Region: Germany

Lärmschutz - Einrichtung regionaler "Lärm-Umweltzonen"

Petitioner not public
Petition is directed to
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
1,014 supporters 1,014 in Germany

The petition is denied.

1,014 supporters 1,014 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2016
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08/14/2018, 04:24

Pet 1-18-12-912-034454 Lärmschutz an Straßen

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 05.07.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird die Einrichtung von Lärm-Umweltzonen in Erholungsgebieten
gefordert.

Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 1.015 Mitzeichnungen und 114 Diskussionsbeiträge
vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte
im Einzelnen eingegangen werden kann.

Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass
Erholungsgebiete als Rückzugsmöglichkeit für die Bürger besser vor Lärm lauter
Straßen-, Wasser- und Luftfahrzeuge geschützt werden müssten. Daher sollten analog
den bereits bestehenden Umweltzonen regionale Lärm-Umweltzonen eingerichtet
werden. Für diese Lärm-Umweltzonen müssten strengere Lärmgrenzwerte
beschlossen werden. Fahrzeuge die diese Lärmgrenzwerte überschritten
(insbesondere Motorräder, Sportwagen mit lauten Sport-Auspuffanlagen, Quads,
Powerboote und lautstarke Fluggeräte), dürften die Zonen nicht befahren bzw.
überfliegen. Über die Höhe der Grenzwerte sollte eine Kommission von
Lärmgutachtern, Ärzten und weiteren Fachleuten entscheiden. Außerdem müssten die
Grenzwerte auch für Beschleunigungsphasen, Steig- und Sinkflüge und bei hohen
Geschwindigkeiten gelten. Die Werte sollten so niedrig sein, dass sie das Erholungs-
und Ruhebedürfnis der Bürger in den wenigen verbliebenen Ruhe- und
Erholungsgebieten nicht störten. Für Fahrzeugführer seien Lärm-Umweltzonen
zumutbar, da leise Motoren und Luftschrauben mittlerweile technisch möglich seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu der Petition wird zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Der Petitionsausschuss hält einführend fest, dass die Reduktion des Verkehrslärms
ein wichtiges Vorhaben zur Verbesserung der Lebensqualität ist. Der Lärmschutz an
der Quelle ist ein besonders wichtiger Baustein, wenn es um die Reduktion des
Verkehrslärms geht, wirkt flächendeckend und hat ein besonders gutes Nutzen-
Kosten-Verhältnis. Lärmschutz an der Quelle wird durch anspruchsvolle
Geräuschgrenzwerte für Fahrzeuge und Flugzeuge, durch entsprechende
Anforderungen an die im Verkehrswegebau eingesetzten Materialien sowie
realistische Mess- und Berechnungsverfahren erreicht, für die sich die
Bundesregierung konsequent auch in internationalen Gremien einsetzt.

Der Ausschuss weist darauf hin, dass alle neuen Kraftfahrzeuge gemäß den
einschlägigen EU-Vorschriften geprüft werden und bei Einhaltung der entsprechenden
Bestimmungen eine europaweit gültige Typgenehmigung erhalten. Im Zuge der
kontinuierlichen Fortschreibung der für das Geräuschverhalten von Kfz einschlägigen
EU-/UN-Vorschriften setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die
Geräuschanforderungen an Pkw, Lkw, Busse und Krafträder und deren
Austauschschalldämpferanlagen stetig an den fortschreitenden Stand der Technik
angepasst werden. Die ab dem 1. Juli 2016 für neue Typgenehmigungen
anzuwendende EU-Verordnung über den Geräuschpegel von Kfz und deren
Austauschschalldämpferanlagen weist hierzu eine stufenweise Senkung der
Geräuschgrenzwerte für Pkw und Lkw aller Klassen von 2016 bis 2024, im Vergleich
zum Geräuschverhalten vor 2016, um ca. 4 dB(A) auf. Des Weiteren wurden in der
EU-Verordnung Lösungen zu den, bei modernen Pkw teilweise anzutreffenden,
Wahlmöglichkeiten unterschiedlicher „Fahrmodi“ (wie zum Beispiel Normal, Sport, Off-
Road) und Schalldämpferanlagen mit variablen Geometrien (sog.
„Klappenauspuffanlagen“) mit ihren negativen Auswirkungen auf das in der Praxis
resultierende Geräuschverhalten gefunden. Demnach müssen alle „Fahrmodi“ und
Einstellungen von Klappenauspuffanlagen die zusätzlichen Bestimmungen zu
Geräuschemissionen bei der Beschleunigung des Fahrzeugs in unterschiedlichen
Getriebestufen erfüllen. Ähnliche Anforderungen gelten seit dem 1. Januar 2016 auch
für Motorräder.
Durch diese neuen Anforderungen werden die „Fehlentwicklungen der Hersteller der
letzten Jahre auf diesem Gebiet" wieder korrigiert. Im Rahmen der Weiterentwicklung
der EU/UN-Vorschriften setzt sich die Bundesregierung außerdem für eine weitere
Verschärfung der zusätzlichen Geräuschanforderungen (ASEP) im Bereich bis
100 km/h ein. Durch diese Maßnahme wären somit alle zulässigen Geschwindigkeiten
gemäß Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) außerhalb von Bundesautobahnen und
autobahnähnlichen Straßen abgedeckt. Auf Initiative der Bundesregierung wurde im
Februar 2016 auf der Sitzung der UNECE-Expertengruppe Geräusche (GRB) eine
Arbeitsgruppe eingerichtet, welche die ASEP-Anforderungen erneut überarbeiten soll.
Zu den vereinzelt anzutreffenden Forderungen, dass Kraftfahrzeuge bis zum Erreichen
ihrer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit entsprechende Fahrgeräusch-
grenzwerte einhalten sollten, ist anzumerken, dass neben den existierenden
technischen Problemen (Reproduzierbarkeit der Messergebnisse, Anpassung bzw.
Vorhandensein von hierfür notwendigen ISO-Teststrecken) hierfür keine Mehrheiten
innerhalb Europas beziehungsweise der UN erzielbar sind.

Der Ausschuss hebt hervor, dass die Reduzierung der Geräuschgrenzwerte bzw. die
Einführung neuer Vorschriften nach Einschätzung aller Experten nur dann zu
niedrigeren Realemissionen führt, wenn die Tendenz zu Manipulationen unterbunden
werden kann. Beschwerden über zu laute Pkw oder Motorräder sind fast ausnahmslos
auf technische Veränderungen/Manipulationen (z. B. Entfernen von Schalldämpfer-
einsätzen, Anbau nicht zugelassener oder veränderter Schalldämpfer, Nutzung von
nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassenen Fahrmodi) oder auf
rücksichtsloses Verhalten durch Fahren mit extrem hohen Drehzahlen bzw.
Geschwindigkeiten zurückzuführen.

Austauschschalldämpfer von Pkw und Motorrädern müssen ebenfalls den EU-
Geräuschvorschriften entsprechen. Im Rahmen der hierfür vorgeschriebenen
Prüfungen muss nachgewiesen werden, dass unter anderem auch hierbei die
Geräuschgrenzwerte eingehalten werden. Wird eine nicht genehmigte
Schalldämpferanlage an ein Fahrzeug angebaut oder eine genehmigte
Schalldämpferanlage unzulässig verändert, so erlischt die Betriebserlaubnis für das
Fahrzeug und es darf nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen. Bei der
Durchsetzung der Geräuschvorschriften im Verkehr befindlicher Fahrzeuge kommt der
Überwachung eine besondere Bedeutung zu. Die Durchführung von
Verkehrskontrollen, einschließlich der zu treffenden Maßnahmen, ist jedoch nach der
grundgesetzlichen Zuständigkeitsregelung ausschließlich Angelegenheit der Länder.
Wird ein manipuliertes, zu lautes Fahrzeug im Rahmen einer Verkehrskontrolle
angetroffen, so liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, welche auf Grund der vorsätzlichen
Begehung mit 180 Euro für den Fahrer bzw. 270 Euro für den Kraftfahrzeughalter zu
ahnden ist. Bei Häufungen solcher Verstöße einer Person und daraus abzuleitender
Uneinsichtigkeit des Fahrers/Halters kann darüber hinaus das Verhalten gemäß § 2
Abs. 12 Straßenverkehrsgesetz (StVG) an die zuständige Führerscheinstelle gemeldet
werden, um die Eignung des Fahrers/Halters zum Führen von Kraftfahrzeugen zu
überprüfen. Es ist anzumerken, dass z. B. die Sicherstellung unzulässiger
Schalldämpfer bzw. die Gestattung der Weiterfahrt erst nach Wiederherstellung des
vorschriftenkonformen Zustandes im Rahmen von Verkehrskontrollen in einigen
Regionen Deutschlands bereits heute die gängige Praxis darstellt. Diese beiden
vorgenannten Maßnahmen führen zu den nachhaltigsten Erfolgen.

Zu den Geräuschimmissionen von Flugzeugen hält der Ausschuss fest, dass die
Zulassungsgrenzwerte durch die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO)
festgelegt werden. In ihrer Versammlung im Herbst 2013 hat die ICAO unter anderem
auch durch den engagierten Einsatz Deutschlands eine weitere Verschärfung der
Grenzwerte beschlossen, die in wesentlichen Teilen schon Ende 2017 und vollständig
2020 in Kraft treten soll. Ferner gilt in Deutschland an Landeplätzen mit mehr als
15.000 Flugbewegungen pro Jahr die Landeplatz-Lärmschutz-Verordnung. Diese
Verordnung definiert in Abhängigkeit des Lärmemissionsniveaus zeitliche
Einschränkungen für den Betrieb von propellergetriebenen Flugzeugen und
Motorseglern zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm.

Die zulässigen Geräuschemissionen, die von Sportbooten und Wassermotorrädern
ausgehen dürfen, sind durch EU-Recht geregelt und werden in Deutschland ohne
Abstriche angewandt. Darüber hinaus werden Geräuschemissionen national durch
Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Wasserstraßen, die Einschränkung
oder das Verbot des Befahrens von bestimmten Strecken oder Naturschutzgebieten
unter Beteiligung aller Interessengruppen abgestimmt und wirksam reduziert.

Der mit der Petition geforderten Einrichtung sogenannter Lärm-Umweltzonen kann
nach dem Dafürhalten des Petitionsausschusses nicht entsprochen werden. Analog
der Umweltplaketten in Umweltzonen müssten Fahrzeuge mit Lärmplaketten auf der
Windschutzscheibe eingestuft werden, um die Einhaltung der Lärm-Umweltzonen im
Rahmen von Verkehrskontrollen überprüfen zu können. Dies wäre mit einem
erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Die Einstufung neu in den Verkehr
kommender Fahrzeuge könnte mit erheblichem Voraufwand ermöglicht werden.
Jedoch würden unzulässige Änderungen/Manipulationen (beispielsweise nicht
zugelassene Schalldämpfer), zulässige Änderungen mit Geräuschbezug
(beispielsweise Umrüstung auf breitere Reifen) und durch das Fahrverhalten
beeinflusste Faktoren (beispielsweise „hochtouriges Fahren“) nicht erfasst werden.
Ebenfalls wäre die Einstufung von „bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen“ kaum
umsetzbar, da aus den Unterlagen der Datenbank des Zentralen Registers des KBA
lediglich die Angaben zu Fahr-, Standgeräusch und „Standgeräusch-Drehzahl“
vorliegen. Im Vorfeld der Einführung einer „Lärmplakette“ wäre somit eine
vergleichbare Vorgehensweise wie bei Abgasemissionen notwendig (Einführung von
Emissionsklassen, Codierung in den Fahrzeugpapieren, Regelungen zu Fahrzeugen,
welche freiwillig vorzeitig eine noch nicht obligatorisch anzuwendende Vorschrift
erfüllen (Vorerfüller) etc. Die hier anzupassenden Fahrzeugdokumente
(Zulassungsbescheinigung Teil I und II) sind zudem seit Oktober 2005 harmonisiert.
Diese Arbeiten müssten also mehrheitlich in Brüssel erfolgen. Aus den Verhandlungen
zu den Geräuschvorschriften mit den anderen Mitgliedstaaten ist jedoch bekannt, dass
hierfür keine Mehrheiten zu erlangen sind.

Um ein zumutbares Lärmschutzniveau zu erreichen bzw. zu erhalten, kommt, sofern
erforderlich, die Aufstellung von Lärmaktionsplänen nach § 47d des Bundes-
Immissionsschutzgesetzes durch die Gemeinden oder die nach Landesrecht
zuständigen Behörden in Betracht.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sach- und Rechtslage, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen
nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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