Pfändungsschutz - Lohnpfändung bei Dienstwagennutzung

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
32 Unterstützende 32 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

32 Unterstützende 32 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:15

Pet 4-17-07-31051-047931Pfändungsschutz
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 13.02.2014 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent schlägt eine Veränderung des Pfändungsgesetzes bei beruflich und privat
genutzten Dienstwagen vor.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, die Anwendung der
steuerrechtlichen 1-%-Regelung führe dazu, dass in den meisten Fällen und bei
durchschnittlichen Gehältern zu viel abgezogen werde. Die Fahrten zwischen Heim-
und Arbeitsstätte seien kein purer Luxus, nur weil ein Dienstwagen zur Verfügung
stehe, sondern Teil der zu erbringenden Arbeit.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 32 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 25 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Gemäß § 850c Absatz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist Arbeitseinkommen
unpfändbar, wenn es nicht mehr als 1.028,89 Euro monatlich beträgt.
Die Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens richtet sich nach § 850e ZPO.
Maßgeblich ist nach § 850e Nummer 1 ZPO grundsätzlich das Nettoeinkommen:
Nicht mitzurechnen sind die nach § 850a ZPO der Pfändung entzogenen Bezüge,

ferner Beträge, die unmittelbar auf Grund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher
Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen
sind.
Für sich genommen unpfändbare Naturalleistungen wie die Gewährung der
unentgeltlichen Nutzung eines Dienstwagens sind gemäß § 850e Nummer 3 ZPO mit
dem in Geld zahlbaren Einkommen zusammenzurechnen. In diesem Fall ist eine
Pfändbarkeit insoweit gegeben, als der dem Schuldner nach § 850c ZPO
verbleibende Betrag durch den Wert der Naturalleistung gedeckt wird
(Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 18.10.2012 - IX ZB 61/10, ZInsO 2012,
2342).
Vorgaben zur Ermittlung des Geldwertes der Naturalbezüge enthält § 850e ZPO
nicht. Der Wert der Naturalleistungen ist unter Berücksichtigung der ortsüblichen
Preise zu bestimmen. Anhaltspunkte für die Bewertung von Naturalleistungen bieten
die Richtsätze des Sozialversicherungs- und Steuerrechts (Smid in: Münchener
Kommentar, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 850e Rn. 40; Musielak/Becker, ZPO, 9. Aufl. 2012,
§ 850e Rn. 14; Meller-Hannich in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, 2. Auf. 2013, § 850e
ZPO, Rn. 24).
Bei der Ermittlung des maßgeblichen Nettowertes von Naturalbezügen sind auch
Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge vom geldwerten Bruttovorteil in Abzug
zu bringen (so Landesarbeitsgericht [LAG] Hamm, Urteil vom 10.04.1991, 2 (16)
Sa 619/90, BeckRS 2009, 67014; Musielak/Becker, ZPO, 9. Auflage 2012, § 850e
Rn. 14). Die Zusammenrechnung des in Geld zahlbaren Einkommens und der
Naturalien obliegt dem Drittschuldner, d. h. dem Arbeitgeber (BGH, Beschluss vom
13.12.2012 – IX ZB 7/12, NZI 2013, 98).
In der Praxis wird der geldwerte Vorteil der Privatnutzung eines Dienstwagen in der
Regel entsprechend den lohnsteuerrechtlichen Vorschriften bemessen (vgl. LAG
Hamm, Urteil vom 10.04.1991, 2 (16) Sa 619/90, BeckRS 2009, 67014; LAG
Hessen, Urteil vom 15. 10. 2008, 6 Sa 1025/07, NZI 2009, 526). Die Nutzung eines
betrieblichen Kraftfahrzeugs durch einen Arbeitnehmer für private Zwecke ist gemäß
§ 8 Absatz 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Verbindung mit § 6 Absatz 1
Nummer 4 EStG bei diesem als geldwerter Vorteil zu versteuern.
Der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung kann steuerrechtlich pauschal nach der
1-Prozent-Regelung mit monatlich 1 % des inländischen Brutto-Listenpreises im
Zeitpunkt der Erstzulassung bemessen werden oder mit den tatsächlichen, durch

Fahrtenbuch ermittelten Aufwendungen, die auf die Privatfahrten entfallen. Hinzu
kommt die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Als Wertansatz
für diese Fahrten kann entweder der nach Fahrtenbuch ermittelte Wert oder aber
pauschal monatlich 0,03 % des Brutto-Inlands-Listen(neu)preises je
Entfernungskilometer angesetzt werden, § 8 Absatz 2 Satz 3 EStG.
Die Zusammenrechnung des in Geld zahlbaren Einkommens und der
Naturalvergütung nach § 850e Nummer 3 ZPO ist gerechtfertigt, denn durch die
Überlassung des Dienstwagens auch zu privaten Zwecken erspart der Schuldner
eigene Aufwendungen, die ein vergleichbarer Arbeitnehmer, dem kein Dienstwagen
überlassen wird, aus dem pfändungsfreien Vermögen zu bestreiten hätte.
Aufgrund der Vielzahl der in Betracht kommenden Naturalleistungen erscheint es
nicht sachdienlich, die pfändungsrechtliche Behandlung von Dienstwagen
ausdrücklich zu regeln.
Die Anknüpfung an die lohnsteuerrechtliche 1-%-Regelung bei Dienstwagen ist zwar
in der Praxis zweckmäßig, weil sie dem Arbeitgeber einen klaren Maßstab bietet.
Einer entsprechenden gesetzlichen Festschreibung steht jedoch entgegen, dass
Sachleistungen im geschäftlichen Verkehr von größerem Wert für den Lebensbedarf
des durch die Pfändung beschränkten Schuldners von nachrangiger Bedeutung sein
können. Bei der Zusammenrechnung ist außerdem zu berücksichtigen, dass ein
vergleichsweise hoher wirtschaftlicher Wert der Sachleistung – z. B. bei
hochpreisigen Dienstwagen – nicht zur Schmälerung des für den notwendigen
Lebensunterhalt des Schuldners erforderlichen Arbeitseinkommens, das in Geld
zahlbar ist, führen sollte.
Ein anderer Ansatz wäre etwa, den Wert der Privatnutzung eines Dienstfahrzeuges
mit dem Betrag anzusetzen, den der Schuldner erspart, weil er von der Anschaffung
und Nutzung eines eigenen, seinen beengten Verhältnissen entsprechenden
Fahrzeuges absehen kann (z. B. der Betrag, den sich der Schuldner für Privatfahrten
mit öffentlichen Verkehrsmitteln erspart, vgl. Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl.
2010, Rn. 1168a mit Verweis auf OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1585).
§ 850e ZPO gewährt den Gerichten mithin derzeit die erforderliche Flexibilität, um
den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht zu werden.
Darüber hinaus enthält auch § 850f Absatz 1 ZPO eine Regelung, mit der der
individuellen Situation des Schuldners Rechnung getragen werden kann. Danach
kann das Vollstreckungsgericht dem Schuldner auf Antrag von dem nach 850c ZPO

pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil unter anderem dann belassen,
wenn der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen der
notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Elften Kapitels des Zwölften
Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat,
nicht gedeckt ist, und überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.
Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht
für eine Gesetzesänderung im Sinne des Petenten auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen des Petenten nicht entsprochen werden konnte.Begründung (pdf)


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