Region: Germany

Besitzsteuern - Reform der Lohn- und Einkommenssteuer in Verbindung mit den Sozialabgaben

Petitioner not public
Petition is directed to
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
40 supporters 40 in Germany

The petition is denied.

40 supporters 40 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2017
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11/30/2019, 03:23

Pet 2-18-08-611-041853 Besitzsteuern

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 14.11.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Der Petent fordert eine Reform der Regelungen zur Lohn- und Einkommensteuer.

Zur Begründung seiner Eingabe führt der Petent im Wesentlichen an, das derzeitige
Steuersystem müsse vereinfacht und übersichtlicher gestaltet werden. Auch die
OSZE kritisierte bereits das Steuersystem in der Bundesrepublik Deutschland,
wodurch eine Neugestaltung notwendig sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen des Petenten wird auf die
Unterlagen verwiesen.

Die Petition wurde auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht. Sie
wurde durch 40 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen 45 Diskussionsbeiträge
ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Ein möglichst einfaches und übersichtliches Steuersystem ist ein steuerpolitischer
Handlungsschwerpunkt und eine Daueraufgabe der Bundesregierung, die auch stets
im Blick behalten wird. Im Einkommensteuerrecht gilt das Prinzip der Besteuerung
nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, das aus dem allgemeinen
Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) abgeleitet ist. Es besagt, dass
jeder nach Maßgabe seiner individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit zur
Finanzierung der Aufgaben unseres Gemeinwesens beitragen soll. Für die
Umsetzung dieses Grundsatzes im Einkommensteuerrecht ist die Berücksichtigung
einer Vielzahl von Lebenssachverhalten erforderlich. Der Gesetzgeber darf im
Interesse eines einfacheren Steuerrechts nur pauschalieren und typisieren, soweit
dies die Lebenswirklichkeit der Steuerpflichtigen noch zutreffend abbildet. Die
komplexe Lebenswirklichkeit lässt sich daher nur bis zu einem bestimmten Grad
unter einfache Regeln fassen. Der Vereinfachung des Steuersystems sind somit
Grenzen gesetzt.

Der Umfang der Einkommensbesteuerung ist in § 2 Einkommensteuergesetz (EStG)
geregelt. Danach unterliegen die in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkünfte der
Einkommensteuer. Hierzu gehören auch die vom Petenten genannten Einkünfte.
Seinem Vorschlag wird damit bereits Rechnung getragen.

Der steuerliche Kinderfreibetrag orientiert sich am Mindestbedarf im Sozialrecht. Ein
Kinderfreibetrag wird je Kind in gleicher Höhe und unabhängig vom Familienstand
des Steuerpflichtigen gewährt. Die geminderte Leistungsfähigkeit von
Steuerpflichtigen mit Kindern wird im so genannten Familienleistungsausgleich
berücksichtigt. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse
vom 29. Mai 1990, BStBl II 1990, S. 653, und vom 10. November 1998, BStBl II
1999, S. 182) muss die Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit von Eltern, die
durch den Unterhalt ihrer Kinder mindestens entsteht, steuerlich berücksichtigt
werden. Bei der Besteuerung ist daher ein Einkommensbetrag in Höhe des
Existenzminimums sowie des Betreuungs- und Erziehungsbedarfs ihrer Kinder
steuerfrei zu belassen; nur das darüber hinausgehende Einkommen darf der
Besteuerung unterworfen werden. Damit wird vermieden, dass Eltern bei gleich
hohem Einkommen höher besteuert werden als Kinderlose. Dies wird letztlich
sichergestellt durch entsprechend hohe Freibeträge für Kinder, die das zu
versteuernde Einkommen verringern, bzw. zunächst durch monatlich gezahltes
Kindergeld.

Die Freibeträge für Kinder nach § 32 Absatz 6 EStG decken zum einen das
Existenzminimum eines Kindes in Höhe von 4.716 Euro jährlich (pro Kind und
Elternpaar) und zum anderen dessen Betreuungs-, Erziehungs- oder
Ausbildungsbedarf in Höhe von 2.640 Euro jährlich (ebenfalls pro Kind und
Elternpaar) ab.

Die Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums hängt von den
allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft
anerkannten Mindestbedarf ab. Der Gesetzgeber muss dem Einkommensbezieher
von seinen Erwerbsbezügen zumindest das belassen, was er dem Bedürftigen zur
Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur
Verfügung stellt (Bundesverfassungsgericht vom 25. September 1992, 2 BvL 5/91
u. a., BVerfGE 87, 153). Der im Sozialhilferecht anerkannte Mindestbedarf ist daher
die Maßgröße für das einkommensteuerliche Existenzminimum. Dieser
Mindestbedarf umfasst neben dem sozialhilferechtlichen Sachbedarf (insbesondere
Ernährung, Kleidung, Unterkunft, Heizkosten und für Kinder Bildungs- und
Teilhabeleistungen) auch den Versorgungsbedarf für den Krankheits- und Pflegefall
(Versicherungsbeiträge). Die konkrete Höhe des steuerfrei zu stellenden
Existenzminimums wird alle zwei Jahre von der Bundesregierung im
Existenzminimumbericht festgestellt.

Dem Petitionsausschuss gehen in großer Zahl Vorschläge zur Veränderung der für
die Steuerfreistellung von Familien vorgesehenen Beträge zu. Im Hinblick auf die
Höhe des Kindergeldes und in gewissem Umfang auch des Grundfreibetrags und
des Kinderfreibetrags ist aber zu bedenken, dass dem Gesetzgeber
Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung darüber zusteht, auf welche Weise er den
ihm durch Artikel 6 Abs. 1 GG aufgetragenen Schutz der Familie verwirklichen will.
Aus Artikel 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip lässt sich zwar
die allgemeine Pflicht des Staates zur steuerlichen Freistellung des
Familienexistenzminimums entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in
welchem konkreten Umfang und in welcher Weise dies vorzunehmen ist. Konkrete
Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen sich aus dem
Förderungsgebot des Artikels 6 Abs. 1 GG nicht herleiten. Dieses geht insbesondere
nicht so weit, dass der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie treffende (finanzielle)
Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten. Aus Artikel 6
Abs. 1 GG folgt auch nicht, dass der Staat die Familie ohne Rücksicht auf sonstige
öffentliche Belange zu fördern hätte. Die staatliche Familienförderung durch
finanzielle Leistungen steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen,
was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann.
Außerdem hat der Gesetzgeber im Interesse des Gemeinwohls neben der
Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei seiner
Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die
Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990, Az. 1 BvL 20/84, BVerfGE 82, 60,
[82]).
Der Vorschlag des Petenten, steuerfreie Einkünfte, Werbungskosten und andere
Steuervergünstigungen auf einmal abzuschaffen, kann nicht unterstützt werden. Der
Abbau von Steuervergünstigungen ist eine steuerpolitische Daueraufgabe, die sich
allerdings an dem ebenfalls im Einkommensteuerrecht geltenden objektiven und
subjektiven Nettoprinzip orientieren muss. Dazu gehört zum Beispiel, dass bei der
steuerlichen Einkünfteermittlung die mit den Einnahmen im Zusammenhang
stehenden Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten) abzuziehen
sind. Hierdurch wird die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit umgesetzt. Die Bundesregierung überprüft
aller-dings regelmäßig die Notwendigkeit von Steuervergünstigungen, insbesondere
auch im Rahmen externer Forschungsaufträge, die Hinweise über Zielgenauigkeit
und Effizienz der jeweiligen Subventionen liefern.

Eine Einkommensteuererklärung ist - im Falle der Einzelveranlagung - abzugeben,

a) wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 EStG in der jeweils geltenden Fassung überstiegen hat und darin
keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug
vorgenommen worden ist, enthalten sind oder

b) wenn in dem Gesamtbetrag der Einkünfte auch Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit enthalten sind, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist und
eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG in Betracht kommt.

Der Vorschlag des Petenten, dass Einkommensteuererklärungen nur noch von
solchen Personen eingereicht werden sollten, die mehrere Einkommen beziehen, ist
somit missverständlich: Denn sind im Einkommen z. B. nur Einkünfte aus
Gewerbebetrieb enthalten, so bezieht der Steuerpflichtige zwar nicht „mehrere
Einkommen" im Sinne des Petenten. Zur Festsetzung der Einkommensteuer für
diesen Steuerpflichtigen ist gleichwohl eine Einkommensteuererklärung zwingend
notwendig, da das Finanzamt anders keine Kenntnis über die Höhe seiner Einkünfte
erlangen kann. Sofern der Vorschlag des Petenten dahin gehend zu verstehen sein
soll, dass er mit "mehrere Einkommen" solche meint, die zum Teil einem
Lohnsteuerabzug unterlegen haben und zum Teil nicht, so ist insbesondere darauf
hinzuweisen, dass bereits Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit i. S. d. § 19 EStG von dieser Verpflichtung ausgenommen sind. Die
Lohnsteuer selbst ist lediglich eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer,
die durch den Arbeitgeber einbehalten und abgeführt wird
(Lohnsteuerabzugsverfahren). Für dieses Verfahren werden die Steuerpflichtigen in
Steuerklassen eingereiht, die dazu dienen, bereits beim Lohnsteuerabzug die
persönlichen Besteuerungsmerkmale (z. B. ledig, verheiratet) sowie die gesetzlich zu
gewährenden Frei- und Pauschbeträge (z. B. Grundfreibetrag,
Arbeitnehmer-Pauschbetrag) mit zu berücksichtigen.

Weil die einbehaltene Lohnsteuer unter Umständen nicht immer der tatsächlich
festzusetzenden Einkommensteuer entspricht, regelt § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG die
Fälle, in denen eine Pflichtveranlagung durchzuführen ist. Dazu gehören z. B. die
Fälle, in denen der Steuerpflichtige im Kalenderjahr positive Einkünfte aus anderen
Einkunftsarten oder Lohnersatzleistungen von mehr als 410 Euro oder
nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen hat. Damit können
die durch das Lohnsteuerabzugsverfahren bedingten Steuerüber- oder
Minderzahlungen gegenüber der tatsächlich festzusetzenden
Einkommensteuerschuld ausgeglichen und die Bezieher von Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit mit den übrigen Einkommensteuerpflichtigen
belastungsmäßig gleich gestellt werden. Aus diesem Grund ist es auch weiterhin
notwendig, den Steuerpflichtigen mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in den
Fällen des § 46 Abs. 2 Nr. 1 - 7 EStG zur Einkommensteuer zu veranlagen und ihn
zur Abgabe einer Steuererklärung zu verpflichten.

Die vom Petenten vorgeschlagene Abschaffung der Lohnsteuerklassen kann
ebenfalls nicht befürwortet werden. Mit dem Lohnsteuerabzug wird die durch den
Arbeitnehmer voraussichtlich zu zahlende Einkommensteuer (Lohnsteuer als
besondere Erhebungsform der Einkommensteuer) auf Grundlage der erzielten
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit durch den Arbeitgeber an das Finanzamt
abgeführt. Die Einreihung der Arbeitnehmer in Steuerklassen selbst hat dabei den
Zweck, bereits beim Lohnsteuerabzug die jeweils zutreffenden persönlichen
Besteuerungsmerkmale (z. B. ledig, verheiratet) sowie die gesetzlich zu
gewährenden Frei- und Pauschbeträge (z. B. Grundfreibetrag,
Arbeitnehmer-Pauschbetrag) mit zu berücksichtigen. Im Übrigen ist der monatliche
Lohnsteuerabzug lediglich eine vorläufige Steuererhebung. Die endgültige
Festsetzung der Einkommensteuer erfolgt im Rahmen der jährlichen
Einkommensteuerveranlagung. Hier wird die Einkommensteuer unabhängig von der
bestehenden Steuerklasse nach dem geltenden Einkommensteuertarif festgesetzt.

Die Verteilung der Lohnsteuer ist Teil des verfassungsrechtlich geregelten
bundesstaatlichen Finanzausgleichs und daher einer isolierten Veränderung nicht
zugänglich, insoweit kann dem diesbezüglichen Vorschlag des Petenten nicht gefolgt
werden.

Bei der Einkommensteuer würde ein Eingangssatz von 9% bei gleichzeitiger
deutlicher Erhöhung des Grundfreibetrags zu erheblichen Steuerausfällen führen. Ob
diese durch die vorgeschlagene Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, u. a.
durch Wegfall der Steuerfreiheit von Vergütungen und Streichung der
Abzugsfähigkeit von Werbungskosten, Sonderausgaben und sonstiger steuerlicher
Abzugsbeträge kompensiert werden können, ist zumindest fraglich, so dass das Ziel
eines ausgeglichenen Haushalts und die Einhaltung der verfassungsrechtlichen
Schuldenbremse gefährdet wäre. Zudem sorgt der aktuelle progressive Steuertarif
bereits für eine konsequente Besteuerung entsprechend der finanziellen und
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Angesichts des Dargelegten kann der Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des vorgetragenen Anliegens weiter tätig zu werden. Er empfiehlt
daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen
werden konnte.

Begründung (PDF)


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