Region: Germany

Volksabstimmung - Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes

Petitioner not public
Petition is directed to
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
85 supporters 85 in Germany

The petition is denied.

85 supporters 85 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2016
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

09/11/2017, 13:01

Pet 1-18-14-1115-028618Volksabstimmung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 26.01.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent regt eine Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes an, um eine
Volksabstimmung aller Wahlberechtigten über Auslandseinsätze der deutschen
Bundeswehr zu erreichen.
In der öffentlichen Petition, zu der 201 Mitzeichnungen und 109 Diskussionsbeiträge
vorliegen, wird Folgendes angeführt:
Durch Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes soll die Einführung eines
Referendums beschlossen werden, wonach alle Wahlberechtigten über Einsätze des
Militärs außerhalb Deutschlands mitentscheiden sollen. Sollte der Bundestag einem
Antrag der Regierung bezüglich des Auslandseinsatzes der Bundeswehr zugestimmt
haben, soll ein Referendum eingeleitet werden, welches allen wahlberechtigten
Bürgern die direkte Abstimmung für oder gegen den geplanten Auslandseinsatz
ermöglichen soll. Der Einsatz soll nur erfolgen, sollten mindestens 50 Prozent der
abgegebenen Stimmen diesen befürworten.
Die Entscheidung über das militärische Eingreifen in einem anderen Land sei eine der
wichtigsten Entscheidungen der Gesellschaft, da weitreichende Folgen für Leben,
Gesundheit und Wohlergehen der eigenen Bürger des Landes, als auch der Bürger
des Landes des Militäreinsatzes ergingen.
Die Notwendigkeit einer solchen Entscheidung entstünde häufig erst durch bestimmte
Anlässe, die erst nach der Wahl der Volksvertreter eintreten würden. Als Beispiel für
einen solchen Anlass nennt der Petent die jüngsten Attentate in Paris, welche sich erst
nach der Wahl des jetzigen deutschen Bundestages ereigneten. Dadurch sei den
Bürgern keine Möglichkeit der willentlichen Einflussnahme gegeben. Zwar sei den

Bürgern die Möglichkeit gegeben, Abgeordnete zu wählen, welche vor ihrer Wahl für
ein bestimmtes Programm einträten, jedoch sei beispielsweise in keinem
Wahlprogramm die jetzige Frage des Syrieneinsatzes der Bundeswehr zur Sprache
gekommen, da dieses Thema erst nach den Bundestagswahlen an Aktualität
gewonnen habe. Das Volk habe somit die Entscheidung über den Bundeswehreinsatz
nicht willentlich beeinflussen können. Der Petent kritisiert den schwindenden Einfluss
der Bürger bei besonders wichtigen Entscheidungen, wie denen eines
Auslandseinsatzes. Dies stehe im Widerspruch zum Selbstverständnis der freiheitlich
demokratischen Grundordnung Deutschlands und bedürfe der Korrektur.
Des Weiteren sei Deutschland mit diesem Problem nicht allein; der Konstruktionsfehler
in der Entscheidungskette für Krieg betreffe alle indirekten Demokratien. Deutschland
könne eine Vorreiterrolle bei der Lösung dieses Problems spielen. Der Petent geht
davon aus, dass sich langfristig weltweit die Auffassung durchsetzen wird, dass
Kriegsentscheidungen nicht von einigen wenigen Mächtigen getroffen werden dürften.
Er plädiert für ein Vetorecht des Volkes.
Als weiteren Vorteil einer Volksabstimmung führt der Petent an, dass das Volk, wenn
ihm die Möglichkeit eingeräumt werde, vorsichtiger entscheide als die Politik. Als
Beispiele nennt er die Abwahl der Republikaner 2008, nachdem George W. Busch die
USA in den Irakkrieg getrieben habe, den Ausgang der spanischen Parlamentswahl
nach den Madrider Terroranschlägen im März 2004 und den dauerhaften Frieden in
der Schweiz mit seiner direkten Demokratie seit 168 Jahren.
Der Petent sieht als Lösung des Problems die systematische Durchführung eines
Referendums nach der parlamentarischen Absegnung einer Kriegsentscheidung. In
diesem Referendum könne das Volk ein Veto gegen die Entscheidung einlegen.
Dadurch werde verhindert, dass das Land durch propagandistische Manipulation der
Bevölkerung in einen Krieg verwickelt werde. Seiner Ansicht nach könnte die
Kriegswahrscheinlichkeit durch die zusätzliche Barriere des Referendums sinken.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

In der Petition „Unser Recht auf Veto“ wird die Einführung eines Referendums durch
Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes gefordert, wodurch alle
Wahlberechtigten über die Entsendung der Bundeswehr ins Ausland abstimmen
können.
Dieser Vorschlag ist mit der bestehenden Verfassungsrechtslage unvereinbar und
ließe sich nicht mit einer Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes umsetzen.
Die Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene verändert die durch das
Grundgesetz vorgegebene Stellung des Deutschen Bundestages und ist somit in
erster Linie eine Angelegenheit des Parlamentes.
Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz (GG) besagt, dass alle Staatsgewalt vom Volke
ausgeht. Diese Staatsgewalt wird vom Volk in Form von Wahlen und Abstimmungen
und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Rechtsprechung ausgeübt. Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 i. V. m. Artikel 28 Absatz 1
Satz 1 GG erlaubt Bund und Ländern die verfassungsergänzende, weitreichende
Einführung von Volksabstimmungen auf Bundes- bzw. Landesebene, verlangt sie aber
nicht. In zwei Fällen sieht das Grundgesetz auf Bundesebene eine direkte Beteiligung
des Volkes vor. Gemäß Artikel 29 GG bedarf es für eine Neugliederung des
Bundesgebietes Volksabstimmungen. Artikel 146 GG sieht für den Fall der Einführung
einer neuen Verfassung einen Beschluss vom Deutschen Volke in freier Entscheidung
vor.
Bereits seit den 1950er Jahren sind Volksabstimmungen über Gesetze und andere
Gegenstände der politischen Willensbildung in einigen Ländern bekannt. Seit 1998
sehen die Verfassungen aller 16 Bundesländer Volksabstimmungen in
unterschiedlicher Ausprägung vor. Sie sind vorwiegend auf kommunaler Ebene von
Bedeutung, beispielsweise Bürgerinitiativen, Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide.
Eine Ergänzung des repräsentativ-demokratischen Systems um Möglichkeiten von
Volksabstimmungen oder Volksinitiativen ist auf Bundesebene komplexer als auf
Landes- und Kommunalebene, da das Grundgesetz eine differenzierte Verteilung der
Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern enthält, drei Gesetzesinitiativorgane
(Deutscher Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung) kennt und des Weiteren
vorsieht, dass der Bundesrat als Bundesorgan, durch das die Länder an der
Bundesgesetzgebung mitwirken, einem Bundesgesetz die Zustimmung versagen oder
dagegen Einspruch einlegen kann.

Zur Einführung direktdemokratischer Elemente auf Bundesebene ist die nach
Artikel 79 Absatz 2 GG für eine Verfassungsänderung erforderliche Zustimmung von
zwei Dritteln der Mitglieder des Deutschen Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen
des Bundesrates nötig. Insofern wäre zu diesem Zwecke eine breite
parteiübergreifende Übereinstimmung in Bund und Ländern unverzichtbar.
Somit kommt die Einführung von Volksabstimmungen für Auslandseinsätze der
Bundeswehr durch Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes nicht in Betracht.
Das im Parlamentsbeteiligungsgesetz vorgesehene Verfahren entscheidet sich nach
den Normen des Grundgesetzes und deren Auslegung durch das
Bundesverfassungsgericht.
Die Entscheidung über militärische Einsätze, ebenfalls solche im Ausland, sind nach
dem Grundgesetz grundsätzlich solche der Exekutive. Daher trifft die letztendliche
Entscheidung über den Auslandseinsatz der Bundeswehr die Bundesregierung, selbst
nach der Zustimmung des Bundestages.
Zwar findet sich im Grundgesetz keine ausdrückliche Regelung des
Zustimmungsbedürfnisses des Bundestages, jedoch legte das
Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 (BVerfGE 90, S. 286 ff)
die Verfassung dahingehend aus, dass Auslandseinsätze jedenfalls im Rahmen eines
Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit (Artikel 24 Absatz 2 GG) grundsätzlich
möglich sind. Dabei stellt es das Erfordernis eines konstitutiven
Parlamentsvorbehaltes für einen Auslandseinsatz auf. Die beschriebene
Parlamentsmitwirkung konkretisiert sich in Form des Parlamentsbeteiligungsgesetzes.
Den Grundgedanken und den geschichtlichen Hintergrund des Grundgesetzes
folgend, soll nicht allein der Exekutive, sondern auch dem Parlament in seiner Funktion
als Volksvertretung die „schicksalhafte Entscheidung über Krieg und Frieden“
(BVerfGE 90, 286, 384) zustehen. Ausschlaggebend dafür sind dem Gericht zufolge
die Bedeutung verschiedener Artikel des Grundgesetzes; zum einen die generelle
Haushaltsverantwortung des Bundestages, welche auch zu einer Verantwortung
bezüglich des Verteidigungsetats über Artikel 87a Absatz 1 Satz 1 GG führe, zum
anderen sieht es in den Artikeln 45a, 45b GG einen Ausdruck der vom Grundgesetz
geforderten parlamentarischen Kontrolle des Streitkräfteeinsatzes. In diesem
komplexen Beteiligungsgefüge ist keine direkte Beteiligung der wahlberechtigten
Bürger vorgesehen. Es besteht zwar die Möglichkeit einer Grundgesetzänderung,
verfassungspolitische und verfahrenspraktische Gründe sprechen jedoch gegen die
Einführung einer Volksabstimmung. Die Durchbrechung des Prinzips der

repräsentativen Demokratie gerade bei der Entscheidung über Auslandseinsätze der
deutschen Bundeswehr wäre widersprüchlich. Das Bundesverfassungsgericht
bezeichnet die Bundeswehr im Zusammenhang mit dem Parlamentsvorbehalt
ausdrücklich als Parlamentsarmee. Sollte es zu einer schwerwiegenden Bedrohung in
Folge eines Angriffs auf das Bundesgebiet kommen und somit der Verteidigungsfall
eintreten, so sieht selbst dann das Grundgesetz die Entscheidungsbefugnis beim
Bundestag mit der Zustimmung des Bundesrates. Unter diesen Parlamentsvorbehalt
und damit unter die intensive parlamentarische Kontrolle fallen nicht nur die vom
Petenten aufgeführten Kriegseinsätze, sondern grundsätzlich alle Einsätze, bei denen
die Einbeziehung deutscher Soldaten und Soldatinnen in bewaffnete Unternehmungen
zu erwarten ist. Darunter fallen auch Militäreinsätze von geringerer Bedeutung oder
kleineren Umfangs, etwa Beobachtungs-, Stabilisierungs- und Ausbildungsmissionen.
Parlamentarische Zustimmungsentscheidungen zu militärischen Einsätzen erfolgen
üblicherweise nur befristet und es ist bei dem Erfordernis eines längeren Einsatzes zu
bestimmten Zeiträumen über die Fortsetzung des Einsatzes zu entscheiden. Der
Deutsche Bundestag hat im Zeitraum vom Januar bis Juli 2016 insgesamt acht
Auslandseinsätzen der Bundeswehr, unter Berücksichtigung der
Fortsetzungsentscheidungen über den Einsatz, zugestimmt. Innerhalb dieses
Zeitraums von einem halben Jahr wären nach der Forderung des Petenten acht
bundesweite Referenden durchzuführen. Dies ist nur schwer umsetzbar.
Vor diesem Hintergrund vermag der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sachlage im Ergebnis keinen parlamentarischen Handlungsbedarf zu erkennen
und die Forderung des Petenten nicht zu unterstützen. Er empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung (PDF)


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