht jedoch, dass ein ganzheitlicher Ansatz der Bildung, Betreuung und
Erziehung zum Ausdruck kommt. Es geht damit nicht um eine öffentliche Beschulung,
sondern um öffentliche Ergänzung der Betreuung der Kinder. Eine frühere Beschulung
der Kinder wäre dagegen anders zu betrachten als eine Verpflichtung zum Besuch
eines Kindergartens.
Der Petitionsausschuss ist daher der Auffassung, dass es sinnvoller ist, Hürden, die
den frühen Besuch einer Kindertageseinrichtung oder einer Kindertagespflege vor
allem für bestimmte Gruppen erschweren, abzubauen. Zum Stichtag 1. März 2015
nutzten bundesweit insgesamt 693.343 Kinder unter 3 Jahren Tagesbetreuungs-
angebote. Zwischen 2006 und 2015 wurden damit über 407.000 Plätze für Kinder unter
3 Jahren geschaffen. Der Petitionsausschuss hält es für sinnvoll, das Angebot
weiterhin auszubauen. Außerdem weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass die

Länder zunehmend versuchen, durch beitragsfreie Jahre vor der Einschulung die
Betreuungsquote zu erhöhen. Hierdurch soll insbesondere eine rechtzeitige
Sprachförderung erfolgen.
Die vom Petenten geforderte Kindergartenpflicht hält der Petitionsausschuss daher
nicht für einführbar. Er empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem
Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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