Region: Germany

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung - Blutabnahme zur Feststellung von bestehenden Infektionen einer Tätergruppe auch ohne richterlichen Beschluss

Petitioner not public
Petition is directed to
Deutschen Bundestag
318 supporters 318 in Germany

Petition process is finished

318 supporters 318 in Germany

Petition process is finished

  1. Launched 2014
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

02/24/2017, 03:22

Pet 4-18-07-4512-013734



Straftaten gegen die sexuelle

Selbstbestimmung





Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 16.02.2017 abschließend beraten und

beschlossen:



1. Die Petition den Landesvolksvertretungen zuzuleiten, soweit es um die Erstellung

eines Maßnahmenkataloges zur HIV-Prophylaxe nach einer Vergewaltigung für

Polizei und Krankenhäuser geht,

2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung



Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass bei einem (per DNA-Test)

überführten Vergewaltiger eine Blutabnahme zur Feststellung von bestehenden

Infektionen (HIV, Hepatitis) auch ohne richterlichen Beschluss vorgenommen werden

kann.

Die Petentin führt zur Begründung ihrer Petition aus, durch frühzeitige Blutentnahme

beim Täter könne gewährleistet werden, dass das Opfer in manchen Fällen auf eine

zum Teil mit sehr starken Nebenwirkungen verbundene Medikamenteneinnahme

verzichten könne. Da nach der derzeitigen Rechtslage eine Blutentnahme ohne

Einwilligung des Betroffenen nicht möglich sei, würde im Ergebnis den

Persönlichkeitsrechten des Täters ein größeres Gewicht gegeben als denjenigen des

Opfers. Außerdem müsse ein Maßnahmenkatalog eingeführt werden, an dem sich im

Falle einer Vergewaltigung die Strafverfolgungsbehörden und Ärzte orientieren sollten

und in den die Maßnahmen zur HIV-Prophylaxe aufzunehmen seien.Die Eingabe

wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Petitionsausschusses

eingestellt. Sie wurde von 318 Mitzeichnern unterstützt. Außerdem gingen

35 Diskussionsbeiträge ein. Zudem gingen 6.411 Unterschriften zu dem Anliegen ein.

Bereits nach geltendem Recht gibt es gemäß § 81a der Strafprozessordnung (StPO)

die Möglichkeit, ohne Einverständnis des Beschuldigten eine Blutprobe zum Zwecke

eines HIV-Testes zu entnehmen. Voraussetzung ist, dass die Feststellung der HIV-

Erkrankung des Beschuldigten für das Strafverfahren von Bedeutung ist. Das ist der



Fall, wenn die Erkrankung für die Straftat selbst, die Täterschaft oder die Schuld des

Beschuldigten oder für die Rechtsfolgenentscheidung erheblich ist bzw. dafür

Beweiskraft entfaltet. Bei einer Vergewaltigung kann insofern zu klären sein, ob durch

die Tat die Gefahr der schweren Gesundheitsbeschädigung verursacht wurde (§ 177

Abs. 3 Nr. 3 des Strafgesetzbuches - StGB).

Nach § 81 a Abs. 2 StPO ist die Blutentnahme grundsätzlich durch einen Richter

anzuordnen. Es ist nicht ersichtlich, warum von dieser Anforderung in Hinblick auf die

beabsichtigte, nicht unerheblich in das Grundrecht der körperlicher Unversehrtheit

sowie der informationellen Selbstbestimmung eingreifende Entnähme und

Untersuchung des Blutes auf eine HIV-Infektion (vgl. Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und

Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) abgesehen werden

sollte. Denn in den von der Petentin beschriebenen Fällen, in denen der Täter bereits

unmittelbar nach der Tat eindeutig feststeht, kann bei entsprechenden Anlass schon

jetzt zur Vermeidung zeitlicher Verzögerungen telefonisch ein richterlicher Beschluss

in mündlicher Form eingeholt werden. Diese nach bestehender Rechtslage mögliche

Vorgehensweise trägt in ausreichendem Maße dem im Strafverfahren geltenden

Beschleunigungsgrundsatz und dem Interesse des Opfers, Gewissheit über eine

ansteckende, möglicherweise tödlich verlaufende Krankheit des Täters zu erlangen,

Rechnung.

In diesem Zusammenhang sind grundlegende Kenntnisse der zeitlichen Abläufe einer

HIV-Untersuchung und der derzeit praktizierten HIV-Prophylaxe-Therapien von

Bedeutung. Nach den Leitlinien der Deutschen AIDS-Gesellschaft e. V. (DAIG) zur

Postexpositionellen Prophylaxe (PEP) der HIV-Infektion (öffentlich abrufbar über

www.daionet.de) sollte die HIV-Prophylaxe möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden

(am besten innerhalb der ersten zwei Stunden) nach dem Kontakt beginnen und ist

schon nach Ablauf von 72 Stunden nicht mehr zu empfehlen. Da die Durchführung der

entsprechenden Tests in der Regel ein bis zwei Tage in Anspruch nimmt, wäre somit

nach einer Vergewaltigung bei entsprechender Indikation schon vor Vorliegen des

Testergebnisses des Täters beim Opfer mit der HIV-Prophylaxe zu beginnen.

Aber auch eine schnellere Nachlieferung des Testergebnisses wäre für die Frage, ob

die HIV-Prophylaxe weitergeführt werden sollte, nur von eingeschränkter Bedeutung.

Denn die derzeitig verfügbaren HIV-Tests weisen nicht das Virus selbst nach, sondern

lediglich die sich erst innerhalb von 4 bis 12 Wochen in ausreichendem Maße



gebildeten Antikörper im Blut. Der Aussagewert eines negativen Testergebnisses

bestünde daher lediglich darin, festzustellen, dass der Täter vor drei Monaten noch

nicht infiziert gewesen ist. Für das Opfer bliebe daher die Ungewissheit, ob der Täter

sich in den letzten 4 bis 12 Wochen angesteckt hat und bei der Tat sodann das durch

die Blutuntersuchung noch nicht feststellbare Virus übertragen hat.

Um absolut sicher zu gehen, alles gegen eine mögliche Ansteckung zu unternehmen,

müsste das Opfer daher konsequenterweise trotz des negativen Testergebnisses die

HIV-Prophylaxe fortsetzen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es einer

weitergehenden Einschätzung des Gefahrenpotenzials des Vorfalls anhand einer

Vielzahl von Faktoren bedarf (z. B. Einordnung des Täters in eine möglicherweise

besonders HIV-gefährdete Gruppierung; bisherige Sexualpraktiken des Täters; Art und

Weise der Vergewaltigung etc.). In diesem Zusammenhang wird in den oben zitierten

Leitlinien des DAIG folgendes ausgeführt:

„Bei Opfern einer Vergewaltigung ist angesichts der epidemiologischen

Situation in Deutschland ein routinemäßiges Anbieten oder Empfehlen

einer HIV-PEP im Allgemeinen nicht gerechtfertigt. Jedoch sollte die

Abklärung, ob ein relevantes HIV-Expositionsrisiko bestehen könnte,

routinemäßiger Bestandteil der Betreuung von Vergewaltigungsopfern

sein. Bei erhöhtem Risiko und/oder begründetem Verdacht auf eine HIV-

Exposition im Rahmen einer Straftat, sollte auf die fachkompetente

Beratung und eventuell notwendige zeitgerechte Initiierung einer PEP

besonders geachtet werden.“

Die dargelegte Rechtslage trägt dem bereits in ausreichendem Maße Rechnung.

Soweit die Petentin einen Maßnahmenkatalog für Polizei und Krankenhäuser fordert,

der sicherstellt, dass die nach einer Vergewaltigung beteiligten Beamten und Ärzte

Kenntnis von den Möglichkeiten und Abläufen einer HIV-Prophylaxe haben, ist diese

Forderung nach Auffassung des Petitionsausschusses gut nachvollziehbar. Der Erlass

der dafür erforderlichen Bestimmungen fällt jedoch in die Zuständigkeit der Länder.

Aus den dargestellten Gründen empfiehlt der Petitionsausschuss, die Petition den

Landesvolksvertretungen zuzuleiten, soweit es um die Erstellung eines

Maßnahmenkataloges zur HIV-Prophylaxe nach einer Vergewaltigung für Polizei und

Krankenhäuser geht, und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung (PDF)


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