Region: Tyskland

Aufenthaltsrecht - Verzicht auf Sprachkenntnisnachweis bei Ehegattennachzug bei Bestand der Ehe/Lebenspartnerschaft zuvor im Ausland

Petitioner ikke offentlig
Petitionen behandles
Deutschen Bundestag
125 Støttende 125 i Tyskland

Petitionen blev ikke opfyldt

125 Støttende 125 i Tyskland

Petitionen blev ikke opfyldt

  1. Startede 2015
  2. Samlingen er afsluttet
  3. Indsendt
  4. Dialog
  5. Afsluttet

Dette er en online petition des Deutschen Bundestags ,

30.05.2017 04.22

Pet 1-18-06-26-022399



Aufenthaltsrecht



Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 18.05.2017 abschließend beraten und

beschlossen:



Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden

konnte.

Begründung



Der Petent fordert die Abschaffung des gesetzlich vorgesehenen Sprachnachweises

beim Ehegattennachzug, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft

bereits zuvor im Ausland Bestand hatte.

Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages

veröffentlicht wurde, liegen 151 Mitzeichnungen und 125 Diskussionsbeiträge vor. Es

wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle angeführten Gesichtspunkte einzeln

eingegangen werden kann.

Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen angeführt, dass das Vorliegen

von Deutschkenntnissen von berechtigtem Interesse sei, um dem Betroffenen die

Kultur des Landes näher zu bringen und Scheinehen zu entlarven. Allerdings seien

bereits jetzt Ausnahmen vorgesehen, beispielsweise könne bei geringem

Integrationsbedarf im Einzelfall von den erforderlichen Sprachkenntnissen

abgesehen werden. Die Bewertung unterliege jedoch der Willkür der zuständigen

Ausländerbehörde. Mit der geforderten Neuregelung könne Gewissheit geschaffen

werden, wenn die Ehepartner bereits im Ausland eine Familieneinheit gebildet

hätten. Es sei davon auszugehen, dass das Ehepaar starke Verbindung nach

Deutschland habe und die Integration des ausländischen Ehepartners über eine

Transfersprache vermittelt werden könne. Ein Deutschtest könne auch zu einem

späteren Zeitpunkt gefordert werden. Ferner würde es mit der geforderten

Neuregelung qualifizierten Deutschen erleichtert, nach Deutschland zurückzukehren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten

Unterlagen verwiesen.



Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht

zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich

unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten

Aspekte wie folgt zusammenfassen:

Einführend weist der Ausschuss darauf hin, dass das in § 28 Absatz 1 Satz 5 in

Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)

geregelte Sprachnachweiserfordernis bereits Thema verschiedener Anfragen und

Debatten im Deutschen Bundestag (siehe hierzu Drucksache 18/2414,

Plenarprotokoll 18/87) war. Die entsprechenden Dokumente können unter

www.bundestag.de eingesehen werden.

Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 25. März 2011, Az.: BvR 1413/10)

hat das Spracherwerbserfordernis vor Einreise beim Ehegattennachzug von

Drittstaatsangehörigen gemäß §§ 28 Absatz 1 Satz 5, 30 Absatz 1 Nr. 2 AufenthG

als verfassungsgemäß bestätigt und stellte insbesondere keinen Verstoß gegen das

Grundrecht und die Institutsgarantie des Artikels 6 Absatz 1 und 2 Grundgesetz fest.

Der Gesetzgeber verfolgt mit der Obliegenheit, einfache Kenntnisse der deutschen

Sprache vor Zuzug in das Bundesgebiet zu erwerben, ein legitimes Ziel. Das Mittel

des Spracherwerberfordernisses ist weder unverhältnismäßig noch ungeeignet und

der gesetzgeberische Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum somit nicht

überschritten. Sozial- und kulturpolitischer Hintergrund war, neben dem Ziel, die

Integration von Ausländern zu fördern, vor allem das Bestreben, insbesondere

Frauen aus Migrantenkreisen und insbesondere minderjährige Mädchen davor zu

schützen, nach einer möglichen Zwangsheirat in Deutschland in völliger Isolation im

Rahmen einer „Parallelgesellschaft“ zu leben und so der Willkür des Mannes oder

anderen Familienmitgliedern ausgeliefert zu sein. Diese verfassungsrechtliche

Wertung bestätigt auch das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung

(siehe hierzu Urteile des BVerwG vom 4. September 2016, Az. 10 C 12/12 sowie

vom 30. März 2010, Az. 1 C 8/09).

Der Petitionsausschuss stimmt der Überlegung zu, dass Sprachkenntnisse auf dem

Niveau A1, die bereits vor der Einreise vorliegen, für den nachziehenden Ehegatten

von Anfang an gute Integrationsvoraussetzungen sind, und hierdurch auch der

Zugang zu Sprachfördermaßnahmen im Zielland erleichtert wird.

Der Ausschuss erinnert an die Studie des Sachverständigenrats deutscher

Stiftungen für Integration und Migration „Deutsche Integrationsmaßnahmen aus der

Sicht von Nicht-EU-Bürgern“ aus dem Jahr 2012. Nach dieser Studie beurteilen mehr



als 96 Prozent der befragten Drittstaatsangehörigen den Sprachtest als hilfreich

(26,9 Prozent) oder sehr hilfreich (69,8 Prozent). Mithin werden verpflichtende

Deutschtests für nachziehende Familienangehörige fast ausschließlich positiv

bewertet. Die Studie hat zudem gezeigt, dass sich die Kursteilnehmer bereits im

Herkunftsland untereinander vernetzen, was positive Auswirkungen für das

Selbstvertrauen im Hinblick auf den Neuanfang im Zielland hat und die Teilnehmer

zu motivieren vermag.

Der Petitionsausschuss erinnert daran, dass sich der niedersächsische Innenminister

im Juni 2014 mit einem Brief an den Bundesminister des Innern wandte. Darin regte

er auch im Namen seiner Kollegen aus den Ländern Brandenburg, Bremen,

Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein an, den im

Aufenthaltsgesetz vorgesehenen Sprachtest für Ehegatten aus dem Ausland generell

abzuschaffen. Dieser Vorschlag ist vom Bundesminister des Innern jedoch nicht

aufgegriffen worden.

Zudem weist der Ausschuss darauf hin, dass zum 1. August 2015 mit dem Gesetz

zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung eine Änderung

des § 30 AufenthG in Kraft getreten ist. Die Änderung setzt das Urteil des

Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 10. Juli 2014 in der Rechtssache C-138/13

(„Dogan“) um. Danach ist in § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 AufenthG eine

Härtefallklausel enthalten, wonach Sprachkenntnisse beim Ehegatten für die

Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht erforderlich sind, wenn „es dem Ehegatten

auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht möglich oder nicht zumutbar

ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen

Sprache zu unternehmen.“ Hierdurch soll sichergestellt werden, dass alle

Besonderheiten des Einzelfalls gebührend berücksichtigt werden können und bei

Vorliegen besonderer Umstände ein Absehen vom Sprachnachweis möglich ist.

Zu den Kriterien, wann ein Härtefall vorliegt, kann die Rechtsprechung des

Bundesverwaltungsgerichts herangezogen werden (Urteil vom 4. September 2012,

Az.: 10 C 12/12,). Danach muss es dem ausländischen Ehegatten entweder von

vornherein nicht möglich bzw. nicht zumutbar sein, vor der Einreise Bemühungen

zum Erwerb einfacher deutscher Sprachkenntnisse zu unternehmen, oder es ist ihm

trotz einjähriger ernsthafter Bemühungen nicht gelungen, das geforderte

Sprachniveau zu erreichen. Anhaltspunkte können in der Person des Ehegatten oder

in äußeren Umständen begründet sein, zum Beispiel Gesundheitszustand, kognitive



Fähigkeiten, Erreichbarkeit von Sprachkursen oder Verfügbarkeit eines

Sprachlernangebotes.

Hinsichtlich der mit der Petition geäußerten Kritik an der willkürlichen Bewertung der

Einzelfälle durch die Ausländerbehörde weist der Ausschuss darauf hin, dass der

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt. Hierdurch wird sichergestellt, dass im Rahmen

der Abwägung die Umstände des Einzelfalls und damit alle maßgeblichen

Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt werden können. Eine willkürliche Praxis

wird dadurch gerade vermieden. Zudem merkt der Ausschuss an, dass die

Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist und eine Überprüfung der

Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte stets möglich ist.

Abschließend weist der Ausschuss darauf hin, dass es neben der

Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG auch die Möglichkeit gibt, einen

Aufenthaltstitel zum Spracherwerb nach § 16 Absatz 5 AufenthG zu beantragen.

Der Petitionsausschuss weist auch darauf hin, dass der EuGH erneut die

Vereinbarkeit des Nachweises deutscher Sprachkenntnisse als Voraussetzung für

den Nachzug ausländischer Ehegatten mit europäischem Recht prüft. Nachdem der

Generalanwalt bei EuGH im Vorfeld der Entscheidung in der (ebenfalls vom

Verwaltungsgericht (VG) Berlin) vorgelegten Sache „Dogan“ Zweifel an der

Vereinbarkeit des Sprachnachweises für türkische Staatsangehörige mit der sog.

Familiennachzugsrichtlinie hat, sah das VG Berlin nunmehr Klärungsbedarf für

sonstige Staatsangehörige. Im Fall „Dogan“ hat der EuGH diese Frage nicht

beantwortet, weil das für türkische Staatsangehörige geltende Assoziationsrecht

insoweit Vorrang war. Das VG Berlin hat aber ein anderes Klageverfahren

ausgesetzt und dem EuGH folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt

(VG 28 K 456, 12 V, Beschluss vom 23. Oktober 2014):

Ist Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom

22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung

(ABI. L 251 vom 3. Oktober 2003, S. 12) so auszulegen, dass er einer Regelung des

nationalen Rechts entgegensteht, mit der die erstmalige Einreise eines

Familienangehörigen eines Zusammenführenden davon abhängig gemacht wird,

dass der Familienangehörige vor der Einreise nachweist, sich auf einfache Art in

deutscher Sprache verständigen zu können?

Auf eine der Fragen in der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Drucksache

18/2414), „Konsequenzen aus dem Dogan-Urteil des EuGH“, hat die



Bundesregierung geantwortet, sie wolle nicht darüber spekulieren, wie der EuGH die

Frage der Vereinbarkeit des deutschen Sprachnachweises mit der

Familiennachzugsrichtlinie beantworten wird. Die Entscheidung des EuGH bleibe

abzuwarten.

Der Petitionsausschuss erkennt selbstverständlich die Unterschiede in der

politischen Bewertung der Spracherfordernisregelung und einer sich daraus ggf.

ergebenden Handlungsnotwendigkeit zwischen Akteuren des politischen Lebens.

Gleichzeitig erkennt der Petitionsausschuss zurzeit keine Handlungen der

Bundesregierung oder der Koalitionsfraktionen, die auf die Vorbereitung von

Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen im Sinne des Anliegens

zielen. Der Petitionsausschuss kann deswegen zurzeit kein parlamentarisches

Tätigwerden im Sinne des Anliegens in Aussicht stellen und schlägt vor, das

Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung (PDF)


Hjælp med til at styrke borgerdeltagelse. Vi ønsker at gøre dine bekymringer hørt, mens du forbliver uafhængig.

Donere nu