29.08.2017 10.47
Laura KaluzaAuswärtige Angelegenheiten
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 08.11.2012 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird eine angemessene Entschuldigung Deutschlands sowie eine
Entschädigung für den Völkermord an den Herero gefordert.
Die Petentin führt im Einzelnen aus, dass das von Deutschland während der
Kolonialzeit besetzte damalige Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia, bis
heute weder eine Entschuldigung noch eine Entschädigung von deutscher Seite
erhalten habe für die Gräuel der kolonialen Herrschaft und die damaligen
Menschenrechtsverletzungen. Darüber hinaus finde im heutigen Deutschland keine
angemessene gesellschaftliche Aufarbeitung der Kolonialzeit statt. Dies müsse
gefördert werden ebenso wie die Erinnerung an die Opfer und Leidtragenden der
deutschen Kolonialherrschaft. Deutschland müsse auch für Verbrechen dieser Zeit
wie den Völkermord an den Herero die Verantwortung übernehmen. Dies solle durch
Entschuldigung und Entschädigung, aber auch durch eine kritische schulische,
gesellschaftliche und politische Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit
geschehen.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Eingabe hingewiesen.
Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe gingen
117 Diskussionsbeiträge und 208 Mitzeichnungen ein. Die Diskussion im Internet
verlief sehr kontrovers.
Der Petitionsausschuss hat im Rahmen der parlamentarischen Prüfung eine
Stellungnahme des Auswärtigen Amtes eingeholt. Unter Berücksichtigung der
Stellungnahme sieht das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung folgendermaßen
aus:
Entgegen der Vorstellung der Petentin haben sich sowohl die Bundesregierung als
auch der Deutsche Bundestag wiederholt intensiv und im Bewusstsein der
historischen Verantwortung mit der deutschen Kolonialgeschichte
auseinandergesetzt. Das gilt auch und vor allem für das frühere
Deutsch-Südwestafrika, heute Namibia, und die blutige Niederschlagung des
Herero-Aufstandes durch die kaiserlichen Truppen. Zuletzt hat sich Staatministerin
Cornelia Pieper anlässlich der Übergabe menschlicher Gebeine an Namibia in der
Charité am 30. September 2011 zu der historischen und moralischen Verantwortung
Deutschlands gegenüber Namibia bekannt und ihrem tiefen Bedauern über die
damaligen Geschehnisse Ausdruck verliehen. Die frühere Bundesministerin
Heidemarie Wieczorek-Zeul hatte im August 2004 für die Bundesregierung an der
Gedenkveranstaltung am Waterberg zum hundertsten Jahrestag der
Niederschlagung des Herero-Aufstandes teilgenommen und dort gesagt:
„Wir Deutschen bekennen uns zu unserer historisch-politischen, moralisch-ethischen
Verantwortung und zu der Schuld, die Deutsche damals auf sich geladen haben.“
Sie hat am 8. September 2004 im Plenum die Abgeordneten des Deutschen
Bundestages über diesen Besuch in Namibia informiert und berichtet, dass Vertreter
der Herero ihr geantwortet hätten, dass damit die Mauern des Schweigens
eingerissen worden seien und jetzt ein Dialog beginnen könne.
Der Deutsche Bundestag hat sich immer wieder in Form von Anträgen, mündlichen
und schriftlichen Fragen und kleinen Anfragen mit dem Thema der deutschen
Kolonialvergangenheit in Afrika auseinandergesetzt und damit einhergehend auch
mit dem Sonderverhältnis zu Namibia. Beispielhaft sei hier der Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genannt „Zum Gedenken an die Opfer des
Kolonialkrieges im damaligen Deutsch-Südwestafrika“ (BT-Drs. 15/3329 vom 16. Juni
2004), angenommen im Plenum am 17. Juni 2004.
Deutschland wird seiner historischen Verantwortung auch durch eine besonders
intensive außenpolitische Beziehung zu Namibia gerecht, die ihren Schwerpunkt vor
allem in der Entwicklungszusammenarbeit hat. Namibia steht gemessen an den
staatlichen finanziellen Zuwendungen pro Kopf der Bevölkerung an erster Stelle der
Partnerländer in Afrika. Das Gesamtvolumen der deutschen Zusagen und aller
Maßnahmen der Technischen Zusammenarbeit für Namibia seit 1990 liegen bei
einem Gesamtbetrag von über 700 Millionen Euro.
Deutschland hat zudem im Einvernehmen mit der namibischen Regierung eine
Sonderinitiative mit einem Volumen von 20 Millionen Euro initiiert, deren Maßnahmen
insbesondere den Bewohnern der Siedlungsgebiete der betroffenen Volksgruppen
(u. a. Herero und Nama) zugute kommen.
Für individuelle Entschädigungen an Vertreter dieser Volksgruppen sieht die
Bundesregierung jedoch keine rechtliche Grundlage und lehnt diese daher ab. Der
Petitionsausschuss teilt diese Meinung.
Soweit die Petentin sich auf die Begrifflichkeit des Völkermordes hinsichtlich der
Herero bezieht und daraus die besondere Verantwortung Deutschlands heutzutage
ableitet, so ist dazu festzustellen, dass die Konvention der Vereinten Nationen vom
9. Dezember 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, in Kraft
getreten am 12. Januar 1951, für die Bundesrepublik Deutschland am 22. Februar
1955 in Kraft getreten ist. Auch wenn diese Konvention nicht rückwirkend gilt, so
verhindert oder beeinträchtigt dies nicht die Übernahme von Verantwortung durch die
Bundesrepublik Deutschland für die Ereignisse von 1904, wie es bereits geschehen
ist und fortgeführt wird.
Die Erforschung der deutschen Kolonialvergangenheit ist schon lange Gegenstand
der deutschen und internationalen Geschichtswissenschaft und wird dies auch
bleiben. Der Petitionsausschuss erachtet eine besondere Förderung in dieser
Richtung nicht für erforderlich, zumal die Politik den Rahmen für Forschung geben,
jedoch nicht Inhalte vorgeben sollte. Auch in den Lehrplänen der Schulen und im
öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Diskurs hat die deutsche Kolonialgeschichte -
mit all ihren negativen Implikationen - ihren Platz.
Der Petitionsausschuss sieht die Anliegen der Petentin weitestgehend umgesetzt
und kann daher nur empfehlen, das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem
Anliegen entsprochen worden ist.
Der von den Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung – dem Auswärtigen Amt – als Material zu
überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (PDF)