Deutscher Bundestag - Einstufung von Dokumenten eines Untersuchungsausschusses

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
64 Unterstützende 64 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

64 Unterstützende 64 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2017
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

01.11.2018, 03:27

Pet 2-18-02-1101-044250 Deutscher Bundestag

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 18.10.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, die Geheimeinstufungen der Papiere, die in
Untersuchungsausschüssen angefordert/benötigt werden, zukünftig durch einen
unabhängigen Bürgerrechtsanwalt prüfen und gegebenenfalls durch diesen aufheben
zu lassen.

Zur Begründung ihrer Eingabe führt die Petentin im Wesentlichen an, die
Nachrichtendienste und ihre parlamentarische Kontrolle hätten während der letzten
Legislaturperiode gegen den Verfassungsstaatsgrundsatz verstoßen, indem sie selbst
über die Einstufung geheimer Dokumente entschieden. Hierzu solle besser eine
unabhängige Stelle eingerichtet werden, die auch über die Aufhebung der Einstufung
entscheiden könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen der Petentin wird auf die
Unterlagen verwiesen.

Die Petition wurde auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht. Sie
wurde durch 64 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen 8 Diskussionsbeiträge ein.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der
relevanten Sachzusammenhänge wie folgt zusammenfassen:

Die Petentin nimmt den Abschlussbericht des 1. Untersuchungsausschusses des
18. Deutschen Bundestages ("NSA"), der am 28. Juni 2017 dem Präsidenten des
Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Norbert Lammert, MdB, überreicht sowie im Plenum
debattiert und zur Kenntnis genommen wurde, zum Anlass für ihre oben genannte
Forderung. Die Geheimeinstufung von durch den Untersuchungsausschuss
herbeigezogenen Beweismitteln durch die Exekutive hatte dazu geführt, dass die
entsprechenden Informationen der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden
konnten.

Für den Geheimnisschutz bei der Arbeit von Untersuchungsausschüssen gelten die
Regelungen der §§ 15 ff. des Untersuchungsausschussgesetzes (PUAG) sowie die
Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages. Über die Einstufung als
Verschlusssache und den Geheimhaltungsgrad entscheidet jeweils die
herausgebende Stelle. Dies kann entweder der Untersuchungsausschuss selber sein,
oder eine Behörde kann dem Ausschuss das jeweilige Beweismittel bereits als
Verschlusssache zugeleitet haben. Sind Verschlusssachen mit dem
Geheimhaltungsgrad VS-VERTRAULICH oder höher versehen, erhalten nur
Mitglieder des Untersuchungsausschusses, des Bundesrates, der Bundesregierung
oder ihre Beauftragten Zugang zu diesen Informationen. §§ 18 Absatz 3 und 36
Absatz 3 PUAG sehen gegen die Einstufungsentscheidung einen Rechtsweg zum
Bundesgerichtshof vor.

Nach der geltenden Rechtslage ist es nicht möglich, die Entscheidung über die
Einstufung als Verschlusssache und den Geheimhaltungsgrad beziehungsweise die
Aufhebung dieser Entscheidung einer unabhängigen Stelle zu überlassen. Dies würde
eine Gesetzesänderung, insbesondere des PUAG, erfordern. Der 18. Deutsche
Bundestag hat – obwohl es fünf Untersuchungsausschüsse gegeben hat – keine
Gesetzesinitiative zur Neuregelung des Geheimnisschutzes bei
Untersuchungsausschüssen beraten.

Jedoch möchte der Petitionsausschuss der Petentin die Praxis nahebringen, nach der
für die Einstufung als Verschlusssache folgender in § 8 Abs. 1 VS-Anweisung
umschriebener Grundsatz entscheidend ist: Eine Einstufung als Verschlusssache darf
nur vorgenommen werden, soweit die Einstufung notwendig ist. Hierzu muss die
Verschlusssache zunächst im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftig sein.
Welche öffentlichen Interessen hiermit gemeint sind, ergibt sich aus den Schutzgütern,
die in den Geheimhaltungsgraden in § 4 Abs. 2 SÜG bzw. § 3 VS-Anweisung genannt
werden. Danach kommt eine im öffentlichen Interesse bestehende
Geheimhaltungsbedürftigkeit grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Informationen die
äußere Sicherheit, auswärtige Beziehungen oder die innere Sicherheit der
Bundesrepublik oder eines ihrer Länder sowie durch die Bundesrepublik Deutschland
zu schützende Belange Dritter betreffen. Private oder geschäftliche Interessen
scheiden als Grund für eine Einstufung als Verschlusssache ebenso aus wie
Interessen politischer Parteien.
Dem Grundsatz, dass eine VS-Einstufung nur vorgenommen werden darf, soweit sie
notwendig ist, und der damit bezweckten Effektivität des Geheimschutzes trägt auch
die Unterscheidung abgestufter Geheimhaltungsgrade Rechnung. § 4 Abs. 2 SÜG
definiert folgende vier Geheimhaltungsgrade: Streng geheim, geheim, VS-Vertraulich
und VS-Nur für den Dienstgebrauch. Je nach ihrer Schutzbedürftigkeit sind
Verschlusssachen in einen dieser Geheimhaltungsgrade einzustufen. Der
Geheimhaltungsgrad richtet sich nach dem Ausmaß des Schadens, der bei der
Preisgabe des Inhalts einer Verschlusssache eintreten könnte. Auf Verschlusssachen,
die VS-Vertraulich oder höher eingestuft sind, ist der Zeitpunkt des Ablaufs der VS-
Einstufung zu bestimmen. Die Regelfrist beträgt 30 Jahre, § 8 Abs. 2 S. 2 VS-
Anweisung. Die herausgebende Stelle hat den Geheimhaltungsgrad einer
Verschlusssache zu ändern oder aufzuheben, sobald die Gründe für die bisherige
Einstufung sich ändern oder weggefallen sind.

Für den ordnungsgemäßen Umgang mit Verschlusssachen und die Durchführung der
VS-Anweisung ist die jeweilige Dienststellenleitung innerhalb ihres
Zuständigkeitsbereiches verantwortlich, § 5 Abs. 1 VS-Anweisung. Nach § 5 Abs. 3
VS-Anweisung muss bei den obersten Bundesbehörden, den größeren Bundesober-
und -mittelbehörden sowie den entsprechenden bundesunmittelbaren öffentlich-
rechtlichen Einrichtungen, die mit VS-Vertraulich oder höher eingestuften
Verschlusssachen arbeiten, ein Geheimschutzbeauftragter und ein Stellvertreter
bestellt werden. Bei den übrigen Dienststellen ist die Bestellung fakultativ. Wird kein
Geheimschutzbeauftragter bestellt, werden dessen Aufgaben von der
Dienststellenleitung wahrgenommen. Zu den Aufgaben des
Geheimschutzbeauftragten gehören gemäß §5 Abs. 4 VS-Anweisung die
Sicherstellung der Anwendung der VS-Anweisung sowie die Beratung der
Dienststellenleitung in allen Fragen des Geheimschutzes. Unter anderem ist der
Geheimschutzbeauftragte dafür zuständig, in unangekündigten stichprobenartigen
Kontrollen zu prüfen, ob die in der Dienststelle hergestellten Verschlusssachen
offensichtlich ungerechtfertigt oder unrichtig eingestuft wurden sowie ob die
vorhandenen Verschlusssachen gemäß der VS-Anweisung behandelt werden. Laut
den Erläuterungen des Bundesministeriums des Inneren zur VS-Anweisung soll mit
dieser Regelung auch der Kritik des Bundestages Rechnung getragen werden, der in
der Vergangenheit wiederholt zu häufige und zu hohe VS-Einstufungen bemängelt
habe. Anhand dieser Praxis wird dem Kernanliegen der Petentin, die
Geheimeinstufung durch unabhängige Stellen zu überprüfen, bereits teilweise
Rechnung getragen. Der Petitionsausschuss betont zudem, dass eine solche
Überprüfung wohl effektiver durch einen Geheimschutzbeauftragten bzw. der
Dienststellenleitung vorgenommen werden kann, da diese die erforderlichen
fachlichen Kenntnisse haben, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Ein
unabhängiger Bürgerrechtsanwalt müsste sich dagegen zunächst in die jeweilige
Angelegenheit hineinarbeiten und sich gegebenenfalls Fachwissen aneignen, um die
Sache zu überprüfen. Dies würde nicht nur zu zeitlichen Verzögerungen führen, das
Verfahren würde wohl insgesamt zeitintensiver werden, was aber gerade nicht Sinn
und Zweck der Tätigkeiten in Untersuchungsausschüssen ist.

Angesichts des Dargelegten kann der Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des vorgetragenen Anliegens weiter tätig zu werden. Er empfiehlt
daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen
werden konnte.

Begründung (PDF)


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