Region: Germany

Sicherheits- und Verteidigungspolitik - Einsatz der Bundeswehr im Inland

Petitioner not public
Petition is directed to
Deutschen Bundestag
912 supporters 912 in Germany

The petition is denied.

912 supporters 912 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2012
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11/18/2015, 16:14

Pet 1-17-14-580-040480Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 20.02.2014 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll die Verabschiedung eines Gesetzes erreicht werden, welches
den Einsatz der Bundeswehr im Inland regelt. Die Eingabe bezieht sich auf einen
Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2012.
Zu der Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
wurde, liegen dem Petitionsausschuss 912 Mitzeichnungen und
225 Diskussionsbeiträge sowie weitere sachgleiche Eingaben vor. Alle Petitionen
werden aufgrund des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung zugeführt. Es wird um Verständnis gebeten, dass dabei nicht auf alle
Gesichtspunkte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass durch den
Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) der bewaffnete Einsatz
der Streitkräfte in Deutschland erlaubt worden sei. Es wird u. a. kritisiert, dass ein
solcher Einsatz in Eilfällen allein durch die Bundesregierung ohne Kontrolle durch
den Bundestag beschlossen werden könne und die Voraussetzungen für den Einsatz
zu unbestimmt seien. Der Einsatz militärischer Mittel im Inland widerspreche sowohl
dem Grundgesetz und damit den Fundamenten der Bundesrepublik Deutschland als
auch dem vornehmlichen Ziel der Bundeswehr; der Verteidigung Deutschlands
gegen Angriffe von außen. Aufgrund historischer Erfahrungen und um die
Grundrechte der Bürger zu schützen, sei eine strikte gesetzliche Trennung der
Aufgaben von Polizei und Bundeswehr notwendig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Zunächst weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass die Regelungen des
Luftsicherheitsgesetzes sowie die Frage der aus dem Beschluss des BVerfG
folgenden Konsequenzen Gegenstand verschiedener parlamentarischer Fragen und
Beratungen sowohl des 17. als auch des 18. Deutschen Bundestag waren und sind
(u. a. Drucksachen 18/153; 17/10606, Frage 14 und 17/2843, Frage 13). Die
entsprechenden Dokumente können unter www.bundestag.de eingesehen werden.
Der Petitionsausschuss hat sich bereits aufgrund einer entgegengesetzten Eingabe,
die ebenfalls im Internet veröffentlicht und diskutiert wurde, mit dieser Angelegenheit
befasst. Das Ergebnis der parlamentarischen Beratung kann im Internet-Forum des
Petitionsausschusses unter der ID-Nr. 15475 eingesehen werden. Der Deutsche
Bundestag hat diese Eingabe am 27. September 2012 abgeschlossen, weil dem
Anliegen teilweise entsprochen worden ist.
Der Petitionsausschuss stellt zudem grundsätzlich fest, dass es sich bei der
vorliegenden Entscheidung des BVerfG um einen Plenarbeschluss und nicht um ein
Urteil handelt. Das Plenum des BVerfG ist anzurufen, wenn einer der zwei Senate
des BVerfG von der Rechtsauffassung des anderen Senats abweichen will, da er die
Entscheidungen des anderen Senats nicht überprüfen darf. Das Plenum ist keine
Instanz über jedem der beiden Senate, sondern stellt durch seinen verbindlichen
Beschluss die Einheitlichkeit der Rechtsprechung beider Senate sicher. Der
Petitionsausschuss macht darauf aufmerksam, dass der Beschluss seine
verbindliche Wirkung nur im Innenbereich des BVerfG entfaltet (vgl.
§ 16 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Außenwirkungen, z. B. die Bindung von
Verfassungsorganen des Bundes und der Länder oder Gesetzeskraft, kommen dem
Plenarbeschluss dagegen nicht zu.
Der Ausschuss stellt fest, dass die Streitkräfte – außer zur Verteidigung gegen
Angriffe auf das Bundesgebiet von außen – nach Artikel 87a Abs. 2 Grundgesetz
(GG) nur eingesetzt werden dürfen, soweit das Grundgesetz dies ausdrücklich
zulässt. Die Verfassung begrenzt den Streitkräfteeinsatz im Inneren in bewusster
Entscheidung auf äußerste Ausnahmefälle, die strengen Anforderungen unterliegen.
Die begrenzende Funktion dieser Regelung ist durch strikte Texttreue bei der
Auslegung der grundgesetzlichen Bestimmungen zu wahren. Zudem sind

insbesondere die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Artikel 87a Abs. 4 GG zu
berücksichtigen, der vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen den Einsatz der
Streitkräfte zur Bewältigung innerer Auseinandersetzungen besonders strengen
Beschränkungen unterwirft. Selbst im Falle des inneren Notstands gemäß
Artikel 91 GG sind diese strengen Anforderungen nicht automatisch erreicht. Die
Beschränkungen dürfen zudem nicht dadurch umgangen werden, dass der Einsatz
statt auf der Grundlage des Artikels 87a Abs. 4 GG auf der des Artikel 35 Abs. 2 oder
3 GG erfolgt.
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass nach der mehrheitlichen Ansicht des
Plenums des BVerfG weder der Wortlaut des Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG,
noch die Systematik des Grundgesetzes zwingend vorgeben, dass der
Streitkräfteeinsatz auf diejenigen Mittel beschränkt ist, die der Polizei nach dem
Gefahrenabwehrrecht des Einsatzlandes zur Verfügung stehen oder verfügbar
gemacht werden dürfen.
Der Ausschuss macht jedoch darauf aufmerksam, dass auch weiterhin ein
Streitkräfteeinsatz im Katastrophennotstand nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3
Satz 1 GG nur unter der Voraussetzung eines bereits vorliegenden „besonders
schweren Unglücksfalles“ zulässig ist, dessen zu erwartende katastrophale Schäden
unmittelbar einzutreten drohen oder schon eingetreten sind. Der Einsatz der
Streitkräfte sowie der Einsatz spezifisch militärischer Abwehrmittel sind zudem auch
in einer solchen Gefahrenlage nur als ultima ratio zulässig. Der Petitionsausschuss
weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein möglicher Verstoß der
Regelungen des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) gegen das Recht auf Leben in
Verbindung mit der Menschenwürdegarantie nicht Bestandteil der Prüfung durch das
Plenum des BVerfG war und somit die mit der Eingabe geäußerte Befürchtung eines
grundsätzlich zulässigen Einsatzes der Bundeswehr gegen die eigene Bevölkerung
nicht zutrifft. Des Weiteren ist die Trennung von Polizei und Streitkräften weiterhin
gewährleistet, da eine umfassende Gefahrenabwehr für den Luftraum mittels der
Streitkräfte nicht auf Artikel 35 Abs. 2 und 3 GG gestützt werden kann.
Der Ausschuss macht darauf aufmerksam, dass der Einsatz der Streitkräfte zwar
ohne Beteiligung des Deutschen Bundestages durch einen Beschluss der
Bundesregierung zulässig ist, diese jedoch als Kollegialorgan entscheiden muss und
damit der Eilkompetenz einzelner Regierungsmitglieder eine klare Absage erteilt
wurde.

Der Petitionsausschuss merkt abschließend an, dass das Urteil des Zweiten Senats
über die abstrakte Normenkontrolle zu den §§ 13, 14 Abs. 1, 2 und 4 sowie
§ 15 LuftSiG noch aussteht.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss zu diesem Zeitpunkt keinen
parlamentarischen Handlungsbedarf zu erkennen. Er empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen.
Der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der
Bundesregierung – dem Bundesministerium der Verteidigung – als Material zu
überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
wurde mehrheitlich abgelehnt.Begründung (pdf)


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