Kindergeld/Kinderzuschlag - Anhebung des Kindergeldes auf ALG-2-Niveau

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
300 Unterstützende 300 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

300 Unterstützende 300 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:09

Pet 2-18-08-850-001927

Kindergeld/Kinderzuschlag
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 18.12.2014 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte. Begründung

Mit der Petition wird die Anhebung des Kindergeldes auf die Höhe der Regelbedarfe
in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
gefordert.
Zur Begründung der Eingabe wird im Wesentlichen angeführt, die angeregte
Erhöhung sei notwendig, um den Lebensunterhalt von Kindern zu sichern, was eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstelle. Für zahlreiche Menschen mit mehreren
Kindern sei die Ausübung einer normal bezahlten beruflichen Tätigkeit nicht mehr
lohnenswert, weil sie trotzdem finanziell häufig nicht besser gestellt seien als
Hartz IV-Empfänger mit gleicher Kinderanzahl. Schließlich sei für zahlreiche
Menschen die Gefahr der Verarmung der Hauptgrund, sich gegen Kinder zu
entscheiden. Daher seien Familien finanziell besser zu stellen, was sich auch positiv
auf die Binnennachfrage auswirken würde. Im Übrigen sei die geplante Verschiebung
der Kindergeld-Erhöhung auf das Jahr 2016 zurückzunehmen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist als öffentliche Petition im Internet veröffentlicht worden. Sie wurde
durch 300 Mitzeichnungen unterstützt und es gingen 118 Diskussionsbeiträge ein.
Überdies haben den Petitionsausschuss zu dieser Thematik derzeit zwei weitere
Eingaben mit verwandter Zielrichtung erreicht, die wegen des Sachzusammenhangs
einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung zugeführt werden.

Schließlich hat der Petitionsausschuss der Bundesregierung Gelegenheit gegeben,
ihre Haltung zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen
Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss erkennt die Erziehungsleistungen von Eltern ausdrücklich
an. Gleichwohl sieht er keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Sinne der
Eingabe.
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass das Kindergeldrecht
seit dem Jahressteuergesetz 1996 in den §§ 31f., 62-78 Einkommensteuergesetz
(EStG – Familienleistungsausgleich) und im Bundeskindergeldgesetz (BKGG)
geregelt ist. Das steuerrechtliche Kindergeld in Form eines Kinderfreibetrages (§ 32
EStG) oder einer monatlich zu zahlenden Steuervergütung (§§ 62 ff. EStG) erhalten
etwa 99% der Anspruchsberechtigten. Das sozialrechtliche Kindergeld nach dem
BKGG erhält ca. ein Prozent der Anspruchsberechtigten. Die Höhe des Kindergeldes
ist nach beiden gesetzlichen Regelungen gleich (für erste und zweite Kinder jeweils
184 € monatlich; für dritte Kinder 190 € monatlich; für das vierte und jedes weitere
Kind 215 € monatlich). Das aus öffentlichen Mitteln für jedes Kind an
Erziehungsberechtigte gezahlte Kindergeld wird unabhängig von der Höhe des
Einkommens der Eltern bezahlt. Es wird mindestens bis zur Vollendung des
18. Lebensjahres gezahlt. Befindet sich das Kind sich in einer Schul- bzw.
Berufsausbildung oder im Studium, wird Kindergeld bis zur Vollendung des
25. Lebensjahres gewährt. Ziel des Kindergeldes ist u. a., die durch Kinder
entstehenden Belastungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Familien
teilweise zu kompensieren.
Mit Blick auf das vorgetragene Anliegen, das Kindergeld auf das sog. Hartz IV-
Niveau anzuheben, merkt der Petitionsausschuss an, dass der monatliche
Regelbedarf in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) bei Kindern unter sechs Jahren 229 € beträgt, bei Kindern
zwischen sechs und 13 Jahren 261 €, bei Kindern zwischen 14 und 17 Jahren 296 €
und bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren, die mit ihren Eltern oder
einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, 313 €.
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass das Kindergeld eine steuerliche
Leistung ist und anderen verfassungsrechtlichen Anforderungen unterliegt als die in

der Grundsicherung für Arbeitsuchende festgelegten Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes. Wie eingangs ausgeführt, wird grundsätzlich die geminderte
Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen mit Kindern im sog.
Familienleistungsausgleich berücksichtigt. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darf bei der Besteuerung von Eltern ein
Einkommensbetrag in Höhe des sächlichen Existenzminimums, des
Betreuungsbedarfs und des Erziehungsbedarfs ihrer Kinder nicht besteuert werden.
In seiner grundlegenden Entscheidung vom 29. Mai 1990 hat das BVerfG ausgeführt,
dass der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen
muss, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges
Dasein benötigt wird. Bei der Besteuerung einer Familie gilt, dass das
Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss. Wenn der
Staat es in verfassungsmäßiger Weise dem Bürger überlässt, die
unterhaltsbedürftigen Familienmitglieder zu unterstützen, wäre es inkonsequent,
diesem die dafür benötigten Mittel im Wege der Besteuerung ganz oder teilweise mit
der Folge zu entziehen, dass der Staat die Unterstützung der Bedürftigen selbst
übernehmen müsste.
Der Petitionsausschuss betont, dass sich aus diesen Vorgaben ergibt, dass zur
Sicherstellung der gebotenen Steuerfreistellung ein Abzug der Mindestaufwendun-
gen für den Grundbedarf eines Kindes von der Steuerbemessungsgrundlage erfor-
derlich ist. Der Familienleistungsausgleich im Einkommensteuerrecht – bestehend
aus Kindergeld und alternativ Freibeträgen für Kinder – gewährleistet die
verfassungsgerichtlich gebotene Freistellung des Kinderexistenzminimums: Zunächst
wird Kindergeld als Steuervergütung gezahlt. Reicht das Kindergeld nicht zur
Freistellung des Existenzminimums eines Kindes aus, werden im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagung die steuerlichen Freibeträge für Kinder zum Abzug
gebracht und das Kindergeld mit der Freibetragswirkung verrechnet. Nur soweit das
Kindergeld über den zur Steuerfreistellung notwendigen Betrag hinausgeht, dient es
der Förderung der Familie und hat damit die Wirkung einer Sozialleistung, die die
kindbedingten Belastungen abmildern soll.
Der Petitionsausschuss hebt hervor, dass im Hinblick auf die Höhe des Kindergeldes
zu bedenken ist, dass dem Gesetzgeber Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung
darüber zusteht, auf welche Weise er den ihm durch Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz
(GG) aufgetragenen Schutz der Familie verwirklichen will. Aus Artikel 6 Abs. 1 GG

i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zur
steuerlichen Freistellung des Familienexistenzminimums entnehmen, nicht aber die
Entscheidung darüber, in welchem konkreten Umfang und in welcher Weise dies
vorzunehmen ist. Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen
sich aus dem Förderungsgebot des Artikels 6 Abs. 1 GG nicht herleiten. Dieses geht
insbesondere nicht so weit, dass der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie
treffende (finanzielle) Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu
entlasten. Aus Artikel 6 Abs. 1 GG folgt auch nicht, dass der Staat die Familie ohne
Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern hätte. Die staatliche
Familienförderung durch finanzielle Leistungen steht unter dem Vorbehalt des
Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der
Gesellschaft beanspruchen kann. Außerdem hat der Gesetzgeber im Interesse des
Gemeinwohles neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei
seiner Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die
Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten.
Der Petitionsausschuss gibt zu bedenken, dass bereits eine Erhöhung des
Kindergeldes um 10 € für den Bundeshaushalt Mehrausgaben von ca. 1,6 Mrd. Euro
jährlich bedeuten würden. Eine Erhöhung des Kindergeldes – wie in der Eingabe
gefordert auf das sog. Hartz IV-Niveau – würde den Bundeshaushalt damit jährlich
zusätzlich im hohen zweistelligen Milliardenbereich belasten. Nach dem Dafürhalten
des Petitionsausschusses wäre eine solche Erhöhung in keinster Weise realisierbar.
In diesem Zusammenhang ergänzt der Ausschuss, dass die derzeit in der
Öffentlichkeit diskutierte Verschiebung der Kindergeld-Erhöhung um zwei Euro auf
das Jahr 2016, um dann eine großzügigere Regelung für Eltern zu finden, ebenfalls
in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers fällt. Denn nach der Verfassung ist er
verpflichtet, die Kinderfreibeträge anzuheben, wenn das Existenzminimum steigt. Er
muss dann aber nicht zwangsläufig auch das Kindergeld erhöhen. In diesem
Zusammenhang ist auch immer der mit einer Erhöhung des Kindergeldes
verbundene Verwaltungsaufwand abzuwägen. Überdies wird in diesem Herbst der
nächste Existenzminimumbericht vorgelegt. Daraus könnte sich die Notwendigkeit
ergeben, die steuerlichen Freibeträge weiter anzuheben. Unabhängig davon, dass
der Abschluss des laufenden Meinungsbildungsprozesses abzuwarten bleibt, spricht
sich der Petitionsausschuss für eine Kindergeld-Erhöhung von mehr als zwei Euro

für das Jahr 2016 aus, weil der damit verbundene Verwaltungsaufwand eher in
einem angemessenen Verhältnis zur Erhöhung stehen dürfte.
Abschließend merkt der Petitionsausschuss an, dass Erwerbstätige, die mit ihrem
Erwerbseinkommen den Lebensunterhalt der Familie nicht decken können, einen
Rechtsanspruch auf Grundsicherungsleistungen entweder als ergänzendes
Arbeitslosengeld II oder für die Kinder als ergänzendes Sozialgeld haben. Dabei ist
das Kindergeld als vorrangige Leistung einzubeziehen. Daneben wird durch die
leistungsrechtlichen Regelungen zur Berücksichtigung von Erwerbseinkommen
sichergestellt, dass Erwerbstätige ein Haushaltseinkommen oberhalb des
soziokulturellen Existenzminimums erreichen (§ 11b Abs. 3 SGB II). Beispielsweise
wird bei Erwerbstätigen mit mindestens einem minderjährigen Kind bei einem
Bruttoeinkommen von 1.500 € ein Freibetrag vom anzurechnenden Nettoeinkommen
in Höhe von 330 € in Ansatz gebracht.
Aus den vorgenannten Gründen vermag der Petitionsausschuss das vorgetragene
Anliegen nicht zu unterstützen. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Der abweichende Antrag der Fraktion DIE LINKE., die Petition der Bundesregierung
– dem Bundesministerium der Finanzen – als Material zu überweisen, soweit es die
verbesserte soziale Absicherung von Kindern betrifft, und das Petitionsverfahren im
Übrigen abzuschließen, wurde mehrheitlich abgelehnt.Begründung (pdf)


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