Datenschutz - Kein privater bzw. privatwirtschaftlicher Verkauf von Bürgerdaten

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
476 Unterstützende 476 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

476 Unterstützende 476 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2018
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

19.07.2019, 04:27

Pet 1-19-06-298-005789 Datenschutz

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 27.06.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, dass Daten der Bürger nicht verkauft werden dürfen.

Zur Begründung des Anliegens wird auf die Forderung des Städte-und
Gemeindebundes, wonach auch „Kommunen in den Handel mit Daten, dem Öl des
21. Jahrhunderts einsteigen sollen“, Bezug genommen und im Wesentlichen
ausgeführt, dass private und privatwirtschaftliche Zwecke oder Motive nicht zur
Rechtfertigung eines solchen Verkaufs herangezogen werden sollten. Außerdem
stünden Erwägungen zur Privatsphäre entgegen und die Daten seien „Eigentum“ des
Bürgers und des Staates.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.

Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 478 Mitzeichnungen und sieben Diskussionsbeiträge vor. Es wird um
Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen
eingegangen werden kann.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass Hintergrund der Petition die
Presseberichterstattung zu den Äußerungen des Hauptgeschäftsführers des
Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) bildet, wonach Städte und
Gemeinden ohnehin erhobene Daten monetarisieren sollten. Der DStGB bezieht sich
in seinem Vorschlag vom 10. April 2018 ausdrücklich nicht auf eine Weitergabe
personenbezogener oder schutzwürdiger Daten. Eine Weitergabe aggregierter,
anonymisierter Datenbestände zu Einwohnern ist ebenfalls nicht Bestandteil des
Vorschlags.

Gegenstand der Überlegungen des DStGB sind vielmehr Datenbestände wie
beispielsweise der Verkauf von Verkehrsdaten an Tankstellenbesitzer und
Gastronomen oder die Weitergabe von Informationen über die kommunale
Lärmbelästigung an Immobilienportale oder andere nicht-personenbezogene Daten
wie Klimadaten, Katasterdaten, Geodaten etc.

Befürchtungen des Petenten, dass mit dem vom DStGB geforderten Datenverkauf der
Bürger zum „Spielball“ der Wirtschaft werden könnte, treffen nach dem Dafürhalten
des Ausschusses nicht zu. Mangels Personenbeziehbarkeit der zum Verkauf
angedachten Datenbestände können Datenschutzrechte oder das Recht auf Achtung
des Privat- und Familienlebens (Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1
Grundgesetz bzw. Artikel 7 und 8 Grundrechte-Charta) nicht verletzt werden.

Sollte ausnahmsweise ein Personenbezug bei solchen Datensätzen herstellbar sein
(vgl. z. B. zur Diskussion um die Personenbeziehbarkeit bei Geoinformationen: Studie
des ULD, Datenschutz und Geoinformationen, 14. März 2007, abrufbar unter
www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Geobusiness/datenschutzstudie-
1-datenschutz-und-geoinformation.pdf? blob=publicationFile&v=4), so wäre die seit
dem 25. Mai 2018 geltende EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in solchen
Fällen anwendbar, die europaweit Vorgaben für die Verarbeitung von
personenbezogenen Daten enthält.

Eine Verarbeitung personenbezogener Daten nach der DSGVO ist nur zulässig, wenn
die betroffene Person hierin eingewilligt hat oder die Verarbeitung auf eine sonstige
Rechtsgrundlage von Artikel 6 DSGVO gestützt werden kann (Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt). Wenn personenbezogene Daten kommerzialisiert werden sollen,
kommt als Rechtgrundlage allerdings nur eine Einwilligung in Betracht.

Auch das Bundesmeldegesetz (BMG), dessen datenschutzrechtliche Regelungen
unter der DSGVO weiterhin über eine Öffnungsklausel anwendbar sind
(Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e DSGVO), erlaubt die Weitergabe von Meldedaten an
Adresshändler oder Werbetreibende nur, wenn eine entsprechende Einwilligung der
betroffenen Person beim Meldeamt vorliegt (§ 44 BMG). Für einen Handel durch
öffentliche Stellen selbst (z. B. Meldeamt) ergibt sich aus dem BMG keine
Rechtsgrundlage. Auch sonst sind keine Rechtsgrundlagen ersichtlich, die öffentlichen
Stellen ein entgeltorientiertes Handeln mit personenbezogenen Daten erlauben
würden.

Ebenfalls trägt die Begründung des Petenten nicht, dass die Daten „Eigentum“ des
Bürgers und des Staates seien:

Das heutige Verhaften von Bürgerinnen und Bürgern in unserer vernetzten Welt
generiert Daten, die Gegenstand vielfältiger kommerzieller Geschäftsmodelle sind und
einen Vermögenswert darstellen können. Daten als Transaktionsgegenstand
unterliegen vielfältigen, nicht nur datenschutzrechtlichen Regelungen, sind aber nicht
umfassend geschützt. Regelungen zu einem „Eigentum an Daten“, welches u. a. die
absolute Herrschaft und Verfügungsmacht über diese Daten einer einzelnen Person
zuweisen würden (etwa wie das Eigentum über eine Sache im Zivilrecht, das das
umfassendste Recht zu rechtlicher und tatsächlicher Nutzung darstellt), gibt es nicht.

Daten sind unkörperlich, durch ihre unbegrenzten Vervielfältigungsmöglichkeiten kein
knappes Gut und lassen sich nicht hinreichend von ihrer Umwelt abgrenzen. Sie
weisen ganz andere Eigenschaften als materielle Güter auf und sind mit diesen nicht
vergleichbar. Rechtlich erfordern Daten daher ein anderes Schutzkonzept als
materielle Güter. Ein Eigentum an Daten könnte zudem die von der Verfassung
garantierten Rechte von betroffenen Personen im datenschutzrechtlichen Sinne nicht
ausschließen.

Weiterhin macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass das Datenschutzrecht
bereits Regelungen für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten trifft, um die
Persönlichkeitssphären des Einzelnen zu gewährleisten und zu schützen. Die
Wendung „Eigentum an Daten“ wird in der allgemeinen gesellschaftlichen Diskussion
daher häufig verkürzt gebraucht und führt vorliegend zu keiner anderen Bewertung
des Anliegens des Petenten.

Soweit der Petent auch die Weitergabe von Datensammlungen mit
nicht-personenbezogenen Daten an die Wirtschaft unterbinden möchte, stehen dieser
Forderung das Prinzip der „offenen Daten“ (Open-Data) sowie internationale
Forderungen nach verbindlichen Open-Data-Gesetzen entgegen.

Der Deutsche Bundestag hat auf letztere Forderungen mit der Verabschiedung des
ersten Gesetzes zur Änderung des E-Government-Gesetzes am 18. Mai 2017
reagiert. Mit dem Gesetz wird den Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung
aufgegeben, die bei ihnen vorhandenen elektronischen Daten zukünftig zu
veröffentlichen. Die Verfügbarkeit von nicht-personenbezogenen Daten stellt ein
wichtiger Wirtschaftsfaktor dar. Ein effektiver und freier Zugang zu öffentlich
finanzierten Daten ermöglicht auch den Bürgern mehr Teilhabe und eine intensivere
Zusammenarbeit der Behörden mit der Zivilgesellschaft.

Nach umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage vermag der Petitionsausschuss
daher aus den oben dargelegten Gründen keinen gesetzgeberischen
Handlungsbedarf zu erkennen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss im Ergebnis, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden
ist.

Begründung (PDF)


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