Hilfe für Menschen mit Behinderung - Schaffung eines Bundesgesetzes zur Regelung der finanziellen und materiellen Hilfen für Blinde und Gehörlose

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
67 Unterstützende 67 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

67 Unterstützende 67 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

22.05.2019, 04:24

Pet 3-18-11-2171-035961 Hilfe für Menschen mit Behinderung

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 16.05.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Der Deutsche Bundestag möge ein Bundesgesetz beschließen, welches die
finanziellen und materiellen Hilfen für Blinde und Gehörlose regelt. Ferner soll das
Gesetz die Voraussetzungen für die Hilfen festlegen. Dabei sollen die Hilfen
einkommensunabhängig und unabhängig davon, ob jemand bedürftig ist, gewährt
werden.

Der Petent führt insbesondere aus, dass derzeit die Hilfen für Blinde und Gehörlose
größtenteils nach Landesrecht geregelt seien. Dies habe zur Folge, dass keine
einheitlichen Regelungen bestünden, auch wenn subsidiär die Blindenhilfe im Zwölften
Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bundesrechtlich geregelt sei. Die Blindenhilfe werde
jedoch nur bei Bedürftigkeit gewährt. Die landesrechtlichen Regelungen hätten zudem
den Nachteil, dass jedes Bundesland eigene Voraussetzungen definieren könne. Auch
die Höhe der Hilfen könnten somit geregelt werden. Daher müsse es bundesrechtliche
Regelung geben, die für alle Bundesländer gleichermaßen gelten würden. Hinsichtlich
der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Petenten
eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 67 Mitzeichnern unterstützt,
und es gingen 8 Diskussionsbeiträge ein.

Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss mehrere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen
parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten,
dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden
kann.
Auf Grund des Wahlperiodenwechsels konnte die Eingabe erst in der 19. Wahlperiode
des Deutschen Bundestages durch den Petitionsausschuss abschließend behandelt
werden.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit
und Soziales (BMAS) – Gelegenheit gegeben, ihre Haltung zu der Eingabe
darzulegen. Zudem wurde eine Stellungnahme vom Beauftragten der
Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (kurz:
Behindertenbeauftragter) angefordert. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des
BMAS und des Behindertenbeauftragten sieht das Ergebnis der parlamentarischen
Prüfung folgendermaßen aus:

Die von dem Petenten beklagten unterschiedlichen Regelungen zum Blindengeld und
zum Gehörlosengeld sind Folge der verfassungsrechtlich normierten Zuständigkeit der
Länder für diese Leistung und damit Ausfluss des föderalen Systems. Insoweit hat der
Bund keine Möglichkeit, auf Entscheidungen der Länder zum Blindengeld oder zum
Gehörlosengeld Einfluss zu nehmen.

Unabhängig hiervon weist der Petitionsausschuss bei der Bewertung des Vorschlags
zur Einführung einer bundeseinheitlichen, einkommens- und vermögensunabhängigen
Leistung für Blinde und Gehörlose auf Folgendes hin:

Bereits im Rahmen des Beteiligungsprozesses zur Reform der Eingliederungshilfe
wurde als mögliche Option die Einführung einer bedürftigkeitsunabhängigen
pauschalen Geldleistung für blinde, hochgradig sehbehinderte und taubblinde
Menschen und in diesem Zusammenhang auch für gehörlose Menschen thematisiert,
die sich an den jeweiligen regelmäßig zu unterstellenden Teilhabebedarfen orientieren
sollte.

Der Deutsche Blinden und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) forderte einen
einkommens- und vermögensunabhängigen, bundeseinheitlichen Nachteilsausgleich
ohne Verschlechterungen zum Ist-Zustand. Hintergrund war auch hier, dass die von
den Ländern in unterschiedlicher Höhe gewährten Blindengelder einkommens- und
vermögensunabhängig gewährt werden, während die (überwiegend höhere)
Blindenhilfe nach § 72 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als
Sozialhilfeleistung sowohl nachrangig (insbesondere gegenüber den
Landesblindengeldern) als auch einkommens- und vermögensabhängig gewährt wird.

Auch vom Deutschen Gehörlosenbund e.V. (DGB) wurde die Einführung einer
bedürftigkeitsunabhängigen pauschalen Geldleistung thematisiert.
Die Gewährung einer einkommens- und vermögensunabhängigen pauschalen
Geldleistung (Teilhabegeld) wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum
Bundesteilhabegesetz aus finanziellen Gründen nicht aufgegriffen.

Die Blindenhilfe nach dem SGB XII wurde nicht in das Neunte Buch Sozialgesetzbuch
(SGB IX) integriert, weil sie keine Rehabilitationsleistung im Sinne des SGB IX ist,
sondern eine Pflegehilfe. Dennoch bleiben sowohl blinde als auch gehörlose
Menschen wesentlich behindert bzw. erheblich teilhabeeingeschränkt im Sinne der
Eingliederungshilfe nach dem SGB IX. Beide Personengruppen können weiterhin
Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den Vorschriften
des Sechsten Kapitels des SGB XII in Anspruch nehmen. Auch mit der Herauslösung
des Rechts der Eingliederungshilfe aus dem SGB XII und der Neuverortung im Teil 2
des SGB IX zum 1.1.2020 wird der Leistungsanspruch grundsätzlich bestehen bleiben.
Änderungen im ab 1.1.2020 geltenden Recht der Eingliederungshilfe, die
Leistungsminderungen bei der Blindenhilfe zur Folge hätten, wurden so angepasst,
dass die Leistungshöhe der Blindenhilfe nicht negativ beeinflusst wird.

Bei der Reform der Eingliederungshilfe wurde sichergestellt, dass die Verbesserungen
beim Einkommenseinsatz der Eingliederungshilfe bei Personen, die gleichzeitig
Blindenhilfe beziehen, nicht im Gegenzug dort zu Leistungsminderungen führen.

Im Rahmen des Dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) wurde sichergestellt, dass die
teilweise Anrechnung der Pflegegelder trotz der Erhöhung der Pflegeleistungen
weiterhin nur in der bisherigen Höhe erfolgt.

Zudem sind folgende Verbesserungen durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG)
erfolgt:

 Durch die Eingliederungshilfereform werden Leistungen unter verbesserten
Einkommens- und Vermögensregelungen gewährt und kommen somit auch
Blinden und Gehörlosen zu gute.

 Leistungen zur Sozialen Teilhabe (z.B. Assistenzleistungen, Leistungen zur
Mobilität) können zukünftig als pauschale Geldleistungen zur Verfügung gestellt
werden. Mit dem Verbleib der Blindenhilfe in der Sozialhilfe bleibt die
dadurch bestehende Teil-Privilegierung gegenüber den übrigen
Eingliederungshilfeleistungen erhalten.

Neben der Blindenhilfe nach dem SGB XII werden wie bisher (bei Bedarf) Leistungen
der Eingliederungshilfe erbracht. Für die Leistungen der Eingliederungshilfe ab dem
1.1.2020 wurde dies ausdrücklich gesetzlich festgelegt (vgl. § 72 Absatz 6 SGB XII).
Eine weitere Privilegierung ist aus Gleichbehandlungsgrundsätzen nicht möglich.

In der Stellungnahme des Behindertenbeauftragten weist dieser ergänzend darauf hin,
dass er den Wunsch des Petenten nach einer bundeseinheitlichen Regelung im Kern
nachvollziehen könne. Aufgrund der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und
Ländern besitzen die Länder in den ihnen nach dem Grundgesetz zugewiesenen
Kompetenzbereichen eine originäre staatliche Gewalt, die einer Kontrolle des Bundes
allerdings entzogen ist.

Da der Ausschuss aufgrund der obigen Ausführungen die zugrundeliegende
Rechtslage insgesamt für sachgerecht hält und sich nicht für die Gesetzesänderungen
im Sinne des Petenten auszusprechen vermag, sieht er hinsichtlich des Vorbringens
des Petenten keine Veranlassung zum Tätigwerden.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, da
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Der von der Fraktionen der AfD gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung zur
Berücksichtigung zu überweisen, ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Der von der Fraktionen der DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung - dem Bundesministerium für Arbeit und
Soziales - als Material zu überweisen, sie den Fraktionen des Deutschen Bundestages
zur Kenntnis zu geben, soweit es um die Notwendigkeit der Einführung eines
Bundesteilhabegeldes geht, und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen, ist
mehrheitlich abgelehnt worden.

Begründung (PDF)


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