Rechtsstellung der Beamten - Abschaffung des Streikverbotes für Beamte

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
158 Unterstützende 158 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

158 Unterstützende 158 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2014
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:10

Pet 1-18-06-2010-007930

Rechtsstellung der Beamten
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 18.12.2014 abschließend beraten und
beschlossen:

Die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium des Innern – zu
überweisen. Begründung

Mit der Eingabe wird die Abschaffung des Streikverbotes für Beamte gefordert.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des
Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 158 Mitzeichnungen und
31 Diskussionsbeiträgen sowie mehrere Eingaben mit verwandter Zielsetzung vor,
die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der
vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das
Streikverbot sowie das Verbot von Tarifverhandlungen für Beamte im Grundgesetz
(GG) nicht explizit verankert, sondern durch die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zu den hergebrachten Grundsätzen des
Berufsbeamtentums im Sinne von Artikel 33 Absatz 5 GG anerkannt worden sei. Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe jedoch aus Artikel 11
der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) abgeleitet, dass das
Streikrecht und das Recht auf „Kollektivverhandlungen“ auch für Beamte gelte. So
könnten zwar bestimmte Beamtengruppen vom Streikrecht ausgenommen werden,
jedoch nicht Beamte im Allgemeinen. Da die Bundesrepublik Deutschland die EMRK
ratifiziert habe, sei sie völkerrechtlich an die EMRK und die Urteile des EGMR
gebunden. Mittlerweile hätten schon die ersten deutschen Verwaltungsgerichte (VG),
wie z. B. das VG Düsseldorf und das VG Kassel, festgestellt, dass Sanktionen
gegenüber Beamten aufgrund einer Streikteilnahme nicht möglich seien bzw. ein
Streikrecht für Beamte im nicht-hoheitlichen Bereich bestehen könne. Zur
Beseitigung der vorliegenden Rechtsunsicherheit müsse Artikel 9 Absatz 3 GG um

eine Klarstellung dahingehend ergänzt werden, dass das Recht auf Arbeitskampf,
Streik und Tarifverhandlungen sowohl für Arbeitnehmer als auch für Beamte gelte.
Ggf. solle auch eine entsprechende Änderung des Artikels 33 Absatz 5 GG
vorgenommen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt zunächst grundsätzlich fest, dass das in Artikel 9
Absatz 3 GG gewährleistete Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, für Beamte Beschränkungen durch
die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne von Artikel 33
Absatz 5 GG erfährt. Zu diesen hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums
zählt auch das Streikverbot, das aus der lebenslangen Treuepflicht des Beamten
resultiert und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in einem
funktionalen Zusammenhang mit der verfassungsrechtlich ebenfalls aus Artikel 33
Absatz 5 GG folgenden Alimentations- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn
gegenüber dem Beamten steht. Die beiderseitigen Pflichten von Dienstherrn und
Beamten konstituieren das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis im Sinne
von Artikel 33 Absatz 4 GG und begründen das Streikverbot für Beamte.
Zur Treuepflicht des Beamten gehört die Pflicht zur ausschließlich
gemeinwohlorientierten, insbesondere uneigennützigen und unparteilichen
Amtsführung, was nicht zuletzt ein Verbot kollektiver Arbeitskampfmaßnahmen
beinhaltet. Die Treuepflicht des Beamten einerseits sowie die Alimentations- und
Fürsorgepflicht des Dienstherrn andererseits sind die wechselseitigen
Grundpflichten, die das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis
kennzeichnen. Der Ausschuss hebt hervor, dass an die Stelle der Sicherung
angemessener Arbeitsbedingungen durch das Streikrecht für Beamte als
funktionales Äquivalent die auch subjektivrechtlich einforderbare Sicherung durch
das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn tritt. Das Fehlen
eines Streikrechts für Beamte bewirkt nach Ansicht des Ausschusses insofern keine
Schutzlosigkeit. Vielmehr besteht aufgrund der aus Artikel 33 Absatz 5 GG folgenden
Pflichten des Dienstherrn zur Alimentation und Fürsorge ein weitreichender

verfassungsrechtlich abgesicherter Schutz hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und
der Besoldung. Insbesondere durch die jüngste Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, die hinsichtlich der Beamtenbesoldung Begründungs-,
Überprüfungs- und Beobachtungspflichten des Gesetzgebers postuliert
(BVerfGE 130, 263 [301 f.]), ist der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene
Alimentation nochmals bestätigt worden.
In diesem Zusammenhang macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass das
Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 27. Februar 2014 (Az. 2 C 1.13)
dementsprechend entschieden hat, dass das beamtenrechtliche Streikverbot
weiterhin Geltung beansprucht. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht eine
Kollision mit der EMRK festgestellt, die der Bundesgesetzgeber nach dem Grundsatz
der praktischen Konkordanz auflösen müsse. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur
Begründung ausgeführt, dass Artikel 33 Absatz 5 GG ein umfassendes Verbot
kollektiver Kampfmaßnahmen für alle Beamten enthalte. Demgegenüber räume
Artikel 11 EMRK (Koalitionsfreiheit) den Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die
nicht genuin hoheitliche Befugnisse ausüben, ein Recht auf Tarifverhandlungen und
kollektive Kampfmaßnahmen ein. Es gebe eine verfassungs- und völkerrechtliche
Verpflichtung, Artikel 11 EMRK in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren. Dies
könne nicht durch eine konventionskonforme Auslegung von Artikel 33 Absatz 5 GG
erreicht werden. Da der Bund die Gesetzgebungszuständigkeit für das Statusrecht
der Beamten habe, sei es Sache des Bundesgesetzgebers zu entscheiden, ob und
inwieweit die verfassungsunmittelbare Geltung des statusbezogenen Verbots
kollektiver Kampfmaßnahmen für Beamte im Hinblick auf Artikel 11 EMRK
eingeschränkt werden soll. Solange dies nicht geschehen sei, beanspruche das
Verbot nach Artikel 33 Absatz 5 GG Geltung.
Zu dieser Problematik sind beim Bundesverfassungsgericht bereits mehrere
gleichgelagerte Verfahren anhängig.
Zudem weist der Ausschuss darauf hin, dass der vom Bundesverwaltungsgericht
skizzierte gesetzgeberische Bedarf zur Lösung des Konfliktes zwischen
Verfassungsrecht und EMRK für nichthoheitliche Bereiche der Verwaltung neben
zahlreichen praktischen auch verfassungsrechtliche Fragen zum deutschen
Berufsbeamtentum aufwirft.
Vor gesetzgeberischen Maßnahmen sollte daher nach Ansicht des Ausschusses
zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden, von
der auch die Klärung offener verfassungsrechtlicher Fragen zu erwarten sein dürfte.

Abschließend merkt der Ausschuss an, dass der Deutsche Bundestag aufgrund des
Grundsatzes der Gewaltenteilung gemäß Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 GG und der
richterlichen Unabhängigkeit gemäß Artikel 97 Absatz 1 GG auf gerichtliche
Entscheidungen keinen Einfluss nehmen kann.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss im Ergebnis seiner
Prüfung, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium des Innern – zu
überweisen, um sie auf das Anliegen der Petition besonders aufmerksam zu
machen.Begründung (pdf)


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