Strafrecht - "FAKE-NEWS" als Straftatbestand ins Strafgesetzbuch

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
5 Unterstützende 5 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

5 Unterstützende 5 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

12.12.2018, 03:24

Pet 4-18-07-45-037066 Strafrecht

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 22.11.2018 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen überwiegend nicht
entsprochen werden konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, das In-Umlauf-Bringen von sogenannten „Fake-News"
als Straftatbestand ins Strafgesetzbuch aufzunehmen.

Auch für mögliche Folgetaten soll der Ersteller der „Fake-News“ verantwortlich sein.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass erfundene Nachrichten
gerade in sozialen Netzwerken überhandnähmen und es Laien schwerfalle, diese von
nachprüfbaren Information zu unterscheiden. Personen, die „Fake-News“ bewusst
verbreiteten, seien deshalb zu bestrafen und müssten auch für mögliche Folgetaten
zur Verantwortung gezogen werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die Eingabe
verwiesen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 75 Mitzeichnern unterstützt,
und es gingen 184 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Thematik darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:

Das geltende Recht bietet verschiedene Möglichkeiten, besonders gravierende Fälle
von „Fake-News“ zu sanktionieren.
Zunächst kommt eine strafrechtliche Verantwortung des Verfassers in Betracht. Wer
Falschnachrichten verbreitet, weiterleitet oder teilt, kann sich abhängig von den
Umständen des Einzelfalles nach folgenden Vorschriften des Strafgesetzbuchs (StGB)
strafbar machen:

Nach § 185 StGB ist strafbar, wer einen anderen beleidigt. Unter Beleidigung versteht
man den rechtswidrigen Angriff auf die Ehre einer anderen Person durch Kundgabe
der Missachtung oder der Nichtachtung. Eine Beleidigung kann sowohl die innere
Würde eines Menschen treffen als auch die äußere Ehre, also seinen guten Ruf. Die
Beleidigung kann schriftlich, bildlich, wörtlich, mit Gesten, durch Mimik oder in einer
anderen Weise erfolgen. Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder
mit Geldstrafe bestraft.

Üble Nachrede gemäß § 186 StGB ist die Verbreitung einer falschen Behauptung über
jemanden, die geeignet ist, den anderen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen
Meinung herabzuwürdigen. Üble Nachrede wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.

Bei einer Verleumdung nach § 187 StGB wird eine falsche Tatsachenbehauptung
verbreitet. Im Gegensatz zur üblen Nachrede muss die Unwahrheit aber feststehen,
die Täterin oder der Täter muss also genau wissen, dass ihre oder seine Behauptung
nicht wahr ist. Verleumdung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft.

Wenn die oben dargestellte üble Nachrede mit der Stellung des Beleidigten im
öffentlichen Leben zusammenhängt und geeignet ist, dessen öffentliches Wirken
erheblich zu erschweren, indem sie dessen Glaubwürdigkeit und Lauterkeit in Frage
stellt, wird die Tat gemäß § 188 StGB mit Freiheitstrafe von drei Monaten bis zu fünf
Jahren bestraft, wenn sie öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von
Schriften begangen wird. Eine unter den gleichen Voraussetzungen begangene
Verleumdung wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Nach § 90a StGB ist eine Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole gegeben,
wenn die Bundesrepublik Deutschland verächtlich gemacht oder eines ihrer Symbole
empfindlich geschmäht wird. Sie wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.

Eine verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Staatsorganen nach § 90b StGB liegt
vor, wenn öffentlich ein Verfassungsorgan oder eines seiner Mitglieder in dieser
Eigenschaft in einer das Ansehen des Staates gefährdenden Weise verunglimpft wird.
Sie wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Weiterhin erfasst § 126 Absatz 2 StGB Fälle, in denen auf eine Weise, die geeignet
ist, den öffentlichen Frieden zu stören, vorgetäuscht wird, ein Tötungsdelikt
(z. B.: Anschlag) oder eine andere in § 126 StGB genannte Tat stehe bevor. Das
Veröffentlichen von „Fake-News“, die bewusst falsch die Begehung einer solchen Tat
ankündigen, könnte damit unter den Tatbestand fallen. Die Tat kann mit Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) schützt vor
Fälschungen beweiserheblicher Daten, die im Gegensatz zu einer Urkunde im Sinne
von § 267 Abs. 1 StGB zwar nicht verkörpert und daher auch nicht unmittelbar
wahrnehmbar sind, im Übrigen aber die Merkmale einer Urkunde aufweisen.

Es muss um „Daten“ gehen, die als Beweis für eine im Rechtsverkehr erhebliche
Tatsache gedacht sind. Enthalten die Daten eine sachliche Aussage, von der fälschlich
der Eindruck erweckt wird, sie stamme vom (vermeintlichen) Aussteller der Daten,
kann dies den Tatbestand erfüllen. Es bedarf jedoch sorgsamer Prüfung, wer als
(vermeintlicher) Aussteller der Daten anzusehen ist. Nicht erfasst ist wie bei der
Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB eine sog. „schriftliche Lüge“, die
tatsächlich vom Aussteller der Daten stammt.

Insoweit eine Bestrafung für die Verbreitung von „Fake-News“ vorgesehen ist, wurde
dem Anliegen des Petenten bereits entsprochen.

Zudem kann das Verbreiten von „Fake-News“ abhängig vom Einzelfall folgende
Tatbestände des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) erfüllen:

Eine öffentliche Aufforderung zu Ordnungswidrigkeiten gemäß § 116 OWiG ist dann
einschlägig, wenn zu einer mit Geldbuße bedrohten Handlung (die gerade keine
Straftat im Sinne des StGB ist) aufgerufen wird. Die Festlegung, welche Handlungen
mit Geldstrafe bedroht sind, erfolgt nicht im OWiG. Eine öffentliche Aufforderung liegt
vor, wenn bei einem unbestimmten Personenkreis der Tatentschluss zur Begehung
einer Ordnungswidrigkeit hervorgerufen wird. Die Verbreitung über soziale Netzwerke
sollte zumindest öffentlich im Sinne dieser Norm sein. Ob das Verbreiten von
„Fake-News“ die Schwelle zur Aufforderung überwindet, ist von den Umständen des
Einzelfalls abhängig.
Die Belästigung der Allgemeinheit nach § 118 OWiG liegt bei der Vornahme einer grob
ungehörigen Handlung vor. Eine Handlung ist grob ungehörig, wenn sie in Art und
Weise gegen anerkannte Regeln von Sitte, Anstand und Ordnung in einem Ausmaß
verstößt, dass die Allgemeinheit, als individuell nicht abgrenzbarer Personenkreis,
unmittelbar physisch oder psychisch gefährdet oder belästigt und zugleich die
öffentliche Ordnung beeinträchtigt wird oder dies zumindest als möglich erscheint
(Bohnert/Krenberger/Krumm OWiG § 118 Rn. 4).

Der Tatbestand des § 124 OWiG (Benutzen von Wappen oder Dienstflaggen) kommt
in Betracht, wenn in einer Falschmeldung Wappen des Bundes/des Landes oder den
Bundesadler enthalten sind. Nach Ansicht des Petitionsausschusses gibt es daher
bereits nach geltender Gesetzeslage ausreichende Möglichkeiten, besonders
gravierende Fälle von „Fake-News“ zu sanktionieren. Darüber hinaus ist zu beachten,
dass auch „falsche“ Tatsachenbehauptungen vom freiheitlichen Rechtsstaat zu
tolerieren sind, soweit sie nicht konkrete Rechte Anderer verletzen. Ein
gesetzgeberischer Handlungsbedarf ist daher nach Auffassung des
Petitionsausschuss nicht erkennbar.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass inzwischen das
Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft getreten ist. Dies trägt dazu bei, das große
soziale Netzwerke bestimmte „Fake-News“, deren Verbreitung einen der im Gesetz
aufgezählten Srtaftatbestände erfüllt, zukünftig effektiver entfernen oder sperren.

Bezüglich der Forderung des Petenten, die Verbreiter von „Fake-News“ auch für
Folgetaten verantwortlich zu machen, ist auf das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit
hinzuweisen. Dieses besagt, dass ein rein kausaler Zusammenhang zwischen einer
Handlung, hier dem Verbreiten falscher Informationen, und einem späteren Erfolg, hier
der Folgetat, nicht für eine Bestrafung im Sinne des Strafgesetzbuches ausreicht. Die
Forderung des Petenten würde damit ein tragendes Prinzip des Strafrechts aushöhlen
und im Ergebnis zu einer willkürlichen Zurechnung von Taten und damit zu einer
unangemessenen Bestrafung führen.

Aus den genannten Gründen empfiehlt daher der Petitionsausschuss, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen überwiegend nicht entsprochen
werden konnte.

Begründung (PDF)


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