Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung - Nutzung von Steuerüberschüssen zur Reform der Rentenversicherung

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
49 Unterstützende 49 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

49 Unterstützende 49 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2017
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

16.01.2019, 03:25

Pet 3-18-11-8216-044029 Finanzierung der
gesetzlichen Rentenversicherung

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 13.12.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, durch die Nutzung von Steuerüberschüssen die
Finanzierung der Rentenversicherung in Deutschland vom Umlageverfahren auf ein
Kapitaldeckungsverfahren umzustellen.

Der Petent führt aus, dass die geschätzten Steuerüberschüsse dazu verwendet
werden sollten, zu einem bestimmten Stichtag die Finanzierung der
Rentenversicherung auf ein kapitalgedecktes System umzustellen. Dadurch würde die
jüngere Generation vor zu wenig nachkommenden Beitragszahlern geschützt und
letztlich ein sinkendes Rentenniveau vermieden. Auf die weiteren Ausführungen in der
Petition wird verwiesen.

Es handelt sich um eine Petition, die auf den Internetseiten des Deutschen
Bundestages veröffentlicht wurde und zur Diskussion bereitstand. Der Petition
schlossen sich 49 Mitunterzeichner an und es gingen 27 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Nach Auffassung des Petitionsausschusses sprechen zahlreiche Argumente gegen
diese nicht selten vorgebrachte Forderung nach einem Systemwechsel vom
Umlageverfahren auf ein Kapitaldeckungsverfahren in der gesetzlichen
Rentenversicherung. Der Petitionsausschuss unterstützt die Forderung des Petenten
aus folgenden Gründen nicht:
Die gesetzliche Rentenversicherung basiert auf einer von der Solidargemeinschaft
aller Versicherten getragenen Umlagefinanzierung. Das bedeutet, dass alle
Leistungen in einem Zeitraum (z.B. Altersrenten, Hinterbliebenenrenten,
Rehabilitationsleistungen) aus den Beitragseinnahmen sowie den Zuschüssen des
Bundes für denselben Zeitraum finanziert werden. Die eingezahlten Beiträge werden
also im Gegensatz zum sogenannten Kapitaldeckungsverfahren, bei dem das
erforderliche Kapital zur Deckung der individuellen Anwartschaften verzinslich
angesammelt wird, in der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar zur sofortigen
Finanzierung bereits verwirklichter Risiken verwendet. Dem Reformvorschlag des
Petenten, die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung auf ein
Kapitaldeckungsverfahren umzustellen, ist entgegenzuhalten, dass die
Altersversorgung eines Industriestaates mit über 82 Millionen Einwohnern
grundsätzlich nur aus der Wirtschaftskraft und Wirtschaftsleistung der aktuellen
Erwerbsgeneration erfolgen kann. Die Vorstellung, man könne für über 24 Millionen
Rentenbezieher Kapitalstöcke bilden, um die Altersversorgung weitgehend
unabhängig von der Beschäftigungssituation und der Wirtschaftslage der
Erwerbsgeneration zu finanzieren, ist unrealistisch. Es müssten derartig hohe
Rücklagen gebildet werden, für die es auf den internationalen Finanzmärkten keine
sicheren und renditebringenden Anlagemöglichkeiten gibt. Auch gibt der
Petitionsausschuss zu bedenken, dass der Übergang zu einem kapitalgedeckten
System aufgrund des enormen Kapitalbedarfs zwangsweise mit einer
Doppelbelastung einer Generation – einerseits müsste ein Kapitalstock gebildet
werden, der dieser Generation später als Alterssicherung dienen kann, gleichzeitig
wären aber die bereits aufgebauten Renten und übrigen Leistungen der
Rentenversicherung zu finanzieren – einherginge oder alternativ mit erheblichen
Leistungsreduktionen zu rechnen wäre.

Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung wird die tragende Säule der
Altersversicherung in Deutschland bleiben. Die kapitalgedeckte zusätzliche
Altersversorgung in Form von Betriebs- oder Riesterrenten oder auch die private
Altersvorsorge (zweite und dritte Säule der Alterssicherung) kann daher die
gesetzliche Rentenversicherung ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Kombination der
verschiedenen Vorsorgeformen mit ihren jeweils eigenen Vorteilen macht die
Alterssicherung stark. Auch im internationalen Vergleich zeigt sich die Mischung aus
umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Renten als besonders leistungsfähig.
Forderungen, die Umlagefinanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung
abzuschaffen, vernachlässigen oft, dass damit auch das Solidarprinzip der
gesetzlichen Rentenversicherung entfallen würde. Es wird auch oft – gerade bei
Renditeerwägungen zwischen privater und gesetzlicher Rentenversicherung –
unberücksichtigt gelassen, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur eine
Altersrente, sondern ein breites Spektrum an sozialer Absicherung bietet. Dazu zählen
z. B. eine Absicherung des Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrisikos, die
Gewährung von Rehabilitationsleistungen sowie die Berücksichtigung weiterer
sozialer Komponenten (z. B. Berücksichtigung von Zeiten der Ausbildung, der
Arbeitslosigkeit, der Krankheit oder der Kindererziehung). Eine auf dem
Kapitaldeckungsverfahren beruhende private Versicherung müsste dies aus dem
Kapitalstock finanzieren, also über entsprechende Versicherungsprämien (unter
Berücksichtigung individueller Risiken).

Es gilt auch zu bedenken, dass der demografische Wandel auch Auswirkungen auf
Kapitaldeckungsverfahren hat, wenn auch nicht in dem Maße wie auf das
Umlageverfahren. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die private und
betriebliche Altersvorsorge (zweite und dritte Säule der Alterssicherung) seit dem Jahr
2002 durch zahlreiche Instrumente in erheblichem Umfang staatlich gefördert wird, um
die umlagefinanzierte Rente durch kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme zu
ergänzen. Damit soll nicht nur das – weitgehend demografisch bedingte – langfristige
Absinken des Sicherungsniveaus vor Steuern in der gesetzlichen Rentenversicherung
kompensiert werden, sondern es wird zugleich die Altersvorsorge insgesamt auf ein
breiteres Fundament gestellt. Ziel ist eine ausgewogene Kombination von
Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren, die die Risiken der demografischen
Entwicklung für die Finanzierung der Alterssicherung diversifiziert.

Der Petitionsausschuss vertritt die Auffassung, dass Deutschland über ein stabiles,
belastbares und zukunftsfähiges Alterssicherungssystem verfügt. Die
Modellrechnungen im jährlich von der Bundesregierung zu erstattenden
Rentenversicherungsbericht zeigen, dass die Renten der gesetzlichen
Rentenversicherung tragfähig finanziert sind.

Der Petitionsausschuss unterstützt verweisend auf die oben stehenden Ausführungen
nicht den Reformvorschlag des Petenten. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


Helfen Sie mit, Bürgerbeteiligung zu stärken. Wir wollen Ihren Anliegen Gehör verschaffen und dabei weiterhin unabhängig bleiben.

Jetzt fördern