Region: Germany

Zivilprozessordnung - Verkündung eines Urteils durch Richter unter Verzicht auf einen Vergleich

Petitioner not public
Petition is directed to
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
12 supporters 12 in Germany

The petition is denied.

12 supporters 12 in Germany

The petition is denied.

  1. Launched 2016
  2. Collection finished
  3. Submitted
  4. Dialogue
  5. Finished

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

09/16/2017, 04:24

Pet 4-18-07-3100-033123

Zivilprozessordnung


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 05.09.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, die Zivilprozessordnung dahingehend zu ändern, dass
Richter unter Verzicht auf einen Vergleich immer dann ein Urteil fällen müssen, wenn
ihnen bekannt ist, dass das Urteil für viele andere betroffene Personen, wie z. B.
Kunden von Versicherungsunternehmen, von großer Bedeutung ist.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, immer wieder verhinderten
Versicherungskonzerne in letzter Minute Urteile, indem sie einen Vergleich schlössen,
obwohl der Prozess in die letzte Instanz gegangen sei. Gerade im Hinblick auf die
Rückkaufwerte von Lebensversicherungen werde so die Lösung eines Problems
verhindert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die Eingabe
verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 60 Mitzeichnern unterstützt,
und es gingen 15 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Im Zivilprozessrecht gilt die sogenannte Dispositionsmaxime. Diese geht von einer
weitgehenden Selbstbestimmung des Einzelnen hinsichtlich seiner individuellen
Rechtsposition aus. Sie besagt, dass das Verfahren, nach dem ein zivilrechtlicher
Rechtsstreit vor Gericht ausgetragen wird, grundsätzlich durch die Parteien beherrscht

wird. Die Dispositionsmaxime ist ebenso wie der materiell-rechtliche Grundsatz der
Vertragsfreiheit – dessen prozessuales Pendant sie bildet – Ausdruck des allgemeinen
Prinzips der Privatautonomie, d. h. des Rechts des Einzelnen, seine privaten
Rechtsverhältnisse nach eigenen Entscheidungen zu gestalten. Verfassungsrechtlich
ist sie in der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes
verankert.
Da es dem Einzelnen zivilrechtlich überlassen bleibt, ob er seine Rechte geltend
macht, muss er auch über die Inanspruchnahme der Gerichte zur Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung frei bestimmen können.
Aufgrund des Dispositionsprinzips kann das Zivilgericht in einer zivilrechtlichen
Streitsache nicht aus eigenem Entschluss heraus von Amts wegen tätig werden;
vielmehr bleibt es der betroffenen Partei überlassen, ob sie Klage erheben
(§ 253 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)) und den rechtlichen Streit auf diese Weise
gerichtlich abhängig machen will oder nicht. Ebenso können die Parteien das
Verfahren auf vielfältige Weise vorzeitig – also ohne Urteil – beenden. Insoweit
kommen eine Klagerücknahme (§ 269 ZPO), eine übereinstimmende
Erledigungserklärung beider Parteien, ein Prozessvergleich, der Verzicht des Klägers
auf den geltend gemachten Anspruch (§ 306 ZPO) oder das Anerkenntnis dieses
Anspruchs durch den Beklagten (§ 307 ZPO) in Betracht.
Durch Abschluss des Prozessvergleichs machen die Parteien materiell-rechtlich von
ihrer Befugnis zur privatautonomen Regelung ihrer Angelegenheit und damit von ihren
verfassungsrechtlichen Rechten Gebrauch und nutzen die durch die
Dispositionsmaxime als verfahrensrechtliche Ausprägung der Privatautonomie
gewährte Möglichkeit zur einvernehmlichen Prozessbeendigung.
Hinsichtlich der angesprochenen Lebensversicherungen ist auszuführen, dass der
Rückkaufwert einer Lebensversicherung sich nach
§ 169 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bestimmt. Danach ist der Rückkaufswert
das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den
Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden
Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer
Kündigung jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei
gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die
ersten fünf Vertragsjahre ergibt. Diese Vorgaben berücksichtigen auch die
höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berechnung eines Rückkaufswertes. Über die

Höhe der Rückkaufswerte ist der Versicherungsnehmer zu informieren (§ 2 Absatz 1
Nummer 4 VVG-InfoV).
Vorgaben zur Kalkulation in der Lebensversicherung enthält das
Versicherungsaufsichtsrecht.
Der Ausschuss hält die Rechtslage vor dem dargestellten Hintergrund für sachgerecht
und vermag die Eingabe nicht zu unterstützen. Daher empfiehlt der Ausschuss, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung (PDF)


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