Region: Germany

Sozialrecht - Anspruch auf Internet- und E-Mail-Zugang in die Verfassung

Petitioner not public
Petition is directed to
Deutschen Bundestag
404 supporters 404 in Germany

The petition is denied.

404 supporters 404 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2013
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11/18/2015, 16:10

Pet 3-17-06-217-047497

Sozialrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 04.12.2014 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist. Begründung

Der Petent setzt sich dafür ein, im Sinne des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 GG) die
Teilhabe am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben zu erweitern durch Aufnahme
eines Anspruchs auf uneingeschränkten Internet- und E-Mail-Zugang in die
Verfassung.
Der Petent führt aus, dass der Bundesgerichtshof in einer aktuellen
Grundsatzentscheidung den Zugang zu Internet und E-Mail-Empfang als heute „zur
Lebensgrundlage gehörend“ festgestellt habe. Dies untermauere die seit längerem
diskutierte Forderung, dass die Nutzung des weltweiten Netzes und der
elektronischen Kommunikation für alle Deutschen im Grundgesetz festgeschrieben
werden solle.
Das Sozialstaatsprinzip (nach Artikel 20 Grundgesetz – GG) fordere die
gesellschaftliche Teilhabe jeden Bürgers, darunter auch den Zugang zu
Informationen, der bisher über die traditionellen Medien wie Radio, Fernsehen oder
Zeitungen abgedeckt worden sei. Heute gehörten dazu auch Internet und E-Mails.
Das Sozialstaatsprinzip fordere die gesellschaftliche Teilhabe insbesondere für sozial
schwächer gestellte Menschen, die aufgrund der Kosten gerade von der Nutzung der
neuen Medien oft ausgeschlossen seien. Der Zugang zu Internet und E-Mail-Verkehr
könne zudem bei der Arbeitsplatzsuche, bei der Weiterbildung, bei kultureller
Entfaltung und politischer Partizipation hilfreich sein. Ein allgemeines Recht auf
Internet-Zugang scheine daher unabdingbar.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Eingabe hingewiesen.

Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 404 Mitzeichnungen
und 89 Diskussionsbeiträge eingegangen. Der Petent hat mit seinem Anliegen in der
Internet-Diskussion viel Widerspruch erfahren.
Der Petitionsausschuss hat zu dem Anliegen je eine Stellungnahme des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums des Innern
eingeholt. Unter Berücksichtigung der Stellungnahmen sieht das Ergebnis der
parlamentarischen Prüfung folgendermaßen aus:
Zunächst weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass der Charakter des
Grundgesetzes als Kodifikation allgemeiner Grundsätze es nicht zulässt, jede
einzelne einfach-rechtliche Ausprägung des Sozialstaatsprinzips darin zu normieren.
Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes zeichnet sich vielmehr durch eine
relative inhaltliche Unbestimmtheit und Offenheit aus und ist darauf ausgerichtet,
soziale Gegensätze auszugleichen und eine gerechte Sozialordnung zu schaffen.
Verfassungsrechtlich ist der Staat allgemein zu sozialer Aktivität verpflichtet; dabei
steht im Mittelpunkt das Bemühen um einen erträglichen Ausgleich der
widerstreitenden Interessen und die Herstellung erträglicher Lebensbedingungen für
alle. Für diese Ziele und Handlungsaufträge gibt es einen hohen Bedarf an
Konkretisierung, dem auf dem Wege der Gesetzgebung nachgekommen wird. Das
Bundesverfassungsgericht hat stets darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber
dabei über einen weiten Spielraum der Gestaltung und Abwägung verfügt (BVerfGE
22, 180, 204; BVerfGE 59, 231, 263).
Die Herstellung erträglicher Lebensbedingungen ist vom Gesetzgeber u. a.
konkretisiert in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) und der Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt
beziehungsweise Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) nach dem
Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). In beiden Fällen gehören (nach § 20
Abs. 1 SGB II beziehungsweise § 27a Absatz 1 Satz 2 SGB XII) zu den persönlichen
Bedürfnissen des täglichen Lebens in vertretbarem Umfang auch die Teilhabe am
sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft.
Was den vom Petenten gewünschten Anspruch auf Zugang zum Internet und zum
E-Mail-Verkehr betrifft, so wurden mit dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe
nach § 28 SGB XII für die Höhe der Regelbedarfe und damit für die Höhe des
soziokulturellen Existenzminimums auch Verbrauchsausgaben für
Nachrichtenübermittlung berücksichtigt (§§ 5, 6 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz –

RBEG). Für eine alleinstehende oder alleinerziehende Person ergibt sich nach den
zugrundeliegenden Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008
(EVS 2008, Tabelle auf S. 60) für Kommunikationsdienstleistungen (Internet- und
Online-Dienste, Telefon, Fax, Telegramme, einschließlich Gerätekauf) ein Betrag von
28,50 Euro monatlich. Dazu kommt für Datenverarbeitungsgeräte und -software,
Bild-, Daten- und Tonträger ein Betrag von 6,03 Euro. Zusammen sind das
34,53 Euro. Entsprechend den Preisveränderungen der eingerechneten Güter und
Dienstleistungen und der Nettoentgeltentwicklung werden die Regelbedarfe seit 2008
jeweils zum Anfang des Jahres fortgeschrieben.
Wie viel der Betreffende für Internetnutzung und E-Mail-Verkehr dann aufwendet, ist
letztendlich seine persönliche Entscheidung. Die genannten Beträge sind die
errechneten durchschnittlichen Ausgaben dafür und dienen dem Nachweis, aus
welchen Verbrauchskomponenten sich das soziokulturelle Existenzminimum
zusammensetzt und welche Bedarfe deshalb durch pauschalierte Leistungen
abgedeckt sind. Mit den Regelbedarfen wird ein monatliches Budget zur Verfügung
gestellt, wobei auch nicht jede berücksichtigte Verbrauchsausgabe in jedem Monat
anfällt.
Festzuhalten bleibt, dass Ausgaben für die vom Petenten zur Geltung gebrachten
modernen Kommunikationsmöglichkeiten bei der Regelbedarfsermittlung nach SGB
II und SGB XII bereits berücksichtigt sind. Eine Verankerung des Anspruches darauf
im Grundgesetz kann – wie dargelegt – nicht befürwortet werden.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.Begründung (pdf)


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