Straßenpersonenverkehr - Genereller Beförderungsanspruch für Menschen mit Behinderung und deren Hilfsmitteln

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
595 Unterstützende 595 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

595 Unterstützende 595 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 13:05

Pet 1-18-12-9204-035831

Straßenpersonenverkehr


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 18.05.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

1. Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur – als Material zu überweisen, soweit es um den Erlass einer
Rechtsverordnung nach § 57 Personenbeförderungsgesetz und eine Änderung
des § 30d Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung geht,
b) der Landesvolksvertretung von Nordrhein-Westfalen zuzuleiten,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, dass Regelungen erlassen werden, die eine sichere
Beförderung aller Hilfsmittel von Menschen mit Behinderung ermöglichen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 595 Mitzeichnungen und 75 Diskussionsbeiträge
sowie weitere sachgleiche Eingaben mit 534 Unterschriften vor. Es wird um
Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen
eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass es einer
einheitlichen gesetzlichen Definition von Elektromobilen bedürfe. Außerdem müssten
die Voraussetzungen für deren sichere Beförderung im Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) geschaffen werden. Hierzu sei auf Bundesebene nach
§ 57 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) eine Rechtsverordnung für die
Beförderung von Fahrgästen mit Elektromobilen zu erlassen. Zudem solle § 30 d
Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geändert werden, damit
auch hier die Beförderung von Elektromobilen berücksichtigt werde. Bisher seien
Fahrgäste mit Elektromobilen von der Nutzung von Bussen und Bahnen
ausgeschlossen. Dadurch werde die Mobilität und Teilhabe von Menschen mit
Behinderungen stark eingeschränkt. Auch Elektrorollstühle, sogenannte E-Rollis,

nähmen die Verkehrsbetriebe immer häufiger von der Beförderung aus. Da eine
bundeseinheitliche Regelung fehle, herrsche bei der Frage der Mitnahme von
Elektromobilen Rechtsunsicherheit. Derzeit müssten Betroffene ihren
Beförderungsanspruch gegenüber jedem Verkehrsbetrieb einzeln außergerichtlich
oder gerichtlich durchsetzen. Daher gebe es nur Einzelfallentscheidungen. Die
vorgeschlagenen Rechtsänderungen würden Rechtssicherheit, auch hinsichtlich
Haftungsfragen und Versicherungsschutz, schaffen. Die Umsetzung der
Rechtsverordnung nach § 57 PBefG solle unter die Aufsicht des § 54 PBefG gestellt
werden. Die Umsetzung solle durch eine Bußgeldvorschrift sichergestellt werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu der Petition wird zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung – dem Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) – Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht zu der
Eingabe darzulegen, und hat die von ihr angeführten Aspekte in seine
parlamentarische Prüfung einbezogen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung
lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss hält einführend fest, dass nach § 22 des PBefG der
Grundsatz der Beförderungspflicht gilt. Personen mit Behinderungen und
mobilitätseingeschränkte Personen haben zusätzlich einen Anspruch auf
Beförderung nach Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 über die
Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr. Allerdings muss der Ausschuss festhalten,
dass diese Grundsätze nicht uneingeschränkt gelten. Kann beispielsweise eine
mobilitätseingeschränkte Person mit ihrer Mobilitätshilfe nicht sicher befördert
werden, kann die Beförderung verweigert werden. Hierüber entscheidet das
Verkehrsunternehmen in eigener Zuständigkeit. Das Mitnahmeverbot von
Elektromobilen, sogenannten E-Scootern, in Bussen des ÖPNV beruht auf einer
Empfehlung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV) vom
November 2014. Dieses Empfehlungsschreiben an die Mitgliedsunternehmen stützt
sich auf ein vom VDV (Landesgruppe Nordrhein-Westfalen) in Auftrag gegebenes
Gutachten der Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e. V. (STUVA)
vom Mai 2014. Die STUVA hat in ihrem Gutachten Gefahrenpotentiale bei der
Beförderung von quer zur Fahrtrichtung aufgestellten Elektromobilen in
Linienbussen, insbesondere deren Kipp- und Rutschanfälligkeit, anhand von
Berechnungen ermittelt. Im Ergebnis bestehe eine Gefahr des Rutschens und/oder
Kippens, wenn starke Beschleunigungs- beziehungsweise Verzögerungskräfte auf

das Elektromobil wirken. Im Linienbusverkehr seien solche Fahrmanöver, zum
Beispiel Gefahrbremsung, nicht auszuschließen.
Dies war Anlass für das Land Nordrhein-Westfalen zu prüfen, unter welchen
Voraussetzungen sogenannte E-Scooter sicher in Linienbussen des ÖPNV
mitgenommen werden können. Das federführende Ministerium für Bauen, Wohnen,
Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MBWSV NRW) hat
hierzu einen „Runden Tisch“ eingerichtet, an dem unter anderem der VDV,
E-Scooter-Hersteller und Behindertenverbände teilnehmen. Es wurden verschiedene
Gutachten in Auftrag gegeben, die aber noch nicht alle vorliegen. Erst wenn dies der
Fall und deren Auswertung abgeschlossen ist, kann mit Erkenntnissen gerechnet
werden, die eine tragfähige Grundlage für die Prüfung des weiteren Vorgehens sein
können - gegebenenfalls auch im Hinblick auf zu ergreifende Maßnahmen. Dass die
Diskussion auf Länder-Ebene geführt wird, ist sinnvoll, da diese für die Planung,
Organisation und Finanzierung des ÖPNV, sowie den Vollzug des PBefG zuständig
sind und im direkten Kontakt mit den Verkehrsunternehmen stehen.
Auch für weitere Diskussionen über den Erlass einer Rechtsverordnung nach
§ 57 des PBefG und einer Änderung des § 30 d Absatz 4 der StVZO, für die der
Bund zuständig ist, sind die Gutachten abzuwarten. Eine ergänzende Studie der
STUVA vom Oktober 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass eine sichere Mitnahme von
E-Scootern in Linienbussen unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich
möglich ist. So müsse beispielsweise der Bus über einen normgerechten
Rollstuhlstellplatz gemäß UN/ECE-Regelung Nummer 107 verfügen und der
E-Scooter auf diesem in Längsaufstellung entgegen der Fahrtrichtung aufgestellt
werden. Außerdem sollte der E-Scooter eine Länge von 1,2 Meter und mit
aufsitzender Person ein Gewicht von 300 Kilogramm nicht überschreiten. Das
Gutachten empfiehlt darüber hinaus, nur Personen mit den Merkzeichen „G“ oder
„aG“ – erhebliche bzw. außergewöhnliche Gehbehinderung – im
Schwerbehindertenausweis mitzunehmen. Außerdem sollten für den ÖPNV
zugelassene geeignete E-Scooter entsprechend gekennzeichnet werden und
E-Scooter-Fahrer geschult werden. Bisher sind jedoch nicht alle technischen und
rechtlichen Detailfragen geklärt.
Vor dem Hintergrund seiner Ausführungen empfiehlt der Petitionsausschuss, die
Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur – als Material zu überweisen, soweit es um den Erlass einer
Rechtsverordnung nach § 57 Personenbeförderungsgesetz und eine Änderung des

§ 30d Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung geht, der
Landesvolksvertretung von Nordrhein-Westfalen zuzuleiten, und das
Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Begründung (PDF)


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