Haushaltsführung des Bundes - Investierung der in 2015 mehr erwirtschafteten Steuereinnahmen in das Sozialsystem

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
174 Unterstützende 174 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

174 Unterstützende 174 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 12:58

Pet 2-18-08-6304-029595

Haushaltsführung des Bundes


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 10.11.2016 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, dass "die in 2015 über die Erwartungen hinaus
erwirtschafteten Steuereinnahmen - sechs Milliarden Euro - in das Sozialsystem
investiert werden sollten."
Zur Begründung ihrer Eingabe führt die Petentin im Wesentlichen an, diese sechs
Milliarden Euro sollten verwendet werden für die Sicherung der Renten, die
Verbesserung des Gesundheitssystems, die Stabilisierung des Arbeitsmarktes und
die Verbesserung des Schulsystems. Hingegen sollten die durch die Flüchtlingskrise
verursachten Ausgaben beschränkt und durch die Einführung einer Reichensteuer
gedeckt werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbingen der Petentin wird auf die
von ihr eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht worden.
Sie wurde durch 174 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen
19 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss vermag dem Anliegen der Petentin nicht näher zu treten.
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass für die Verwendung
von Steuereinnahmen der sog. Grundsatz der Gesamtdeckung gilt, d. h. die
Einnahmen des Staates dienen der Finanzierung aller öffentlichen Ausgaben.

Steuern sind Beiträge zum Gemeinwesen. Dieser Grundsatz gilt auf allen staatlichen
Ebenen und ist in § 7 des Haushaltsgrundsätzegesetzes sowie in den
Haushaltsordnungen von Bund und Ländern – für den Bund in § 8 der
Bundeshaushaltsordnung – verankert. Das Gesamtdeckungsprinzip gewährleistet,
dass der Gesetzgeber – also das von den Bürgern gewählte Parlament – im Rahmen
des jährlichen Haushaltsaufstellungsverfahrens grundsätzlich ohne eine
Verwendungsvorgabe frei über die vorhandenen Einnahmen verfügen kann. Es liegt
im Gestaltungsspielraum des Parlaments zu entscheiden, wie und für welche
Aufgaben die Finanzmittel eingesetzt werden sollen und wie damit die Schwerpunkte
zur Gestaltung der Politik festgelegt werden. Durch die strikte Trennung von
Steuererhebungen und haushaltsrechtlicher Verwendungsentscheidung gewinnt der
Staat zudem rechtsstaatliche Distanz und Unabhängigkeit gegenüber dem ihn
finanzierenden Steuerpflichtigen und ist deshalb allen Bürgern in gleicher Weise
verantwortlich. Auf gesetzliche Zweckbindungen von Steuereinnahmen sollte nach
dem sog. Nonaffektationsprinzip verzichtet werden, damit das Mittelaufkommen
unabhängig von der Steuerart in die Gesamtmasse des Haushaltes einfließen und
vom Gesetzgeber unter Wahrung seines jährlichen Budgetrechts in angemessener
Weise nach dessen aktuellen Schwerpunktsetzungen verwendet werden kann.
Soweit die Petentin fordert, die Steuermehreinnahmen aus dem Jahr 2015 für das
Sozialsystem vorzusehen, hebt der Petitionsausschuss hervor, dass mehr als die
Hälfte aller im Bundeshaushalt 2016 vorgesehenen Ausgaben Sozialausgaben sind
(rund 161,5 Mrd. Euro von 316, 9 Mrd. Euro). Die Höhe der Sozialausgaben richtet
sich nach den rechtlichen Bestimmungen, nicht nach der Dotierung der betroffenen
Titel im Haushaltsplan. Allein die Zuführung zusätzlicher Mittel (hier von
Steuermehreinnahmen) an die Sozialkassen hätte also keine Leistungssteigerungen
zugunsten des Einzelnen zur Folge.
Der Petitionsausschuss stimmt den Ausführungen der Petentin insoweit zu, als dass
zur Bewältigung von Aufgaben im Zusammenhang mit dem Zustrom von Flüchtlingen
und Asylbewerbern schon jetzt und auch in den kommenden Jahren erhebliche
finanzielle Anstrengungen notwendig sind. Der Ausschuss betont, dass Bund und
Länder sich über ein Gesamtkonzept zur Entlastung von Ländern und Kommunen
bei der Aufnahme und der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen
verständigt haben. Als Vorsorge zur Finanzierung der Belastungen des Bundes, die
durch Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder und Kommunen in diesem
Zusammenhang sowie durch Aufwendungen im Bundesbereich entstehen, wurde mit

dem Zweiten Nachtragshaushalt 2015 eine Rücklage errichtet. Auf Grundlage von
§ 6 Abs. 9 des Haushaltsgesetzes 2015 (in der Fassung des Zweiten
Nachtragshaushaltsgesetzes 2015 vom 20. November 2015, BGBl. I 2056) wurden
der Rücklage bisher insgesamt rund 12,1 Mrd. Euro zugeführt. Eine geringere
Zuführung an die Rücklage hätte indes nicht geringere Ausgaben im Zusammenhang
mit dem Zustrom von Flüchtlingen und Asylbewerbern zur Folge. Vielmehr richten
sich diese nach den bestehenden rechtlichen Grundlagen, u.a. nach Regelungen des
Sozialgesetzbuchs und den mit den Ländern getroffenen Vereinbarungen.
Im Hinblick auf die von der Petentin angesprochenen Punkte zur Verbesserung des
Schulsystems und der Verbeamtung von Lehrern hebt der Petitionsausschuss
hervor, dass es sich dabei nach dem Grundgesetz um Länderaufgaben handelt.
Wegen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und
Ländern haben der Deutsche Bundestag und sein Petitionsausschuss keine
Möglichkeit, auf diese Bereiche einzuwirken. Abschließend bemerkt der Ausschuss,
dass der Bund seine Ausgaben im Bereich Bildung und Forschung in der Zeit von
2005 bis 2016 nahezu verdoppelt hat. Der Petitionsausschuss begrüßt dies.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein
weitergehendes parlamentarisches Tätigwerden im Sinne der Eingabe nicht in
Aussicht zu stellen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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