Region: Germany

Dienstvertragsrecht - Prüfung der Gesetzeslage zur Kündigung von Telefon- und Internetverträgen

Petitioner not public
Petition is directed to
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
133 supporters 133 in Germany

The petition is denied.

133 supporters 133 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2017
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11/07/2019, 03:24

Petitionsausschuss

Pet 1-18-09-7125-045968
89182 Bernstadt
Verbraucherschutz

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 24.10.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird ein umgehendes Kündigungsrecht für Telefon- und Internetverträge
im Fall eines Umzugs gefordert. Die Vorschrift des § 46 Abs. 8 S. 3
Telekommunikationsgesetz soll so ausgelegt werden, dass die dreimonatige
Kündigungsfrist nicht erst mit dem tatsächlichen Umzug beginnt, sondern eine vorherige
Kündigung zum Tag des Auszugs möglich ist.
Zu dieser Thematik liegen dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des
Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 133 Mitzeichnungen und acht
Diskussionsbeiträgen sowie weitere Eingaben mit verwandter Zielsetzung vor, die wegen
des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung zugeführt
werden. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte
im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, der
Telekommunikationsvertrag könne zwar bei einem Umzug mit dreimonatiger
Kündigungsfrist beendet werden, wenn der Anbieter die vertragliche Leistung an der
neuen Adresse nicht erbringen könne, jedoch beginne die Dreimonatsfrist erst mit dem
tatsächlichen Auszug und dem entsprechenden Nachweis mittels einer
Meldebescheinigung zu laufen. Dies führe dazu, dass nach einem Umzug noch drei
Monate die vollen Gebühren gezahlt werden müssten, ohne eine Leistung zu erhalten.
Hinzu komme, dass der Telekommunikationsanbieter zum Teil die Leitungen für den
Petitionsausschuss

Nachmieter blockiere und dieser seinen mitgebrachten Vertrag eines anderen Anbieters
nicht nutzen könne.
Ein weiterer Petent ist ebenfalls der Ansicht, das Sonderkündigungsrecht des § 46 Abs. 8
S. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) sei vom Gesetzgeber gerade deshalb eingeführt
worden, um dem Verbraucher die Kündigung zum Zeitpunkt des Umzugs unter
Einhaltung einer Dreimonatsfrist zu ermöglichen. So könne sich der Anbieter auf die neue
Situation einstellen und der Verbraucher müsse nicht doppelt zahlen. Eine Auslegung
der Vorschrift, wonach die Kündigung bereits drei Monate vor dem Umzug mit
Wirksamwerden im Zeitpunkt des Umzugs möglich sei, entspräche somit dem Willen des
Gesetzgebers.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht zu der
Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter
Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt zunächst fest, dass bei dem Wohnsitzwechsel eines
Verbrauchers gemäß § 46 Abs. 8 S. 3 TKG ein grundsätzliches Kündigungsrecht besteht,
falls der Anbieter die vertraglich geschuldete Leistung an dem neuen Wohnsitz nicht
anbieten kann. Der Verbraucherkunde kann in diesem Fall den
Telekommunikationsvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten
zum Ende eines Kalendermonats kündigen.
Der Ausschuss weist darauf hin, dass die Möglichkeit eines solchen
Sonderkündigungsrechts erstmals mit dem Gesetz zur Änderung
telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 3. Mai 2012 eingeführt wurde. Davor
entsprach es ständiger Rechtsprechung, dass bei langfristigen
Telekommunikationsverträgen der Umzug keinen zu einer außerordentlichen Kündigung
berechtigenden wichtigen Grund im Sinne des § 314 Abs. 1 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) darstellte. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied hierzu mit Urteil
vom 11. November 2010 (Az. III ZR 57/10), dass der Inhaber eines DSL-Anschlusses kein
Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen
Petitionsausschuss

Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit habe, wenn er an einen Ort umzieht, an dem
keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik zulassen. Der
Telekommunikationsvertrag konnte damit außerhalb der vertraglich vereinbarten
Laufzeiten einseitig überhaupt nicht beendet werden. Begründet wurde dies anhand einer
umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Beachtung der jeweils den
Vertragsparteien zuzuordnenden Risikosphären. Demnach könne ein Umstand – wie ein
Umzug – der allein im Interessen- und Risikobereich des Kunden liege und dem Einfluss
des Telekommunikationsanbieters vollständig entzogen sei, nicht zur Kündigung
berechtigen. Es sei allein Risiko des Kunden, dass er aufgrund einer Änderung seiner
persönlichen Verhältnisse eine vertraglich vereinbarte Dienstleistung nicht mehr nutzen
könne.
Der Ausschuss merkt an, dass nach der Einführung des Sonderkündigungsrechts in § 46
Abs. 8 S. 3 TKG im Hinblick auf die Bestimmung des für die Vertragsbeendigung
relevanten Zeitpunkts durch die Rechtsprechung zunächst eine uneinheitliche Auslegung
der Vorschrift erfolgte. So entschied das Amtsgericht Köln mit Urteil vom 25. Januar 2016
(142 C 408/15), dass sich die Dreimonatsfrist ab dem Zeitpunkt des Zugangs der
Kündigungserklärung beim Telekommunikationsanbieter berechne. Die Kündigung
werde allerdings frühestens im Zeitpunkt des tatsächlich erfolgten Umzugs wirksam.
Auch das Landgericht München legte in seinem Urteil vom 1. Februar 2017 (37 O
13495/16) die Vorschrift entsprechend aus, so dass demnach eine vorherige Kündigung
zum Zeitpunkt des Auszugs möglich erschien. Allerdings liegt mittlerweile eine
gegenteilige oberlandesgerichtliche Rechtsprechung vor. Das Oberlandesgericht
Düsseldorf (Urteil vom 21.Dezember 2017, I-20 U 77/17) sowie das Oberlandesgericht
München, welches mit Urteil vom 18. Januar 2018 (29 U 757/17) das oben genannte Urteil
des Landgerichts München vom 1. Februar 2017 aufhob, entschieden einheitlich, dass die
Kündigungsfrist nach § 46 Abs. 8 S. 3 TKG erst mit dem tatsächlichen Auszug des
Verbrauchers beginnt. Damit muss der Verbraucher, auch wenn er die vertragliche
Leistung nicht mehr in Anspruch nimmt, nach der Kündigung des
Telekommunikationsvertrags das vereinbarte Entgelt noch für die Dauer von drei
Monaten nach seinem Umzug weiter entrichten.
Petitionsausschuss

Der Ausschuss hebt hervor, dass dieses in den zitierten Urteilen gefundene Ergebnis sich
aus einer umfassenden Auslegung der Vorschrift unter Berücksichtigung von Wortlaut,
Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck begründet. Der Wortlaut des § 46 Abs. 8 S.
3 TKG knüpft an § 46 Abs. 8 S. 1 TKG an, der auf den neuen Wohnsitz und auf den
Umstand des Wohnsitzwechsels (vgl. „wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz wechselt“)
Bezug nimmt. Der Umzug ist somit rechtsbegründende Tatsache, das heißt die Kündigung
wird erst wirksam, wenn der Umzug tatsächlich erfolgt ist. Dabei ist der Begriff des
Umzugs nicht gleichzusetzen mit dem Vorhaben eines Umzugs zu einem bestimmten
Termin. Der Anbieter kann auf den Nachweis des erfolgten Umzugs bestehen. Auch der
in der Vorschrift zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers ist darauf gerichtet,
mit dem Sonderkündigungsrecht einen angemessenen und unbürokratischen
Interessenausgleich zwischen Anbieter und Verbraucher zu gewährleisten.
Möglicherweise bestehende kürzere Kündigungsfristen aufgrund des zu Grunde
liegenden Vertrags zwischen Anbieter und Verbraucher sollen von der Regelung
unberührt bleiben. Dabei wird eine Kostenbelastung des Kündigenden ausdrücklich in
Kauf genommen und die dafür notwendige Transparenz durch § 43a Abs. 1 Nr. 8
hergestellt (vgl. BT-Drucksache 17/5707).
Der Ausschuss macht darauf aufmerksam, dass vor Einführung des § 46 Abs. 8 S. 3 TKG
nach ständiger Rechtsprechung eine vorzeitige Kündigung eines
Telekommunikationsvertrags überhaupt nicht möglich war und dass das
Sonderkündigungsrecht geeignet ist, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen
Anbieter und Verbraucher herbeizuführen. Dem Kunden wird die vorzeitige Beendigung
seines Vertrages grundsätzlich ermöglicht, die damit verbundenen Nachteile werden
jedoch nicht einseitig dem Telekommunikationsanbieter auferlegt, sondern gerecht
verteilt. Dies erscheint erforderlich, da das Sonderkündigungsrecht die dem Vertrag zu
Grunde liegende Risikoverteilung zugunsten eines Verbrauchers durchbricht. Dieser kann
den Telekommunikationsvertrag frühzeitig beenden, obwohl der Umstand für die
Nichterbringung der Leistung allein in seiner Risikosphäre liegt. Der
Telekommunikationsanbieter soll jedoch eine finanzielle Kompensation für den Verlust
des Kunden erhalten. Auf Seiten des Telekommunikationsanbieters ist zu
berücksichtigen, dass die Bereitstellung eines Anschlusses erhebliche Kosten verursacht,
Petitionsausschuss

welche sich bei längerfristigen Verträgen infolge geringerer monatlicher Gebühren erst im
Laufe des Vertrages amortisieren. Das von der Rechtsprechung als hoch bewertete
Interesse des Anbieters an der Amortisation seiner Aufwendungen soll zumindest durch
Erhalt eines pauschalisierten Mindestbetrages von drei Monatsgebühren ausgeglichen
werden. Einen solchen finanziellen Ausgleich sieht der Gesetzgeber auch in anderen
Fällen, in denen dem Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht bei in seiner Sphäre
liegenden Gründen eingeräumt wird, vor. So ist beispielsweise in §§ 490 Abs. 2 S. 3, 502
BGB ein Anspruch des Darlehensgebers auf Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger
Beendigung eines Darlehensvertrages durch den Verbraucher vorgesehen.
Darüber hinaus ist ein berechtigtes Interesse des Telekommunikationsanbieters an der
Vorlage eines Nachweises, dass ein Umzug tatsächlich stattgefunden hat, zu
berücksichtigen. Ein solcher Nachweis, beispielsweise in Form einer Meldebestätigung,
kann in der Regel ab dem Zeitpunkt des Umzugs erbracht werden, erscheint jedoch
erforderlich, um eine missbräuchliche Verwendung des Sonderkündigungsrechts zu
verhindern.
Der Ausschuss stellt heraus, dass die gesetzlichen Vorschriften auch gewährleisten sollen,
dass der Telekommunikationsanbieter die Leitungen nicht für den Nachmieter blockiert.
Hierzu regelt § 46 Abs. 8 S. 4 TKG die Pflicht des Telekommunikationsdienstanbieters,
den Anbieter des öffentlichen Telekommunikationsnetzes über den Auszug des
Verbrauchers unverzüglich zu informieren, wenn der Telekommunikationsdienstanbieter
Kenntnis vom Umzug des Verbrauchers erlangt hat. Damit soll sichergestellt werden, dass
der Netzbetreiber die Infrastruktur für einen eventuellen neuen Teilnehmer bereitstellen
kann. Die Informationspflicht besteht sowohl bei Fortführung der Leistung am neuen
Wohnort (§ 46 Abs. 8 S. 1 TKG) als auch bei Ausübung des Sonderkündigungsrechtes
nach § 46 Abs. 8 S. 3 TKG. Entsprechend den Ausführungen zur Gesetzesbegründung
(vgl.
BT-Drucksache 17/5707 S. 70) ist damit gewährleistet, dass ein möglicher Nachmieter die
technisch zur Verfügung stehende Infrastruktur umgehend wieder nutzen kann und diese
nicht durch den Vormieter blockiert wird. Die Informationsverpflichtung besteht, soweit
der Anbieter für öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste vom Auszug des
Verbrauchers Kenntnis erlangt hat. Bei Nichtfortführung der Leistungserbringung am
Petitionsausschuss

neuen Wohnort erlangt der Anbieter Kenntnis über den Auszug durch die Ausübung des
Sonderkündigungsrechtes nach § 46 Abs. 8 S. 3 TKG. Mögliche Verzögerungen können
darauf beruhen, dass der Nachmieter eine Leistung bei einem
Telekommunikationsdienstanbieter bezieht, die auf der Infrastruktur am neuen Wohnort
durch den Netzbetreiber nicht unterstützt wird. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass
die Leitung im Vorleistungsprozess vom Anbieter des Ausziehenden beim Netzbetreiber
gekündigt und vom Anbieter des Einziehenden angemietet werden muss. Die Abwicklung
dieser Prozesse kann einige Zeit in Anspruch nehmen.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss im Ergebnis keinen
gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu erkennen. Er empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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