Область : Німеччина

Bußgeldverfahren - Abschaffung der Erzwingungshaft nach § 96 Ordnungswidrigkeitengesetz

Позивач/ позивачка не публічний(-а)
Петиція адресована
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
60 60 в Німеччина

Петицію не було задоволено

60 60 в Німеччина

Петицію не було задоволено

  1. Розпочато 2017
  2. Збір завершено
  3. Надіслано
  4. Діалог
  5. Завершено

Це онлайн-петиція des Deutschen Bundestags.

14.08.2018, 04:30

Pet 4-18-07-462-039464 Bußgeldverfahren

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 05.07.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird die Abschaffung der Erzwingungshaft nach § 96
Ordnungswidrigkeitengesetz gefordert.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass § 96
Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) vollkommen unverhältnismäßig sei. Schon
wegen geringen Vergehen dürfe die Erzwingungshaft verhängt werden, sofern die
Betroffenen eine Geldbuße, etwa wegen fehlender finanzieller Mittel, nicht bezahlen
würden. Gerade im Vergleich zu Steuerschuldnern, die Millionen hinterziehen würden
und dafür nicht inhaftiert werden würden, bestünde hier ein Ungleichgewicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die Eingabe
verwiesen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 60 Mitzeichnern unterstützt,
und es gingen 18 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Thematik darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:

Die Erzwingungshaft nach § 96 OWiG dient der Beitreibung rechtskräftig festgesetzter
Geldbußen. Begleicht der Betroffene die Geldbuße nicht freiwillig, so kann die
Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung in das Vermögen des Betroffenen
durchführen. Eine Beitreibung ist allerdings sinnlos und daher ausgeschlossen, wenn
der Betroffene zahlungsunfähig ist. Den Betroffenen trifft deshalb die
Mitwirkungspflicht, seine Zahlungsunfähigkeit darzulegen, wenn er nicht zahlen kann.
Hierüber wird der Betroffene im Bußgeldbescheid belehrt (§ 66 Absatz 2 Nummer 2
Buchstabe b und Nummer 3 OWiG).

In Übereinstimmung mit rechtsstaatlichen Anforderungen lässt eine Vollstreckung der
Erzwingungshaft die verhängte Geldbuße unberührt bestehen, so dass
Beitreibungsmaßnahmen möglich bleiben. Denn die Erzwingungshaft ist als reines
Beugemittel ausgestaltet worden. Mit ihr soll die (rechtskräftig angeordnete) Pflicht zur
Zahlung der Geldbuße oder zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit durchgesetzt
werden. Anders als eine sanktionierende Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 des
Strafgesetzbuchs) dient sie nicht der Zufügung eines Übels für die begangene Tat.
Stattdessen stellt sie sich als disziplinierende Pflichtenmahnung gegenüber dem
zahlungsunwilligen und seine Mitwirkungspflicht verletzenden Betroffenen dar. Zu
diesem Zweck kann die Verhängung einer Erzwingungshaft auch bei geringen
Geldbußen angemessen sein (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom
9. November 1976 — 2 BvL 1/76). Durch die Ausgestaltung der Erzwingungshaft als
reines Beugemittel und nicht als eigenständige Strafe als missbilligende hoheitliche
Reaktion auf rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten (Bundesverfassungsgericht,
Urteil vom 5. Februar 2004 — 2 BvR 2029/01 —, BVerfGE 109, 133-190), besteht
mithin auch keine Vergleichbarkeit mit Strafen, die aufgrund von – beispielsweise –
rechtswidrig und schuldhaft begangenen Steuerstraftaten verhängt werden. Die
Entscheidung darüber, ob eine Tat bestraft wird, obliegt dabei allein dem Gericht.

Vor Anordnung der Erzwingungshaft prüft das Gericht, ob der Betroffene dargelegt hat,
dass er zahlungsunfähig ist, oder ob sich dessen Zahlungsunfähigkeit aus anderen für
das Gericht ersichtlichen Umständen ergibt (§ 96 Absatz 1 Nummer 2 und 4 OWiG).
Ist dies nicht der Fall, darf das Gericht davon ausgehen, dass der Betroffene zahlen
kann, aber nicht will (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. V/1269, Seite 39).
Vor einer Anordnung der Erzwingungshaft ist dem Betroffenen durch das Gericht
Gelegenheit zu geben, Anträge zu stellen und zu begründen (§ 104 Absatz 2 Satz 2
OWiG), um sein Recht auf rechtliches Gehör zu wahren. Gegen die Anordnung der
Erzwingungshaft steht dem Betroffenen die sofortige Beschwerde zu (§ 104 Absatz 3
Satz 1 Nummer 1 OWiG), welche aufschiebende Wirkung hat (Karlsruher Kommentar
zum OWiG, 4. Auflage 2014, § 97 Rdnr. 6, § 104 Rdnr. 14) und dem Betroffenen
nochmals Gelegenheit gibt, seiner Zahlungs- oder Darlegungspflicht nachzukommen.

Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im jeweiligen Einzelfall obliegt dem Gericht.
Sie setzt eine Würdigung der gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse
und der in diesem Zusammenhang relevanten Lebensumstände des Betroffenen
(Arbeitsfähigkeit, Gesundheitszustand, Alter) voraus. Insbesondere muss der
Betroffene ihm zumutbare Möglichkeiten ausschöpfen, erreichbare finanzielle Mittel
heranzuziehen, etwa durch Kreditaufnahme oder Veräußerung von Gegenständen
(Karlsruher Kommentar zum OWiG, a.a.O., § 96 Rdnr. 12). Der Umstand allein, dass
ein Betroffener Sozialleistungen erhält, kann daher noch nicht zur Feststellung seiner
Zahlungsunfähigkeit führen.

Die Vorschriften über die Erzwingungshaft tragen dem Verhältnismäßigkeitsgebot
Rechnung. Der Betroffene hat stets die Möglichkeit, die Erzwingungshaft zu
vermeiden: Er kann die Vollstreckung der Erzwingungshaft jederzeit abwenden, indem
er den zu zahlenden Betrag der Geldbuße entrichtet (§ 97 Absatz 2 OWiG). Sobald
sich die Zahlungsunfähigkeit des Betroffenen ergibt, ist die Anordnung der
Erzwingungshaft durch das Gericht von Amts wegen aufzuheben (§ 96 Absatz 2 Satz
2 OWiG). Macht der Betroffene nach Anordnung der Erzwingungshaft geltend, dass
ihm nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, den zu zahlenden
Betrag der Geldbuße sofort zu entrichten, so kann das Gericht die Vollziehung der
Anordnung aussetzen (§ 97 Absatz 3 Satz 2 OWiG).

Wegen des auch im Beitreibungsverfahren geltenden Opportunitätsprinzips kann
zudem unabhängig von der Frage der Zahlungsfähigkeit des Betroffenen davon
abgesehen werden, eine im Einzelfall unverhältnismäßige Erzwingungshaft zu
verhängen. Auch kann von weiteren Beitreibungsmaßnahmen abgesehen werden,
wenn diese wegen erlittener Erzwingungshaft oder aus anderen Gründen
unverhältnismäßig wären.

Unterhalb der Schwelle zur Zahlungsunfähigkeit liegende Zahlungsschwierigkeiten
des Betroffenen können durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen oder
dadurch abgemildert werden, dass im Einzelfall von der Beitreibung aus Gründen der
Opportunität und Verhältnismäßigkeit ganz abgesehen wird.

Nach alledem besteht kein Raum für eine Abschaffung des § 96 OWiG.

Der Ausschuss vermag die Eingabe daher nicht zu unterstützen. Deshalb empfiehlt
der Ausschuss, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.

Der von der Fraktion DIE LINKE gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung –
dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – als Material zu
überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der
Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz –
zur Erwägung zu überweisen, ist ebenfalls mehrheitlich abgelehnt worden.

Begründung (PDF)


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