Verbot von politischen Parteien und Organisationen - Abschaffung des Parteiverbotsverfahrens

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
466 Unterstützende 466 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

466 Unterstützende 466 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2012
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:53

Pet 1-17-06-1124-036215Verbot von politischen Parteien und
Organisationen
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 06.06.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird die Streichung von Artikel 21 Abs. 2 Grundgesetz in Verbindung
mit den §§ 13 Nr. 2 und 43 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz gefordert, damit
keine Parteiverbotsverfahren mehr durchgeführt werden können.
Zu diesem Thema liegt dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des
Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 466 Mitzeichnungen und
116 Diskussionsbeiträgen vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle
der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die
grundsätzliche Möglichkeit, Parteien und damit politischen Meinungen zu verbieten,
aus demokratischen Erwägungen nicht akzeptabel sei. Eine freiheitliche Demokratie
müsse auch abweichende, radikale Auffassungen ertragen können. Eine
„Demokratie ohne Demokraten“ sei zum Untergang verurteilt. Vielmehr müsse die
demokratische Kraft einer Gesellschaft groß genug sein, um den Feinden der
Demokratie etwas entgegenzusetzen. Die Reduzierung der Auseinandersetzung mit
Rechtsextremisten auf die Frage nach Verboten werde dem Thema nicht gerecht.
Die Fixierung auf staatliche Maßnahmen lenke den Blick von der notwendigen
gesellschaftlichen Auseinandersetzung ab. Verbote rechtsgerichteter Kräfte würden
lediglich zu einer Umstrukturierung der Organisation führen, zu einer dauerhaften
Schwächung sei ein Parteiverbot erfahrungsgemäß indes nicht geeignet. Die in den
1990er Jahren entstandene Kameradschaftsszene sei eine Folge der damals
erlassenen Verbotsmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund müsse die Möglichkeit von
Parteiverbotsverfahren abgeschafft werden. Artikel 21 Abs. 2 Grundgesetz (GG)

sowie §§ 13 Nr. 2 und 43 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz seien
dementsprechend zu streichen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat u. a. auch der Bundesregierung Gelegenheit gegeben,
ihre Ansicht zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen
Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass die Entscheidung des deutschen
Verfassungsgebers für die Möglichkeit eines Parteiverbots geprägt ist von der
Erfahrung der Unterdrückung persönlicher und politischer Freiheit durch die im
20. Jahrhundert entstandenen totalitären faschistischen, nationalsozialistischen und
kommunistischen Diktaturen einerseits und der Schwäche der betroffenen Staaten –
insbesondere der deutschen Demokratie der Weimarer Republik – andererseits bei
dem Versuch, sich derjenigen Kräfte zu erwehren, die mehr oder minder offen die
Zerstörung von Freiheit und Demokratie betrieben (vgl.
Bundesverfassungsgerichtsentscheidung BVerfGE 5, 85, 137).
Der Ausschuss stellt fest, dass die verfassungsrechtlich vorgesehene Möglichkeit zur
Durchführung von Parteiverbotsverfahren – ebenso wie die Möglichkeit zur
Durchführung von Vereinigungsverboten gem. Artikel 9 Abs. 2 GG und die mögliche
Verwirkung von Grundrechten gem. Artikel 18 GG – Ausdruck der Entscheidung des
Verfassungsgebers für eine streitbare bzw. wehrhafte Demokratie ist (vgl. BVerfGE
30, 1, 19f.). Das Konzept der streitbaren bzw. wehrhaften Demokratie wirkt der
Gefahr für den demokratischen Verfassungsstaat entgegen, dass die von ihm
garantierten Freiheitsrechte ausgenutzt werden, um eben diese Freiheitsrechte um
ihre Wirkung zu bringen. Im Bewusstsein dieser Gefahr verzichtet kein
demokratischer Staat auf die Möglichkeit, sich gegen Bestrebungen zur Wehr zu
setzen, die auf die Beseitigung der Grundlagen seiner Verfassung gerichtet sind. Die
Möglichkeit eines Parteiverbots ist daher kein wesensfremdes Element oder
Selbstwiderspruch im System einer freiheitlichen Demokratie (vgl. BVerfGE 5, 85,
138f.). Vielmehr ist es gerade eine Konsequenz demokratischer
Verfassungsstaatlichkeit, die Verwirklichung freiheitswidriger politischer
Bestrebungen zu verhindern.

Weiterhin merkt der Ausschuss an, dass mit einem Parteiverbot kein Verbot einer
politischen Meinung verbunden ist. Das Verbot einer Partei soll verhindern, dass
bestimmte politische Ziele – nämlich die Beeinträchtigung oder Beseitigung der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder die Gefährdung des Bestandes der
Bundesrepublik Deutschland – auf eine bestimmte Weise, nämlich als Partei, verfolgt
werden und durch die Wahl von Vertretern dieser Ziele in die zur politischen
Entscheidungsfindung berufenen staatlichen Organe hineingetragen werden.
Der Zweck eines Parteiverbotes besteht insofern darin, den Anhängern
verfassungswidriger Bestrebungen die Einflussnahme auf die gesellschaftliche und
staatliche Willensbildung zu nehmen, die sich ihnen durch die Organisation als Partei
eröffnet. Mit einem Parteiverbot soll mithin den Gefahren begegnet werden, die von
der „typisch verbandsmäßigen Wirkungsmöglichkeit ausgehen“ (vgl. BVerfGE 25, 44,
56). Das Parteiverbot ist daher kein Meinungs-, sondern ein Organisationsverbot. Die
durch Artikel 21 Abs. 1 GG gewährleistete Parteienfreiheit soll nicht dazu
missbraucht werden dürfen, die Freiheit anderer zu beseitigen.
In diesem Zusammenhang weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass in der
Bundesrepublik Deutschland von dem Instrument des Parteiverbots in der
Vergangenheit sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht wurde. Mit der
nationalsozialistisch orientierten Sozialistischen Reichspartei (SRP) im Jahr 1952
und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) im Jahr 1956 sind in der
Vergangenheit lediglich zwei Parteien vom BVerfG verboten worden (vgl. BVerfGE 2,
1; 5, 85).
Die Ausgestaltung des Parteiverbotsverfahrens und das Entscheidungsmonopol des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in einem solchen Verfahren gewährleisten
zudem, dass das Verfahren nicht politisch missbraucht werden kann. Durch die enge
Fassung des Verbotstatbestandes in Artikel 21 Abs. 2 S. 1 GG und aufgrund der
Anforderungen des BVerfG an die Durchführung eines Verbotsverfahrens und den
Nachweis der Verfassungswidrigkeit der betreffenden Partei bestehen für ein
Parteiverbot hohe verfassungsrechtliche Hürden (vgl. BVerfGE 107, 339).
So muss eine verfassungswidrige Zielsetzung vorliegen, die der Partei zuzurechnen
sein muss. Als verfassungswidrige Zielsetzung kommen die Beeinträchtigung oder
Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie die Gefährdung
des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland in Betracht. Dabei genügt es nicht,
dass eine Partei die geschützten Rechtsgüter nicht anerkennt, sie ablehnt oder ihnen

andere entgegensetzt. Vielmehr müssen ein zielgerichtetes, planvolles Vorgehen
sowie eine aktiv kämpferische und aggressive Haltung erkennbar werden.
Nach dem so genannten Parteienprivileg des Artikels 21 Abs. 2 S. 2 GG ist der
Ausspruch der Verfassungswidrigkeit einer Partei dem BVerfG vorbehalten. Die den
Parteien damit zuerkannte „erhöhte Schutz- und Bestandsgarantie“ trägt der großen
Bedeutung Rechnung, die den Parteien im demokratischen Verfassungsstaat
zukommt.
Im Unterschied hierzu wird von der Möglichkeit, Vereinigungen nach Artikel 9
Abs. 2 GG i. V. m. dem Vereinsgesetz zu verbieten, weit häufiger Gebrauch
gemacht. So hat zum Beispiel der Bund seit 1990 zehn rechtsextremistische Vereine
verboten. Diese Verbote sind ein wichtiges Signal gegen Verharmlosung und
Gleichgültigkeit und daher ein nicht zu unterschätzender Baustein im Kampf gegen
die Akzeptanz von extremistischem Gedankengut. Dabei sind sich die
Verbotsbehörden stets bewusst, dass ein solches Verbot die Beschränkung eines
wichtigen politischen Grundrechts bedeutet, welche sich am Übermaßverbot messen
lassen muss.
Das Handeln des Staates im Kampfe gegen den Rechtsextremismus reduziert sich
aber nicht nur auf Verbotsmaßnahmen. So gibt es – neben den repressiven
Ansätzen des Strafrechts (wie zum Beispiel §§ 86, 86a, 130 Strafgesetzbuch) – eine
Reihe von Maßnahmen im Kampf gegen den Extremismus.
Abschließend verweist der Ausschuss insbesondere auf die Aussteigerprogramme
der Verfassungsschutzbehörden, auf die Aufklärung der Öffentlichkeit durch das
Bundesministerium des Innern und das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie auf
die zahlreichen Bundesprogramme gegen Extremismus zur Förderung des
zivilgesellschaftlichen Engagements, u. a. in Form der Kampagne „Sport und Politik
verein(t) gegen Rechtsextremismus“.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


Helfen Sie mit, Bürgerbeteiligung zu stärken. Wir wollen Ihren Anliegen Gehör verschaffen und dabei weiterhin unabhängig bleiben.

Jetzt fördern