Energiewirtschaft - Einheitliche Kontrolle der öffentlichen und privaten Wasserversorger

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
441 Unterstützende 441 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

441 Unterstützende 441 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2012
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:53

Pet 1-17-09-751-036210Energiewirtschaft
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 06.06.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll eine einheitliche Aufsicht über öffentlich-rechtliche und
privatwirtschaftliche Wasserversorger erreicht werden.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass eine
Monopolmissbrauchskontrolle am wirksamsten von den Kartellbehörden erbracht
werden könne. Daher sollten diese nach dem Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nicht nur die Preise privatrechtlich organisierter
Wasserversorger, sondern auch die der öffentlich-rechtlich organisierten
Wasserversorger kontrollieren. Durch diese Vereinheitlichung könne eine wirksame
Kontrolle hinsichtlich angemessener Kosten und der Unterbindung monopolbedingter
Ineffizienzen erzielt werden. Wasserversorger dürften sich nicht der Kontrolle der
Kartellbehörden entziehen, indem sie sich rekommunalisierten und damit der
Kommunalaufsicht der Länder unterstünden, denen das Know-how und das Personal
für einen angemessenen Prüfungs- und Bewertungsprozess von Monopolstrukturen
fehle. Die Folge der bisher uneinheitlichen Kontrollstruktur seien unkalkulierbare
Preisunterschiede. Im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Grundgesetzes
(GG) und der Eindämmung von ungerechtfertigter Kostensteigerung für den Bürger
müsse hier dringend eine Regelung gefunden werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht.
Dazu liegen 441 Mitzeichnungen und 12 Diskussionsbeiträge vor. Der
Petitionsausschuss bittet um Verständnis, dass nicht auf jeden einzelnen
Gesichtspunkt eingegangen werden kann.

Der Petitionsausschuss hat u. a. auch der Bundesregierung Gelegenheit gegeben,
zu der Eingabe Stellung zu nehmen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung
lässt sich unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte
wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss bestätigt die Darstellung in der Petition, wonach die
deutsche Trinkwasserversorgung zweigeteilt ist. Etwa zwei Drittel der
Wasserbetriebe sind öffentlich-rechtlich organisiert und etwa ein Drittel wird in
privater Rechtsform geführt. Die Kommunen haben insoweit ein doppeltes
Wahlrecht. Sie können zum einen entscheiden, ob sie ihre Wasserbetriebe
privatrechtlich, z. B. als GmbH oder AG, oder öffentlich-rechtlich, z. B. als
Eigenbetrieb, Anstalt des öffentlichen Rechts oder als von mehreren Gemeinden
gegründeten Zweckverband, organisieren. Zum anderen können sie - wenn sie sich
für eine öffentlich-rechtlich Organisationsform entscheiden - weiter wählen, ob der
Wasserbetrieb das Versorgungsverhältnis privatrechtlich gestaltet und Wasserpreise
fordert oder öffentlich-rechtlich und Gebühren einzieht.
Der Ausschuss merkt an, dass die Bestimmungen des GWB nach der Praxis der
Kartellbehörden nur auf privatrechtlich geordnete Wettbewerbsbeziehungen der
öffentlichen Hand zu Wasserkunden Anwendung finden, also dann, wenn vom
Kunden Wasserpreise verlangt werden. In diesem Fall greift die kartellrechtliche
Missbrauchsaufsicht. Die Übergangsvorschrift des § 131 Abs. 6 GWB sieht vor, dass
§ 103 Abs. 5 GWB in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung weiter
anzuwenden ist.
§ 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 GWB a. F. sieht vor, dass es missbräuchlich ist, wenn ein
Versorgungsunternehmen ungünstigere Preise oder Geschäftsbedingungen fordert
als gleichartige Versorgungsunternehmen. Der Bundesgerichtshof hat in einem
Beschluss vom 2. Februar 2010 - KVR 66/08 - (Wasserpreise Wetzlar) die
Reichweite der Missbrauchsaufsicht beschrieben, die in der Regel den
Landeskartellbehörden obliegt. Ein privatrechtlich organisiertes
Wasserversorgungsunternehmen kann sich danach nur auf solche Kostenfaktoren
berufen, die auch jedes andere Unternehmen in der Situation des betroffenen
vorfinden würde und nicht beeinflussen könnte.
Bei öffentlich-rechtlich organisierten Wasserversorgern erfolgt die Kontrolle der von
ihnen geforderten Gebühren dagegen am Maßstab des öffentlichen Rechts. Die
Höhe der Gebühren ist in kommunalen Satzungen geregelt, die den Regelungen der
Kommunalabgabengesetze der Länder folgen. Die Einhaltung der Vorgaben dieser

Gesetze unterliegt der Rechtsaufsicht der Kommunalaufsichtsbehörden. Diese
prüfen unter anderem, ob zwischen der Gebühr und dem Wert der Leistung für den
Empfänger ein angemessenes Verhältnis besteht (Äquivalenzprinzip) und ob der
sachliche und persönliche Verwaltungsaufwand für die gebührenpflichtigen
Leistungen durch die erhobenen Gebühren überschritten wird
(Kostendeckungsprinzip). Der Ausschuss weist darauf hin, dass eine im Anliegen
angesprochene Quersubventionierung anderer von den Kommunen
wahrgenommener Aufgaben mit durch Wassergebühren erzielten Einnahmen
allerdings gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßen würde.
Ferner bestätigt er die Darstellung in der Petition, wonach die Missbrauchskontrolle
durch die Kartellbehörden weiter geht als die Kontrolle durch die
Kommunalaufsichtsbehörden. Von den Kartellbehörden wird - wie es in der
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 2010 heißt - ein
Bestandschutz für monopolbedingte Ineffizienzen oder Preisüberhöhungstendenzen
nicht anerkannt. Die der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht unterliegenden
Unternehmen können sich daher nicht darauf berufen, die von ihnen geforderten
Preise seien zwar höher als die vergleichbarer Unternehmen, würden aber den
tatsächlichen Kosten entsprechen.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 2010 hat die
Stadtverordnetenversammlung der Stadt Wetzlar am 6. Mai 2010 beschlossen, die
Wasserversorgung in der Zukunft wieder in öffentlich-rechtlicher Form durch einen so
genannten Eigenbetrieb zu organisieren, um eine kartellrechtliche Kontrolle der
Wasserpreise zu vermeiden. Im Umsetzung dieses Beschlusses erließ die Stadt zum
1. Januar 2011 eine Betriebssatzung und eine Wasserversorgungssatzung.
Gleichzeitig schloss sie mit dem privatrechtlich organisierten Wasserversorger, der
enwag Energie-und Wassergesellschaft mbH (enwag), an der sie zu 50,1 Prozent
beteiligt ist, einen Pacht-und Betriebsführungsvertrag, aufgrund dessen die enwag
nun die Geschäfte des neu geordneten Eigenbetriebs führt. Die hessische
Landeskartellbehörde hat daraufhin ein weiteres Missbrauchsverfahren wegen
überhöhter Wasserentgelte gegen die enwag eingeleitet und zum Zwecke der
Überprüfung der Preiskalkulation Auskunft verlangt. Auf ein von der enwag
eingelegtes Rechtsmittel hat das OLG Frankfurt am Main in einem Beschluss vom
20. September 2011 unter anderem ausgeführt, der Stadt Wetzlar sei es
grundsätzlich nicht verwehrt, unter mehreren in Betracht kommenden rechtlichen
Organisationsformen diejenige zu wählen, mit der sich für sie bestimmte

unerwünschte Rechtsfolgen - die kartellrechtliche Kontrolle - vermeiden lasse. Die
Landeskartellbehörde hat gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt, über
das der Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden hat.
Der Ausschuss weist darauf hin, dass die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme
zum 18. Hauptgutachten der Monopolkommission 2008/2009 vom 17. Dezember
2010 dargestellt hat, dass sie wie die Monopolkommission Probleme sieht, wenn in
nebeneinander existierenden Systemen von Gebühren und Preisen sowie den
.entsprechenden Aufsichtsregimen unterschiedliche Kriterien und Maßstäbe
herangezogen werden können, weil dies für den Bürger wenig transparent ist.
Gleichzeitig hat sie darauf hingewiesen, dass sie den Versuch, der kartellrechtlichen
Missbrauchsaufsicht durch Einführung von Gebühren entgehen zu wollen, kritisch
sieht, und dass sie die weiteren Entwicklungen in der Branche vor diesem
Hintergrund aufmerksam beobachten wird (vgl. BT-Drucks. 17/4305, S. 4 [14.]).
Im Rahmen der im parlamentarischen Verfahren befindlichen 8. GWB-Novelle
werden zwar die bislang wenig transparent über eine Übergangsvorschrift in das
GWB einbezogenen Regelungen zur kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über die
Wasserwirtschaft in die §§ 31 bis 31b GWB überführt, doch ist damit eine materielle
Änderung nicht verbunden. Eine ausdrückliche Erstreckung der Regelungen zur
kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht ist nicht vorgesehen. Da gemäß Artikel 28
Abs. 2 GG eine Zuständigkeit der Kommunen für „alle Angelegenheiten der örtlichen
Gemeinschaft" besteht, würde sich nicht zuletzt die Frage stellen, ob und inwieweit
der Bundesgesetzgeber auf der in Artikel 74 Abs. 1 Nr. 16 GG geregelten
Gesetzgebungskompetenz („Verhütung des Missbrauchs wirtschaftlicher Macht")
eine Regelung treffen kann, die Entscheidungen wie die der Stadt Wetzlar verhindert,
gegen die sich die Petition wendet. Dem Petitionsausschuss scheint es
vorzugswürdig, zunächst die Klärung der Rechtslage durch die Gerichte abzuwarten.
Dies betrifft nicht nur die Frage, ob — und wenn ja — unter welchen
Voraussetzungen durch eine so genannte Rekommunalisierung wie in Wetzlar die
kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht vermieden werden kann, sondern auch die
weitere Frage, ob sich bereits nach derzeitiger Rechtslage die kartellrechtliche
Missbrauchsaufsicht auch auf Gebühren erstreckt. Dies wird überwiegend zwar nicht
so gesehen, doch ist auch diese Frage bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Der
Bundesgerichtshof hat dies in einer veröffentlichten Entscheidung vom 18. Oktober
2011 - KVR 9/11 - (Niederbarnimer Wasserverband) ausdrücklich offen gelassen.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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