Besonderer Teil des Strafgesetzbuches - Verbot des Stechens von Ohrringen bei Kindern unter 7 Jahren

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
943 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

943 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2010
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:01

Pascal Völlinger

Besonderer Teil des Strafgesetzbuches

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2011 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Der Petent fordert, dass das Stechen von Ohrringen und anderem Körperschmuck
bei Säuglingen und Kindern unter 7 Jahren verboten wird.

Zur Begründung führt der Petent
im Wesentlichen an, dass das Stechen von
Ohrlöchern bei Kindern unter 7 Jahren gegen die Selbstbestimmung des Menschen
und das Recht auf körperliche Unversehrtheit verstoße. Alleine die Eltern eines
geschäftsunfähigen Kindes entschieden darüber, ob ein medizinisch nicht
notwendiger Eingriff
in die körperliche Unversehrtheit erfolge, welcher oftmals
Infektionen, Allergien und andere Gefahren für die Gesundheit mit sich bringe. Es sei
daher nötig, das Kind vor solchen Entscheidungen der Eltern zu schützen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.

des
Internetseite
der
auf
öffentliche Petition
als
Die Eingabe wurde
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 943 Mitzeichnern unterstützt. Zudem
gingen 157 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss
des
eine Stellungnahme
der Eingabe
zu
hat
Bundesministeriums der Justiz eingeholt. Unter Einbeziehung der Stellungnahme
lässt sich das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung wie folgt zusammenfassen:

Nach Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) sind Pflege und Erziehung der Kinder das
natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Es ist also in
erster Linie die Aufgabe der Eltern, für das Wohlergehen und den Schutz ihrer Kinder

zu sorgen. Wenn die Eltern ihrer Aufgabe aber nicht nachkommen, dann tragen auch
Staat und Gesellschaft Verantwortung für ein Kind.

Eingriffe in das Elternrecht werden vom Gesetz mit Rücksicht auf Artikel 6
Absatz 2 GG an strenge Voraussetzungen geknüpft. Sie sind nach § 1666 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nur aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung und
nur dann zulässig, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes
gefährdet
ist und die Eltern nicht gewillt oder
in der Lage sind, die Gefahr
abzuwenden.

Die Definition des Kindeswohls obliegt in erster Linie den Eltern im Rahmen ihrer
primären Erziehungsverantwortung. Da nach unserer Rechtsordnung der Staat nur
bei einer Gefährdung des Kindeswohls eingreifen darf, wird von ihm keine positive
Norm für gelingendes Aufwachsen von Kindern gesetzt. Deshalb hat der
Gesetzgeber davon abgesehen, das Kindeswohl (positiv) zu definieren. Aber auch
der Begriff der Kindeswohlgefährdung ist von vorneherein als Generalklausel
konzipiert, die die Verantwortung für die Normanwendung im Einzelfall auf den
Rechtsanwender, vor allem das Familiengericht aber auch das Jugendamt überträgt.
Unter einer Gefährdung des Kindeswohls versteht die Rechtsprechung eine
gegenwärtige,
in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der
weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit
voraussehen lässt. Ob die Vornahme eines Ohrlochstechens eine solche Gefahr
begründet, ist aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Die
Grenze
zwischen
hinzunehmenden
Lebensumständen
und
erheblichen
Schädigungen, die den Staatseingriff
im Einzelfall nicht ohne
ist
legitimieren,
Werturteil zu bestimmen, in das nicht nur subjektive Vorverständnisse, sondern auch
der
neue
kommen
einfließen. Hinzu
gesellschaftliche Auffassungswandel
Gefährdungslagen z. B. aufgrund der technischen Entwicklung.

Eine gesetzliche Regelung, wonach eine bestimmte Verhaltensweise der
Sorgeberechtigten hier die Einwilligung in das Stechen von Ohrlöchern bei einem
geschäftsunfähigen Kind gesetzlich reglementiert werden soll, ist demnach bereits
dem Grunde nach nicht angezeigt. Vielmehr ist es Sache der unabhängigen Gerichte
im Einzelfall darüber zu entscheiden, ob ein bestimmtes Verhalten der Eltern eine
Gefährdung des Kindeswohls begründet.

Soweit
eine Person
ohne Einwilligung
der Eltern
bei
einem selbst
einwilligungsunfähigen Kind Ohrlöcher sticht, stellt dies bereits nach geltendem
Recht eine Körperverletzungshandlung gemäß § 223 Strafgesetzbuch dar, die straf-
und zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen kann.

Der Petitionsausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag
sich daher nicht für ein Verbot im Sinne des Petenten auszusprechen.

Der Ausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem
Anliegen des Petenten nicht entsprochen werden konnte.


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