Kundenschutz im Telekommunikationsbereich - Deaktivierbarkeit aller Aufnahmefunktionen elektronischer Geräte durch den Benutzer

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
258 Unterstützende 258 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

258 Unterstützende 258 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

04.03.2016, 03:24

Pet 1-18-06-2263-017168

Internet
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 18.02.2016 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte. Begründung

Mit der Petition wird eine hardwareseitige Deaktivierbarkeit aller Aufnahmefunktionen
elektronischer Geräte durch den Benutzer gefordert.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass immer mehr
moderne elektronische Geräte mit Internetanschluss Sprach- und Bilddaten des
Benutzers auswerten würden. Dabei würden diese Daten oftmals über das Internet
an eine dem Nutzer unbekannte Stelle geschickt. Dies stelle eine erhebliche
Gefährdung der Privatsphäre dar, da private Gespräche und Bilder ungefragt an
Dritte übermittelt würden. Zudem würden sich elektronische Geräte oftmals in der
Wohnung des Nutzers befinden, die durch Artikel 13 Grundgesetz einen besonderen
Schutz erfahre. Eine weitere Gefährdung entstehe durch Viren, Würmer, Trojaner
und Spyware, die von Kriminellen auf den Geräten über das Internet eingeschleust
werden könnten. Auf diese Weise könnten Kriminelle ihre Opfer ausspionieren, da
die eingesetzte Spionagesoftware an der Software des Geräts vorbei die
Aufnahmefunktionen steuern könne.
Vor diesem Hintergrund wird mit der Petition begehrt, dass alle Aufnahmefunktionen
(Mikrofon, Kamera etc.) von elektronischen Geräten (z. B. Smartphones, Tablets,
Laptops, Fernseher, Digitalkameras, Haushaltsgeräte) durch den Benutzer
deaktivierbar sein müssen. Die Deaktivierung müsse hardwareseitig (z. B. durch
galvanische Trennung durch einen einfachen Schalter) möglich sein und dürfe durch
das Gerät selbst nicht aufhebbar sein. Die vorgeschlagene Deaktivierungsfunktion
sei der einzige wirksame Schutz vor Softwarefehlern und Schadsoftware.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.

Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 258 Mitzeichnungen und 31 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt zunächst fest, dass durch Schadsoftware oder
Programme, die – selbst bei abgeschalteter Gerätefunktion – Daten unbemerkt
weiterleiten, hohe materielle und immaterielle Schäden entstehen können.
Zum Schutz hiervor bietet der Ansatz, Aufnahmefunktionen von elektronischen
Geräten mittels einer reinen Hardwarelösung zu deaktivieren, aus technischer Sicht
zwar grundsätzlich eine sichere Funktion, da ein physischer Schalter regelmäßig nur
durch einen physischen Zugang zum Gerät überwunden werden kann. Angriffswege
über die Datenschnittstellen der Geräte können so gesichert werden. Nach dem
heutigen Stand der Technik werden jedoch die verfügbaren Schalter an
elektronischen Geräten – insbesondere der hier im Fokus stehenden mobilen
Telekommunikationstechnik – durch Software gesteuert. Das Problem einer
potenziell unsicheren Software, z. B. einer App auf einem Smartphone, würde
lediglich auf eine andere Software, nämlich die zur Steuerung des Schalters,
verlagert. Die Nutzung von vorhandenen Schaltern in mobilen Geräten ist daher in
technischer Hinsicht überholt. Das Anliegen der Petition, eine Pflicht einzuführen,
einen rein hardwareseitigen Schalter in alle elektronischen Geräte einzubauen, ist
daher aus Sicht des Petitionsausschusses nachvollziehbar.
Der Ausschuss gibt jedoch zu bedenken, dass eine gesetzliche Forderung nach
einer hardwareseitigen Deaktivierungsfunktion, z. B. durch einen galvanisch
trennenden Schalter für bestimmte Geräteteile, schwierig umzusetzen wäre. Selbst
wenn eine solche nationale Vorschrift erlassen werden könnte, würden „schalterlose“
Geräte nach wie vor in Gebrauch genommen werden. Dies liegt einerseits an den
Vorgaben zum europäischen Binnenmarkt, nach denen Nationalstaaten keine
Handelshemmnisse für normenkonforme Geräte aufbauen dürfen, und andererseits
an der Mehrzahl von Konsumenten, die möglichst preiswerte und leicht bedienbare
Geräte mit möglichst umfassenden und jederzeit bereiten Funktionen nachfragen.

Aus Gründen der Datensicherheit wäre es nach Auffassung des Ausschusses
begrüßenswert, wenn die Verbraucher nur solche Geräte in Betrieb nähmen, die
lediglich den jeweils genau gewünschten bzw. notwendigen Funktionsumfang
besitzen. Die Einsatzzwecke und Nutzerforderungen unterscheiden sich aber
teilweise stark, so dass Geräte entwickelt und vermarktet werden, die ein möglichst
breites Spektrum an Funktionen aufweisen. Die Basis hierfür bilden möglichst
einfache und günstig herzustellende Geräte (Hardware), die durch
Softwareanpassung vielfältige Einsatzmöglichkeiten bekommen. Denn gerade die
Softwaresteuerung ermöglicht in diesem Zusammenhang die fortschreitende
Miniaturisierung und Integration der Bauteile untereinander, was bei der Verwendung
von reinen Schaltern schon seit einigen Jahren nicht mehr möglich wäre. Die
Anforderung, dass einzelne Elemente der Endprodukte über eine überholte
technische Lösung jederzeit deaktivierbar sein müssen, wäre daher mit einem
starken Eingriff in die Herstellungsweise der betroffenen Technik verbunden.
Hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer solchen Regelung ist darüber hinaus zu
beachten, dass die Fertigung und Entwicklung der im Rahmen der Petition
relevanten Produkte zu einem ganz überwiegenden Anteil nicht in Deutschland
stattfindet. Der in Deutschland realisierbare Umsatz mit diesen Produkten ist im
Vergleich zum Weltmarkt nicht groß genug, um Hersteller dazu zu veranlassen,
spezifische Produkte nur für den deutschen Markt zu entwickeln.
In datenschutzrechtlicher Hinsicht merkt der Ausschuss an, dass Hersteller
elektronischer Geräte bereits nach geltendem Recht datenschutzrechtliche
Vorschriften zu beachten haben. Nach § 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
sind die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur
zulässig, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene
eingewilligt hat. Die Datenverarbeitung einschließlich der Datenübermittlung zur
Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zulässig,
soweit sie zur Wahrung berechtigter Interessen des Datenverarbeiters
(verantwortliche Stelle) erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass
das schutzwürdige Interesse des betroffenen Verbrauchers an dem Ausschluss der
Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Erfolgt die Übermittlung oder Nutzung
personenbezogener Daten für einen anderen als den der Erhebung
zugrundeliegenden Zweck, so ist dies nach § 28 Abs. 2 BDSG u. a. unter denselben
Voraussetzungen zulässig. Es ist also in jedem Einzelfall das Interesse des
Datenverarbeiters mit dem Interesse des Betroffenen abzuwägen. Fällt die

Abwägung zugunsten des Betroffenen aus und stehen keine anderen – ggf.
bereichsspezifischen – gesetzlichen Übermittlungsvorschriften zur Verfügung, kann
als Rechtsgrundlage nur die Einwilligung dienen, die den Anforderungen von § 4a
BDSG – u. a. freie Entscheidung des Betroffenen nach erfolgtem Hinweis – genügen
muss. Bei der Erhebung und Übermittlung höchstpersönlicher Informationen aus
Gesprächen, Texten oder Bildern wird in der Praxis regelmäßig anzunehmen sein,
dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der
Verarbeitung oder Nutzung seiner Daten das wirtschaftliche Interesse der
datenverarbeitenden Stelle überwiegt.
Die Einrichtung einer Deaktivierungsfunktion an Geräten ist daher nach geltendem
Datenschutzrecht nicht zwingend.
Ferner weist der Ausschuss darauf hin, dass das Europäische Parlament, der Rat
und die Europäische Kommission am 15. Dezember 2015 im sog. Trilog eine
Einigung über die Datenschutz-Grundverordnung erzielt haben, mit der das
Datenschutzrecht auf EU-Ebene harmonisiert und modernisiert werden soll. Die
Datenschutz-Grundverordnung, die im Frühjahr 2016 förmlich angenommen werden
soll, enthält u. a. eine Regelung, die den für die Datenverarbeitung Verantwortlichen
zum Datenschutz durch Technik und zur Vornahme datenschutzfreundlicher
Voreinstellungen (Datenschutz „by design“ und „by default“) verpflichtet. Der
entsprechende Vorschlag hierzu wurde auch von der Bundesregierung unterstützt.
Ergänzend macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass der Klageweg
beschritten werden kann, wenn elektronische Geräte missbräuchlich ohne explizite
Zustimmung des Eigentümers verwendet werden. Zudem kann der Verbraucher die
zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde informieren, die dann über das Ergreifen
aufsichtsbehördlicher Maßnahmen entscheidet. Darüber hinaus liegt es in der
Verantwortung des Endnutzers, ob und wie er solche Geräte nutzt.
Abschließend stellt der Ausschuss mithin fest, dass die Realisierung des mit der
Petition unterbreiteten Vorschlags für die Wirtschaft zu einem zu hohen Aufwand
führen würde, nicht erfolgsträchtig und daher im Hinblick auf den zu erzielenden
Zweck unverhältnismäßig wäre.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sach- und Rechtslage im Ergebnis keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf
zu erkennen und die mit der Petition erhobene Forderung nicht zu unterstützen.

Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.
Der von der Fraktion DIE LINKE. gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung -
dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz - zur Erwägung zu
überweisen, den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben und
dem Europäischen Parlament zuzuleiten, ist mehrheitlich abgelehnt worden.Begründung (pdf)


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