Mietrecht - Kindertagespflege im privaten Wohnraum

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
501 Unterstützende 501 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

501 Unterstützende 501 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:11

Pet 4-17-07-4011-048092

Mietrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 06.11.2014 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte. Begründung

Mit der Petition wird gefordert, dass die Kindertagespflege als freiberufliche Tätigkeit
von Tagespflegepersonen im privaten Wohnraum ausdrücklich erlaubt wird.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass das Urteil des
Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Juli 2012 (V ZR 2004/11) zu Rechtsunsicherheit
und dazu geführt habe, dass Wohnungsverwaltungen und
Eigentümergemeinschaften die Kinderbetreuung durch Tagesmütter in einer
Wohnung untersagen würden. Dies zeige aktuell die Entscheidung einer
Eigentümergemeinschaft in München. Dabei werde Kinderlärm vielfach als störend
oder die Abnutzung der Gemeinschaftsanlagen durch die Kinder als unangemessen
empfunden. Erforderlich sei daher die Änderung aller „tangierten Gesetze“, damit die
Kindertagespflege „im privaten Wohnraum, egal ob angemietet oder im Eigentum
stehend, offiziell und ausdrücklich erlaubt ist“.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die mit der Petition
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 501 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 89 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss mehrere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen
parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten,

dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden
kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Die in der Petition angesprochene Entscheidung des BGH war davon geprägt, dass
im zugrunde liegenden Fall die Teilungserklärung der
Wohnungseigentümergemeinschaft folgende Regelung enthielt:
"Die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung ist nur mit
Zustimmung des Verwalters zulässig. Die Zustimmung darf nur aus
wichtigem Grund verweigert werden. Bei Vorliegen eines wichtigen
Grundes kann sie auch von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht
werden. Als wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung gilt
insbesondere, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine
unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder
Hausbewohner befürchten lässt … . Erteilt der Verwalter eine beantragte
Zustimmung nicht …, so kann der betroffene Miteigentümer einen
Beschluss der Gemeinschaft herbeiführen, die die Entscheidung des
Verwalters mit dreiviertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen ändern
kann."
In dem vom BGH entschiedenen Fall war die Mieterin einer Eigentumswohnung als
Tagesmutter tätig. Einen gegen die Eigentümer der Wohnung geltend gemachten
Unterlassungsanspruch haben das Landgericht Köln und der BGH bejaht. Dabei
gründet der BGH diese Entscheidung nicht etwa auf die Unzumutbarkeit des
Kinderlärms, sondern allein auf einen Beschluss der Wohnungseigentümer, mit dem
die Erteilung der Genehmigung zur Kinderbetreuung in der Wohnung versagt und die
bereits bestehende Nutzung untersagt wurde.
Dieser Beschluss war von den Wohnungseigentümern, also den Vermietern der
Tagesmutter, nicht angefochten und damit bestandskräftig geworden, sodass der
BGH die Rechtmäßigkeit des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft nicht zu
prüfen hatte. Das Gericht hat sich somit mit der Frage einer möglichen Belästigung
durch Kinderlärm und einem möglichen Anspruch auf Duldung dieser
Beeinträchtigungen nicht befasst und auch nicht befassen müssen.

Ausdrücklich betont der BGH, dass die Eigentümer der betreffenden Wohnung es
bislang versäumt hatten, sich um die Erteilung einer Zustimmung zum Betrieb einer
Kindertagespflegestelle zu bemühen. Sie haben in dem vom BGH entschiedenen
Fall also trotz des bestehenden bereits gefassten Negativbeschlusses daher
weiterhin das Recht, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Über diesen Antrag
wäre – so das Gericht – „unter Berücksichtigung der tatsächlichen konkreten
Gegebenheiten innerhalb der Wohnungseigentumsanlage“ zu entscheiden.
Der BGH verweist in der Entscheidung darauf hin, dass ein entsprechender Antrag
eines Wohnungseigentümers auf Genehmigung der Tageskinderpflege auch unter
Berücksichtigung der Wertungen des § 22 Absatz 1a des Bundes-
Immissionsschutzgesetzes, die nach dem Willen des Gesetzgebers auch auf das
Wohnungseigentumsrecht ausstrahlen sollen, zu entscheiden ist. Die Vorschrift
lautet:
„Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen,
Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise
Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall
keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der
Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht
herangezogen werden.“
Der Gesetzgeber hat mit dieser erst im Jahr 2011 beschlossenen Vorschrift zum
Ausdruck gebracht, dass Kinderlärm, der von entsprechenden Einrichtungen
ausgeht, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung darstellt und er daher
hinzunehmen ist. Diese Norm gilt im Zivilrecht, also insbesondere im
Wohnungseigentumsrecht oder im Mietrecht, zwar nicht unmittelbar, dürfte jedoch
bei der Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Nutzung einer
Eigentumswohnung zur Tagesmutterbetreuung zulässig ist, von den Gerichten
heranzuziehen sein.
Die Gesetzesbegründung geht davon aus, „dass die Privilegierung des Kinderlärms
durch die neue Regelung … auf die Anwendung des Nachbarschaftsrechts nach
§ 906 BGB … und über das zivile Nachbarschaftsrecht hinaus auch auf das sonstige
Zivilrecht, insbesondere das Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht ausstrahlt,
soweit dieses jeweils für die Bewertung von Kinderlärm relevant ist“ (BT-
Drs. 17/4836, S. 7). Mit anderen Worten: Kinderlärm ist zwar nicht bedingungslos,
aber doch weithin auch in Wohneigentumsanlagen und in Mietwohngebäuden
hinzunehmen.

Vor diesem Hintergrund bedarf es aus Sicht des Petitionsausschusses keiner
weiteren gesetzlichen Änderungen. Insbesondere würde es einen unangemessenen
Eingriff in das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft
darstellen, wenn man ihr untersagen wollte, die Betreibung der Kindertagespflege in
einer der Wohnung von der Zustimmung des Verwalters abhängig zu machen. Eine
solche Regelung kann durch Vereinbarung der Eigentümer getroffen und auch
wieder geändert oder aufgehoben werden. Den berechtigten Belangen der
Kinderbetreuung kann im Falle der Verweigerung der Zustimmung im Wege der
Anfechtung dieser Entscheidung Genüge getan werden.
Soweit in der Petition die Auffassung vertreten wird, es handele sich bei der
Betreuung von Kindern in der Tagespflege nicht um eine Gewerbe, wird auf die
anders lautenden Feststellungen des BGH in der angesprochenen Entscheidung
verwiesen. Auch hier besteht kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen der Petition nicht entsprochen werden konnte.Begründung (pdf)


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