Region: Tyskland

Verwaltungsgerichtsbarkeit - Zulassungserfordernis für die Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

Petitioner ikke offentlig
Petitionen behandles
Deutschen Bundestag
92 Støttende 92 i Tyskland

Petitionen blev ikke opfyldt

92 Støttende 92 i Tyskland

Petitionen blev ikke opfyldt

  1. Startede 2013
  2. Samlingen er afsluttet
  3. Indsendt
  4. Dialog
  5. Afsluttet

Dette er en online petition des Deutschen Bundestags ,

18.11.2015 16.09

Pet 4-17-07-34-050227Verwaltungsgerichtsbarkeit
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 29.01.2015 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent fordert, das Zulassungserfordernis für die Berufung im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufzuheben und § 124 der
Verwaltungsgerichtsordnung zu streichen.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, das verwaltungsgerichtliche
Streitverfahren sei in seiner Konzeption auf zwei Tatsacheninstanzen ausgerichtet.
Durch das 6. Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung sei eine Reihe
rechtsschutzgewährender Vorschriften eingeschränkt, aufgehoben oder neu gefasst
worden. Dies betreffe unter anderem die Ausgestaltung der Berufung als
Zulassungsberufung. Die Bundesregierung habe in ihrem Gesetzentwurf darauf
hingewiesen, dass sich durch die hohe Anzahl an Asylverfahren die Verfahrensdauer
nachhaltig verlängert habe. Diese Argumentation sei einerseits nicht plausibel,
andererseits aufgrund des Rückgangs der Asylverfahren nicht mehr tragfähig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 92 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 27 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:

Das geltende Rechtsmittelrecht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren trägt dem
Interesse an einem zeitgerechten Rechtsschutz einerseits sowie dem Interesse an
einer sorgfältigen Überprüfung behördlicher Entscheidungen andererseits in
ausgewogener Art und Weise Rechnung.
Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und
anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) vom 1. November 1996 (BGBl. I, 1626) sollten die
zeitlichen Rahmenbedingungen insbesondere für Investitionsentscheidungen
verbessert werden. Reformbedarf wurde vornehmlich im Hinblick auf das Erfordernis
zügiger und überschaubarer Planungs- und Genehmigungsverfahren gesehen
(BT-Drucksache 13/3993, S. 9).
Hierbei war die seinerzeitige Belastungssituation bei den Verwaltungsgerichten zwar
der Anlass für das Handeln des Gesetzgebers. Es handelte sich indes nicht um eine
kurzfristige Entlastungsmaßnahme. Vielmehr wurde mit dem Gesetzentwurf zum
einen an Vorschläge der unabhängigen Expertenkommission zur Vereinfachung von
Planungs- und Genehmigungsverfahren auf dem Jahr 1994 angeknüpft. Zum
anderen hat das Gesetzgebungsvorhaben Vorschläge der Konferenz der
Justizministerinnen und Justizminister aus dem Jahr 1993 aufgegriffen.
Dem Bedürfnis nach einer Verbesserung des Rechtsschutzes für die Bürgerinnen
und Bürger in zeitlicher Hinsicht wurde durch eine stärkere Funktionsdifferenzierung
der Instanzen Rechnung getragen. Während in der ersten Instanz vor dem
Verwaltungsgericht eine vollumfängliche Kontrolle der behördlichen Entscheidung
stattfindet, dient die zweite Instanz vornehmlich der Fehlerkontrolle und der
Rechtsvereinheitlichung. Die Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bedarf
daher seitdem – entsprechend der bereits damals geltenden Regelung des § 78 des
Asylverfahrensgesetzes, der sich für asylrechtliche Verfahren in der Praxis bewährt
hatte – der Zulassung durch das Berufungsgericht. Entgegen der Vermutung des
Petenten war die Reform daher auch nicht abhängig von den Asylbewerberzahlen.
Zulassungsgründe sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen
Urteils (§ 124 Absatz 2 Nr. 1 VwGO), die besondere tatsächliche oder rechtliche
Schwierigkeit (§ 124 Absatz 2 Nr. 2 VwGO), die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache (§ 124 Absatz Nr. 3 VwGO), Divergenz (§ 124 Absatz 2 Nr. 4 VwGO)
sowie Verfahrensmängel, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht
(§ 124 Absatz 2 Nr. 5 VwGO). Die Funktion der Berufungsinstanz als Instanz der
Rechtsvereinheitlichung und Rechtsfortbildung wurde mit der Konzentration auf diese
Berufungsgründe nachdrücklich gestärkt.

Gleichzeitig sind an die Begründung einer Beantragung einer Berufung nicht allzu
hohe Anforderungen zu stellen.
Die Darlegungsanforderungen sind in § 124a Absatz 4 Satz 4 VwGO geregelt.
Danach sind für den Fall, dass die Berufung nicht im Urteil des Verwaltungsgerichts
zugelassen worden ist, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des
vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Der Rechtsmittelführer muss also grundsätzlich in rechtlicher und tatsächlicher
Hinsicht darlegen, warum er die von ihm benannten Zulassungsgründe für gegeben
erachtet. „Darlegen“ bedeutet „erläutern“, „näher auf etwas eingehen“ oder „etwas
substantiieren“ (BVerwGE 13, 90, 91; BVerwG, Beschluss vom 9. März 1993,
Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 11). Das heißt, dass der jeweilige
Zulassungsgrund hinreichend deutlich zu bezeichnen ist, er muss jedoch nicht
ausdrücklich bezeichnet werden. Die Anforderungen an die Darlegungslast dürfen
dabei mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4
des Grundgesetzes nicht überspannt werden (Seibert, in: Sodan/Ziekow,
Großkommentar zur VwGO, § 124a Rn. 187, 194).
Abweichend von diesem Grundsatz ist die Darlegungslast jedoch bei Offenkundigkeit
des Zulassungsgrundes nach ganz herrschender Meinung ausnahmsweise reduziert.
Denn Sinn und Zweck des Darlegungs- und Begründungszwanges ist es, dem
Rechtsmittelgericht ohne allzu großen Aufwand die Prüfung zu ermöglichen, ob die
Berufung zuzulassen ist. Je offensichtlicher und klarer für das Rechtsmittelgericht ein
Fehler ist, desto weniger bedarf es einer Darlegung und Begründung (Sodan/Ziekow,
a.a.O., § 124a Rn. 203). Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Fehler im
Einzelfall sogar derart schwerwiegend oder offenkundig sein, dass er ohne
entsprechende Rüge des Rechtsmittelführers vom Berufungsgericht zu
berücksichtigen ist (OVG Münster, NVwZ 1997, 1224 f.; NWVBl. 1999, 269;
Beschluss v. 20. März 2002 – 16 B 20/02; VGH Mannheim NVwZ-RR 2012, 948;
BVerfG DVBl. 2001, 894 f.; NJW 2004, 2510). Auch im systematisch vergleichbaren
Revisionszulassungsrecht hat das Bundesverwaltungsgericht bereits bei
Verfahrensfehlern die Revision aus nicht vorgetragenen, aber offenkundigen
Gründen zugelassen (BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1999 – 9 B 209.99; zur
Zulassung aufgrund Offenkundigkeit der „grundsätzlichen Bedeutung“ vgl.
BFHE 153, 378 [380]).

Insgesamt zeigt sich, dass der Rechtsmittelführer ausgehend vom Grundsatz der
Substantiierung der Rechtsmittelgründe je nach Fallkonstellation einer
unterschiedlichen Darlegungs- und Begründungspflicht unterliegen kann.
Im Ergebnis gewähren die Berufungszulassungsgründe sowie die Anforderungen an
die Begründung des Zulassungsantrages, dass erstinstanzliche Entscheidungen, für
die ein sachlicher Überprüfungsbedarf besteht, nach wie vor vollumfänglich im Wege
der Berufung überprüft werden können.
Dieses Rechtsmittelrecht hat sich in nunmehr über fünfzehnjähriger gerichtlicher
Praxis bewährt. Unzulänglichkeiten bei der Gewährung effektiven Rechtsschutzes
einerseits oder der Rechtsvereinheitlichung andererseits sind nicht zutage getreten.
Darüber hinaus ist eine bestimmte Ausgestaltung des Rechtsmittelwesens weder
verfassungsrechtlich noch aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Erwägungen
geboten.
Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes verpflichtet den Staat objektivrechtlich zu
Individualrechtsschutz. Hierdurch ist indes allein der Weg zum Gericht und damit
einer Kontrolle behördlicher Entscheidungen durch die Justiz garantiert. Das
Erfordernis eines Rechtsmittelsystems ergibt sich hieraus nicht.
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zudem in ihrer relativ kurzen Geschichte nicht
durchgehend in einer bestimmten Art und Weise ausgestaltet gewesen. Der erste
Verwaltungsgerichtshof wurde am 5. Oktober 1863 im Großherzogtum Baden
errichtet. Verwaltungsgerichtshöfe und Oberverwaltungsgerichte wurden im
zeitlichen Nachgang zu dieser Errichtung in den kommenden Jahrzehnten nach und
nach eröffnet, die letzten erst in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts.
Verwaltungsgerichte als vorgelagerte erste Instanz gab es nicht.
Mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes wurde eine dreistufige
Verwaltungsgerichtsbarkeit errichtet. Die Verwaltungsgerichtsordnung, die zum
1. April 1960 in Kraft getreten ist, regelt den Aufbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit
nunmehr durch Bundesgesetz. Der Gesetzgeber ist in der konkreten Ausgestaltung
des Rechtsmittelwesens frei. Der dreistufige Aufbau ist durch das 6. VwGOÄndG
unverändert geblieben. Änderungen wurden lediglich die Voraussetzungen für die
Zulässigkeit der Berufung unterworfen. Wie bereits erwähnt, haben diese sich in der
Praxis bewährt.
Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht
für eine Gesetzesänderung im Sinne des Petenten auszusprechen.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen des Petenten nicht entsprochen werden konnte.Begründung (pdf)


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