Verbrauchsteuern - Verbrauchsteuerbasiertes Finanzierungsmodell

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
138 Unterstützende 138 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

138 Unterstützende 138 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2012
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

18.11.2015, 16:16

Pet 2-17-08-613-042128Verbrauchsteuern
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 16.05.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent regt an, durch eine unabhängige Kommission ein
verbrauchsteuerbasiertes Finanzierungsmodell des Staatshaushaltes zu prüfen und
gegebenenfalls auf ein solches Modell zu wechseln.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Haushalte und Steuersysteme der
skandinavischen Länder zeigten deutlich die Vorteile eines Steuersystems mit hohen
Verbrauchsteuern und niedriger Einkommensbesteuerung. Aktuell zeige der Streit
um die Legalität des Aufkaufens von Daten von Steuerflüchtlingen und die hohe
Erfolgsquote dieser Maßnahmen, wie tiefgreifend Steuerflucht in unserer
Gesellschaft sei.
Hingegen könne sich der Steuerbürger – unabhängig vom Einkommen – den
Verbrauchsteuern nicht entziehen. Außerdem folgten die Einnahmen aus den
Verbrauchsteuern unmittelbar aus der Konsumneigung, die wiederum dem
Wirtschaftswachstum folge. Hieraus ergebe sich eine stabile und optimal
wirtschaftsverträgliche Steuerbemessung.
Gleichzeitig bewirke ein verbrauchsteuerbasiertes System einen nachhaltigen Anreiz
zu effizientem Haushalten im Bereich der Staatsfinanzen, da eine direkte,
transparente Beziehung des Steuerniveaus zur Wirtschaftsleistung hergestellt werde.
Dies sei im Sinne eines globalen wirtschaftlichen Wettbewerbs für alle Bürger und
Unternehmen vorzuziehen.
In einem solchen System sei soziale Gerechtigkeit mithilfe angepasster Steuersätze
für den Grundbedarf (Nahrung, Wasserversorgung) gegenüber dem Verbrauch

strategischer Ressourcen (etwa Erdölimporte) herstellbar. Die Zuweisung von
Steuererleichterungen sei hier jedoch nicht an eine in einer zunehmend
automatisierten postindustriellen Wirtschaft subjektive Leistungswahrnehmung des
Individuums geknüpft.
In heutiger Zeit sei eine ausreichend gute Informationstechnologie vorhanden, um
eine umfassende, effiziente und lückenlose Erfassung eines Umsatzsteuersystems
umzusetzen. Der Wandel von Kopf- und Einkommensbesteuerung zu ausnahmsloser
Verbrauchsbesteuerung entspreche, basierend auf dem technischen Fortschritt der
Informationstechnologien, einem Meilenstein in der sozialen Entwicklung der
Menschheit.
Zu den Einzelheiten des Vorbringens des Petenten wird auf die von ihm
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internet-Seite des Deutschen
Bundestages veröffentlicht. Es gingen 138 Mitzeichnungen sowie
65 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Soweit der Petent ausführt, die Steuersysteme der skandinavischen Länder zeigten
klar die Vorteile eines verbrauchsteuerbasierten Steuersystems, stellt der
Petitionsausschuss fest, dass im internationalen Vergleich der Steuerquoten
Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark weit über dem Durchschnitt der
OECD in Höhe von 24,6% liegen. Die Spanne reicht von Finnland (Steuerquote
29,6%) bis Dänemark (47,2%). Deutschland hat zum Vergleich eine Steuerquote von
22.1% (vgl. OECD, Revenue Statistics 1965-2010, Paris 2011).
Grundlegend stellt der Petitionsausschuss fest, dass in der Ordnung des
Grundgesetzes der Staat seinen Finanzbedarf grundsätzlich durch steuerliche
Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens deckt. Die Ausgestaltung der
Steuerrechtsordnung liegt in der Kompetenz und Verantwortung des Gesetzgebers,
dem dabei ein weitgehender Gestaltungsspielraum zukommt. Dieser leitet sich aus
der primären Zielsetzung – der Sicherung des Steueraufkommens und der
Haushaltsplanung – und den Sekundärzwecken der Steuerpolitik, u. a.

Verteilungsgerechtigkeit und Lenkungszwecke, ab. Der Gesetzgeber ist jedoch auch
verpflichtet, die Steuerlasten gerecht zu verteilen, wobei er den allgemeinen
Gleichheitssatz, das Sozialstaatsprinzip und die Freiheitsgrundrechte ausreichend
beachten muss. Kernelement der "Steuergerechtigkeit" ist etwa die
Besteuerungsgleichheit bei der Besteuerung der Leistungsfähigkeit entsprechend
Artikel 3 Grundgesetz (GG).
Das Einkommensteuerrecht basiert auf dem Grundsatz der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit (Artikel 3 GG). Danach muss sich
die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer an der individuellen finanziellen
Leistungsfähigkeit orientieren. Das im Einkommensteuerrecht geltende System der
progressiven Besteuerung sorgt auf dieser Grundlage dafür, dass Menschen mit
einem niedrigen Einkommen steuerlich weniger belastet werden. Je mehr ein
Mensch verdient, desto stärker trägt er zum Steueraufkommen und damit zu
Finanzierung des Gemeinwesens bei.
Der Petitionsausschuss macht darauf aufmerksam, dass gerade die
Einkommensteuerbelastung für die Bürgerinnen und Bürger in den letzten Jahren
bereits mehrfach gesenkt worden ist. Der Eingangs- und der Spitzensteuersatz der
Einkommensteuer wurden von 22,9% bzw. 51% (im Jahr 2000) auf 14,0% bzw.
42,0% (im Jahr 2010) gesenkt. Gleichzeitig erhöhte sich das steuerfreie
Existenzminimum auf 8.004€im Jahr 2010. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass
der Deutsche Bundestag am 29. März 2012 ein Gesetz zum Abbau der kalten
Progression für die Jahre 2013 und 2014 beschlossen hat. Ziel des Gesetzes ist es,
zu verhindern, dass Lohnerhöhungen in dem Maße, wie sie lediglich die Inflation
ausgleichen, aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs zu einem höheren
Durchschnittssteuersatz führen (sog. kalte Progression).
Dieses Prinzip lässt sich nach Überzeugung des Petitionsausschusses über
Verbrauchsteuern nicht umsetzen. Eine der wichtigsten Verbrauchsteuern ist die
Umsatzsteuer. Durch diese werden die Haushalte im Verhältnis zum jeweils zur
Verfügung stehenden Einkommen unterschiedlich stark belastet. Haushalte aus den
unteren Einkommensgruppen zahlen verhältnismäßig mehr Umsastzsteuer als
Haushalte mit einem höheren Einkommen. Dies liegt daran, dass jeder Haushalt für
den gleichen Warenkorb die gleiche Höhe an Umsatzsteuer entrichten muss,
gemessen an seinem Einkommen sinkt die Quote aber, wenn das Einkommen steigt.

Auch die Belastung je nach Haushaltstyp ist unterschiedlich groß. Alleinstehende
haben ein anderes Konsumverhalten als Paare mit zwei Kindern. Wie hier am
Beispiel der Umsatzsteuer gezeigt, würde eine Erhöhung von Verbrauchsteuern
Haushalte im unteren Einkommensbereich und Familien im Verhältnis tendenziell
stärker belasten. Diese Effekte können über eine entsprechende Gestaltung des
Einkommensteuerrechts besser ausgeglichen werden.
Ferner ist es nach Überzeugung des Petitionsausschusses nicht auszuschließen,
dass die vom Petenten vorgeschlagene Umgestaltung des Steuersystems
unerwünschte Effekte auf die Sicherung der Steuereinnahmen und somit der Solidität
der öffentlichen Finanzen hätte. Das gegenwärtige Steuermischsystem mildert
Ausweichanreize und stärkt die fiskalische Stabilität im Konjunkturverlauf. Der
Petitionsausschuss macht weiterhin darauf aufmerksam, dass bei einer vollständigen
Abschaffung der Steuern vom Einkommen (Lohnsteuer, Einkommensteuer,
Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag) die Steuerausfälle – bezogen auf das Jahr
2011 – rund 210,7 Milliarden Euro betragen würden. Demgegenüber betragen die
Steuereinnahmen aus der Mehrwertsteuer 139 Milliarden Euro. Bei einem stärkeren
Anstieg der Umsatzsteuersätze wäre das Mehraufkommen wegen
Verhaltensänderungen der Konsumenten rückläufig. Um die Einnahmeausfälle einer
abgeschafften oder abgesenkten Einkommensbesteuerung über die Umsatzsteuer
auch nur annähernd ausgleichen zu können, müssten die Umsatzsteuersätze
tendenziell mehr als verdoppelt werden, was sich u. a. bei der zu erwartenden
Überwälzung der Steuererhöhung negativ auf das Preisniveau auswirken würde und
zu grenzüberschreitenden Ausweichreaktionen führen würde.
Angesichts des Dargelegten kann der Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des vorgetragenen Anliegens tätig zu werden. Er empfiehlt daher,
das Petitionsverfahren abzuschließen.Begründung (pdf)


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