Beihilfevorschriften des Bundes - Reform des Abrechnungsverfahrens im Beihilferecht für Beamte

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
88 Unterstützende 88 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

88 Unterstützende 88 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 12:58

Pet 1-18-06-20180-029274

Beihilfevorschriften des Bundes


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 30.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung

Mit der Petition werden eine Reform des Beihilferechts durch eine Modernisierung und
Vereinfachung des Abrechnungsverfahrens sowie eine unmittelbare elektronische
Vernetzung der beteiligten Stellen unter Einschluss der Leistungserbringer und der
privaten Krankenversicherungen gefordert.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Verfahren
der Beihilfegewährung als kompliziert, zeitraubend, teuer und nicht mehr zeitgemäß
zu beanstanden sei. Das Beihilfeverfahren funktioniere heute noch auf dem
technischen Stand von vor 30 Jahren. Nach Festsetzung der Beihilfe müsse der
Beihilfeberechtigte das gleiche Verfahren bei der privaten Krankenversicherung
durchlaufen. Dieses Abrechnungsverfahren sei sehr zeitaufwendig für alle Beteiligten.
Es mache es den Beihilfeberechtigten unnötig schwer, sorge für große
Kostenunsicherheit und verursache hohe Bearbeitungskosten in den Beihilfestellen.
Ein neues Verfahren sei so zu gestalten, dass die Beihilfestellen der Landes- und
Kommunalbeamten sich dem System ebenfalls anschließen könnten. Ärzte sollten
– ähnlich wie in der gesetzlichen Krankenversicherung – direkt mit den beteiligten
Stellen abrechnen können. Zur Gewährleistung der Rechnungskontrolle sei ggf. die
Einführung eines Bestätigungsvorbehaltes für den Beihilfeberechtigten erwägenswert.
Entscheidend sei die direkte, elektronische Kommunikation in einem „schlanken“
Verfahren ohne Postlaufzeiten, aufwendige Bearbeitungsschritte und „Papierkram“,
wobei der Datenschutz gewährleistet werden müsse.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.

Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 88 Mitzeichnungen und 17 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Darüber hinaus hat der Ausschuss am 22. Juni 2016 ein
Berichterstattergespräch zu dieser und zwei weiteren beihilferechtlichen Petitionen
durchgeführt, an dem Vertreter des Bundesministeriums des Innern, des
Bundesministeriums der Gesundheit und des Bundesministeriums der Justiz und für
Verbraucherschutz teilnahmen und in dem die Sach- und Rechtslage umfassend
erörtert wurde.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der seitens
der Bundesregierung angeführten Aspekte sowie der Ergebnisse des
Berichterstattergesprächs wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt zunächst fest, dass es aufgrund der föderativen Struktur
der Bundesrepublik Deutschland kein einheitliches Beihilferecht gibt. Der Bund, die
Länder und die Kommunen regeln ihr Dienstrecht einschließlich des Rechts der
Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen jeweils in eigener Zuständigkeit. Die
Bundesregierung trägt ausschließlich für das Beihilferecht des Bundes die
Verantwortung. Soweit der Petent sich dafür einsetzt, das Beihilferecht des Bundes zu
ändern, um so mittelbaren Einfluss auf das auch für Kommunalbeamte einschlägige
Beihilferecht eines Landes zu nehmen, scheidet eine Einflussnahme des Bundes auf
das Beihilferecht in Ländern und Kommunen mithin aus.
Dessen ungeachtet erfolgt die Abrechnung von Leistungen in Krankheits-, Pflege- und
Geburtsfällen bzw. die Erstattung entsprechender Aufwendungen aufgrund
unterschiedlicher Rechtsbeziehungen und in getrennten Systemen. Leistungen der
gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung werden aufgrund vertraglicher
Vereinbarungen geleistet. Beihilfen des Bundes werden dagegen vollständig aus
Haushaltsmitteln des Bundes gezahlt, die nur nach sorgfältiger Prüfung verwendet
werden dürfen. Die haushaltsrechtliche Prüfung der Einnahmen und Ausgaben des
Bundeshaushalts obliegt den mit der Ausführung beauftragten Bundesbehörden und
unterliegt der Kontrolle des Deutschen Bundestages. Jede Verschiebung der
Prüfungs- und Kontrollmechanismen hat damit unmittelbaren Einfluss auf die
grundgesetzlich vorgeschriebene Gewaltenteilung. Verfahrensvereinfachungen, die
im Widerspruch zum Haushaltsrecht des Bundes stehen, kommen nicht in Betracht.

Im Übrigen merkt der Ausschuss an, dass Beihilfedaten des Bundes besonders zu
schützen sind. Sie sollen gemäß § 108 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG)
in einer von der übrigen Personalverwaltung getrennten Organisationseinheit
bearbeitet werden. Zugang sollen nur Beschäftigte dieser Organisationseinheit haben.
Die Beihilfebearbeitung sowie die Führung der Beihilfeakte können mit Zustimmung
der obersten Dienstbehörde ausschließlich auf eine andere Stelle des Bundes
übertragen werden (§ 108 Absatz 5 BBG). Damit ist die Übertragung der
Beihilfebearbeitung des Bundes auf übergeordnete Bearbeitungszentren, die keine
Stellen des Bundes sind (z. B. private Abrechnungszentren), ausgeschlossen.
Weiterhin macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass das Beihilferecht des
Bundes innerhalb der grundsätzlichen haushaltsrechtlichen Regelungen bereits
zahlreiche Möglichkeiten zur Unterstützung der beihilfeberechtigten Personen bietet.
So sieht § 51 Absatz 2 Satz 4 Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) zur Entlastung der
beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Personen vor, dass Beihilfen in
Pflegefällen als Abschläge geleistet werden können. In diesen Fällen ist ein
Beihilfeantrag als Grundlage für die Gewährung der Beihilfen für den Zeitraum von
zwölf Monaten ausreichend.
Ferner können zur Entlastung der beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen
Personen auch für andere Leistungen als das Pflegegeld Abschläge geleistet oder die
Beihilfe unmittelbar an Dritte (Ärztinnen, Ärzte usw.) ausgezahlt werden (§ 51
Absatz 8 BBhV). Zur Vermeidung von unbilligen Härten kann die Festsetzungsstelle
gemäß § 51 Absatz 7 Satz 2 BBhV Ausnahmen von der Antragsgrenze zulassen.
Darüber hinaus besteht auch im Beihilferecht die Möglichkeit, Vertrauenspersonen zur
Antragstellung zu bevollmächtigen.
Der Ausschuss weist insbesondere darauf hin, dass die Bundesbeihilfeverordnung im
Rahmen der Entbürokratisierung der Verwaltung weitgehend auf bindende Form- und
Bearbeitungsvorschriften verzichtet und darüber hinaus die rechtlichen
Voraussetzungen bietet, Beihilfen elektronisch zu beantragen und das
Beihilfeabrechnungsverfahren ganz oder teilweise zu automatisieren. Damit haben die
obersten Bundesbehörden die Möglichkeit, das Bearbeitungsverfahren im Rahmen
ihrer Ressortzuständigkeit auch für die Festsetzungsstellen in ihrem nachgeordneten
Bereich an die jeweiligen Erfordernisse angepasst zu organisieren.
In diesem Zusammenhang hebt der Ausschuss hervor, dass Beihilfen innerhalb der
Bundesverwaltung zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren zunehmend mit

elektronischer Unterstützung bearbeitet werden. Im Bereich des Bundesministeriums
der Finanzen wurde das elektronische Beihilfeverfahren eBiV (elektronische
Beihilfebearbeitung in der Verwaltung) entwickelt. Mit der Einführung dieses
Verfahrens wird eine durchgehend digitale, medienbruchfreie und workflow-gesteuerte
Bearbeitung einschließlich der Prüfung der Belege und der Bescheiderstellung
gewährleistet.
Die Anwendung elektronischer Verfahren ist – aufgrund der damit verbundenen
Investitionskosten – jedoch nur für große Festsetzungsstellen des Bundes
wirtschaftlich. Das Beihilferecht des Bundes verzichtet bewusst auf bindende
Vorschriften zum Einsatz elektronischer Beihilfebearbeitung, weil so jede oberste
Bundesbehörde die notwendige Wirtschaftlichkeitsentscheidung vor dem Hintergrund
der jeweiligen örtlichen Verhältnisse unter Beachtung haushaltsrechtlicher
Vorschriften treffen kann.
Ferner trägt auch die Konzentration der beihilferechtlichen Aufgabenerfüllung in
Dienstleistungszentren maßgeblich zu einem praktikablen und effizienten
Beihilfeabrechnungsverfahren im Einzelfall bei.
Soweit mit der Petition vorgeschlagen wird, dass auch Ärzte und private
Krankenversicherer bei der Abrechnung von Leistungen elektronisch und ohne
aufwendige Beteiligung des Beihilfeberechtigten miteinander kommunizieren sollen,
weist der Ausschuss auf Folgendes hin:
Eine direkte Abrechnung zwischen den Leistungserbringern und den
Krankenversicherern ist bereits nach geltendem Recht möglich. In § 192 Absatz 3
Nummer 5 des Versicherungsvertragsgesetzes ist für Krankenversicherungsverträge
die Möglichkeit vorgesehen, dass zwischen dem Versicherer und dem
Versicherungsnehmer die unmittelbare Abrechnung der Leistungen mit den
Leistungserbringern (z. B. einem Krankenhausbetreiber) vereinbart werden kann. Von
dieser Möglichkeit wird insbesondere im Bereich der Abrechnung von
Krankenhausleistungen auch Gebrauch gemacht. Die unmittelbare Abrechnung führt
bei den Versicherern zu höheren Verwaltungskosten, die über die Prämien getragen
werden müssten.
Soweit mit der Petition daneben auch die Erleichterung der Abrechnung im Rahmen
einer privaten Krankenversicherung durch elektronische Kommunikation gefordert
wird, ist ein Eingreifen des Gesetzgebers ebenfalls nicht erforderlich. Eine derartige
Form der Kommunikation ist in vielen Fällen möglich. Einige Versicherungen bieten

bereits Möglichkeiten, mit modernen Kommunikationsmitteln die Kostenerstattung zu
vereinfachen, so z. B. die Einreichung von Rechnungen per E-Mail oder mittels Apps
für das Smartphone, welche das Fotografieren und Versenden von Rechnungen an
den Versicherer ermöglichen.
Soweit der Petent anführt, dass die sukzessive Einreichung der Rechnungen bei der
Beihilfestelle und beim Versicherer zu Verzögerungen führe, kann darauf verwiesen
werden, dass eine parallele Einreichung der Unterlagen möglich ist. In aller Regel
erhalten Privatpatienten eine Originalrechnung sowie ein Doppel zur parallelen
Einreichung bei Beihilfestelle und Krankenversicherungsunternehmen. Auch
diesbezüglich ist ein Eingreifen des Gesetzgebers nicht erforderlich.
Das Verfahren der Kostenerstattung dient außerdem der Transparenz über die in
Anspruch genommenen Leistungen.
Abschließend hebt der Ausschuss hervor, dass im Berichterstattergespräch am
22. Juni 2016 dargelegt wurde, dass sich die Bundesregierung stets um Möglichkeiten
der Verfahrensoptimierung bemüht. So nimmt der Bund beispielsweise eine aktive
Rolle im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Einführung der
Direktabrechnung bei Krankenhausabrechnungen ein. Es bestehen Überlegungen,
dieses zunächst nur für die Aufwendungen von Krankenhausbehandlungen
vorgesehene Verfahren nach erfolgreicher Evaluierung mittelfristig ggf. auch in
weiteren Bereichen, insbesondere in Pflegefällen, einzusetzen.
Vor diesem Hintergrund, insbesondere im Hinblick auf die oben dargestellten bereits
erfolgten Vereinfachungs- und Optimierungsmöglichkeiten im Beihilferecht des
Bundes, empfiehlt der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung der Sach- und
Rechtslage, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise
entsprochen worden ist.

Begründung (PDF)


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