Kraj : Německo

Reformvorschläge in der Sozialversicherung - Auswahlmöglichkeit zwischen Basis- und Normaltarif bei Arbeitslosen- und Rentenversicherung

Navrhovatel není veřejný
Petice je adresována
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
11 11 v Německo

Petice nebyla splněna

11 11 v Německo

Petice nebyla splněna

  1. Zahájena 2016
  2. Sbírka byla dokončena
  3. Předloženy
  4. Dialog
  5. Hotový

Toto je petice online des Deutschen Bundestags.

14. 09. 2017 4:25

Pet 3-18-11-8200-037938

Reformvorschläge in der
Sozialversicherung


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 05.09.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Der Petent möchte erreichen, dass Bürgerinnen und Bürger bei der Arbeitslosen- und
Rentenversicherung zwischen einem Basis- und einem Normaltarif wählen können.
Bei Wahl des Basistarifs soll ein niedrigerer Beitragssatz gezahlt werden, der
geringere Leistungen zur Folge hat.
Der Petent führt aus, dass die Leistungen aus dem Basistarif mit einem deutlich
niedrigeren Beitragssatz etwas über der Grundsicherung bzw. dem Existenzminimum
liegen sollten. Die Leistungen aus dem Normaltarif mit einem höheren Beitragssatz
sollten sich auf dem heutigen Niveau bewegen. Dabei sollte der Arbeitgeber für alle
Arbeitnehmer einen durchschnittlichen Beitragssatz zahlen. Der Arbeitnehmer erhielte
durch die Wahlmöglichkeit wieder mehr Selbstbestimmung über die eigene Vorsorge,
weil er den Wechsel in den Basistarif – hier müsste er die Aufrechterhaltung dieses
Tarifes gegenüber der Arbeitslosen- und Rentenversicherung alle fünf Jahre schriftlich
bestätigen – bewusst vornehmen würde. Auf die weiteren Ausführungen in der Petition
wird verwiesen.
Es handelt sich um eine Petition, die auf den Internetseiten des Deutschen
Bundestages veröffentlicht wurde und zur Diskussion bereitstand. Der Petition
schlossen sich 11 Mitzeichner an und es gingen 20 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Der Petitionsausschuss spricht sich gegen die vom Petenten vorgeschlagene
Wahlmöglichkeit eines Basis- oder Normaltarifs in der gesetzlichen Arbeitslosen- und
Rentenversicherung aus. Hierbei stützt er sich im Wesentlichen auf die Ausführungen
des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das hervorhebt, dass die
Arbeitslosenversicherung als Risikoversicherung in besonderer Weise auf das Prinzip
der Solidarität angewiesen ist. Ohne eine starke Solidargemeinschaft und eine daran
ausgerichtete Finanzierung wäre das Risiko des Einkommensausfalls wegen
Arbeitslosigkeit nicht zu vertretbaren Beiträgen versicherbar. Dies gilt nicht nur mit
Blick auf die Einbeziehung aller Beschäftigten in die Versicherungspflicht, sondern
auch im Hinblick auf die Gestaltung der Beitragszahlung. Die Einführung eines
Basistarifes würde dieses Solidaritätsprinzip schwächen. Eine Ausprägung des
Solidaritätsprinzips in der Arbeitslosenversicherung ist die breite Risikostreuung,
wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein niedrigeres Risiko haben,
arbeitslos zu werden, das Risiko von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit
höherem Arbeitslosigkeitsrisiko mittragen („Viele zahlen, Wenige nehmen Leistungen
in Anspruch"). Die Möglichkeit, sich zu einem niedrigeren Beitrag zu versichern,
würden vermutlich insbesondere diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
Anspruch nehmen, die einen sicheren Arbeitsplatz, ein hohes Einkommen oder
sonstige eigene Einkünfte haben. Eine dem Vorschlag entsprechende Regelung
würde damit das Prinzip des sozialen Ausgleichs schwächen: Die „Starken" würden
durch den niedrigeren Beitrag teilweise aus der Solidarität entlassen. Dies könnte nur
durch entsprechende Beitragserhöhungen kompensiert werden. Diese
Beitragsbelastung würde in erster Linie die „Schwachen" zusätzlich belasten.
Gegen den Vorschlag sprechen aber auch sozialpolitische Argumente: Würden sich
Beschäftigte, die nur einen geringen Arbeitslosengeldanspruch zu erwarten hätten, für
einen Basistarif entscheiden, hätte dies in vielen Fällen die Folge, dass sie im Falle
der Arbeitslosigkeit auf sonstiges Einkommen oder Vermögen zurückgreifen oder - bei
Hilfebedürftigkeit - aufstockend das aus Steuermitteln finanzierte Arbeitslosengeld II in
Anspruch nehmen müssten. Im letzteren Fall würde die Allgemeinheit die
Konsequenzen unzureichender Eigenvorsorge zu tragen haben.
Schließlich dienen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht nur zur
Finanzierung des Arbeitslosengeldes. Vielmehr werden durch sie auch die Leistungen
der aktiven Arbeitsmarktpolitik finanziert. Bei den Leistungen der aktiven
Arbeitsmarktpolitik wäre aber eine Abgrenzung zwischen „Versicherten im Normaltarif"

und „Versicherten im Basistarif" kaum praktikabel, da beispielsweise bei Maßnahmen
der beruflichen Eingliederung keine entsprechenden Differenzierungen möglich sind.
Vergleichbares gilt für die Forderung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung.
Zusätzlich ist hinsichtlich der vorgeschlagenen Mindestabsicherung mittels eines
Basistarifs zu bedenken, dass die gesetzliche Rentenversicherung als
vorleistungsbezogenes Versicherungssystem gekennzeichnet ist von der Äquivalenz
von Beitrag und Leistung. Diese steht dem Vorschlag des Petenten jedoch entgegen.
Denn die Höhe der lohn- und beitragsbezogenen Rente der gesetzlichen
Rentenversicherung ist grundsätzlich abhängig von der Anzahl der zurückgelegten
Versicherungsjahre und von der Höhe der versicherten Entgelte: Je mehr
Beitragsjahre vorliegen und je höher die versicherten Arbeitsentgelte und
Arbeitseinkommen sind, desto-höher ist folglich die aus der jeweiligen individuellen
Versicherungsbiographie berechnete Rente. Die Zahlung eines deutlich reduzierten
Basisbeitrages auf das jeweilige, individuelle Arbeitsentgelt würde aber, um in jedem
Fall Leistungen „etwas über der Grundsicherung/Existenzminimum" zu garantieren,
die Einführung einer Mindestrente erforderlich machen. Mindest- oder Grundrenten
widersprechen jedoch dem Äquivalenzprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung.
Hinzu kommen die bereits für die Arbeitslosenversicherung angeführten
sozialpolitischen Argumente. Es konterkariert den Solidaritätsgedanken, wenn
bewusst auf eine geringe Alterssicherung abgestellt würde ohne zusätzliche Vorsorge
zu betreiben und damit Dispositionen zulasten der Allgemeinheit ermöglicht würden.
Denn kann der Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft bestritten werden, müsste als
unterstes Netz des sozialen Sicherungssystems die steuerfinanzierte Sozialhilfe
eingreifen. Auch in solchen Fällen würde die Allgemeinheit die Konsequenzen
unzureichender Eigenvorsorge zu tragen haben.
Zum anderen muss bedacht werden, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht
nur die Absicherung im Alter leistet, sondern neben Erwerbsminderungs- und
Hinterbliebenenrenten aus den Beiträgen der Versicherten auch Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringt. Es verstieße
gegen das Prinzip der Beitragsgerechtigkeit, Versicherten, die mit der Wahl des
niedrigeren Basistarifs bewusst lediglich auf eine Absicherung des Existenzminimums
disponiert haben, im Bedarfsfall die gleichen Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zur Verfügung zu stellen wie
denjenigen, die ihr Einkommen in Gänze verbeitragt haben.

Aus dem bereits angeführten, umfassenden Leistungsspektrum der gesetzlichen
Rentenversicherung ergäben sich weitere Umsetzungsschwierigkeiten. So müsste
beispielsweise für einen jungen Versicherten im Basistarif, der voll erwerbsgemindert
wird, für die Berechnung seiner Erwerbsminderungsrente unterstellt werden, dass er
sein weiteres Erwerbsleben den Basistarif bezahlt hätte, auch wenn er dies
möglicherweise nur für die ersten Jahre eines niedrigen Verdienstes geplant hätte.
Eine entsprechend geringe Absicherung und eventuell erforderliche Ergänzung durch
Leistungen der Grundsicherung wären die Folge.
Zudem dürfen die finanziellen Aspekte eines solchen Systemwechsels nicht außer Be-
tracht gelassen werden. Derzeit erwirbt der einzelne Versicherte durch seine Beiträge
für die von der Versicherung kraft Gesetzes abgedeckten Risiken nicht nur
grundsätzlich individuelle Leistungsanwartschaften, sondern er trägt auch in gleichem
Maß zur finanziellen Deckung der von der Solidargemeinschaft insgesamt zu
tragenden Versicherungsrisiken bei (Umlageverfahren). Das bedeutet, dass alle
Leistungen in einem Zeitraum (z. B. Altersrenten, Hinterbliebenenrenten, Renten
wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit, Rehabilitationsleistungen) aus den
Beitragseinnahmen für denselben Zeitraum sowie den Zuschüssen des Bundes
finanziert werden. Die eingezahlten Beiträge werden also im Gegensatz zum
sogenannten Anwartschafts- bzw. Kapitaldeckungsverfahren, bei dem das
erforderliche Kapital zur Deckung der individuellen Anwartschaften verzinslich
angesammelt wird, in der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar zur sofortigen
Finanzierung bereits verwirklichter Risiken verwendet. Die Funktionsfähigkeit des
Umlageverfahrens wäre mit einem in der Höhe variablen Beitragssatz jedoch nicht
mehr vollständig garantiert.
Der Petitionsausschuss hebt hervor, dass selbst- und mitbestimmte Vorsorge für das
Alter – wie es der Petent ermöglichen will – schon heute in Form von zusätzlicher
Altersvorsorge erforderlich ist, um den Lebensstandard im Alter aufrecht zu erhalten.
Mit der Renteninformation, die Versicherte ab Vollendung des 27. Lebensjahres
jährlich erhalten, wurde bereits ein Instrument geschaffen, das der Vorausschau der
zu erwartenden persönlichen Altersrente dient und Grundlage für die ei-
genverantwortliche Planung einer zusätzlichen Altersvorsorge bilden kann.
Nach den vorangegangenen Ausführungen sieht der Petitionsausschuss keine
Möglichkeit, das gesetzgeberische Anliegen des Petenten zu unterstützen. Er
empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


Pomozte posílit občanskou účast. Chceme, aby vaše obavy byly vyslyšeny a zůstaly nezávislé.

Povýšte nyní