Sozialrecht - Anpassung und Überprüfung von sozialrechtlichen Leistungen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
202 Unterstützende 202 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

202 Unterstützende 202 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:12

Pet 3-17-11-217-056198Sozialrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 25.09.2014 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Die Petentin setzt sich dafür ein, dass niemand schlechter gestellt sein darf als
Bürger, die Grundsicherung erhalten.
Die Petentin weist darauf hin, dass Bürger, deren Einkommen knapp über dem
Sozialhilfesatz läge, oft sehr viel schlechter gestellt seien als Bürger, die
Grundsicherung beziehen. Sie erhielten keine Ermäßigungen in öffentlichen
Einrichtungen oder Freizeiteinrichtungen. Bei Bürgern mit Mehrfacherkrankungen
entstünde eine Kostenbeteiligung von ein bis zwei Prozent (vom Bruttoeinkommen)
für die Krankenkassen, die bei der Grundsicherung nicht berücksichtigt würden.
Zusätzlich entstünden weitere Kosten durch nicht übernommene Arzneimittel oder
aufwändige Diäten, die das Sozialamt bisher nicht anerkenne. Dies sei bei den
Mehrbedarfen zu berücksichtigen. Niemand dürfe wegen Mehrfacherkrankungen
benachteiligt werden. Die Liste der Erkrankungen, bei denen vom Sozialamt
Mehrbedarf zugestanden werde, sei zu erweitern und den tatsächlichen
Mehrbedarfen anzupassen.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Eingabe hingewiesen.
Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 48 Diskussionsbeiträge
und 202 Mitzeichnungen eingegangen.
Der Petitionsausschuss hat auch der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre
Haltung zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung
lässt sich u. a. unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:

Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass es zu unterscheiden gilt
zwischen den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), der Hilfe
zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII und der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Soweit die Petentin die Möglichkeit vonErmäßigungenim Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV), beim Rundfunkbeitrag und bei den Eintrittspreisen für
Veranstaltungen und für öffentliche Einrichtungen anspricht, sieht es
folgendermaßen aus:
- ÖPNV: Hier entscheiden die verschiedenen Verkehrsverbünde selbst, welche
Vergünstigungen sie welchem Personenkreis einräumen. Manche
Verkehrsverbünde gewähren spezielle Sozialtickets, manchmal mit gewissen
Nutzungseinschränkungen. Diese Vergünstigung gilt teils ausschließlich für
Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII, teils aber auch
zusätzlich für Bezieher von Wohngeld oder Kriegsopferfürsorge oder einer nur
geringen Rente. Manche Verkehrsverbünde gewähren keinerlei Vergünsti-
gung. Da die Verkehrsverbünde als private oder öffentliche Unternehmen dies
in Eigenverantwortung entscheiden, hat der Deutsche Bundestag hierauf
keinen Einfluss.
- Rundfunkbeitrag: Generelle Befreiung vom Rundfunkbeitrag erhalten alle
Haushalte, die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII beziehen. Die
Möglichkeit, eine Befreiung zu beantragen, haben jedoch auch Haushalte,
deren Einkommen nur geringfügig über dem Bedarf nach SGB II und SGB XII
liegt. In diesem Fall wird geprüft, ob das monatliche Einkommen diesen Bedarf
um mehr als den Rundfunkbeitrag übersteigt oder nicht. Falls nicht, löst dies
Hilfebedürftigkeit aus und der Haushalt ist zu befreien. In dieser Hinsicht wird
den Vorstellungen der Petentin also schon entsprochen.
- Eintrittspreise bei Veranstaltungen und öffentlichen Einrichtungen: Auch hier
entscheiden die privaten und öffentlichen Unternehmen in Eigenverantwortung
über eventuelle Vergünstigungen. Der Gesetzgeber hat darauf keinen
Einfluss.
Die Petentin hatte auch die Frage derMehrbedarfeangesprochen. Hierzu hält der
Petitionsausschuss zunächst Folgendes fest: Da die Regelbedarfe nach SGB II und
SGB XII und damit die Regelsätze auf der Basis von durchschnittlichen
Verbrauchsausgaben berechnet werden und damit auf Durchschnittswerten beruhen,

werden keine individuellen Konstellationen berücksichtigt, also auch keine
krankheitsbedingten oder behinderungsspezifischen Bedarfe. Dafür sind
Mehrbedarfe als Ergänzung vorgesehen, soweit es sich um längerfristig oder
dauerhaft bestehende Bedarfe handelt. Nach § 30 SGB XII sind dies:
- Mehrbedarf wegen Gehbehinderung
- Mehrbedarf für Schwangere
- Mehrbedarf für Alleinerziehende
- Mehrbedarf für Menschen mit Behinderung in einer Ausbildung
- Ernährungsbedingter Mehrbedarf
- Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung
Nur der zuletzt genannte Mehrbedarf und der Mehrbedarf für Alleinerziehende haben
keinen Bezug zur Gesundheit.
Bei den Mehrbedarfen für Gehbehinderte, Schwangere und für Menschen mit
Behinderung in der Ausbildung wird nur geprüft, ob die formalen
Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Die jeweilige Höhe der gewährten
Mehrbedarfe wird in § 30 SGB XII in Prozentsätzen der Regelbedarfsstufe 1 oder der
im Einzelfall geltenden Regelbedarfsstufe angegeben. Zusätzlich gibt es die
Möglichkeit, bei höherem Bedarf den Mehrbedarf zu verändern (Öffnungsklausel).
Für den ernährungsbedingten Mehrbedarf liegt keine Auflistung von Erkrankungen
und Behinderungen in Gesetzesform vor, die den Mehrbedarf rechtfertigen, da die
unterschiedlichen Erkrankungen und der sich wandelnde wissenschaftliche
Kenntnisstand zu den jeweiligen Ernährungserfordernissen sich einer
abschließenden gesetzlichen Definition entziehen.
Wird der ernährungsbedingte Mehrbedarf, meist in einer besonderen Diät begründet,
die höhere Kosten bedeutet, ärztlich bestätigt und vom zuständigen Gesundheitsamt
bestätigt, dann wird er „in angemessener Höhe“ bezahlt. Die Erkrankungen, die zu
einem ernährungsbedingten Mehrbedarf führen können, und die Höhe des dadurch
entstehenden Mehrbedarfs sind in einer Empfehlung des Deutschen Vereins für
öffentliche und private Fürsorge niedergelegt. Diese Empfehlung wird regelmäßig
den neuen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen
angepasst. Die Arbeit des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
zielt in dieser Hinsicht auf eine möglichst einheitliche bundesweite Anwendung des
SGB XII ab. Die Höhe der ernährungsbedingten Mehrbedarfe bewegen sich (Stand:

1. Januar 2013) zwischen 38,20 Euro (z. B. bei eiweißdefinierter Kost bei
Niereninsuffizienz) und 76,40 Euro (z. B. bei Dialysediät oder glutenfreier Kost).
Im Einzelfall kann eine Person mehrere Mehrbedarfe nebeneinander erhalten. Erfüllt
eine Person gleichzeitig die Voraussetzungen für mehrere Mehrbedarfe, dann gibt es
jedoch eine betragsmäßige Begrenzung: die Summe des insgesamt
anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe des Regelsatzes nicht übersteigen.
Die Petentin hat weiterhin dieGesundheitskostenangesprochen. Hier gilt
Folgendes: Die durchschnittlichen Ausgaben für Gesundheitspflege für
Einpersonenhaushalte wurden bei der Ermittlung des Regelbedarfs (geltend seit
1. Januar 2011) in vollem Umfang berücksichtigt, darunter Ausgaben für Arzneimittel
(mit und ohne Rezept), sowie therapeutische Mittel und Geräte.
Was dieBerücksichtigung steigender Preisebetrifft, so sind die
Regelbedarfsstufen, die mit Hilfe einer Sonderauswertung der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (EVS) ermittelt werden, fortzuschreiben. Dies erfolgt durch
einen so genannten Mischindex (§ 28 SGB XII), der erstellt wird aus der
Veränderungsrate der Preise und der Veränderungsrate der Nettolöhne und -
gehälter (Nettoentgeltentwicklung). Dabei wird für den Mischindex die
Veränderungsrate der Preise zu 70 Prozent berücksichtigt, die der Nettolöhne und -
gehälter zu 30 Prozent. Die Veränderungsrate der Preise ergibt sich aus einem
speziellen Preisindex, der vom Statistischen Bundesamt ausschließlich nach der
Preisentwicklung der in den Regelbedarfen berücksichtigten Güter und
Dienstleistungen errechnet wird, jedoch nicht nach dem normalen
Verbraucherpreisindex. Dadurch hat der Anteil von Preisveränderungen bei den in
den Regelbedarfen berücksichtigten Gütern und Dienstleistungen ein deutlich
höheres Gewicht bei der Veränderungsrate, während die Preisveränderungen bei
Gütern, die für den Regelbedarf nicht relevant sind, keinen Einfluss auf die
Veränderungsrate haben. Durch diese Methode kann die Kaufkraft bis zur nächsten
Regelbedarfsermittlung konstant gehalten werden.
Soweit Bürgerinnen und Bürger ein Einkommen haben, das knapp über dem
Sozialhilfesatz liegt – „auch wenn es nur ein Euro ist“, schreibt die Petentin –, so
kann die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII oder dem SGB II geprüft werden. In
vielen Fällen ergibt sich ein Anspruch auf Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz. Auf
die Möglichkeiten im ÖPNV und beim Rundfunkbeitrag wurde bereits hingewiesen.

Der Petitionsausschuss hält die Regelungen für die Leistungen der Grundsicherung
nach SGB II und SGB XII einschließlich der Mehrbedarfe für sachgerecht und
ausreichend. Die Vorstellungen der Petentin sind teilweise bereits realisiert. Zudem
gibt es auch für Bürgerinnen und Bürgern, deren Einkommen knapp über dem
Sozialhilfesatz liegt, Möglichkeiten Hilfestellung zu bekommen. Darüberhinaus
gehende weitere Maßnahmen hält der Petitionsausschuss derzeit nicht für angezeigt.
Der Petitionsausschuss empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem
Anliegen teilweise entsprochen worden ist.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und
Soziales – als Material zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben,
soweit die Situation der Bürgerinnen und Bürger mit kleinen Einkommen zu
verbessern ist, ist mehrheitlich abgelehnt worden.Begründung (pdf)


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