Steuerrecht - Verpflichtung zur Steuerzahlung in Deutschland für im Ausland lebende und arbeitende deutsche Staatsbürger

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
113 Unterstützende 113 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

113 Unterstützende 113 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:55

Pet 2-18-08-610-017939

Steuerrecht


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 17.12.2015 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition soll erreicht werden, dass deutsche Staatsbürger, die im Ausland
arbeiten und leben, auch in Deutschland Steuern zahlen müssen.
Im Einzelnen wird ausgeführt, wer im Ausland arbeite und die deutsche
Staatsbürgerschaft besitze, müsse dem deutschen Finanzamt nachweisen, welche
Steuern er im Ausland auf sein Einkommen habe zahlen müssen. Die Steuerschuld
im Ausland sei dann zu vergleichen mit denjenigen Steuern, die die betreffende
Person in Deutschland hätte zahlen müssen, wenn sie in Deutschland gearbeitet
hätte. Sofern im Ausland weniger Steuern angefallen seien, sei der Differenzbetrag
an das deutsche Finanzamt zu entrichten.
Zur Begründung wird ausgeführt, ein deutscher Staatsbürger genieße in Deutschland
auch Rechte, für die Steuern bezahlt werden müssten. Wenn sich ein deutscher
Staatsbürger im Ausland aufhalte, sei dieser gleichwohl an der Finanzierung dieser
Rechte zu beteiligen. Gleichzeitig werde durch die vorgeschlagene Maßnahme
erreicht, dass Fachkräfte nicht mehr im bisherigen Maße ins Ausland abwanderten,
da dies steuerlich weniger attraktiv sei. Insofern sei der Vorschlag geeignet, dem
Fachkräftemangel entgegenzuwirken und er sorge zusätzlich für mehr
Steuergerechtigkeit.
Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 113 Mitzeichnungen sowie 18 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt eingangs fest, dass Staaten, die ihre unbeschränkte
Einkommensteuerpflicht (Welteinkommen) nicht nur auf ansässige Personen
erstrecken, sondern auch – unabhängig von ihrem Wohnsitz – auf Staatsangehörige,
weltweit die Ausnahme darstellen. Neben den Vereinigten Staaten ist gegenwärtig
nur Liberia als Staat bekannt, der eine Besteuerung nach dem Welteinkommen auf
Grundlage der Staatsangehörigkeit vornimmt.
Hauptargumente gegen eine Besteuerung nach der Staatsangehörigkeit sind der
unverhältnismäßige Verwaltungsaufwand und Defizite beim Steuervollzug. Der
Verwaltungsaufwand ist in der Regel unverhältnismäßig, weil Deutschland zur
Beseitigung einer möglichen Doppelbesteuerung für die im Ausland
(Ansässigkeitsstaat) gezahlte Steuer unter Umständen eine Entlastung gewähren
müsste und sich dann häufig kein zusätzlicher Steuerertrag ergäbe. Der Vollzug
wäre in der Regel defizitär, weil Deutschland keinen administrativen Zugriff auf
Personen außerhalb des eigenen Souveränitätsbereiches hat.
Weiterhin erinnert der Petitionsausschuss daran, dass das deutsche
Einkommensteuerrecht bereits heute eine umfassende Besteuerung auch von
Sachverhalten mit grenzüberschreitendem Bezug gewährleistet. Das Steuerrecht
unterscheidet hierzu zwischen ansässigen und nichtansässigen Personen.
Personen, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben,
sind in Deutschland – und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit –
unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Grundsätzlich unterliegt damit ihr gesamtes
Welteinkommen der Einkommensbesteuerung in Deutschland. Erzielt ein
unbeschränkt Steuerpflichtiger allerdings auch ausländische Einkünfte, beansprucht
der ausländische Staat in der Regel ebenfalls ein Recht zur Besteuerung. Um in
diesen Fällen eine doppelte Besteuerung derselben Einkünfte in Deutschland und im
anderen Staat zu vermeiden, hat Deutschland mit mehr als 90 Staaten
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. Danach werden die im
Ausland besteuerten Einkünfte in Deutschland in der Regel von der Besteuerung
freigestellt. In denjenigen Fällen, in denen kein DBA besteht, wird beim unbeschränkt
Steuerpflichtigen für die im Ausland angefallene Steuer eine Anrechnung maximal in

Höhe der angefallenen deutschen Steuer oder auf Antrag ein Abzug der
ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gewährt.
Solche Personen, die in Deutschland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen
Aufenthalt haben (das können auch Deutsche mit ausländischem Wohnsitz sein),
unterliegen als nichtansässige Personen mit ihren inländischen Einkünften der
beschränkten Einkommensteuerpflicht. Zusätzlich unterliegen sie in der Regel im
Wohnsitzstaat der unbeschränkten Steuerpflicht, also einer Besteuerung mit ihrem
gesamten Welteinkommen. Im Rahmen der deutschen beschränkten
Einkommensteuerpflicht wird der Steuerpflichtige mit seinen inländischen Einkünften
der deutschen Einkommensbesteuerung unterworfen. Der andere Staat hat dann
– wenn ein DBA besteht – grundsätzlich entweder die deutsche Steuer anzurechnen
oder die Einkünfte, die in Deutschland besteuert werden, von der Besteuerung
auszunehmen.
Sofern – wie in der Petition angesprochen – deutsche Staatsangehörige in ein Gebiet
mit niedriger Besteuerung verziehen, unterliegen sie nach den Vorschriften des
Außensteuergesetzes (AStG) außerdem unter bestimmten Voraussetzungen für
einen Zeitraum von zehn Jahren einer erweitert beschränkten Steuerpflicht. Diese
Steuerpflicht erstreckt sich nicht nur auf inländische Einkünfte, sondern auch auf
weitere Einkünfte, die nicht als ausländische Einkünfte gelten. Darüber hinaus gelten
gesellschaftsrechtliche Beteiligungen unter bestimmten Voraussetzungen als
veräußert, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht durch Wegzug ins Ausland endet.
Der Petitionsausschuss macht darauf aufmerksam, dass bei Anknüpfung der
Besteuerung an die Staatsangehörigkeit – wie in der Petition vorgeschlagen – das
dargelegte überwiegend angemessene und aufeinander abgestimmte System für im
Ausland ansässige Bundesbürger nicht mehr funktionieren würde. Lebt nämlich ein
deutscher Staatsbürger nach Einführung einer an die Staatsangehörigkeit
anknüpfenden Besteuerung im Ausland, wäre dieser sowohl in Deutschland als auch
im Ansässigkeitsstaat mit seinem Welteinkommen steuerpflichtig. Der
Ansässigkeitsstaat nähme dabei auf die deutsche Steuerpflicht grundsätzlich keine
Rücksicht. Um eine Mehrfachbesteuerung des deutschen Staatsbürgers zu
vermeiden, müssten komplexe Regeln zur Berücksichtigung der im Ausland
gezahlten Steuern in das deutsche Einkommensteuergesetz (EStG) aufgenommen
werden.
Diese Regelung würde einen erheblichen administrativen Mehraufwand auslösen,
ohne zu nennenswerten Steuermehreinnahmen zu führen. Bei den meisten im

Ausland ansässigen Steuerpflichtigen würde schon aufgrund des dortigen
Besteuerungsniveaus kaum zusätzliche deutsche Einkommensteuer anfallen. In der
überwiegenden Zahl der Fälle stünde daher der für Steuerpflichtige und Verwaltung
entstehende Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu den entstehenden
Steuermehreinnahmen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in den erwähnten DBA grundsätzlich keine
Vorbehalte vorgesehen sind, die Deutschland das Recht einräumen würden,
deutsche Staatsangehörige mit Einkünften zu besteuern, für die die Abkommen das
Besteuerungsrecht dem anderen Staat (Ansässigkeitsstaat) zuweisen.
Bei der Anknüpfung der Steuerpflicht an die Staatsangehörigkeit besteht zusätzlich
das praktische Problem, dass bei einem im Ausland lebenden Staatsangehörigen
– dessen Aufenthaltsort oft nicht bekannt ist – die Abgabe einer Steuererklärung
regelmäßig nicht durchgesetzt werden kann. Darüber hinaus ist es häufig nicht
möglich, steuerlich bedeutsame Sachverhalte im Ausland umfassend und in
angemessener Zeit aufzuklären und geschuldete Steuern im Ausland zwangsweise
einzuziehen. So hat das Rechnungsprüfungsamt des US-Kongresses vor einigen
Jahren festgestellt, dass maximal 40% der im Ausland lebenden US-Bürger ihrer
Steuererklärungspflicht nachkommen. Selbst die USA stoßen also trotz ihres
weltweiten Einflusses auf Schwierigkeiten, die Besteuerung gegenüber im Ausland
lebenden Staatsbürgern durchzusetzen.
Nach dem Dargelegten kann der Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht stellen,
im Sinne des vorgetragenen Petitums tätig zu werden. Er empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen.
Der abweichende Antrag der Fraktion DIE LINKE., die Petition der Bundesregierung
– dem Bundesministerium der Finanzen – zur Erwägung zu überweisen und sie den
Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, wurde mehrheitlich
abgelehnt.

Begründung (PDF)


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