Hilfe für Menschen mit Behinderung - Regelung des § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung Teil D (Merkzeichen)

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
54 Unterstützende 54 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

54 Unterstützende 54 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 13:04

Pet 3-18-11-2171-034738

Hilfe für Menschen mit Behinderung


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 01.06.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Der Petent setzt sich für eine Reform bei der Einstufung gesundheitlicher Merkmale
im Sinne des Schwerbehindertenrechts bei einäugigen Menschen ein.
Der Petent führt insbesondere aus, dass Einäugige große Probleme hätten, sich im
Straßenverkehr zu bewegen. Die Rechte, die Ihnen in diesem Zusammenhang durch
den Gesetzgeber zuerkannt würden, seien deutlich geringer als die, die gehbehinderte
Menschen zuerkannt bekämen. Der Erwerb des Merkzeichens „G“ mit der Möglichkeit
des Erwerbs einer entsprechenden Wertmarke sollte daher für einäugige Menschen
– so wie bei Gehbehinderten – rechtlich neu geregelt werden. Daher bittet er, dass der
Bundestag beschließen möge, dass in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-
Verordnung (Teil „D 1“ - Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im
Straßenverkehr (Merkzeichen G)) für die Störung der Orientierungsfähigkeit im Falle
einer Einäugigkeit allein ein GdB von 50 angenommen wird und an keine weiteren
Bedingungen geknüpft sei. Er hält die Voraussetzungen für die Anerkennung des
Merkzeichens G bei einäugiger Blindheit für unverhältnismäßig hoch. Hier müsse der
Gesetzgeber eingreifen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird
auf die von dem Petenten eingereichten Ausführungen Bezug genommen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 54 Mitzeichnungen sowie 18 Diskussionsbeiträge
ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit
und Soziales (BMAS) – Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht zu der Eingabe darzulegen.
In seiner Stellungnahme teilt das BMAS u. a. mit, dass das Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur beteiligt worden sei.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der seitens
der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) gilt ein Mensch als
schwerbehindert, wenn bei ihm mindestens ein Grad der Behinderung (GdB) von 50
vorliegt. Die Begutachtung im Rahmen des Schwerbehindertenrechts erfolgt nach den
Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-
Verordnung). Sie enthalten die maßgeblichen Vorgaben für eine sachgerechte,
einwandfreie und bei gleichen Sachverhalten einheitliche Bewertung der
verschiedensten Auswirkungen von Gesundheitsstörungen. Sie sind für die
versorgungsärztliche Begutachtung durch die zuständigen Behörden der Länder
verbindlich.
Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze sind das Ergebnis eines aus den
Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und der jahrzehntelangen Erfahrung
in der versorgungsmedizinischen Begutachtung hervorgegangenen
Beurteilungsprozesses unter besonderer Berücksichtigung einer sachgerechten
Relation der Bewertungen untereinander. Da der GdB unter Berücksichtigung des
biopsychosozialen Modells des modernen Behindertenbegriffs allein durch das
Ausmaß der Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bestimmt
wird, ist für die Feststellung einer Behinderung nicht eine Diagnose, sondern die
Auswirkung einer Funktionsstörung bzw. das Zusammenwirken mehrerer
Funktionsstörungen relevant. Die Festsetzung der GdB-Werte erfolgt auf der Basis von
Beschlüssen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Versorgungsmedizin. Dieser
stellt sicher, dass das gesamte Spektrum der Gesundheitsstörungen nach
gleichmäßigen und teilhabeorientierten Grundsätzen bewertet wird.
Entsprechend Teil D 1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist bei
Sehbehinderungen regelhaft ab einem GdB von 70 anzunehmen, dass die
Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens G erfüllt sind, ab einem GdB
von 50 oder 60 nur dann, wenn zusätzlich Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B.
hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) vorliegen.
Die Sehfunktionen eines erblindeten Auges können größtenteils durch das
Partnerauge kompensiert werden. Die Gesamtsehschärfe wird durch dessen
Sehvermögen bestimmt. Bei Einäugigkeit sind lediglich das räumliche Sehen und das
Gesichts- und Blickfeld auf der betreffenden Seite beeinträchtigt. Der einäugige
Mensch lernt jedoch, das auch mit einem Auge mögliche räumliche Sehen effizienter
zu nutzen. Die Gesichts- und Blickfeldeinengung wird mit einer leichten Kopfdrehung

und etwas erhöhter Aufmerksamkeit kompensiert. Bei einem neu aufgetretenen
Verlust des Sehvermögens auf einem Auge ist das Führen von Kraftfahrzeugen für
mindestens drei Monate nicht erlaubt. Diese Zeit ist erfahrungsgemäß für die
Ausbildung der beschriebenen Anpassungsmechanismen erforderlich. Einäugiges
Sehen genügt den Ansprüchen des Allgemeinlebens durchaus. So befähigt es
grundsätzlich dazu, gefahrlos am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen. Anders
als von dem Petenten dargestellt, können selbst einäugige Menschen, die nur eine
Sehschärfe von 0,5 haben, einen PKW-Führerschein erwerben.
Vor diesem Hintergrund würde die von dem Petenten gewünschte Neubewertung der
einäugigen Blindheit mit einem GdB von 50 und damit als Schwerbehinderung das
Bewertungsgefüge der Versorgungsmedizinischen Grundsätze in eine Schieflage
bringen. Die Folge wäre eine Gleichbewertung einer unterschiedlichen
Teilhabebeeinträchtigung.
Da der Ausschuss die zugrundeliegende Rechtslage insgesamt für sachgerecht hält
und sich nicht für eine Gesetzesänderung im Sinne des Petenten auszusprechen
vermag, sieht er hinsichtlich des Vorbringens des Petenten keine Veranlassung zum
Tätigwerden.
Daher empfiehlt er, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen des
Petenten nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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