Sehr verehrter Herr Minister! Wir, die Unterzeichner, haben uns, z.T. seit nahezu fünf Jahrzehnten, um die Durchsetzung der Schulsozialarbeit als wesentlichem Bestandteil einer Bildungsreform bemüht. Wir haben dankbar die Unterstützung durch das Land begrüßt. Umso enttäuschter sind wir wegen der kurzsichtigen Verlagerung bzw. Streichung der bisherigen Landesmittel, die als Rückzug des Landes aus der Verantwortung für die Schulsozialarbeit verstanden werden muss. Es gibt keine wirksamere Unterstützung des Lernens als eine sozialpädagogische Bearbeitung der Probleme und Lebenssituationen, vor allem für sozialbenachteiligte Gruppen, denen die Unterstützung durch ein betuchtes Elternhaus fehlt. Auch der gerade von einem Positionspapier der Wirtschaft (BDA u.BDI in Fr. vo.2.1.15,S.6) geforderte bessere Übergang von der Schule zur Arbeitswelt braucht dringend die bewährte Hilfe der Schulsozialarbeit oder sollten die positiven Ergebnisse z.B. der Ernst-Reutter-Schule II mit der starken Senkung der Abbrecherquote nichts gelten? Der Rückzug des Landes kann nur als Abwertung dieser Erfolge und Anstrengungen aufgefasst werden. Die Schulen können aus den Mittels der 105 %igen Lehrerversorgung kaum eine ausreichende Schulsozialarbeit finanzieren, da diese Mittel ohnehin für andere Lücken gebraucht werden. Wir schließen uns voll der Resolution des Kollegiums der ERS II in Frankfurt vom 14.11.2014 an sowie der Argumentation von Berg u.Spiegelberg in der Frankfurter Lehrerzeitung vom Dezember (S.4 u.12) und bitten dringend um die Rücknahme des ministeriellen Beschlusses und um eine Aufstockung der bisher zu bescheidenen Mittel für die Förderung der Schulsozialarbeit.
Prof. em. Dr. Wilma Aden-Grossmann, Universität Kassel Prof. em. Dr. Gerd Iben, Universität Frankfurt
Reason:
Hessen hat Schulsozialarbeit seit den achtziger Jahren in Form einzelner Projekte gefördert. Die zur Verfügung gestellten Mittel betrugen nur 350.000 bis 400.000 Euro, waren also stets unzureichend. Es gab Vereinbarungen vom Land mit dem Bezirksverband Hessen-Nord der AWO, der Stadt Kassel, dem Landkreis Kassel und Baunatal, Frankfurt und dem Kreisverband Frankfurt der AWO, dem Landkreis Darmstadt-Dieburg, Wiesbaden und Offenbach. Diese Vereinbarungen wurden zum 31.07.2015 gekündigt.
Im Haushaltsjahr 2015 sind die Mittel offiziell im Haushalt bei Kapitel 04 59 Schulen veranschlagt, dies bedeutet, sie sind verlagert in die 105 prozentige Lehrerversorgung für die Schulen.
Nach einer neuen Verordnung sollen die Schulen selbst entscheiden, ob sie aus der zusätzlichen Stundenzuweisung Schulsozialarbeit finanzieren wollen. Schulsozialarbeit muss also mit anderen Aufgaben der Schule in Konkurrenz treten; denn in der Regel wird das zusätzliche Budget von den Schulen für Förderunterricht, Differenzierung oder Aufbau von schulischen Schwerpunkten benötigt. Damit ist der Fortbestand von Schulsozialarbeit in hohem Maße in Frage gestellt.
Prof. em. Dr. Wilma Aden-Grossman, Universität Kassel
Prof. em. Dr. Gerd Iben, Universität Frankfurt
In the name of all signers.
Kronberg, 06 Jan 2015 (aktiv bis 05 May 2015)