Region: Germany

Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts - Anerkennung des von sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg in deutscher Kriegsgefangenschaft erlittenen Unrechts

Petitioner not public
Petition is directed to
Deutschen Bundestag
1,841 supporters 1,841 in Germany

The petition is denied.

1,841 supporters 1,841 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2014
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

03/16/2016, 03:25

Pet 2-18-08-250-003268

Wiedergutmachung
nationalsozialistischen Unrechts


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 25.02.2016 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen überwiegend entsprochen
worden ist. Begründung

Mit der Petition wird die Anerkennung des von sowjetischen Kriegsgefangenen im
Zweiten Weltkrieg in deutscher Kriegsgefangenschaft erlittenen großen Unrechts
sowie ein symbolischer Anerkennungsbetrag in Höhe von 5.000 Euro für diesen
Personenkreis gefordert.
Zur Begründung der Eingabe wird im Wesentlichen ausgeführt, neben den
europäischen Juden zählten sowjetische Kriegsgefangene zur größten
NS-Opfergruppe. Denn im Vergleich zu zivilen Zwangsarbeitern und westalliierten
Kriegsgefangenen der Wehrmacht seien sowjetische Kriegsgefangene weit härteren
Bedingungen ausgesetzt gewesen. Als Unterzeichner der Genfer-Konventionen von
1929 habe der NS-Staat hierbei vorsätzlich gegen alle internationalen Normen zur
Behandlung von Kriegsgefangenen verstoßen. Eine Gleichsetzung sowjetischer und
deutscher Kriegsgefangener, die Aufrechnung von NS- mit sowjetischem Unrecht
verbiete sich in Kenntnis der unvergleichbaren Verbrechen gegen die Menschlichkeit
von Seiten des NS-Staates. Der geforderte Anerkennungsbetrag an die wenigen
noch lebenden sei ein Gebot der Menschlichkeit.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages veröffentlicht worden. Sie wird durch 1.843 Mitzeichnungen unterstützt
und es gingen 301 Diskussionsbeiträge ein.

Überdies haben den Petitionsausschuss zu diesem Anliegen derzeit sechs weitere
Eingaben mit verwandter Zielrichtung erreicht. Wegen des Sachzusammenhangs
werden diese einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung zugeführt.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss äußert großes Verständnis für das vorgetragene Anliegen
und bedauert zutiefst das schwere Schicksal der ehemaligen sowjetischen
Kriegsgefangenen und ihrer Familien.
Auch die Bundesregierung bekundet ihr tiefes Mitleid über das im Zweiten Weltkrieg
von Deutschen im eigenen Land und in den Nachbarländern verübte Unrecht. Alle
Bundesregierungen waren seit jeher nach Kräften um Wiedergutmachung und
Ausgleich bemüht.
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass Ansprüche
geschädigter Militär- oder Zivilpersonen unmittelbar gegen den schädigenden Staat
nach dem Völkerrecht ausgeschlossen sind. Kriegsschäden werden nach
allgemeinem Völkerrecht nicht durch individuellen Schadenersatz, sondern durch
Reparationsvereinbarungen von Staat zu Staat geregelt. Deshalb obliegt es dem
Staat, der Reparationen empfangen hat, die individuellen Schäden auf seinem
Territorium auszugleichen, und seine durch den Krieg geschädigten Bürger in
angemessener Weise zu entschädigen. Die frühere Sowjetunion hat in erheblichem
Umfang Reparationen vereinnahmt. Danach hat sie durch eine Regierungserklärung
vom 22.08.1953 gegenüber Deutschland ausdrücklich auf weitere Reparationen
verzichtet. Nach Völkerrecht gilt dieser Verzicht auch für die Russische Föderation, in
Rechtsnachfolge für die frühere Sowjetunion, sowie für die Nachfolgestaaten der
Sowjetunion und alle Staatsangehörigen dieser Staaten.
Der Petitionsausschuss betont, dass unabhängig von der geschilderten Sachlage die
Bundesrepublik Deutschland freiwillig erhebliche Beträge als humanitäre Geste zur
Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts zur Verfügung gestellt hat. Im
Zusammenhang mit der Deutschen Wiedervereinigung wurden im Jahr 1993
Vereinbarungen zugunsten von NS-Opfern mit den Nachfolgestaaten der
Sowjetunion, der Republik Weißrussland, der Russischen Föderation und der
Ukraine, geschlossen. Die Bundesrepublik Deutschland stellte dabei Mittel in Höhe

von 1 Mrd. DM den Stiftungen in Minsk, Moskau und Kiew zur Verfügung. Die Mittel
waren für ehemals sowjetische Bürger bestimmt, die durch das nationalsozialistische
Regime verfolgt wurden, dadurch schwere Gesundheitsschäden erlitten und sich in
einer wirtschaftlichen Notlage befanden. Die Leistungsvoraussetzungen im Einzelnen
wurden von den jeweiligen Stiftungen bzw. den Regierungen festgelegt. Die
Verteilung der zur Verfügung gestellten Mittel blieb dem Ermessen der Stiftungen
überlassen. Die Bundesrepublik Deutschland hatte hierauf keinen Einfluss.
Der Petitionsausschuss ruft in Erinnerung, dass im Jahr 2000 die Bundesregierung
und die Deutsche Wirtschaft die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"
(EVZ) gründeten. Die Stiftung wurde auf der Grundlage internationaler
Verhandlungen durch einen Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages
errichtet. In diesem Zusammenhang hat sich der Deutsche Bundestag erneut zur
politischen und moralischen Verantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus
bekannt. Bei den internationalen Verhandlungen, die der Errichtung der Stiftung EVZ
unter Beteiligung auch der Nachfolgestaaten der Sowjetunion vorausgingen, bestand
Einigkeit, vormalige Kriegsgefangene von den Leistungen der Stiftung ausdrücklich
auszunehmen. Dem ist der deutsche Gesetzgeber in § 11 Abs. 3 des Gesetzes zur
Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" gefolgt. Seine
Begründung hatte dieser Ausschluss in der Überlegung, dass keine neuen
Reparationen zum Ausgleich von Kriegsschäden ehemaliger Kriegsgefangener
geschaffen werden sollten. Alle übrigen Zwangsarbeiter, die nicht den Status von
Kriegsgefangenen hatten, konnten unter denen im Gesetz genannten Bedingungen
Leistungen aus den Mitteln der Stiftung EVZ erhalten. Nach dem Willen des
Gesetzgebers sollten die Zahlungen für diesen Personenkreis abschließenden
Charakter haben. Der Ausschuss betont, dass an über 1,66 Mio. Leistungsberechtige
in fast 100 Ländern über 4,37 Mrd. Euro ausgezahlt wurden. Nach Beendigung des
Auszahlungsprogramms der Stiftung EVZ wurden durch einen Beschluss des
Kuratoriums und der Rechtsaufsicht Restmittel in Höhe von 40 Mio. Euro für
humanitäre Maßnahmen zugunsten von NS-Opfern bereitgestellt. Die Programme
beinhalteten Kuraufenthalte, Augenoperationen und andere medizinische Hilfen.
Diese Programme standen auch ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen offen.
Diese Möglichkeit haben die genannten drei Partnerorganisationen in Belarus, der
Ukraine und Russland in unterschiedlichem Umfang genutzt. Im Rahmen weiterer
Programme der Stiftung aus Mitteln des Fonds "Erinnerung und Zukunft" wurden
einzelne Projekte bewilligt, die eine Würdigung des Schicksals der sowjetischen

Kriegsgefangen zum Gegenstand hatten. Dies waren Begegnungsprogramme junger
Menschen mit Zeitzeugen oder bestimmte medizinische Hilfsprojekte.
Der Petitionsausschuss hebt hervor, dass er sich seit der 16. Wahlperiode mit einer
im Kern zielgleichen Eingabe, ebenfalls des Vereins "KONTAKTE-KOHTAKTbl e.V."
befasst, deren Beratung jedoch noch nicht abgeschlossen werden konnte. Im
Zusammenhang mit dieser Petition hat der Petitionsausschuss zur weiteren
Aufklärung des Sachverhalts zwei erweiterte Berichterstattergespräche durchgeführt
und nach Lösungen gesucht, um dem auch in der vorliegenden Eingabe
vorgetragenen Anliegen entgegen kommen zu können. Nach Überzeugung des
Ausschusses scheidet eine gesetzliche Lösung aus den o. g. Gründen aus.
Gleichwohl wäre nach seinem Dafürhalten eine außergesetzliche, politische
Entscheidung dahingehend denkbar, 1.: das schwere Schicksal des betroffenen
Personenkreises moralisch anzuerkennen und 2.: eine symbolische Entschädigung
zu gewähren.
Vor diesem Hintergrund begrüßt der Petitionsausschuss ausdrücklich, dass im
Nachtragshaushalt 2015 zehn Millionen Euro für die Gruppe der ehemaligen
sowjetischen Kriegsgefangenen vorgesehen wurden. Das Nachtragshaushaltsgesetz
wurde im Mai 2015 vom Deutschen Bundestag beschlossen. Die Einzelheiten zu den
genannten finanziellen Leistungen hat das Bundesministerium der Finanzen in der
"Richtlinie über eine Anerkennungsleistung an ehemalige sowjetische
Kriegsgefangene (ASK-Anerkennungsrichtlinie)" vom 30. September 2015 geregelt.
Die Höhe der einmaligen Leistung beläuft sich auf 2.500 Euro. Auch nach
Auffassung des Petitionsausschusses stellt diese Entschädigungsleistung ein
wichtiges Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands für dieses Kapitel
nationalsozialistischer Vernichtungspolitik dar.
Nach alledem empfiehlt der Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen überwiegend entsprochen werden konnte.
Der abweichende Antrag der Fraktion DIE LINKE., die Petition den Fraktionen des
Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, sowie der abweichende Antrag der
Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Petition den Fraktionen des Deutschen
Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit eine Erklärung des Deutschen
Bundestages zur Anerkennung des von sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten
Weltkrieg in deutscher Kriegsgefangenschaft erlittenen Unrechts gefordert ist,
wurden mehrheitlich abgelehnt.Begründung (pdf)


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