Das Petitionsrecht – eine Übersicht

Petitionsrecht in Deutschland

Im Zeitalter des Internets ist das Erstellen einer Petition so einfach wie nie: Auf freien Petitionsplattformen wie openPetition können Petitionen sofort gestartet werden. Nach einer Prüfung auf Einhaltung der Nutzungsbedingungen (z.B. keine Diskriminierung) geht die Petition sofort online. Das ist bei aktuellen Themen besonders praktisch, um möglichst schnell möglichst viel zu erreichen. Petitions-Startende legen fest, an wen sie ihr Anliegen richten, wie lange und wie viele Unterschriften sie sammeln wollen. Richtet sich eine Petition an jemanden mit politischer Entscheidungsmacht, wie beispielsweise einen Gemeinderat oder Landtag, berechnet openPetition ein sogenanntes Quorum, eine regionale Relevanzschwelle. Dies orientiert sich an den Stimmen, die Abgeordnete brauchen, um ins jeweilige Parlament einzuziehen. In kleinen Kommunen sind es meist ein paar hundert Unterschriften, auf Landesebene mehrere tausend und auf Bundesebene gibt der Bundestag ein Quorum von 50.000 vor. Ist das Quorum erreicht, fragt openPetition Stellungnahmen der Abgeordneten an – ein großer Vorteil freier Petitionsplattformen: Dialog und öffentlicher Diskurs.
Doch nicht nur der Dialog zur Politik ist wichtig, sondern auch die Möglichkeit, die eigenen Unterstützenden zu mobilisieren, beispielsweise zu Demonstrationen oder einer Social-Media-Aktion. Im Debattenraum können Pro- und Contra-Argumente ausgetauscht werden, das stärkt den Diskurs, politische Meinungsbildung und fördert Kompromisse.

Anders als bei zivilgesellschaftlichen Plattformen wird bei staatlich organisierten Petitionsplattformen, wie beispielsweise der ePetitionen-Plattform des Bundestages, zunächst die Petition eingereicht und erst danach beginnt der Sammelzeitraum. Der Bundestag hat ein Quorum von 50.000 Unterschriften, die innerhalb vier Wochen gesammelt werden müssen. Wird dies erreicht, erhalten Petitions-Startende Rederecht vor dem Petitionsausschuss in einer Anhörung. Auch wenn die Petition das Quorum nicht erfüllt, wird die Petition vom Ausschuss behandelt, die Anhörung entfällt jedoch.

Jede Petition ist ab einer Unterschrift gültig und muss – sobald sie im Petitionsausschuss eingereicht wurde – behandelt werden.

Auf Wunsch des Petenten kann seine Petition unter Einwilligung des Petitionsausschusses des Bundestages auf ePetitionen veröffentlicht werden. Ab Zeitpunkt der Veröffentlichung beträgt die Zeichnungsfrist vier Wochen. Werden in diesem Zeitraum mindestens 50.000 Unterschriften gesammelt, so erhält der Petent Rederecht gegenüber des Petitionsausschusses im Rahmen einer öffentlichen Anhörung.

Petitionen, die auf der Webseite des Petitionsausschuss des Bundestages (und auch der Landtage) veröffentlicht werden, sind öffentliche Petitionen. Es gibt weitaus mehr Petitionen, als auf dem Portal des Petitionsausschusses sichtbar sind. Viele Einzelpetitionen, aber auch Massenpetitionen werden nicht öffentlich dargestellt und handschriftlich im Petitionsausschuss eingereicht.

Im Zuge der Digitalisierung haben sich außerdem verschiedene Arten von Petitionen entwickelt. Die gängigste Art ist heutzutage die öffentliche (Online-)Sammelpetition, zu der auch die Petitionen auf openPetition zählen: Eine wortführende Person verfasst ein Anliegen, das von Unterstützenden unterschrieben werden kann. Auch Menschen, die die Petition “nur” unterschreiben, können beim Sammeln helfen und Unterschriftenbögen herunterladen oder die Aktion via Social Media verbreiten. Die Unterschriften lassen sich auf openPetition on- und offline sammeln und zählen in einen Topf.

Ist der Sammelzeitraum vorbei, werden Petitionen von freien Plattformen eingereicht. Das Einreichen besteht aus der symbolischen Übergabe an die Entscheidungstragenden sowie dem offiziellen Einreichen beim Petitionsausschuss. Im Gegensatz zur Bundes- und Landesebene gibt es auf Kommunalebene nur wenige Petitionsausschüsse, so beispielsweise in Koblenz, Leipzig und Dresden.
Für die symbolische Übergabe drucken die meisten Petitions-Startenden alle Unterschriften aus, basteln Plakate oder starten eine Demonstration. Oft werden zudem Journalistinnen und Journalisten eingeladen,
damit in der Presse über die Übergabe berichtet wird. Alle Petitionsausschüsse der Länder und des Bundes bieten inzwischen einfache Online-Formulare, über die man seine Petition einreichen kann.
Entspricht der Petitionsausschuss bzw. die adressierte Person der Forderung, ist eine Petition erfolgreich. Jedoch können auch Teilerfolge erreicht und Kompromisse gefunden werden, wenn der Forderung der Petitions-Startenden nicht komplett entsprochen wird, die adressierte Person oder das Parlament ihnen aber entgegenkommt.

ARTIKEL 17 DES GRUNDGESETZES DER BRD

Das Petitionsrecht ist in Deutschland im Grundgesetz (GG) verankert. In diesem Sinn ist es ein Grundrecht, das jedem deutschen Bürger zusteht: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“

ARTIKEL 45C DES GRUNDGESETZES DER BRD

Der Petitionsausschuss des Bundestages ist laut Artikel 45c GG für die Behandlung der Petitionen auf Bundesebene verantwortlich:

“(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuß, dem die Behandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.

(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überprüfung von Beschwerden regelt ein Bundesgesetz.

PETITIONSRECHT IN DEN BUNDESLÄNDERN

Alle Bundesländer haben einen Petitionsausschuss, einige haben zusätzliche Instanzen für den direkten Kontakt zur Bevölkerung – zum Beispiel Obleute oder Bürgerbeauftragte.

In jedem deutschen Bundesland haben alle Bewohner das Recht, ihr Anliegen in Form einer Petition einzureichen. Einzelpetitionen, Massen-/Mehrfachpetitionen und Sammelpetitionen sind in allen Bundesländern und deren Petitionsausschüssen möglich. In allen Bundesländern gibt es die Möglichkeit, Petitionen online einzureichen. Einige Petitionsausschüsse der Bundesländer haben dafür sogar eine eigene Plattform mit weiteren Funktionen. Die Petitionen von zivilgesellschaftlichen Plattformen wie openPetition erreichen durch einen einfacheren Aufbau oft mehr Menschen als staatliche Plattformen und machen dadurch öffentlich und mit Nachdruck auf Probleme aufmerksam. In jedem Fall ist es wichtig, Ihre Petition auch offiziell einzureichen, damit sie vom Petitionsausschuss behandelt wird.

QUORUM FÜR PETITIONEN

Bisher existiert ein Quorum für Sammelpetitionen wie bei openPetition lediglich in Thüringen (1.500 Unterschriften) und im Petitionsausschuss des Bundestags (50.000). In beiden Fällen gewährleistet das Quorum eine Anhörung und Behandlung des Anliegens vor dem Petitionsausschuss mit einer anschließenden Weiterleitung an einen Fachausschuss/Experten. Eine Ausnahme bildet die Klärung des Anliegens auf anderem Wege.

AUSSCHLUSSKRITERIEN FÜR PETENTEN

In vielen Bundesländern ist das Petitionsrecht für juristische Personen des öffentlichen Rechts eingeschränkt: das Anliegen einer Petition sollte nicht Gegenstand ihres sachlichen Zuständigkeitsbereiches sein. Besondere Regelungen gibt es in Niedersachsen. Hier sind Behörden oder Schulen nicht petitionsberechtigt, da sie staatliche Organe sind. Im Freistaat Sachsen gelten zusätzliche Restriktionen: „Juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Teilen davon steht das Petitionsrecht nicht zu. Hochschulen, Rundfunkanstalten und öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften steht das Petitionsrecht nur zu, soweit die Petition ihren spezifischen Status als Grundrechtsträger betrifft“. Außer in Thüringen ist das Recht auf Petitionen nicht barrierefrei: Erfurt bietet auf der Plattform des Thüringer Petitionsausschusses die Möglichkeit an, Petitionen schriftlich, in Brailleschrift (Blindenschrift), mündlich, online sowie in Gebärdensprache (inkl. lautsprachbegleitender Gebärden) einzureichen. Einige der Ländern haben eine Bürger/innen-Sprechstunde, in der persönlich beraten wird.

Petitionsrecht in Kreisen und Kommunen

In kleineren Verwaltungseinheiten wie den Kreisen und Kommunen gibt es meist keinen eigenen Petitionsausschuss. Als Empfänger einer Petition kommen in diesem Fall Parlamente wie Kreistage oder Stadtverordnetenversammlungen sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und einzelne Abgeordnete in Frage. Eine Petition kann beispielsweise an eine Stadtverordnetenversammlung oder an den Bürgermeister gerichtet werden.

Meist gestalten sich das Sammeln der Unterschriften und das Einreichen einer Petition auf dieser Ebene am leichtesten, da es geringe logistische und organisatorische Hürden gibt. Der direkte Kontakt zu politischen Entscheidungsträgern lässt sich leichter herstellen. Es gilt deshalb immer zu überlegen, ob der Weg über den Petitionsausschuss der Länder genommen werden muss oder ob sich ein Einreichen in einer kleineren Verwaltungseinheit nicht eher lohnt. Viele Anliegen, die vom Petitionsausschuss des jeweiligen Bundeslands abgelehnt werden erfahren auf dieser Ebene weit mehr Aufmerksamkeit, da das Anliegen von Ortskundigen besser beurteilt werden kann.

Petitionsrecht in Europa

Das Petitionswesen als Instrument der Bürgerbeteiligung hat in einigen europäischen Staaten schon eine lange Historie hinter sich. In Großbritannien beispielsweise wurde das Petitionsrecht bereits in der Magna Carta im Jahr 1215 verankert. Auch in Deutschland blickt man auf eine lange Geschichte zurück, die durch zeitweilige Einschränkungen und Reformen geprägt wurde. In anderen Ländern, besonders in Mittel- und Südosteuropa, setzte die Entwicklung erst mit den Demokratisierungsprozessen des 20. Jahrhunderts ein. Das erklärt auch, warum die nationalen Regelungen besonders unterschiedlich und vielfältig sind.


Irland, Zypern und Lettland, sowie die meisten der skandinavischen Staaten kennen beispielsweise in ihrer Verfassung keinen parlamentarischen Petitionsausschuss. Man findet in diesen Ländern ein System aus Ombudsleuten. Wie weitreichend die Kompetenzen dieser jeweils gehen, unterscheidet sich national wiederum stark. In den meisten Fällen liegt ihre Aufgabe darin, die Verwaltung zu beaufsichtigen.

Manchmal wird ihre Kompetenz darauf beschränkt, Akteneinsicht zu erhalten und wenn nötig, Disziplinarverfahren anzuregen. Die meisten europäischen Staaten haben zusätzlich zum Petitionsausschuss Bürgerbeauftragte. Lediglich in Deutschland und der Schweiz gibt es keine parlamentarische Ombudsstelle auf nationaler Ebene. In Italien gibt es wiederum für jede Region nur eine Bürgeranwältin oder einen Bürgeranwalt statt eines Petitionsausschusses. Das Petitionswesen ist dynamisch und wird stetig weiterentwickelt. Doch was lässt sich bei der Umsetzung eines modernen Petitionswesen heute konkret voneinander lernen?

Einige europäische Staaten nutzen bereits jetzt die Möglichkeiten, die das digitale Zeitalter bietet. So setzt nicht nur der deutsche Staat auf die Möglichkeit, über die Seiten der jeweiligen Petitionsausschüsse Eingaben machen zu können. Auch Portugal besitzt auf der Homepage des Parlaments einen eigenen Webauftritt für den Petitionsausschuss. Dort sind vollständige Petitionstexte, die Zahl der Mitzeichnenden sowie der Bearbeitungsstatus veröffentlicht. Mit der Suchmaske kann nach Schlagworten und Petitionen gesucht werden. Außerdem bietet das Online-Formular einen modernen, papiersparenden Weg, um Petitionen einzureichen. Estland hat zudem, eigens für die Wünsche und Anregungen seiner Bürger, eine Webseite eingerichtet, auf der jeder seine Vorschläge äußern kann, diese kommentieren und dafür oder dagegen stimmen kann.
Nicht alle Länder sind so fortschrittlich wie Portugal oder Estland, einige Parlamente ermöglichen jedoch Interessierten, eingereichte Petitionen online einzusehen. In Luxemburg werden Petitionen beispielsweise auf der Internetseite der Abgeordnetenkammer angezeigt. Eine öffentliche Petition, die alle Zulassungskriterien erfüllt, wird für sechs Wochen auf der Internetseite der Abgeordnetenkammer gelistet. In diesem Zeitraum kann sie von Unterstützenden mitgezeichnet werden.


Die Besonderheit: Gleichzeitig wird ein Diskussionsforum, ähnlich wie in Estland (oder auch bei openpetition) auf der Internetseite der Abgeordnetenkammer eröffnet. Dieses Instrument kann einen öffentlichen Diskurs über die Thematik der Petition anregen. In Großbritannien werden Online-Petitionen, wenn sie die Überprüfung bestanden haben und mindestens sechs Unterschriften aufweisen, ebenfalls auf der Webseite der Regierung veröffentlicht. Einige Länder, darunter die Slowakei und Belgien, lassen jedoch die Chancen der Digitalisierung ungenutzt verstreichen. Es gibt aktuell keinen eigenen Webbereich der Petitionsstellen der jeweiligen Parlamente. Bürgerinnen und Bürgern wird dadurch keine Möglichkeit geboten, sich über das landesspezifische Petitionsrecht zu informieren oder herauszufinden, welche formalen Regelungen für Petitionen in ihrem Land gelten.

In einigen Ländern werden keine Online-Petitionen anerkannt.

Doch nicht nur hier besteht Modernisierungsbedarf: In einigen Ländern ist es überhaupt nicht möglich, Petitionen digital einzureichen. In Belgien beispielsweise können Anliegen ausschließlich per Post an den Präsidenten des Repräsentantenhauses in Brüssel geschickt werden. Auch in Frankreich werden auf nationaler Ebene keine Online-Petitionen anerkannt. Sie müssen schriftlich beim Präsidenten der Nationalversammlung eingehen und registriert werden.

Persönliche Anhörungen beispielsweise sind für Bürgernähe maßgeblich. Dürften alle sofort im Parlament vorsprechen, würde es zu mehr Überforderung statt Abhilfe kommen. Dennoch gibt es demokratische Spielregeln, die Bürgernähe auf der einen Seite ermöglichen und auf der anderen Seite nicht zu einem Verwaltungschaos führen.
In Deutschland ist der Petitionsausschuss dazu verpflichtet, jede eingereichte Petition parlamentarisch zu prüfen.


Manche Länder machen es engagierten Bürgerinnen und Bürgern einfacher, sich politisch zu beteiligen als andere. In Deutschland ist der Petitionsausschuss beispielsweise unabhängig von Petitionsart und Anzahl erreichter Unterschriften dazu verpflichtet, jede eingereichte Petition parlamentarisch zu prüfen. Dabei wird zu jeder Petition eine Akte mit einer Vorgangsnummer bzw. einem Geschäftszeichen angelegt. Zwar werden Petitions-Startende durch Zwischenberichte über den aktuellen Status ihrer Petition informiert, jedoch vergeht bis zum Entscheid über eine Petition im Durchschnitt ein Jahr.

Das Petitionswesen in Portugal besticht, im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn, durch seine zügigen Bearbeitungszeiträume. Im portugiesischen Petitionsrecht ist eine Zeitspanne von 60 Tagen für Entscheidungen sowie ein Informationsrecht der Petitions-Startenden verankert. Die Möglichkeit, nicht nur schriftlich, per E-Mail oder mit dem Online-Formular, sondern sogar persönlich Petitionsanliegen mündlich einzureichen, verdeutlicht, dass es hier besonders niedrigschwellige bürokratische Voraussetzungen gibt. Das ist bürgernah und fördert Beteiligungsbereitschaft. Eine weitere Besonderheit gibt es in Großbritannien: Erreicht eine Petition 100.000 Unterschriften, werden Stellungnahmen der Regierung (statt nur eines Ausschusses oder eines Beauftragten) transparent veröffentlicht.

Anders als beispielsweise in Luxemburg, Italien und in Österreich gilt in Deutschland und der Schweiz das Jedermannsrecht. Die Einschränkungen, wer befähigt ist, eine Petition zu unterzeichnen oder zu starten, sind besonders gering: Jede Person, einschließlich Minderjährige und Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Landes besitzen, dürfen sich über Petitionen in gesellschaftliche Debatten einbringen. Unterschriften können sowohl auf Papier als auch online gesammelt werden. Dabei gilt, dass eine Petition bereits ab der ersten Stimme eingereicht werden kann. In Tschechien werden besonders relevante Petitionen, als auch solche mit einer regen Beteiligung, direkt dem Abgeordnetenhaus präsentiert. In Österreich etwa dürfen Petitionen nur von Abgeordeten des Nationalrates eingereicht werden. Bürgerinnen und Bürger müssen stattdessen eine Bürgerinitiative einreichen. Die ist zwar ähnlich zu einer Petition, unterscheidet sich aber in einigen Punkten – mehr dazu hier.


Als eher bürgerfern kann das Petitionswesen in Frankreich angesehen werden. Obwohl viele Instanzen durch Petitionen erreicht werden können, sind die Bedingungen in der Praxis beschränkt: Auf der nationalen Ebene kann sich der Wirtschaft-, Sozial- und Umweltrat (“Conseil Économique, Social et Environnemental”) seit 2008 mit Petitionen beschäftigen. Er nimmt sich der Petitionsanliegen aber erst an, wenn diese von mindestens 500.000 Personen (im Verhältnis zu 67 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern) unterschrieben und in gedruckter Form eingereicht wurden. Damit hat der französische Staat eine besonders hohe Schwelle für Bürgerbeteiligung aufgestellt. Französischen Bürgerinnen und Bürgern ist es jedoch auch möglich, eine Petition ohne Quorum an den Präsidenten der Nationalversammlung zu richten. Jedoch werden laut der Webseite dieses staatlichen Organs nur sehr wenige der eingereichten Petitionen analysiert und zur Diskussion gestellt. Im Zeitraum von fünf Jahren (2012 bis 2017) wurden lediglich 52 Petitionen behandelt. In Deutschland waren es im Vergleich allein im Jahr 2018 mehr als 10.000 Petitionen, die im Petitionsausschuss des Bundestages behandelt wurden.

Für eine transparente Arbeit der Petitionsausschüsse ist es von großer Bedeutung, dass einerseits Verfahren möglichst offengelegt werden und für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar dokumentiert werden, andererseits Entscheidungen gut und verständlich begründet werden. Diese Grundsätze werden von den europäischen Staaten im Petitionswesen unterschiedlich gehandhabt.
In den Verfahrensgrundsätzen des deutschen Petitionswesens ist beispielsweise verankert, dass der Petitionsausschuss des Bundestages jährlich einen schriftlichen Bericht über seine Tätigkeiten vorlegen muss. Auf den Internetseiten des Bundestages und der Landtage werden diese der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Petitions-Startende werden mit Zwischenberichten über den aktuellen Stand ihrer Petition auf dem Laufenden gehalten. In Tschechien kann die gleiche Herangehensweise für mehr Transparenz, auf der Ebene der Ombudsleute, beobachtet werden. Diese geben sogar vierteljährlich einen Tätigkeitsbericht an das Parlament weiter. Transparenz wird dadurch sicherlich gefördert, jedoch kann ein rückblickender Bericht eher als ein schwaches Mittel für nachvollziehbare Verfahren angesehen werden.

Portugal und Luxemburg haben einen anderen Weg eingeschlagen: Sie setzen darauf, die Bevölkerung schon während des Verfahrens aktiv miteinzubeziehen. So gibt es in Portugal seit der Reformen in den frühen 2000er Jahren sehr niedrige Quoren. Erreicht eine Petition mehr als 1.000 Unterschriften (im Verhältnis zu zehn Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern), findet eine Anhörung der Petitions-Startenden im Ausschuss statt und die Petition wird im vollen Wortlaut im offiziellen Amtsblatt des Parlaments veröffentlicht (erscheint online). Bei 4.000 Unterschriften findet eine öffentliche Debatte im Parlament statt. In Luxemburg liegt das Quorum für eine öffentliche Anhörung im Ausschuss bei 4.500 Unterschriften (im Verhältnis zu 600.000 Einwohnerinnen und Einwohnern). Zwar findet die Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, jedoch wird sie im Parlamentsfernsehen übertragen.
50.000 Unterschriften müssen in Deutschland innerhalb von vier Wochen erreicht werden (im Verhältnis zu 83 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern), um eine öffentliche Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Bundestages anzuregen. In Großbritannien liegt das Quorum mit 100.000 Unterschriften zwar doppelt so hoch (im Verhältnis zu 66 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern), jedoch findet dann eine öffentliche Anhörung vor dem gesamten Parlament statt. Das Einsehen von Petitionen, Auskünfte über Verfahrensstände oder das Bereitstellen von Diskussionsforen können ebenfalls zu mehr Transparenz führen. Auch hier hat Portugal die Nase vorne. Teilweise findet man diese Optionen auch im Petitionswesen von Deutschland, Großbritannien, Luxemburg, der Niederlande und Tschechien wieder. Manche Länder, darunter Belgien und Frankreich, nutzen diese Gelegenheiten für mehr Transparenz bisher noch nicht.

Bürgeranliegen können auch über die Landesgrenzen der EU-Staaten hinweg artikuliert werden. Auf europäischer Ebene haben Bürgerinnen und Bürger zwei Möglichkeiten sich einzubringen:

Petition: Gemäß des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können alle Bürgerinnen und Bürger jederzeit alleine oder gemeinsam mit anderen Personen ihr Petitionsrecht ausüben und eine Petition an das Europäische Parlament richten. Das gilt für Individuen, Organisationen und Unternehmen. Gegenstand einer Petition können Beschwerden, allgemeine Anliegen oder auch Aufforderungen an das Parlament sein, sich zu einem bestimmten Thema zu äußern. Die einzigen Voraussetzungen sind, dass die Petition einen Bezug zu den Aktivitäten der Europäischen Union aufweist und die Initiierenden ihren Wohnsitz in einem der Mitgliedstaaten haben.
Die Petition kann in jeder Amtssprache der EU verfasst und per Post oder elektronisch übermittelt werden.
Eine eingereichte Petition wird vom Petitionsausschuss des EU-Parlaments zunächst auf Zulässigkeit geprüft. Wird eine Petition als unzulässig erklärt, werden Petitions-Startende über die Gründe der Ablehnung unterrichtet. Besteht das Anliegen die Prüfung, wird der Petitionsausschuss tätig. Er sammelt zunächst Informationen über die Thematik, ersucht sachdienliche Auskünfte der Kommission und erbittet Stellungnahmen. Manchmal tagt der Ausschuss öffentlich, zu diesen Sitzungen können Petitions-Startende eingeladen werden. Außerdem werden die Sitzungen aufgezeichnet und auf EuroparlTV, dem offiziellen InternetSenders des Parlaments, hochgeladen. Übersetzungen stehen in zwölf europäischen Sprachen zur Verfügung. Petitions-Startende erhalten in jedem Fall eine Antwort, in der die Ergebnisse und gegebenenfalls zukünftige Schritte im Bezug auf das Petitionsanliegen erläutert werden.

Europäische Bürgerinitiative (EBI): Als Ergänzung zum bestehenden Petitionsrecht ist im Vertrag von Lissabon das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative eingeführt worden. Damit können Bürgerinnen und Bürger, wenn sie mindestens eine Million Unterschriften gesammelt haben, die europäische Kommission auffordern, eine Gesetzesänderung vorzunehmen oder ein neues Gesetz vorschlagen. Der gesamte Vorgang orientiert sich an dem Verfahren einer Sammelpetition. Für EBI gelten jedoch im Vergleich zu Petitionen höhere Hürden, die sich in Form des Sammelzeitraums, des Quorums und der demografischen Verteilung der Unterschriften innerhalb der EU äußern. Die Verfahrensstandards des europäischen Petitionswesens besagen, dass ein Bürgerausschuss eine Bürgerinitiative vorschlagen muss. Dabei muss der Bürgerausschuss aus mindestens sieben Bürgerinnen und Bürger der EU bestehen, die wiederum ihren Wohnsitz in sieben verschiedenen europäischen Staaten haben. Ist dieser Schritt geschafft, wird die Bürgerinitiative registriert und für zwölf Monate öffentlich gelistet. Ab diesem Zeitpunkt kann die EBI unterschrieben werden.

Jedes Anliegen, egal ob befürwortet oder abgelehnt, kann samt Begründung der Kommission transparent eingesehen werden.

Nicht nur eine Million Unterschriften aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten müssen innerhalb dieser Zeit zusammenkommen, sondern es müssen zudem bestimmte Quoren für die vertretenen Länder eingehalten werden. Konnten genügend Unterschriften gesammelt werden, findet spätestens nach weiteren drei Monaten ein Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der EUKommission statt und es gibt eine öffentliche Anhörung im Europäischen Parlament. Im nächsten Schritt entscheidet die EU-Kommission, ob sie einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorlegt oder nicht.
Besonders fortschrittlich sind die Partizipationsmöglichkeiten auf europäischer Ebene, wenn es um die Anerkennung und Verifizierung von digitalen Signaturen geht. Nicht nur über die von der EU zur Verfügung gestellten Plattform können Unterschriften elektronisch gesammelt werden, sondern auch über externe Plattformen, die den Spezifikationen für OnlineSammelsysteme gemäß der hierfür vorgesehenen europäischen Verordnung entsprechen. openPetition arbeitet daran, die Richtlinien der EU in Zukunft zu erfüllen, sodass auch direkt auf openPetition.eu eine EBI gestartet werden kann. Bisher können die Dienste auf openPetition bereits in 40 Sprachen übersetzt werden.


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