Dialog

Gesetzliche Krankenversicherung - Beiträge - - Zahlung kostendeckender Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Hartz-4-Empfänger

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
11 Unterstützende 11 in Deutschland

Sammlung beendet

11 Unterstützende 11 in Deutschland

Sammlung beendet

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog mit Empfänger
  5. Entscheidung

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

14.08.2018, 04:26

Pet 2-18-15-8272-036031 Gesetzliche Krankenversicherung -
Beiträge -

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 05.07.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Die Petition der Bundesregierung - dem Bundesministerium für Gesundheit - als
Material zu überweisen.

Begründung

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass der Bund kostendeckende Beiträge
zur Kranken- und Pflegeversicherung für Hartz 4-Empfänger zahlt.

Die Petentin führt an, dass die für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen
Kranken- und sozialen Pflegeversicherung geleisteten Beiträge nicht kostendeckend
seien. Die Leistungsausgaben für Bezieher von Arbeitslosengeld II dürfen aufgrund
des durch die Zuwanderung erwarteten zahlenmäßigen Anstiegs dieser
Personengruppe nicht allein von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) finanziert werden (gesamtgesellschaftliche Aufgabe).

Zu den Einzelheiten des Vortrags der Petentin wird auf die Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 86 Mitzeichnungen sowie 16 Diskussionsbeiträge
ein.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage von
Stellungnahmen der Bundesregierung wie folgt dar:

Bezieher von Arbeitslosengeld II sind grundsätzlich versicherungspflichtige Mitglieder
der GKV. Ausgenommen von dieser Versicherungspflicht sind seit dem 1. Januar 2009
Bezieher von Arbeitslosengeld II, die der privaten Krankenversicherung (PKV)
zuzuordnen sind.

Dazu gehören Personen, die zuletzt vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat
krankenversichert waren oder Personen, die unmittelbar vor dem Bezug von
Arbeitslosengeld II weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und
hauptberuflich selbstständig oder versicherungsfrei waren (z. B. als Beamte). Diese
Personen unterliegen stattdessen der Pflicht zur Versicherung in der PKV und haben
Zugang zum dortigen Basistarif. Die Regelung bezweckt eine genauere
Systemabgrenzung bei der Zuständigkeit und damit der Lastenverteilung zwischen
gesetzlicher und privater Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II.

Hinsichtlich der finanziellen Verantwortung für die Versorgung von Flüchtlingen gilt
Folgendes: Gesundheitsleistungen für Asylbewerber werden bis zur Entscheidung
über ihren Asylantrag durch Bund und Länder über das Asylbewerberleistungsgesetz
finanziert. Die GKV ist in der Regel erst betroffen, wenn Asylbewerbern der Asylstatus
oder ein anderweitiger Schutzstatus zuerkannt wird. Sofern nicht unmittelbar eine
versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wird, werden erwerbsfähige
Asyl- bzw. Schutzberechtigte als Bezieher von Arbeitslosengeld II grundsätzlich in der
GKV pflichtversichert oder sind nach den oben dargelegten Kriterien der PKV
zuzuordnen.

Für gesetzlich versicherte Asylberechtigte, die Arbeitslosengeld II beziehen, leistet der
Bund - wie für alle Bezieher von Arbeitslosengeld II - eine monatliche Pauschale an
den Gesundheitsfonds. Diese betrug im Jahr 2016 monatlich 90 Euro. Es ist jedoch
davon auszugehen, dass die Pauschale nur einen Teil der Gesundheitsausgaben
deckt.

Der Deutsche Bundestag hat am 10.11.2016 das "Gesetz zur Weiterentwicklung der
Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen"
(PsychVVG) beschlossen. Dieses Gesetz sieht auch vor, dem Gesundheitsfonds
1,5 Mrd. Euro im Jahr 2017 aus der Liquiditätsreserve zuzuführen.

Mit diesen Mitteln werden einerseits vorübergehende Mehrbelastungen der GKV
aufgrund der gesundheitlichen Versorgung der Asylberechtigten nach Erhalt eines
Aufenthaltstitels und anschließender Versicherungspflicht in der GKV finanziert.
Andererseits werden hiermit Investitionen in den Aufbau einer modernen und
innovativen Versorgung finanziert, die mittel- bis langfristig zu einer qualitativ besseren
sowie wirtschaftlicheren Versorgung führen sollen (Aufbau der Telematikinfrastruktur).

Die Mehrbelastungen der GKV aufgrund der gesundheitlichen Versorgung der
Flüchtlinge hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Im Fall einer erfolgreichen
Integration in den Arbeitsmarkt und der damit perspektivisch zu erwartenden
Mehreinnahmen handelt es sich nach Aussage der Bundesregierung um
vorübergehende finanzielle Belastungen der GKV (Deutscher Bundestag Drucksache
18/9528 vom 05.09.2016).

Danach kann die Kritik der Petentin, dass durch die Versicherung von Empfängern von
Arbeitslosengeld II ausschließlich die Solidargemeinschaft der GKV zusätzlich
belastet würde, vor dem Hintergrund, dass diese sowohl der GKV als auch der PKV
zuzuordnen sind, nicht nachvollzogen werden. Es ist außerdem darauf hinzuweisen,
dass das Solidaritätsprinzip ein prägendes Kennzeichen der GKV ist. Die Beiträge, die
der Versicherte für seinen Krankenversicherungsschutz zu zahlen hat, richten sich
nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit. Alter, Geschlecht und das gesundheitliche
Risiko des Versicherten sind für die Beitragshöhe unerheblich. Der Anspruch auf die
medizinischen Leistungen ist unabhängig von der Höhe der gezahlten Beiträge. Es ist
folglich systemimmanent, dass die Beiträge einzelner Personenkreise - zu diesen
gehören etwa die Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Rentner - die
Leistungsausgaben für diesen Personenkreis nicht übersteigen, während andere
Personenkreise aufgrund ihrer höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mehr
Beiträge in die Solidargemeinschaft einzahlen, als sie Kosten für Leistungen
verursachen.

Im Rahmen der Gesetzesänderungen der letzten Jahre wurde im Übrigen Wert darauf
gelegt, die finanzielle Belastung der Solidargemeinschaft der GKV durch die
Empfänger von Arbeitslosengeld II konstant zu halten.

Die Bundesregierung teilte im Übrigen gegenüber dem Petitionsausschuss im
Juni 2018 Folgendes mit:

Der Bundesrat hat in der vergangenen Legislaturperiode die Bundesregierung
aufgefordert, die Leistungsausgaben von ALG II-Beziehern zu evaluieren. Hierzu hat
das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ein Gutachten vergeben, aus der die
Höhe kostendeckender Beiträge für Bezieher von Arbeitslosengeld II auf Basis valider
und repräsentativer Datengrundlagen hervorgeht.

Das im Dezember 2017 veröffentlichte IGES-Gutachten legt offen, dass die Ausgaben
der gesetzlichen Krankenkassen für die Bezieher von ALG II die Beiträge des Bundes
für diese Personengruppe um rund 10 Mrd. Euro übersteigen. Aktuell zahlt der Bund
für Bezieher von ALG II zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung eine
Monatspauschale von rund 97 Euro an die GKV. Der kostendeckende Beitrag liegt bei
rund 280 Euro.
Im Ergebnis übernehmen die GKV-Beitragszahler einen erheblichen Teil der
finanziellen Lasten für die Sicherung des Existenzminimums, das vom Grundsatz her
alle Steuerzahler gemeinsam tragen sollten. Die Finanzierung der
Gesundheitsausgaben der Bezieher von ALG II und deren mitversicherten
Familienangehörigen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von allen
Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes zu tragen und damit aus Steuermitteln zu
finanzieren ist.

Der Koalitionsvertrag nimmt sich dieser Problematik ausdrücklich an und sieht vor,
dass schrittweise kostendeckende Beiträge des Bundes aus Steuermitteln eingeführt
werden sollen.

Diese Maßnahme fällt laut Koalitionsvertrag allerdings nicht unter die prioritären
Ausgaben. Danach können weitere Maßnahmen, auf die sich die Koalition einigt,
finanziert werden, wenn sich zusätzliche finanzielle Spielräume ergeben. Ansonsten
teilt das BMG die Auffassung der Petentin, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf
zur Anhebung der ALG II-Pauschale besteht.

Vor dem Hintergrund des Dargelegten empfiehlt der Petitionsausschuss, die Petition
der Bundesregierung - dem Bundesministerium für Gesundheit - als Material zu
überweisen.

Begründung (PDF)


Helfen Sie mit, Bürgerbeteiligung zu stärken. Wir wollen Ihren Anliegen Gehör verschaffen und dabei weiterhin unabhängig bleiben.

Jetzt fördern